Verunsicherung durch fehlende Regelung zum Abfallende von Ersatzbaustoffen

Nach einer 15jährigen Vorarbeit und einer 2jährigen Übergangsfrist trat am 1. August 2023 die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) in Kraft, die einen bundesweit gültigen Rahmen für die Verwertung von Recycling-Baustoffen und anderen Ersatzbaustoffen schafft. Entgegen den Forderungen betroffener Verbände der Bau- und Entsorgungswirtschaft enthalten die Vorschriften der EBV  weder in ihrer ursprünglich veröffentlichten Fassung noch in der Fassung, die sie bereits vor ihrem Inkrafttreten durch eine Änderungsverordnung erhielt, eine Regelung über das Abfallende von Ersatzbaustoffen.

Aus Sicht der Verbände würde die Verwertung von Ersatzbaustoffen deutlich gefördert, wenn sie nach Maßgabe der Ersatzbaustoffverordnung als qualitätsgesicherte Ersatzbaustoffe, die das Abfallende erreicht haben, vermarktet werden könnten. Der Bund hat angekündigt, noch in dieser Legislaturperiode eine Verordnung über das Abfallende von Ersatzbaustoffen vorzulegen. Die Länder Bayern und Baden-Württemberg haben bereits beim Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung mit eigenen Regelungen auf das Fehlen einer Verordnung des Bundes reagiert.

Das bayerische Umweltministerium hat mit Rundschreiben vom 31. August 2023 eine „offizielle Handreichung“ des LfU für den Vollzug eingeführt, in der es heißt: „Bei Ersatzbaustoffen, die unter Einhaltung der Anforderungen der ErsatzbaustoffV hergestellt wurden und zusätzlich einem Qualitätssicherungssystem … unterliegen, das die Einhaltung der verfahrens- und stoffbezogenen Kriterien des § 5 Abs. 1 KrWG gewährleistet, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass für diese Ersatzbaustoffe das Ende der Abfalleigenschaft erreicht ist. Sie können dementsprechend als Produkte eingestuft werden und unterfallen als solche nicht mehr dem Abfallrecht.“

Das baden-württembergische Umweltministerium teilte in einer Presseerklärung vom 31. Juli 2023 mit: „Darüber hinaus können QRB-geprüfte Recycling-Baustoffe der Klasse 1 (sogenannte RC-1) auf Grundlage der Anerkennung als Güteüberwachungsgemeinschaft das Ende der Abfalleigenschaft unter den gegebenen Voraussetzungen erlangen. Die Materialklasse RC-1 wird mit der Ersatzbaustoffverordnung neu eingeführt und ersetzt den bisher geltenden Zuordnungswert für Bau­stoffrecyclingmaterial mit der Bezeichnung Z 1.1. Dies ist ein wichtiger Baustein, um die Akzeptanz von Recycling-Baustoffen weiter zu verbessern und hochwertige Sekundärbaustoffe im Kreislauf zu führen.“ Dabei bedeutet „QRB“ das Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg e.V.

Auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Wagner teilte hingegen das rheinland-pfälzische Umweltministerium mit, dass es nicht die Absicht habe, im Vorgriff auf eine angekündigte Bundesverordnung eine eigene Regelung zu treffen (LT-Drs. 18/7764). Bis zum Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung galt allerdings ein Rundschreiben des Ministeriums aus dem Jahr 2020, worin basierend auf der LAGA-Mitteilung 20 das Ende der Abfalleigenschaft für Bodenmaterial und Baggergut der Klasse 0 (BM-0, BG-0), Klasse 0* (BM-0*, BG-0*), Klasse F0* (BM-F0*, BG-F0*) und Klasse BM 1 (BM-1, BG-1) sowie Recycling-Baustoffe der Klasse 1 (RC-1) ausgesprochen wurde.

Diese unterschiedlichen Entwicklungen bei dem Vollzug der neuen bundeseinheitlichen Vorschriften der EBV in den verschiedenen Bundesländern führen naturgemäß in der Verwertungspraxis zu einer weiteren Verunsicherung. Bis zu einer einheitlichen Vorgabe des Bundes obliegt es den Betreibern von Aufbereitungsanlagen, den Erzeugern und Besitzern sowie den Verwendern, die Ersatzbaustoffe verwerten wollen, im Einzelfall gemäß § 5 Abs. 1 KrWG eigenverantwortlich zu entscheiden, ob die verwendeten Materialien noch Abfall sind oder das Ende der Abfalleigenschaft erreicht haben. Damit ist für diejenigen, welche über die Voraussetzungen für ein Abfallende entscheiden, nicht nur ein erhöhter Aufwand verbunden, sondern auch das Risiko, dass die zuständige Umweltbehörde u. U. später zu einem abweichenden Ergebnis kommt mit der Folge, dass die Fehleinschätzung zu einer möglichen Verwirklichung von Bußgeld- oder sogar Straftatbeständen führt.

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Prof. Dr. Gottfried Jung                                           Prof. Dr. Wolfgang Klett
Rechtsanwalt                                                              Rechtsanwalt
Ministerialdirigent a. D.
Honorarprofessor an der Hochschule Trier