Urteile zur Berufsunfähigkeitsversicherung

Nachfolgend finden Sie eine der umfassendsten und aktuellsten Sammlung wichtiger Urteile der letzten Jahre zur Berufsunfähigkeitsversicherung. Weitere Urteile im Versicherungsrecht zu anderen Versicherungssparten finden Sie auf der Übersichtsseite.

Die Urteile werden fortlaufend aktualisiert und zusammengestellt von Rechtsanwalt Dr. Carsten Fuchs, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht.

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Leistungseinstellung – Begründung; Verweisung auf ausgeübte befristete Tätigkeit

LG Offenburg

1. Die Mitteilung muss eine für den VN nachvollziehbare Begründung enthalten, was sich seit dem ursprünglichen Anerkenntnis geändert hat, und aus welchen Gründen die Leistungspflicht entfallen soll. Der VN muss in der Lage sein abzuschätzen, wie sein Prozessrisiko aussieht, wenn er weiterhin eine Leistungspflicht des VR geltend machen will. Die hohen Anforderungen an die Änderungsmitteilung finden ihre Grundlage in der Bedeutung der Berufsunfähigkeitsrente für den VN.

2. Diesen Anforderungen genügt eine Einstellungsmitteilung, die weder aus der Begründung der beklagten Versicherung noch aus einem Gutachten in für die Versicherte nachvollziehbarer Weise deutlich macht, was aus einer zunächst diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung nach F43. 1 aus medizinischer Sicht geworden ist. Die Aussage, «dass sich die depressive Symptomatik zwischenzeitlich zurückgebildet hat», reicht nicht.

3. Eine berufsunfähig gewordene Friseurin kann nicht auf eine zwischenzeitlich ausgeübte befriste Tätigkeit verwiesen werden.

 

Nachprüfungsverfahren – Wirksamkeitsvoraussetzung der Leistungseinstellung

LG Hamburg

1. Die Einstellungsmitteilung eines Berufsunfähigkeitsversicherers ist schon aus formalen Gründen unwirksam, wenn dem Versicherten mit der Mitteilung nicht das zugrundeliegende ärztliche Gutachten zugänglich macht wird.

2. In der Einstellungsmitteilung hat der VR den dem Anerkenntnis zugrunde gelegten Gesundheitszustand des VN mit dessen Gesundheitszustand zum Nachprüfungszeitpunkt zu vergleichen. Begründet der VR die Einstellung seiner Leistung mit einem ärztlichen Gutachten, das keine Angaben zum Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Anerkenntnisses enthält, so ist die Einstellungsmitteilung unwirksam.

 

Insolvenzverfahren des VN – Unterbrechung des Deckungsprozesses

LG Frankfurt a.M.

1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des VN unterbricht regelmäßig den Rechtsstreit über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

2. Kann ein einheitlicher Anspruch – wie z.B. bei einer höheren Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung – in einen pfändbaren Teil, der die Insolvenzmasse betrifft, und einen unpfändbaren Teil, der die Insolvenzmasse nicht betrifft, zerlegt werden, so wird das Verfahren insgesamt und nicht nur teilweise unterbrochen.

3. Die Frage, der Unterbrechung betrifft eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung: dies gilt im Falle der Unterbrechung selbst dann, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass keine Unterbrechung eingetreten sei.

 

Berufsunfähigkeit eines Tennislehrers; Vermögensverwaltung – zusätzlicher Beruf

OLG Saarbrücken

1. Kann ein prägendes Kernelement der Berufstätigkeit nicht mehr bewältigt werden, entfällt die Fähigkeit zur Ausübung des Berufs insgesamt, selbst wenn der hierauf entfallende zeitliche Aufwand weniger als die Hälfte der gesamten Tätigkeit in Anspruch genommen haben sollte.

2. Ein selbstständiger Tennislehrer, der wegen einer chronisch entzündlichen, fortschreitenden Erkrankung des rechten Handgelenks und daraus resultierendem Belastungsschmerz nicht einmal mehr zu einem einzigen längeren Ballwechsel imstande ist, kann seinen Schüler das Tennisspiel nicht mehr beibringen und ist als bedingungsgemäß berufsunfähig anzusehen.

3. Erzielt der beruflich Tätige zusätzliche Einkünfte aus seinem Vermögen, insbes. etwa aus vermieteten Immobilien, ist dies zunächst keine Berufsausübung. Ausnahmsweise kann anderes gelten, wenn der Umfang der Vermögensverwaltung einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, denn dann handelt es sich nicht mehr um eine reine Freizeitbeschäftigung.

 

Vorvertragliche Anzeigepflicht – psychische Erkrankung

LG Berlin

Hat der Kl. die Frage des VR nach Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen der Psyche (z.B. Depressionen, Angststörungen, Psychosen, psychosomatische Störungen) verneint, obwohl er weniger als zwei Monate zuvor eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines Hausatzes aus Gründen erhalten hat, die dieser auf psychische Gesundheitsstörungen zurückführte, so hat er seine vorvertragliche Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt. Dass die Verdachtsdiagnose von dem Hausarzt und nicht von einem Psychiater ihm mitgeteilt wurde, führt nicht zur Unkenntnis, denn es stand dem Kl. frei, die Verdachtsdiagnose durch Hinzuziehung eines Spezialisten widerlegen oder bestätigen zu lassen.

 

Mitwirkungs- und Untersuchungsobliegenheit des VN im Nachprüfungsverfahren bleibt trotz fehlender Bedingungsanpassung an das VVG 2008 bestehen

OLG Hamm

Verweigert der VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Mitwirkung bei der Nachprüfung, kann der Versicherer die Fortzahlung der anerkannten Rente (jedenfalls) bis zur Nachholung der eingeforderten Mitwirkung auch dann verweigern, wenn keine Bedingungsanpassung an das VVG 2008 (Obliegenheiten) erfolgt ist.

 

Sofortleistung bei schweren Erkrankungen (Dread-Disease-Klausel) – überraschende Klausel

LG Kiel

Beschränkt sich die Zusage einer Sofortleistung bei schweren Erkrankungen in besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung lediglich auf bestimmte Erkrankungen (hier: Herzinfarkt, Schlaganfall, bösartige Neubildungen an der Brustdrüse oder des Hodens und eine Organtransplantation), mit der der VN nach dem im Vertragsgespräch vorgelegten Prospekt nicht rechnen musste, so ist diese Regelung als überraschen iSd § 305 c BGB nicht Vertragsbestandteil geworden.

 

Auslegung einer Klausel zur dauerhaften und vollständigen Erwerbsunfähigkeit

OLG Saarbrücken

1. Zur Auslegung der Bedingungen einer privaten Erwerbsunfähigkeitsversicherung, die Versicherungsschutz für den Fall bietet, dass der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, dauerhaft und vollständig außerstande ist, irgendeine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben.

2. Diese Voraussetzungen sind nicht nachgewiesen, wenn es dem Versicherten aufgrund seiner Erkrankung – Pfortaderthrombose mit kavernöser Transformation der Pfortader, due zu erheblichen Komplikationen in Gestalt von inneren Blutungen und nicht planbaren, z. T. auch mit Schmerzen verbundenen Stuhlabgängen führt – zwar nicht zugemutet werden könnte, eine außerhäusliche berufliche Tätigkeit von gewisser Regelmäßigkeit wahrzunehmen, jedoch die Möglichkeit, zu Hause einer regelmäßigen Arbeitstätigkeit mit flexibler Zeitgestaltung nachzugehen, auch unter diesen Umständen nicht ausgeschlossen erscheint.

 

Arglistige Täuschung bei „Erklärungen ins Blaue hinein“ bzw. blindem Unterzeichnen eines von einem Dritten ausgefüllten Antragsformulars

OLG Schleswig

1. Der Versicherer kann einen Versicherungsvertrag nach den vorstehenden Regeln wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Versicherungsnehmer mit der wissentlich falschen Angabe von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag - hier: auf Pflegetagegeldversicherung - anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - IV U 331/05, VersR 2007, 785 Rn. 8; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 22 Rn. 7).

2. Zwar begründet die allein vorsätzliche falsche Angaben den Vorwurf der Arglist nicht (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1990 - IV ZR 113/89, NJW-RR 1991, 411, 412); denn der daneben zu fordernde Täuschungsvorsatz setzt die billigende Erkenntnis des Versicherungsnehmers voraus, der Versicherer könne durch seine – falschen oder unvollständigen – Angaben in seiner Vertragsentscheidung beeinflusst werden. Der Vorsatz des Versicherungsnehmers muss sich mithin auf die Täuschungshandlung, die Irrtumserregung und die dadurch erfolgende Willensbeeinflussung erstrecken (BeckOK VVG/Spuhl, 7. Ed. 15.03.2019, VVG § 22 Rn. 18). Selbst bei gutem Glauben im Hinblick auf die Richtigkeit der Angaben liegt jedoch Arglist vor, wenn der Erklärende "ins Blaue hinein" objektiv unrichtige Angaben macht. Der die Arglist begründende Vorwurf ist in dem Umstand zu erkennen, dass die Klägerin im Bewusstsein eigener Unkenntnis das Antragsformular "blind" unterzeichnet und damit die für sie erkennbare Vorstellung der Beklagten ausgenutzt hat, dass im redlichen Geschäftsverkehr Erklärungen "ins Blaue hinein" nicht abgegeben werden, der Erklärungsempfänger also darauf vertrauen kann, dass die Erklärung auf zuverlässiger Tatsachengrundlage abgegeben wurde (vgl. hierzu nur KG, Beschluss vom 10. Januar 2006, VersR 2007, 381; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Juli 2008, ZfSch 2009, 269) oder aber der Erklärende den Inhalt seiner Erklärung zur Kenntnis genommen hat und den Inhalt billigt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. Februar 1990 - 20 W 6/90, VersR 1990, 765). Ein Versicherungsnehmer, der objektiv falsche Angaben "ins Blaue hinein" macht, nimmt deren Unrichtigkeit zumindest billigend in Kauf (BeckOK VVG/Spuhl, 6. Ed. 15.03.2020, a. a. O.), ebenso derjenige, der ein von einem Dritten vorausgefülltes Formular "blind" unterschreibt (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, a.a.0., § 22 Rn. 26 m.w.N.).

3. Die Beklagte musste entgegen der Annahme der Klägerin bei ihr nach Übersendung des Antragsformulars wegen erkennbar unvollständiger, unklarer oder missverständlicher Angaben keine Nachfrage halten. Es ist bereits fernliegend, dass die Beklagte allein wegen des Alters der Klägerin von 68 Jahren bei Antragstellung die Angaben zu fehlenden Vorerkrankungen hätte in Zweifel ziehen müssen. Letztlich steht die Verletzung der Nachfrageobliegenheit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aber ohnehin nicht entgegen (BeckOK VVG/Spuhl 7. Ed. 15.03.2020, VVG § 19 Rn. 172).

 

Gleichwertigkeit der Berufe als Zeitarbeitsmitarbeiter und Hausmeister – Zulässigkeit einer konkreten Verweisung auf einen Nischen- oder Schonarbeitsplatz

LG Koblenz

1. Dem Kläger als Versicherungsnehmer obliegt im Erstprüfungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast, wenn er geltend machen will, eine neue Tätigkeit sei mit seinem zuvor ausgeübten Beruf nicht vergleichbar (BGH r+s 1999, 477; OLG Koblenz r+s 2001, 343).

2.  Ausschlaggebendes Kriterium für die Vergleichbarkeit ist die Lebensstellung durch den jeweiligen Beruf die Lebensstellung wird vor allem geprägt von den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, die seine letzte berufliche Tätigkeit dem Versicherten verschafft hat. In besonderem Maße und gerade nach dem Sinn einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Lebensstellung eines Menschen von seinem „ökonomischen Status“ gekennzeichnet, von dem durch seine Arbeit erzielten Einkommen.

3. Die Berufe als Angestellter einer Zeitarbeitsfirma (Aufbau von Schwerlastregalen) und als Hausmeister sind auch in der gesellschaftlichen Geltung als gleichwertig anzusehen. Hierzu ist ein „Qualifikationsvergleich“ der Herkunftstätigkeit mit der Zieltätigkeit durchzuführen. Beide Tätigkeiten müssen also nach den „subjektiven Zulassungsvoraussetzungen“ (Abschlüssen) „gleichwertig“ sein (Langheid/Rixecker. 6.Aufl. 2019, VVG Rz. 172 Tz. 56).

4. Bei einem Anlernberuf wird der Arbeitnehmer kurzfristig in die Tätigkeit eingearbeitet. Es findet keine Berufsausbildung im Sinne des BBIG statt. Die Tätigkeit als Hausmeister ist ebenso kein Ausbildungsberuf. Dennoch musste der Kläger eingearbeitet werden, unsere Tätigkeit kennen zu lernen. Dies ist vergleichbar mit dem Anlernen innerhalb eines Metallbauunternehmens. Besonders hervorzuheben ist, dass grundsätzlich handwerkliche Fähigkeiten als Hausmeister vorausgesetzt werden. Insgesamt erfährt der Kläger auch keinen sozialen Abstieg. Der Hausmeister erfährt in der Gesellschaft keine geringere Wertschätzung als ein Handwerker (vgl. OLG Koblenz, r+s 2004, 337).

5. Selbst wenn die Tätigkeit wegen der Arbeitsplatzbeschreibung als Nischen- oder Schonarbeitsplatz qualifizieren wäre, ist eine konkrete Verweisung auf einen solchen Arbeitsplatz zulässig (OLG Frankfurt r+s 2008, 252).

 

§ 174 VVG ist auf Altverträge nicht anwendbar

LG Koblenz

1. Nach Art. 1 Abs. 1 EGVVG ist auf Versicherungverhältnisse, die bis zum Inkrafttreten des Versicherungvertragsgesetzes vom 30. November 2007 am 1. Januar 2008 entstanden sind (Altverträge), das Gesetz über den Versicherungsantrag in der bis dahin geltenden Fassung bis zum 31 12. 2007 anzuwenden, soweit nicht aus den nachfolgenden Artikeln nichts anderes ergibt.

2. Laut Art. 4 Abs. 3 EGVVG ist auf Altverträge über eine Berufsunfähigkeitsversicherung die Vorschrift des § 174 VVG nicht anzuwenden.

 

Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, bei Antragstellung einen Umstand vergessen zu haben, an den er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses hätte erinnern können

LG Koblenz

1. Zu den bei Vertragsschluss anzugebenden Gefahrumständen zählen alle Umstände, die geeignet sind, den Entschluss des Versicherers, einen Vertrag über oder zu den Bedingungen abzuschließen, zu beeinflussen.

2. Für das Gericht ist es offenkundig, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass beim Versicherungsnehmer im Erfragungszeitraum von einem Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie die Diagnose einer Anpassungsstörung gestellt wurde. Mit Blick auf die zu versichernde Gefahr, hier die Nichtausübung des Berufes, stellen psychische Vorerkrankungen bei einem erheblichen Gefahrenumstand dar, weil das Risiko einer Berufsunfähigkeit eines psychologisch vorbehandelten denklogisch höher ist, als bei einer gesunden Person. Nach allgemeiner Lebenserfahrung hätte der Versicherer dieses erhöhte Risiko aus dem Versicherungsvertrag ausgenommen oder diesen sogar ganz abgelehnt.

3. Kenntnis von den angabepflichtigen Umständen setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer sie bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung kannte, dass er also positives Wissen von dem anzeigepflichtigen Umstand hatte. Positive Kenntnis setzt aber nicht voraus, dass der fragliche Umstand dem Versicherungsnehmer sogleich präsent ist. Vielmehr ist zu verlangen, dass er sein Gedächtnis prüft. Der Versicherungsnehmer kann daher nicht einwenden, er habe um den Umstand zwar gewusst, jedoch gerade nicht an ihn gedacht. Ein Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, einen Umstand vergessen zu haben, an den er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses hätte erinnern können (BGH, r+s 2009, 361).

 

Mitteilung in Textform unter Verwendung eines mobilen Druckers

LG Koblenz

Für eine Mitteilung in Textform ist ausreichend ein Antrag in Papierform oder ein elektronisches Dokument. Wird der Antrag im Computer ausgefüllt und erhält der Versicherungsnehmer sodann mittels eines mobilen Druckers einen Ausdruck, bevor er diesen unterzeichnet und im Anschluss noch eine CD-Rom, liegt eine Mitteilung in Textform vor.
 

Wirksamer Rücktritt des Versicherers bei „Vergessen“ von anzeigepflichtigen Vorerkrankungen

OLG Hamm

1. Es kann dahinstehen, wer die Beweislast für ein Vergessen gefahrerheblicher Umstände zum Zeitpunkt der Antragstellung trägt. Denn auch nach den hierzu vertretenen unterschiedlichen Auffassungen und allgemeiner Meinung umfasst § 19 Abs. 1 S. 1 VVG trotz des Wortlauts „bekannte Gefahrumstände“ im Hinblick auf seinen Sinn und Zweck nicht nur die Obliegenheit zur Anzeige des dem VN „aktuell vorhandenen jederzeit verfügbaren Wissens“, sondern auch desjenigen Wissens, an das sich der VN bei „zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses“ bzw. bei „angemessenen Bemühungen“, sich zu erinnern, hätte erinnern können.

2. Im Falle einer objektiven Anzeigepflichtverletzung wird nach § 19 Abs. 3 S. 1 VVG Vorsatz vermutet. Die Beweislast für das Nichtvorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit liegt beim VN.

3. Vorsatz ist gekennzeichnet durch das Zusammentreffen eines Wissens- und eines Wollens-Elements in der Vorstellung der handelnden Person. Vorsatz setzt anders als Arglist nicht voraus, dass der Antragssteller erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde. Für das Wollens-Element reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser setzt voraus, dass der Handelnde die mögliche Falschangabe und damit die mögliche Verletzung der Anzeigeobliegenheit erkennt, ihm dieses Falschangabe aber so wichtig ist, dass er sich mit den drohenden Folge abfindet, anstatt mit Rücksicht auf die erkannte Gefahr davon Abstand zu nehmen. Bei bewusster (und damit meist auch grober) Fahrlässigkeit hingegen lässt der Handelnde sich von der – wenn auch u.U. objektiv unbegründeten – Hoffnung leiten, die Obliegenheit werde trotz seines Verhaltens nicht verletzt.

4. Der Ausschluss nach § 19 Abs. 4 S. 1 VVG kommt nur bei grober Fahrlässigkeit zur Anwendung. Der Ausschluss des Rücktrittsrechts des Versicherers wäre unbillig, wenn der VN seine Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt hat. Dem Versicherer kann nicht zugemutet werden, an einem Vertrag mit einem VN festgehalten zu werden, der seine Pflicht nach Abs. 1, die für den Versicherer erheblichen Umstände anzuzeigen, bewusst verletzt (BT-Drucks. 16/3945, 65).

5. Nutzt der Versicherer kein gesondertes Dokument zur Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht, muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den VN nicht zu übersehen ist. Gewährleistet werden kann dies – was eine tatrichterliche Frage des Einzelfalls ist – durch Schriftart und -größe, Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge, Schriftfarbe und grafische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung. Wo die Belehrung zu erfolgen hat (vor/in unmittelbarer Nähe zu den Antragsfragen und/oder vor/in unmittelbarer Nähe zur Unterschrift), ist eine Frage des konkreten Einzelfalls unter Würdigung der Gesamtumstände.
 

Anfechtung des Versicherers nach arglistiger Täuschung durch den Versicherungsmakler

OLG Hamm

1. Zur Anfechtung nach § 123 BGB durch den Versicherer nach arglistiger Täuschung durch einen Versicherungsmakler: Die Täuschung ist dem VN (jedenfalls dann) zurechenbar, wenn der Makler gegenüber dem Versicherer als Verhandlungsgehilfe/Vertrauensperson des VN aufgetreten ist.

2. Dies ist (etwa) anzunehmen, wenn – wie hier – der Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrags auch vom Makler (ohne besondere, einschränkende Zusätze) unterschrieben ist.
 

Aggravation und/oder Simulation der Beschwerden im Rahmen der Begutachtung berechtigt Versicherer zur Kündigung aus wichtigem Grund

OLG Koblenz

1. Gemäß § 314 Abs. 1 BGB ist ein Dauerschuldverhältnis und damit auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung aus wichtigem Grund auch Vortrag Vertragsablauf grundsätzlich kündbar.

2. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherten die Besserung seines Gesundheitszustandes trotz ausdrücklicher entsprechender Belehrung und Befragung nicht mitgeteilt hat, sondern im Gegenteil behauptet hat, nach wie vor unter so starken Schmerzen zu lauten, dass er kaum noch autofahre, immer wieder Schmerzen bis zur Ohnmacht erleide und nicht einmal schmerzfrei ein Brötchen auf schneiden könne.

3. Ist bewiesen, dass die von dem Versicherungsnehmer geschilderten Beschwerden simuliert oder aggraviert sind, ist das Vertrauensverhältnis, das für ein Versicherungsverhältnis wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die sich über viele Jahre erstreckt und auf wahrheitsgemäße Meldung von Tatsachen und Veränderungen angewiesen ist, nachhaltig zerstört.

4. Eine Abmahnung ist bei einer solchen Sachlage entbehrlich.

 

Substantiierte Darlegung der bisherigen Tätigkeit analog eines Stundenplans notwendig

OLG Koblenz

Für die Beurteilung einer Berufsunfähigkeit der Klägerin kommt es darauf an, wie sich die gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der konkreten Berufsausübung auswirken. Der bisherige Vortrag der Klägerin zu ihrer vor dem behaupteten Zeitpunkt des Eintritts ausgeübten Berufstätigkeit entspricht nicht den Anforderungen der Rechtsprechung zur hinreichenden Darlegung, so dass eine Beurteilung eines etwaigen Berufsunfähigkeitsgrades bereits im Ansatz nicht möglich ist. Es fehlt an hinreichenden Angaben, wie der Arbeitsalltag der Klägerin tatsächlich beschaffen war und welche Anforderungen er an sie gestellt hat. Die Klägerin hat substantiiert zur konkreten Berufsausübung und Arbeitszeit mit einer Beschreibung des tatsächlichen Arbeitsfeldes gezielt in Bezug auf die mit den behaupteten Beeinträchtigungen in Verbindung stehenden körperlichen und psychischen Beanspruchungen unter Angabe der jeweiligen zeitlichen Anteile an der Gesamtarbeitszeit wie in einem „Stundenplan" vorzutragen Es ist eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung erforderlich, mit der die ausgeübten Einzeltätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehen den nachvollziehbar werden.

 

Eine Krankschreibung eines Versicherten – auch wenn sie wie hier länger als sechs Monate besteht - besagt nichts darüber, ob er während der Dauer der Krankschreibung auch tatsächlich im bedingungsgemäßen Umfang berufsunfähig war

OLG Koblenz

1. Sachlich liegt nach den hiesigen Versicherungsbedingungen Berufsunfähigkeit entweder vor, wenn die Klägerin für einen (hier retrospektiv zu stellenden) prognostischen Zeitraum von sechs Monaten zu mehr als 50% erwerbsunfähig war (§ 2 Abs. 1 AVB-BU), oder wenn sie den Beruf tatsächlich sechs Monate ununterbrochen entsprechend krankheitsbedingt nicht ausüben konnte (§ 2 Abs. 3 AVB-BU). Es ist also keine Prognose einer darüberhinausgehenden Dauerhaftigkeit erforderlich.

2. Für die Feststellung aufgrund Prognose (hier § 2 Abs. 1 AVB-BU) gilt, dass für die Frage bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit weder allein die zu diesem Zustand führende Krankheit noch die mit dem Krankheitsprozess verbundene Unfähigkeit zur Berufsausübung maßgebend ist. Damit die Beeinträchtigungen zu bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit werden, muss der körperlich-geistige Gesamtzustand des Versicherten derart beschaffen sein, dass eine günstige Prognose für die Wiederherstellung der verloren gegangenen Fähigkeiten in einem überschaubaren Zeitraum (hier sechs Monate) nicht gestellt werden kann.

3. Für die fiktive Berufsunfähigkeit (hier § 2 Abs. 3 der AVB-BU) wird die auf einen in der Zukunft liegenden Zeitraum zu stellende Prognose durch die in der Vergangenheit liegende definierte Zeit einer tatsächlich eingetretenen Berufsunfähigkeit ersetzt. Ist der Versicherte sechs Monate ununterbrochen gesundheitsbedingt vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder - wie hier bei vereinbarter Verweisungsoption - eine geeignete Vergleichstätigkeit auszuüben, so gilt die Fortdauer dieses Zustands als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit, und es wird unwiderleglich vermutet (Fiktion), dass die Prognose „voraussichtlich dauernd" - bzw. hier „voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen" - gestellt werden könnte. Eine Krankschreibung eines Versicherten – auch wenn sie wie hier länger als sechs Monate besteht - besagt nichts darüber, ob er während der Dauer der Krankschreibung auch tatsächlich im bedingungsgemäßen Umfang berufsunfähig war.

 

Bei Beeinträchtigungen der Berufsfähigkeit durch unterschiedliche Beschwerden ist eine Gesamtbewertung erforderlich, die aber nicht eine einfache Addition von Teil-BU-Graden beinhalten darf

OLG Koblenz

1. Der konkrete Grad der Berufsunfähigkeit ist durch eine Gesamtbewertung aller beruflichen (Einzel-) Tätigkeiten der Klägerin und der Auswirkungen der Gesundheitsbeschwerden auf diese durch das Gericht zu ermitteln. Auch hier ist der angelegte Maßstab des Landgerichts, welches nur festgestellt hat, dass sich nach den eingeholten Sachverständigengutachten weder für das augenärztliche Gebiet noch für das neurologisch-psychiatrische Bild eine Berufsunfähigkeit über mehr als 50% ergibt, unzutreffend, da eine Gesamtbewertung gerade unterblieben ist.

2. Allerdings weist der Senat bereits jetzt darauf hin, dass die Gesamtbewertung auch nicht eine einfache Addition von Teilgraden beinhalten kann.

3. Wird der Beweis des Eintritts einer Berufsunfähigkeit nach diesen Maßstäben geführt, sind die Voraussetzungen des späteren Wegfalls der Leistungspflicht von der Beklagten nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens darzulegen und zu beweisen.

4. Die Beklagte wird mit Blick auf die Fälligkeitsregelung in § 11 Abs. 1 VVG darauf hingewiesen,

dass ihr Verjährungseinwand nicht durchgreift.

 

„Dauerhaftigkeit“ im Sinne der BBUZ verlangt einen Prognosezeitraum von drei Jahren

AG Koblenz

1. Vollständige Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 BBUZ liegt nur dann vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Auch bei einer teilweisen Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 2 BBUZ müssen die vorgenannten Voraussetzungen einen bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sein.

2. von einer „Dauerhaftigkeit“ im Sinne der Norm ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auszugehen, wenn der Betroffene für unbegrenzte Zeit, jedenfalls aber für die Dauer von 3 Jahren, voraussichtlich infolge Krankheit vollständig oder teilweise außerstande sein wird, in seinem zuletzt ausgeübten Beruf tätig zu sein.

3. Daran fehlt es, wenn unmittelbar nach einem Unfall festgestanden hat, dass der Versicherungsnehmer für die Dauer von 8-10 Monaten keine Arbeitstätigkeit mehr nachgehen kann. Ein solcher, lediglich vorübergehender Zeitraum entspricht gerade nicht einer dauernden Berufsunfähigkeit.

 

Keine Anwendbarkeit von § 174 VVG auf Altverträge

OLG Koblenz

Gemäß Art. 4 Abs. 3 EGVVG findet § 174 VVG keine Anwendung auf Altverträge, die vor 2008 geschlossen wurden.

 

Berufung auf abstrakte Verweisungsklausel nur bei Zumutbarkeit des Berufswechsels für den VN

OLG Karlsruhe

1. Wird beim VN eine Krankheit mit einer generell geringen Überlebenswahrscheinlichkeit festgestellt, kann die statistische Überlebensrate für die Prognose der Berufsfähigkeit wesentlich sein. Individuelle medizinische Feststellungen können bei der Prognose ggf. zurücktreten.

2. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn das LG Feststellungen zum Berufsbild des VN bei einem kleinen Handwerksbetrieb auf eine eingehende Darstellung des VN stützt. Sind die Angaben plausibel und gibt es keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Darstellung, ist eine ergänzende Beweisaufnahme zur Struktur des Betriebs und zu den ausgeübten Tätigkeiten durch Zeugen oder durch ein Sachverständigengutachten nicht erforderlich.

3. Steht für einen bestimmten Zeitpunkt die Prognose voraussichtlich dauerhafter gesundheitlicher Beeinträchtigungen i.S.v. § 172 Abs. 2 VVG fest, obliegt die Beweislast für eine mögliche spätere Wiederherstellung der Berufsfähigkeit auch im Erstprozess dem Versicherer.

 

Trotz fehlerhafter Belehrung unwirksamer Widerspruch gem. § 5a VVG  a.F. wegen nachträglicher Erweiterung des Vertrags um eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung

OLG Hamm

Es ist anerkannt, dass der Widerspruch oder Widerruf (§§ 5a , 8 VVG  a.F.) durch den VN wegen widersprüchlichen Verhaltens unwirksam sein kann (§ 242 BGB ). Das gilt auch, wenn – wie hier – die Lebensversicherung nachträglich noch um eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erweitert worden ist.

 

Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. gegen eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung

OLG Karlsruhe

1. Bei unter Geltung des § 5a VVG a.F. im Policenmodell abgeschlossenen reinen Berufsunfähigkeitsversicherungen erlosch auch bei fehlerhafter Widerspruchsbelehrung das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie. Ein „ewiges“ Widerspruchsrecht besteht nicht.

2. Zu der Frage, ob eine Zusatzversicherung zur Lebensversicherung vorliegt, wenn im Rahmen eines „Vorsorgemanagements“ der Versicherungsmaklerin als „Bausteine“ die Berufsunfähigkeitsversicherung und Lebensversicherungen beantragt wurden.

 

Aggravationstendenzen können auch krankheitsbedingt sein und sprechen daher nicht immer für eine bewusste Verdeutlichung

OLG Stuttgart

Aggravationstendenzen sprechen nicht generell für eine Unglaubwürdigkeit. Vielmehr können diese medizinisch im Einzelfall auch damit erklärt werden, dass tatsächlich eine Selbst- und Fremdeinschätzung möglicherweise dadurch in Diskrepanz geraten ist, dass der Versicherungsnehmer nach seinem subjektiven Eindruck seinen Zustand als leidenswerter empfunden hat, als er sich in Wirklichkeit darstellt. In einem solchen Fall sind sie dem Versicherungsnehmer nicht bewusst, sie sind der persönlichen Wahrnehmung des Versicherungsnehmers geschuldet, was durchaus krankheitsbedingt sein kann.

 

Anforderungen an ein psychiatrisches Sachverständigengutachten in der Berufungsunfähigkeitsversicherung

OLG Dresden

1. Ein psychiatrisches Gutachten zur Feststellung der Berufsunfähigkeit genügt den Anforderungen nicht, wenn es lediglich auf ärztliche Zeugnisse Bezug nimmt, die allein die Angaben des Versicherungsnehmers referieren. Dem Gutachten muss sich in jedem Fall die eingehende Exploration des Patienten und eine kritische Überprüfung der Beschwerdeschilderung entnehmen lassen.

2. Die nachvollziehbare Erfassung des allgemeinen Funktionsniveaus des Versicherungsnehmers nach der sogenannten GAF-Skala kann im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung auch in die Beurteilung der Berufsunfähigkeit einfließen.

3. Außerhalb einer Stellungnahmefrist zum Ergebnis einer mündlichen Sachverständigenanhörung eingegangene Schriftsätze sind nur dann bei der Entscheidung zu berücksichtigen, wenn offenkundig ist, dass die bei ihrer Berücksichtigung eingetretene Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vortrag eingetreten wäre.

 

Vollständige Berufsunfähigkeit eines mitarbeitenden Geschäftsführers, wenn dieser die Aufgabe der Mitarbeiterführung, Kundenkontakte und administrative Tätigkeiten aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr ausführen kann

OLG Stuttgart

1. So wie für die Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit nicht nur auf den Zeitanteil einer einzelnen Tätigkeit abgestellt werden darf, die der Versicherungsnehmer nicht mehr ausüben kann, wenn es sich hierbei nicht um eine abtrennbare einzelne Verrichtung handelt, sondern diese untrennbarer Bestandteil eines beruflichen Gesamtvorgangs, darf im Hinblick auf die Tätigkeit, die dem Beruf ihr Gepräge gibt, nicht nur auf den Zeitanteil geschaut werden.

2.  Vielmehr muss die Beurteilung die Frage einbeziehen, ob und in welchem Umfang dem Versicherungsnehmer infolge Krankheit die Ausführung prägender, für ein sinnvolles Arbeitsergebnis unverzichtbarer Einzeltätigkeiten nicht mehr möglich ist und allein dies schon-selbst bei einer theoretisch möglichen Arbeitsfähigkeit, die bei rein zeitliche Betrachtung keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit begründen würde-zu Eintritt von Berufsunfähigkeit führt. Maßgeblich ist folglich die Wertung, ob die Tätigkeit, die der Versicherungsnehmer noch ausüben kann, seinem Beruf gleichzusetzen ist und ob er seine Arbeit mit denen sie prägenden Merkmalen noch in dem erforderlichen Ausmaß wahrnehmen kann.

3. Nach diesem wertenden Maßstab muss beim mitarbeitenden Geschäftsführer eines Fleischereibetriebs davon ausgegangen werden, dass eine volle Berufsunfähigkeit, hier also von mehr als 75 %, vorliegt, wenn dieser die Aufgabe der Mitarbeiterführung, Kundenkontakte und administrative Tätigkeiten aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr ausführen.

4. Zwar besitzt der mitarbeitende Betriebsinhaber grundsätzlich das betriebliche Direktionsrecht. Insofern ist es deshalb auch denkbar, dass er Aufgaben und Arbeitsbereiche, die er zunächst selbst erledigte, an andere Mitarbeiter delegiert. Seinen Beruf als Geschäftsführer übt er auch dann noch aus, wenn er einzelne, bisher ihm obliegende Aufgaben anderen Mitarbeitern überträgt. Vorliegend müsste er jedoch sämtliche, seine Tätigkeit als prägend bezeichneten Aufgaben der Administration, Mitarbeiterführung und Kundenkontakte aufgegeben und durch Umorganisationsauftritte verlagern, dass ist ihm vorliegend nicht zuzumuten; dies wäre-verglichen mit der Berufsausübung eines abhängig Beschäftigten- auch keine der bisherigen Lebensstellung entsprechende Verweisungstätigkeit. 

 

Ende der Leistungspflicht des Versicherers in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung

OLG Brandenburg

Die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung entfallen, wenn sich der Gesundheitszustand der versicherten Person so verbessert hat, dass sie nunmehr imstande ist, ihren letzten Beruf in einem Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfang auszuüben. Ist von einer vollständigen Genesung und beruflicher Wiedereingliederung des Versicherungsnehmers auszugehen, muss der Versicherung in seiner Nachprüfungsmitteilung nicht im Einzelnen darlegen, welche konkreten Tätigkeiten der Versicherungsnehmer ursprünglich nicht ausführen konnte und jetzt wieder ausführen kann. Aus der Beseitigung der Selbstbindung des Versicherers im Wege des Nachprüfungsverfahrens folgt, dass die frühere Leistungspflicht des Versicherers mit der Beendigung der Vergleichstätigkeit nicht wieder auflebt, der Versicherte vielmehr - will er wiederum Leistungen erhalten - einen neuen Leistungsantrag stellen muss.

 

Versicherer kann sich auch im laufenden Rechtsstreit entsprechend den Grundsätzen des Nachprüfungsverfahrens auf den Wegfall der Berufsunfähigkeit berufen

OLG Stuttgart

1. Im Falle eines Anerkenntnisses wird der Versicherer bei einem späteren Wiedererlangen der Berufsfähigkeit des Versicherungsnehmers von seiner Leistungspflicht nur unter den Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Leistungseinstellung frei.

2. Eine formell ordnungsgemäße Änderungsmitteilung ist für eine Lösen von der Leistungspflicht des Versicherers in der Berufsunfähigkeitsversicherung konstitutiv. Macht der Versicherungsnehmer mangels Anerkenntnis des Versicherers seine Ansprüche im Wege der Klage geltend und führt dort den Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit, steht dem Versicherer im selben Rechtsstreit der Beweis offen, dass und ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder Einstellung der Leistungen nach der für das Nachprüfungsverfahren geltenden Versicherungsbedingungen eingetreten ist. Dies ändert aber nichts an der Erforderlichkeit einer Änderungsmitteilung.

3. Auch wenn und soweit der Versicherer seinen Leistungsanspruch nicht anerkennt, sondern diese erst gerichtlich festgestellt worden ist, hat der Versicherer die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren durchzuführen. Das Erfordernis einer vorherigen Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht als Voraussetzung für eine Berichtigung des Versicherers zur Leistungsprüfung ergibt sich nicht aus § 7 Nr. 1 BBUZ. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Sichtweise ist für die Auslegung insoweit ankommt, wird dieser Regelung einen solchen Bedeutungsgehalt nicht beimessen. Vielmehr ergibt sich bei verständiger Würdigung ohne weiteres, dass lediglich klargestellt werden soll, dass die Berechtigung zur Leistungsprüfung auch nach Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht besteht.

3. Ein von den Bedingungen vorgesehener Hinweis auf die Rechte des Versicherungsnehmers nach § 6 BBUZ ist in diesem Fall nicht erforderlich. In § 6 BBUZ wird erkennbar lediglich auf die seinerzeit in § 12 Abs. 3 VVG ab. S. Statuierte gesetzliche Klagefrist der Bezug genommen, die mit Wirkung zum 1. Januar 2008 außer Kraft getreten ist.

 

Auslegung einer AVB-Regelung über vollständige Berufsunfähigkeit

KG

Wird in den Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung die Frage, wann vollständige Berufsunfähigkeit vorliegt, dahin beantwortet, dass sie vorliegt, „wenn die versicherte Person infolge Krankheit ... 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben“ (Nr. 1.2.1 AVB), so tritt der Versicherungsfall auch bei der ersten Alternative („6 Monate ... war“) bereits mit dem Beginn des Sechsmonatszeitraums ein. Für diese Auslegung aus der Sicht des durchschnittlichen VN spricht auch die weitere Bestimmung in Nr. 2.4.1 AVB, wonach der Anspruch auf Leistungen „mit Beginn des Kalendermonats nach Eintritt der Berufsunfähigkeit (= Beginn des sechsmonatigen Zeitraums gemäß Abschnitt 1.2.1)“ beginnt.

 

Neuer Versicherungsfall wenn nach einer Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren erneut (die alten) gesundheitliche Beeinträchtigungen wieder auftreten

OLG Stuttgart

Treten nach dem wirksamen Ablauf des Nachprüfungsverfahrens und der Einstellung der Leistungen die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht erneut ein, ändert dies nichts an dem eingetretenen Entfall der Leistungspflicht aus dem früheren Versicherungsfall. Aus der Beseitigung der Selbstbindung des Versicherers im Wege des Nachprüfungsverfahrens folgt, dass die frühere Leistungspflicht des Versicherers nicht wiederauflebt, der Versicherte vielmehr – will er wiederum Leistungen erhalten – einen neuen Leistungsantrag stellen muss. Liegen die Voraussetzungen vor, handelt es sich um einen neuen Versicherungsfall.

 

Fälligkeit der Berufsunfähigkeitsleistungen  – Dauer der Ermittlungen des VR; Leistungsablehnung

OLG Saarbrücken

1. Die zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Leistungsumfangs nötigen Erhebungen iSd § 1. Eine die Fälligkeit bewirkende Leistungsablehnung erfordert eine endgültige und erkennbar abschließende Stellungnahme des Versicherers, mit der er bekundet, keine weiteren Erhebungen mehr vornehmen zu wollen, die so eindeutig ist, dass der Versicherungsnehmer daraus zweifelsfrei entnehmen kann, dass der Versicherer seine Eintrittspflicht ablehnt.

2. Ermöglichen es die bisherigen Auskünfte nicht, eine abschließende Entscheidung über die Eintrittspflicht zu treffen und verweigert der Versicherungsnehmer die gebotene Mitwirkung an einer ärztlichen Begutachtung, so hat dies zur Folge, dass der Versicherer die Ermittlungen zur Feststellung seiner Leistungspflicht im Sinne des § 14 VVG nicht abschließen kann.

 

Zu den Anforderungen an eine wirksame Einstellungsmitteilung

OLG Stuttgart

1. Unerlässlicher Bestandteil des Nachprüfungsverfahrens ist, dass dem Versicherungsnehmer mitgeteilt wird, dass die bereits anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Denn erst eine solche Mitteilung kann die Leistungspflicht entfallen lassen, nicht bereits zuvor der Eintritt von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen.

2. Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Mitteilung ist deren Nachvollziehbarkeit, also grundsätzlich das Vorhandensein einer Begründung, aus der für den Versicherungsnehmer nachvollziehbar wird, warum nach Auffassung seines Vertragspartners die anerkannte Leistungspflicht enden soll. Dabei sind an den Inhalt dieser Änderungsmitteilung strenge Voraussetzungen zu stellen. Die Mitteilung muss eine für den Versicherungsnehmer nachvollziehbare Begründung enthalten, was sich seit dem Anerkenntnis des Versicherers geändert hat und aus welchen Gründen die Leistungspflicht entfallen soll. Der Versicherungsnehmer muss in der Lage sein, aufgrund der Änderungsmitteilung und der mit dieser Mitteilung verbundenen Informationen abzuschätzen, wie sein Prozessrisiko aussieht, wenn er weiterhin eine Leistungspflicht des Versicherers geltend machen will. Deshalb muss die Mitteilung vor allem eine vergleichende Betrachtung der aus der Sicht des Versicherers maßgebenden Umstände enthalten, die sich einerseits auf den Zeitpunkt des früheren Anerkenntnisses bezieht und andererseits auf den Zeitpunkt der Einstellung der Leistungspflicht.

3.Iin Fällen der Leistungseinstellung wegen Verbesserung des Gesundheitszustandes ist deshalb eine Gegenüberstellung des jeweiligen Gesundheitszustandes des VN zum Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses und zum Zeitpunkt der Einstellung der Leistungen erforderlich.

4. Dem Versicherer bleibt es grundsätzlich unbenommen, noch während eines Rechtsstreits um den Fortbestand der Leistungspflicht eine Änderungsmitteilung an den Versicherungsnehmer zu richten. Insbesondere kann eine solche Mitteilung in einem während des Rechtsstreits übermittelten Schriftsatz des Versicherers zu sehen sein.

5. Der Zweck der Begründungspflicht, den Versicherungsnehmer mit den erforderlichen Informationen auszustatten, um sein Prozessrisiko für eine Klage auf Fortsetzung der Leistungen abzuschätzen, ist erfüllt, wenn der Versicherungsnehmer kennt bereits die Gründe, etwa aus Gutachten, auf die Bezug genommen wird. Weitere, das Gutachten nur wiederholende Ausführungen im Rahmen einer Nachprüfungsentscheidung wären eine bloße Förmelei und sind daher hier ausnahmsweise verzichtbar.

5. Der Prozessbevollmächtigte des Versicherungsnehmers ist über seine Prozessvollmacht auch zur Entgegennahme einer solchen Einstellungsmitteilung bevollmächtigt.

6. Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens hat der Versicherer die Voraussetzungen für einen späteren Wegfall der Leistungspflicht darzulegen und zu beweisen.

 

Dynamisierung einer Berufsunfähigkeitsrente

OLG Dresden

1. Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem der VR zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente verurteilt wird, umfasst erst nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eintretende Dynamisierungen grundsätzlich nicht.

2. Die Klausel in den AVB des VR einer kombinierten Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wonach bei Eintritt von Berufsunfähigkeit Leistungen der "Hauptversicherung" dynamisiert werden, schließt für einen verständigen VN eine Dynamisierung der Berufsunfähigkeitsrente nach Eintritt des Leistungsfalls aus.

 

Keine sachdienliche Klageänderung, wenn in den Rechtsstreit neue gesundheitliche Verschlechterungen eingeführt werden

OLG Stuttgart

1. Während des Rechtsstreits neu vorgebrachte gesundheitliche Beeinträchtigungen, aus denen erstmals oder erneut Berufsunfähigkeit folgen soll, verändern den Streitgegenstand, weil sie den Anspruch auf einen veränderten Sachverhalt stützen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 13. November 2013 – 5U 359/12).

2. ein neuer Versicherungsfall bedingt die Zulässigkeit der Klageänderung (§ 563, 533 ZPO). Gemäß § 533 ZPO ist in der Berufungsinstanz eine Klageänderung nur dann zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 509 20 ZPO zugrundezulegen hat.

3. Eine Klageänderung ist nicht sachdienlich, weil mit der erneuten bzw. erhöhten Berufsunfähigkeit des Klägers völlig neue Tatsachen in den Rechtsstreit eingeführt werden, bezüglich deren die bisherigen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen keine verwertbare Entscheidungsgrundlage wären. Es würde daher der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfen, somit fehlt es beim neuen Vorbringen des Klägers an einer kongruenten Tatsachengrundlage.
 

Eine wirksame Einstellungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren wegen Verweises auf eine neue Tätigkeit setzt sowohl Darlegungen zur Einkommenshöhe als auch zur sozialen Wertschätzung im Verweisberuf voraus

Landgericht Konstanz

1. inhaltlich erfordert die Einstellungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren, dass der Versicherer dabei dafür Sorge tragen muss, dass auch der Versicherte seine Rechte aus dem Versicherungverhältnis sachgerecht wahren kann. Er hat dem Versicherten daher die Informationen zu erteilen, die dieser benötigt, um sein Prozessrisiko abschätzen zu können (BGH, Urteil vom 17. Februar 1993 – IV ZR 228/91).

2.Dies setzt voraus, dass der Versicherer zunächst einmal die vertraglichen Voraussetzungen eines Wegfalls der Leistungspflicht benennt und sich mit diesen auseinandersetzt. Daran fehlt es, wenn der Versicherer sich in der Einstellungsmitteilung lediglich mit der aus seiner Sicht zumutbaren Einkommenshöhe im Verweisungsberuf auseinandersetzt, ohne sich auch mit der sozialen Wertschätzung des Verweisberufes auseinanderzusetzen. In einem solchen Fall fehlt es bereits an der nach § 174 VVG zu erteilenden Grundinformation, dass es auch auf die Vergleichbarkeit der Wertschätzung ankommt.

3. Wenn dem Versicherungsnehmer diese Voraussetzung einer Leistungseinstellung gar nicht erst benannt wurde, kommt es auch darauf, ob er in der Lage gewesen wäre, die Wertschätzung seiner neuen, bereits ausgeübten Tätigkeit auch ohne nähere Ausführungen des Versicherers zu bewerten, nicht an. Daran vermag auch die Entscheidung des BGH vom 3. November 1999 – IV ZR 154/98 – nichts zu ändern.

4. Eine Einstellungsmitteilung kann auch im Rechtsstreit für die Zukunft nachgeholt werden, vergleiche BGH, Urteil vom 12. Juni 1996 – IV ZR 106/95. Für das Wirksamwerden kommt es auf das Datum der Mitteilung an den Prozessbevollmächtigten des Versicherungsnehmers als dessen Vertreter (§ 164 Abs. 3 BGB) an.

 

Die Tätigkeit als Stadtinspektor entspricht der Lebensstellung eines Oberfeldwebels bei der Bundeswehr in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht

Landgericht Konstanz

1. Bei der Vornahme des Gehaltsvergleiches ist auf den Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit abzustellen, vergleiche auch BGH, Urteil vom 6. 20. Juni 2019-IV ZR 19/18. Ein „besonders langer Zeitraum“ liegt bei einem zeitlichen Abstand von rund 7 Jahren zwischen dem früheren Gehalt und dem für die Vergleichsbetrachtung herangezogenen Gehalt nach Auffassung des Gerichts nicht vor.

2. Ein monatlicher Verpflegungsmehraufwand als Soldat ist nicht zu berücksichtigen, da diese mit der Inanspruchnahme der Unterkunftsleistung in der Gemeinschaftsunterkunft verbunden war. Ansonsten hätte der Versicherte weder das Frühstück noch das Abendessen in der Gemeinschaft Unterkunft wahrgenommen. Eine spürbare Vergütungsminderung wäre damit für den Kläger heute – wenn überhaupt – nur dann verbunden, wenn dieser (wäre er noch Soldat) heute noch in der Gemeinschaftsunterkunft wohnen und von etwaigen damit verbundenen Ersparnis Möglichkeiten Gebrauch machen würde. Dafür ist jedoch angesichts der heutigen Lebenssituation des Klägers (verheiratet, einem Sommer 2017 geborenes Kind) nichts ersichtlich.

3. Ebenso ist eine Kürzung des neuen Gehalts im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit des Klägers mit 53 oder 55 Jahren in Ruhestand zu gehen, nicht veranlasst. Diese beeinflussten gehaltsvergleich nicht, schon gar nicht ist ersichtlich, weshalb es diesen zulasten des neuen Berufs beeinflussen soll, gibt dieser dem Kläger doch die Möglichkeit sein neues, höheres Gehalt über einen rund 12-15 Jahre längeren Zeitraum ungekürzt zu erhalten.

4. Die Wertschätzung der Tätigkeit als Inspektor sinkt nicht spürbar unter das Niveau des vor Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Berufs als Oberfeldwebel ab.

 

Auslegung einer Berufsunfähigkeitsversicherung als Versicherung für fremde Rechnung

BGH

Für die Abgrenzung zwischen einer Eigenversicherung des Versicherungsnehmers, in der die versicherte Person lediglich Gefahrperson ist, und einer Versicherung für fremde Rechnung kommt es entscheidend auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und die nach diesen Vereinbarungen geschützten Interessen an. Eine Versicherung für fremde Rechnung liegt vor, wenn mit dem Vertrag ausschließlich oder jedenfalls neben dem Eigeninteresse des Versicherungsnehmers auch das eigene Interesse der versicherten Person versichert werden soll. Die Widerruflichkeit eines Bezugsrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung entfällt mit Eintritt des Versicherungsfalles auch hinsichtlich aller erst zukünftig fällig werdenden Rentenzahlungen.

 

Unwirksamkeit einer Einstellungsmitteilung eines Berufsunfähigkeitsversicherers

OLG Saarbrücken

Hat der Versicherer seine Leistungspflicht wegen Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers erst einmal anerkannt, so kann er deren späteren Wegfall nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens zum Versicherungsschein geltend machen. Unerlässlicher Bestandteil dieses Verfahrens ist es, dass dem Versicherungsnehmer das Ende der Leistungspflicht förmlich mitgeteilt wird. Unterbleibt die Einstellungsmitteilung oder ist sie rechtsunwirksam, so besteht die anerkannte Leistungspflicht auch dann fort, wenn sich die maßgeblichen Umstände derart geändert haben, dass sie den Versicherer zur Leistungseinstellung berechtigt hätten. Die Einstellungsmitteilung eines Berufsunfähigkeitsversicherers kann schon aus formalen Gründen unwirksam sein, wenn sie im Rahmen der gebotenen Vergleichsbetrachtung nicht auf die in gesunden Tagen ausgeübte Berufstätigkeit abstellt, sondern auf die nach Abschluss einer im konkreten Fall unzulässigen Kulanzvereinbarung und bis zur Abgabe des späteren Anerkenntnisses neu aufgenommene Tätigkeit.

 

Zeitpunkt vollständiger Berufsunfähigkeit

KG Berlin

Wird in den Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung die Frage, wann vollständige Berufsunfähigkeit vorliegt, dahin beantwortet, dass sie vorliegt, "wenn die versicherte Person infolge Krankheit ... 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben", so tritt der Versicherungsfall auch bei der ersten Alternative ("6 Monate .. war") bereits mit dem Beginn des Sechsmonatszeitraums ein.

 

Notwendigkeit eines Einzelausweises von Prämien in einer Verbraucherinformation

BGH

Eine dem Versicherungsnehmer erteilte Verbraucherinformation ist nicht deswegen unvollständig, wenn die Prämien für eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht gesondert ausgewiesen worden sind. Dem steht der klare Wortlaut der Regelung entgegen, die einen Einzelausweis nur fordert, wenn mehrere selbständige Versicherungsverträge vorliegen. Dies ist bei einer Zusatzversicherung nicht der Fall.

 

Anforderungen an die Vereinbarung einer Dynamisierung der Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung

OLG Dresden

1. Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem der Versicherer zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente verurteilt wird, umfasst erst nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eintretende Dynamisierungen grundsätzlich nicht.

2. Die Klausel in den AVB des Versicherers einer kombinierten Lebens- und Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, wonach bei Eintritt von Berufsunfähigkeit Leistungen der „Hauptversicherung“ dynamisiert werden, schließt für einen verständigen Versicherungsnehmer eine Dynamisierung der Berufsunfähigkeitsrente nach Eintritt des Leistungsfalls aus.

 

Leistungsausschluss bei schuldhaft verspäteter Anzeige einer Berufsunfähigkeit durch den Versicherungsnehmer

OLG Koblenz

1. Der anspruchserhebende ist für das Fehlen seines Verschuldens Darlegungs- und beweispflichtig, wobei von Verschulden auszugehen ist, wenn wegen der gesundheitlichen Probleme ein Leistungsantrag in der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt worden ist.

2. Wenn ein Versicherungsnehmer, der unter einer multiplen Sklerose mit einem akuten Schub leidet, einen Antrag wegen voller Erwerbsminderung stellt, muss er von einer aufgehobenen Leistungsfähigkeit ausgehen oder diese zumindest ernsthaft in Betracht ziehen, denn bei der Erkrankung der multiplen Sklerose ist nicht mit einer Revision eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen zu rechnen. In einem solchen Fall liegt für den Versicherungsnehmer die realistische Möglichkeit des Eintritts einer vollen Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen nahe, wodurch er gehalten ist, zeitnah auch einen Leistungsantrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen zu stellen.

 

Die Einstellungsmitteilung eines Berufsunfähigkeitsversicherers kann schon aus formalen Gründen unwirksam sein, wenn sie im Rahmen der gebotenen Vergleichsbetrachtung nicht auf die in gesunden Tagen ausgeübte Berufstätigkeit abstellt, sondern auf die nach Abschluss einer im konkreten Fall unzulässigen Kulanzvereinbarung und bis zur Abgabe des späteren Anerkenntnisses neu aufgenommene Tätigkeit

OLG Saarbrücken

1. Hat der Versicherer seine Leistungspflicht wegen Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers erst einmal anerkannt, so kann er deren späteren Wegfall nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BBUZ geltend machen. Unerlässlicher Bestandteil dieses Verfahrens ist es, dass dem Versicherungsnehmer das Ende der Leistungspflicht förmlich mitgeteilt wird (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BBUZ). Erst die zugegangene Mitteilung kann – nach einer Schutzfrist (§ 7 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BBUZ) – die Leistungspflicht entfallen lassen. Unterbleibt die Einstellungsmitteilung oder ist sie rechtsunwirksam, so besteht die anerkannte Leistungspflicht auch dann fort, wenn sich die maßgeblichen Umstände derart geändert haben, dass sie den Versicherer zur Leistungseinstellung berechtigt hätten.

2. Wirksam ist eine Einstellungsmitteilung nur dann, wenn darin nachvollziehbar begründet wird, warum die vormals anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Versicherer den Zustand, der seinem Anerkenntnis zugrunde lag, mit dem für das Abänderungsverlangen maßgeblichen Zustand vergleicht und aufzeigt, aufgrund welcher Veränderungen er eine Einstellung der Leistungen für gerechtfertigt hält. Stützt der Versicherer die Leistungseinstellung auf eine zwischenzeitliche Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten, so muss er die gebotene Vergleichsbetrachtung an den geänderten gesundheitlichen Verhältnissen ausrichten. Darüber hinaus hat er die aus den medizinischen Erkenntnissen gezogenen berufsbezogenen Schlussfolgerungen vergleichend darzulegen.

Die Anforderungen an die Begründung der Einstellungsentscheidung sind hoch. Denn es ist der Versicherungsnehmer, der sich mit einer Klage gegen die durch eine Mitteilung ausgelösten Rechtsfolgen zur Wehr setzen muss. Dazu benötigt er nachvollziehbare Informationen, anhand deren er sein Prozessrisiko sachgerecht abschätzen kann.

3.  Nach den hier maßgeblichen Vertragsbedingungen ist der Begriff der Berufsunfähigkeit bei der Nachprüfung im selben Sinne zu verstehen wie bei der Erstprüfung. Für beide Konstellationen ist an die letzte Berufsausübung des Versicherten anzuknüpfen, so wie sie in gesunden Tagen vor der Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit ausgestaltet war.

4. Bei der Nachprüfung untersucht der Versicherer, ob eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nachträglich wieder weggefallen ist. Der Wendepunkt wird prinzipiell durch das Erstanerkenntnis markiert. Inhaltlich „zementiert“ es den ihm zugrunde liegenden Gesamtzustand des Versicherten, sowohl bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch auf den bis dahin bekannten Gesundheitszustand. Hat der Versicherer keine näheren Informationen eingeholt, sondern die Angaben einem ausgefüllten Fragebogen des Versicherten entnommen, so gelten auch diese als „festgeschrieben“.

 

Zu den Anforderungen an eine wirksame Individualvereinbarung/Kulanzvereinbarung des Versicherers mit dem Versicherungsnehmer und den Rechtsfolgen einer unwirksamen Individualvereinbarung

OLG Saarbrücken

1. Zwar ist den Parteien einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit eine einvernehmliche Regelung der Leistungspflicht nicht allgemein verwehrt. Allerdings ist der Versicherer nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen, da die Versicherung für diesen häufig von existenzieller Bedeutung ist und er, anders als der Versicherer, die komplizierten Vertragsbedingungen zu Anerkenntnis und Nachprüfungsverfahren kaum durchschauen wird. Der Versicherer handelt objektiv treuwidrig, wenn er bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot befristeter Kulanzleistungen hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft. Ein solches Vorgehen kann den Versicherungsnehmer benachteiligen, da sich der Versicherer damit einerseits eine beweisrechtliche Rechtsposition verschafft, als hätte er die Leistung abgelehnt, andererseits aber den Versicherungsnehmer von dem Nachweis der Berufsunfähigkeit während des Kulanzzeitraums abhält, was für diesen infolge der Verschlechterung von Beweismitteln bis zur Geltendmachung von Folgeansprüchen erhebliche Nachteile mit sich bringen kann. Entsprechende Vereinbarungen sind daher nur in engen Grenzen möglich. Sie setzen eine – aus verständiger Sicht – noch unklare Sach- und Rechtslage voraus. Vor ihrem Abschluss erfordern sie klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers darauf, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Vereinbarung verändert oder eingeschränkt wird. Der Versicherungsnehmer muss umfassend und transparent über die Sach- und Rechtslage aufgeklärt werden einschließlich der mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile insbesondere in Folge der Verschiebung des Zeitpunktes der Erstprüfung mit ihren beweisrechtlichen Konsequenzen sowie den damit möglicherweise eintretenden Verlust des dreimonatigen Nachleistungsanspruchs  

2. Ein knapper und pauschaler Hinweis in einer vom Versicherer vorformulierten Vereinbarung, wonach der Versicherungsnehmer „darüber informiert“ sei, dass der Nachweis des Vorliegens bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit „bereits zum geltend gemachten Zeitpunkt nach Ablauf dieser Vereinbarung möglicherweise erschwert sein könnte“, genügte den oben dargelegten strengen Aufklärungsanforderungen nicht.

3. Hinzu kommt, dass das Angebot des Versicherers im vorliegenden Fall dem Kläger den Blick für die ihm durchaus günstige Vertragssituation verstellte. Eine außervertragliche Leistungsvereinbarung kann das Verfahren – auch im Interesse des Versicherungsnehmers an schnell einsetzenden Zahlungen – beschleunigen und vereinfachen, indem darauf verzichtet wird, eine umfassende Grundlage für eine ärztliche Prognoseentscheidung zu schaffen. Das kann hier nicht im Vordergrund gestanden haben. Im Vertrag des Klägers wird der Eintritt von Berufsunfähigkeit unwiderleglich vermutet, wenn der Versicherte sechs Monate ununterbrochen zur Ausübung seines zuletzt ausgeübten Berufs außerstande gewesen ist und dieser Zustand fortdauert, und sei es nur einen Tag lang. Dieser Zeitraum wäre im November 2008, mithin nur zwei Monate nach dem Kulanzangebot der Beklagten, abgelaufen gewesen. Die möglicherweise aufwändige und schwierige ärztliche Prognose eines Dauerzustands hätte danach nicht mehr angestellt werden müssen.

4. Die Rechtsfolgen einer unzulässigen außervertraglichen Vereinbarung sind differenziert zu beurteilen. Steht fest, dass der Versicherer eigentlich hätte anerkennen müssen, wird das Anerkenntnis fingiert. War hingegen die Berufsunfähigkeit noch ungeklärt, so muss weiter nach den Regeln der Erstprüfung aufgeklärt werden, wobei dem Versicherungsnehmer gewisse Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugutekommen können. Unabhängig davon gilt für alle denkbaren Konstellationen, dass der Versicherer aus der unzulässigen Vereinbarung keinen Vorteil ziehen darf. So ist anerkannt, dass er sich bei einer später wieder aufgenommenen Leistungsprüfung nicht darauf berufen kann, nunmehr sei auf die Gesundheitsverhältnisse des Versicherungsnehmers im Zeitpunkt des neuen Antrags abzustellen. Für die Frage, ob die spätere Leistungsprüfung am ursprünglichen oder an einem zwischenzeitlich aufgenommenen, anderen Beruf auszurichten ist, kann nichts Anderes gelten.

 

Keine Erhöhung des Streitwertes um die nach Klageerhebung eingeklagten weiteren Berufsunfähigkeitsleistungen

LG Saarbrücken

1. Der Wert einer Leistungsklage auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente berechnet sich aus den nach klägerischer Auffassung bis zur Klageeinreichung fällig gewordenen Beträgen und dem nach § 9 ZPO zu bewertenden künftigen Ansprüchen. 

2. Im Rahmen einer Feststellung ist ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage zu machen.

3. nach Einreichung der Klage fällig gewordenen Beträge wirken sich bei einer Klage auf wiederkehrende Leistungen nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn-wie hier-diese Beträge im Laufe des Verfahrens beziffert und als Rückstand geltend gemacht werden.

 

Im Falle einer Einstellung der Leistungen im Nachprüfungsverfahren wegen einer ausgesprochenen konkreten Verweisung bedarf es in der Einstellungsmitteilung keiner Vergleichsbetrachtung mit dem Verweisberuf

LG Saarbrücken

1. Der Versicherer kann den späteren Wegfall einer zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens gelten machen. Unerlässlicher Bestandteil dieses Verfahren ist es, dass dem Versicherungsnehmer eine Mitteilung über das Ende der Leistungspflicht gemacht wird. Denn erst die zugegangene Mitteilung kann-nach einer Schutzfrist-die Leistungspflicht entfallen lassen, nicht bereits zuvor der Eintritt von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherten.

2. formelle Voraussetzung der Befugnis zur Einstellung von Leistungen ist es, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer mitteilt, dass und aufgrund welcher Umstände die bereits anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Wirksam ist eine solche Mitteilung allerdings nur, wenn sie nachvollziehbar ist. Das gilt nicht nur bei einer Änderung des gesundheitlichen Befindens der versicherten Person, sondern gleichermaßen, wenn wie hier die Leistungseinstellung darauf gestützt werden soll, dem Versicherten sei es aufgrund neu erworbener beruflicher Fähigkeiten möglich, nunmehr eine andere Tätigkeit auszuüben. Nachvollziehbarkeit setzt insoweit grundsätzlich voraus, dass der Versicherer unter Hinweis auf die neu erlangten Fähigkeiten solche anderen Tätigkeiten aufzeigt, die nach seiner Auffassung die Annahme tragen, der Versicherte könne sie nach seinen nunmehr zu berücksichtigen Fähigkeiten ausüben und damit seine Lebensstellung wahren. Denn die Mitteilung soll dem obliegenheitstreuen Versicherten, der zuvor dem Versicherer für die Nachprüfung sachdienliche Auskünfte erteilt hat, die Informationen geben, die er benötigt, um sein Prozessrisiko abschätzen zu können. Sie ist für den Versicherten deshalb so bedeutsam, weil er es ist, der sich mit einer Klage gegen die durch eine Mitteilung ausgelösten Rechtsfolgen zur Wehr setzen muss.

3. Nachvollziehbarkeit der Änderungsmitteilung-wird die Leistungseinstellung darauf gestützt, dass der Versicherte eine andere Tätigkeit auszuüben in der Lage sei-setzt grundsätzlich voraus, dass dem Sicherungsnehmer diese andere Tätigkeit mit ihren prägenden und nach § 1 Abs. 4 BBUZ wesentlichen Merkmalen aufgezeigt wird. Denn erst dadurch werden dem Versicherungsnehmer eine Vergleichsbetrachtung mit seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit und die Einschätzung ermöglicht, ob sich der Versicherer mit Recht auf eine Vergleichbarkeit der aufgezeigten anderen Tätigkeit beruft. Solche Angaben zu der anderen Tätigkeit als Voraussetzung der Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung bedarf der Versicherungsnehmer aber dann nicht, wenn er von den Merkmalen der vom Versicherer benannten anderen Tätigkeit schon deshalb Kenntnis hat, weil er sie konkret ausübt. Er ist dann schon anhand eigener Kenntnisse zu der Beurteilung in der Lage, ob die andere Tätigkeit seiner zuletzt ausgeübten vergleichbar ist. Deshalb sind einem solchen Fall näherer Angaben des Versicherers zu den nach § 1 Abs. 4 BBUZ wesentlichen Merkmalen der anderen Tätigkeit entbehrlich; die Mitteilung des Versicherers ist-unbeschadet der Frage der Begründetheit seiner Auffassung-für den Versicherungsnehmer verständlich und damit wirksam. Die Forderung nach einer Vergleichsbetrachtung würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei darstellen.

 

Die Tätigkeit als Zahnarzthelferin ist vergleichbar mit der Tätigkeit als Telefonistin in der Patientenaufnahme eines Krankenhauses

LG Saarbrücken

1. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den hier vereinbarten Bedingungen nur dann in Betracht, wenn die neue berufliche Tätigkeit der Lebensstellung der versicherten Person in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt.

2. Übt ein Versicherungsnehmer eine Verweisungstätigkeit bereits aus und will er geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht seiner bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll. Das gilt auch und gerade dann, wenn er sich auf solche Umstände stützen will, die sich aus der Art und Ausgestaltung der früheren Tätigkeit ergeben.

3. Vergleichbarkeit setzt dabei insbesondere nicht voraus, dass der Ausgangsberuf unter Vergleichsberuf in Ihrem Anforderungsprofil zu 100 % übereinstimmen. Anderenfalls wäre eine vertraglich vorgesehene Verweisung bereits deshalb unmöglich, weil nur auf den ursprünglich ausgeübten Beruf verwiesen werden könnte. Entscheidend ist vielmehr, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht.

4. das ist bei einer Versicherten der Fall, die vor Eintritt der Berufsunfähigkeit als Zahnarzthelferin gearbeitet hat und nunmehr als Telefonistin in der Patienten Aufnahme eines Krankenhauses durchführt und 1. Anlaufstelle für alle Patienten und Besucher, die das Krankenhaus betreten, ist und somit für die ambulanten, teilweise auch für die stationären Aufnahmen zuständig ist und im Falle eines Notfalles selbstständig entscheidet, wie gefährlich der Patient erkrankt ist und ob es ihm noch zuzumuten ist, in der Bereitschaft Praxis zu gehen oder ob er in die Notaufnahme muss.
 

Beweislast für eine Gesundheitsverbesserung im Nachprüfungsverfahren liegt beim Versicherer

OLG Koblenz

Es ist im Fall eines unbefristeten Anerkenntnisses Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr gegeben sind. Er kann also nur dann wieder von seinem Anerkenntnis abrücken, wenn er in dem von ihm vorgesehenen Nachprüfungsverfahren nachweisen kann, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten derart gebessert hat, dass dies zu bedingungsgemäß relevanten Auswirkungen auf die beruflichen Betätigungsmöglichkeiten des Versicherten geführt hat.

 

Zulässigkeit der Einschaltung von Hilfskräften bei der Gutachtenerstellung (hier: nervenärztliches Gutachten)

OLG Koblenz

1. Die Einschaltung von Hilfskräften bei der Gutachtenerstellung ist grundsätzlich zulässig, wenn der Gutachter nach wie vor allein verantwortlich für die Erstellung bleibt. Insbesondere muss er „Untersuchungen, die bereits die besondere Sachkunde erfordern, deretwegen der Sachverständige eingeschaltet worden ist“, selbst durchführen oder zumindest kontrollieren.

2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn initial nur ein Gespräch allein durch eine Hilfskraft erfolgt und im Anschluss zusätzlich eine eigene Exploration durch den Sachverständigen erfolgt.

 

Keine Erhöhung des Streitwertes um die nach Klageerhebung eingeklagten weiteren Berufsunfähigkeitsleistungen

OLG Koblenz

1.Hinsichtlich des Leistungsantrags sind lediglich die bis zur Klageerhebung aufgelaufenen wiederkehrenden Leistungen Streit wertmäßig berücksichtigungsfähig. Alle nach Klageerhebung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen unterfallen § 9 ZPO, auch wenn der Leistungsantrag ausdrücklich mit dem Zeitablauf angepasst wird. Ist ein einheitlicher Streitwert nach dem 3,5 -fachen Jahreswert zu bilden. Diese ergibt sich aus dem Monatswert der begehrten Berufsunfähigkeitsrente zuzüglich des Wertes des monatlichen Freistellungsbetrages.

2. Ein geltend gemachter Anspruch wegen vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wird in den Streitwert nicht eingerechnet.

 

Arglistige Täuschung durch „blindes“ Unterschreiben des vom Vermittler nach Angaben des Vaters des Versicherungsnehmers ausgefüllten Antrags

OLG Hamm

Bei entsprechenden Anhaltspunkten handelt ein Versicherungsnehmer, welcher den von seinem Vater ausgefüllten Versicherungsantrag blind unterschreibt, arglistig; denn er gibt dann eine Erklärung „ins Blaue hinein“ ab.

 

Es ist kammerbekannt, dass bei fehlendem oder wegen zahlreicher Unterbrechungen nicht erholsamen Schlaf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit am folgenden Tag verringert ist

Landgericht Koblenz

Nach den eigenen Erfahrungen der Kammer in Bezug auf eine längere, sitzende Bildschirmtätigkeit tritt -obwohl insofern selbst aktiv etwa durch das Schreiben längerer Texte oder das Recherchieren im Internet gearbeitet wird- in ausgeruhtem Zustand nach wenigen Stunden ein Zustand zumindest leichter Ermüdung ein. Dabei ist dem Gericht-ebenfalls aus eigener Anschauung bekannt-, dass bei fehlendem oder wegen zahlreicher Unterbrechungen nicht erholsamen Schlaf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit am folgenden Tag verringert ist.

 

Keine Behandlungsobliegenheit des Versicherungsnehmers ohne vertragliche Vereinbarung – keine Behandlungspflicht selbst bei aussichtsreichen Behandlungen

Landgericht Koblenz

1. Das Gesetz lässt es zwar zu, im Versicherungsvertrag eine Behandlungsobliegenheit des Versicherungsnehmers vorzusehen.

2. Fehlt es an einer solchen Abrede, so ist der Versicherungsnehmer jedoch nicht gehalten, sich zur (auch aussichtsreichen) Linderung oder Heilung seiner Leiden therapieren zu lassen.

3. Wegen der mit ihrer verbundenen Berührung des Persönlichkeitsrechts kann auch eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung, selbst wenn sie weder eine invasive noch medikamentöse Intervention vorsieht, nicht verlangt werden.

5. Ferner können jedoch allgemeine Obliegenheiten bestehen. Eine Verletzung setzt aber das Verstreichen einer einfachen, gefahrlosen und nicht mit besonderen Schmerzen verbundenen, sichere Aussicht auf Heilung oder wesentliche Besserung versprechenden medizinischen Maßnahme voraus.

 

Verweisung – Bundeswehroffizier auf Prüfingenieur beim TÜV

OLG Celle

1. Die soziale Wertschätzung eines Prüfingenieurs beim TÜV ist nicht geringer zu bewerten als die eines Offiziers (hier: Leutnant der Bundeswehr mit absolviertem Studium der Elektrotechnik und Informationstechnik).

2. Für die Beurteilung des Einkommensverlustes und der gleichwertigen sozialen Wertschätzung eines Bundeswehroffiziers ist eine nach Eintritt der Berufsunfähigkeit zukünftig eintretende Entwicklung der Besoldung oder die das Ansehen steigernde Beförderung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

3. Der Vergleich der Vergütung eines Bundeswehroffiziers mit der eines privatwirtschaftlich tätigen Prüfingenieurs ist auf der Basis des Nettoeinkommens durchzuführen, da dieser die wirtschaftliche Situation realistisch abbildet, weil der Offizier nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegt und Anspruch auf freie Heilfürsorge hat.

 

Berufsunfähigkeit – Auszubildende; Mechatronikerin; Einkommensverlust bei Verweisung

Landgericht Kleve

1. Das Berufsbild eines Auszubildenden entspricht grundsätzlich den Vorgaben der für diesen Lehrberuf gültigen Ausbildungsordnung. Es besteht nämlich ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die konkrete Ausgestaltung der Lehre im Ausbildungsbetrieb nicht hinter den Anforderungen der jeweiligen Ausbildungsordnung zurückbleibt.

2. Eine Versicherungsnehmerin, die an einem Hypermobilitätssyndrom leidet, ist nicht mehr in der Lage, ihren Beruf als Auszubildende zur Mechatronikerin zu mindestens 50 % auszuüben.

3. Der Versicherer handelt treuwidrig, wenn er bei Vertragsschluss ihm bekannte Umstände (hier zu geringe Größe und Gewicht der Versicherungsnehmerin) als Begründungen für einen Leistungsausschluss (hier: vorvertragliche Berufsunfähigkeit) heranzieht.

Zur Berufsunfähigkeit eines Tennislehrers wegen einer chronisch entzündlichen, fortschreitenden Erkrankung des Handgelenks

OLG Saarbrücken

Ein selbständiger Tennislehrer, der wegen einer chronisch entzündlichen, fortschreitenden Erkrankung des rechten Handgelenks und daraus resultierendem Belastungsschmerz nicht einmal mehr zu einem einzigen längeren Ballwechsel imstande ist, kann seinen Schülern das Tennisspiel nicht mehr beibringen und ist als bedingungsgemäß berufsunfähig anzusehen.

 

Auf den zeitlichen Anteil der beruflichen Tätigkeit und die Höhe des Einkommens kommt es für die Bestimmung des maßgeblichen Berufs grundsätzlich nicht an

OLG Saarbrücken

1. Anknüpfungspunkt für die Berufsunfähigkeit ist der Beruf des Versicherten. Beruf ist eine auf Dauer angelegte, dem Erwerb des Lebensunterhaltes dienende Tätigkeit, die dazu geeignet ist, die Lebensstellung des Versicherten zu prägen und die diese auch bereits geprägt hat. Auf den zeitlichen Umfang kommt es grundsätzlich nicht an. Auch die Höhe des Verdienstes ist nebensächlich, weil die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vor dem Ausfall eines den Lebensbedarf deckenden Einkommens schützt .

2. Für die Frage des Eintritts des Versicherungsfalls ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung maßgebend, so wie sie „in gesunden Tagen“ mit noch uneingeschränkter Leistungsfähigkeit des Versicherten ausgestaltet war. Nach den Bedingungen muss diese Tätigkeit krankheitsbedingt zu mindestens 50 % unmöglich geworden seien sein. Dabei ist die Arbeitszeit nicht das ausschließlich maßgebliche Kriterium. Maßgeblich ist, ob der Versicherte mit den noch ausführbaren Tätigkeiten weiterhin ein sinnvolles Arbeitsergebnis erzielen kann. Der konkret ausgeübte Beruf setzt sich regelmäßig aus einer größeren Zahl von Einzelverrichtungen zusammen, die von unterschiedlichem Gewicht sein können. Kann ein prägendes Kernelement der Berufstätigkeit nicht mehr bewältigt werden, entfällt die Fähigkeit zur Ausübung des Berufs insgesamt, selbst wenn der hierauf entfallende zeitliche Aufwand weniger als die Hälfte der gesamten Tätigkeit in Anspruch genommen haben sollte.

 

Vermögensverwaltung (hier: Beteiligung an Grundstücksgesellschaft) als maßgeblicher (Zweit-) Beruf im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung?

OLG Saarbrücken 5. Zivilsenat , Urteil vom 12. Februar 2020 , Az: 5 U 42/19

Wenn beruflich Tätige zusätzliche Einkünfte aus ihrem Vermögen erzielen, insbesondere etwa aus vermieteten Immobilien, ist dies zunächst einmal keine Berufsausübung. Anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn der Umfang einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, weil es sich dann nicht mehr um eine reine Freizeitbeschäftigung handelt. Sind unter diesem Gesichtspunkt mehrere Berufe des Versicherten zu bewerten, kann der erforderliche Grad der Berufsunfähigkeit, der etwa im „Hauptberuf” mit körperlicher Tätigkeit vorläge, unter Umständen „herab gedrückt” werden, wenn die verwaltende Tätigkeit noch voll möglich ist, da es dann auf die Gesamtbetrachtung ankommt. Die Rechtsprechung hat sich mit diesen Fragen, soweit ersichtlich, bislang kaum befasst. In der Literatur werden verschiedene Kriterien genannt. Entscheidend sei der Umfang der für die Verwaltung notwendigen oder nützlichen Geschäfte. Indiziell seien ein nicht unerheblicher Zeitaufwand, die Regelmäßigkeit der Tätigkeit, die Beschäftigung von Mitarbeitern, die Unterhaltung eines Büros, das Erfordernis einer bestimmten Organisation zur Durchführung der Geschäfte, besondere Schutz- oder Organisationsmaßnahmen. Sei die Vermögensverwaltung hiernach als Beruf zu qualifizieren, gälten für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit die üblichen Kriterien. Bei mehreren ausgeübten Tätigkeiten einschließlich einer beruflichen Vermögensverwaltung trete eine zeitliche Dominanz der anderen Tätigkeiten in den Hintergrund, wenn die Vermögensverwaltung eine prägende Tätigkeit des Versicherten, d. h. für seine Lebensstellung von erheblicher Bedeutung sei.

Anzeigepflichtverletzung bei nur mit „ja“ oder „nein“ anzukreuzenden Gesundheitsfragen

OLG Karlsruhe 

Sehen die Gesundheitsfragen des Versicherers bei einer umfassenden Frage nach chronischen Krankheiten als Antwortmöglichkeiten nur "ja" oder "nein" vor, reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer das Kästchen "ja" ankreuzt, ohne die Erkrankungen zu konkretisieren. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Formular keine Zusatzfrage und keinen freien Raum für eine Erläuterung enthält. Die behauptete Mitteilung einer bestimmten Krankheitsdiagnose durch den behandelnden Arzt lässt zudem nicht in jedem Fall einen zwingenden Schluss zu, dass der maßgebliche Umstand dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung bekannt gewesen ist, wenn die Mitteilung durch den Arzt längere Zeit zurückliegt. Ist nach dem Formularkonzept des Versicherers bei chronischen Krankheiten vom Versicherungsnehmer ein weiteres Zusatzformular "Krankenversicherung und Pflegepflichtversicherung"

 

Keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers im Falle von Arglist

LG Offenburg

1. Von einem arglistigen Verhalten ist nur dann auszugehen, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht, und dass dadurch bei dem Empfänger seiner Erklärung eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht oder nicht so abgegeben haben würde. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst nicht nur ein Handeln, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. 2. Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist somit, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Arglistig täuscht i.S.d. § 123 BGB damit nur derjenige, dem bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früherer Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots zu beeinflussen.

3.  Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht das Anfechtungsrecht des getäuschten Vertragspartners nicht nur dann vollen Umfangs, wenn er seine Willenserklärung ohne die Täuschung überhaupt nicht abgegeben hätte, sondern auch dann, wenn sie lediglich nicht in dieser Form erklärt worden wäre .

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verliert der Versicherer sein Recht zur Arglistanfechtung aber nicht allein deshalb, weil er seine Nachfrageobliegenheit verletzt.


Pflicht des Gerichts zur kritischen Würdigung eines Gerichtsgutachtens unter Berücksichtigung eines Privatgutachtens gegenteiligen Inhalts

BGH

1. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen, ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Dazu kann es den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen. Insbesondere bietet sich die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 3 ZPO an. Ein Antrag der beweispflichtigen Partei ist dazu nicht erforderlich. Gegebenenfalls hat das Gericht den Sachverständigen unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter anzuhören, um dann entscheiden zu können, wieweit es den Ausführungen des Sachverständigen folgen will. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gemäß § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen.

2. Bei einem vom Versicherten vorgelegten Privatgutachten handelte es sich unbeschadet der Verpflichtung des Gerichts, ein solches Gutachten ernst zu nehmen und ebenfalls kritisch zu würdigen, nicht um ein Beweismittel; ein Privatgutachten ist vielmehr als besonders substantiierter Parteivortrag einzuordnen, der seinerseits Gegenstand einer Beweisaufnahme sein kann.

 

Faktische Berufsausübung ist starkes Indiz gegen das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit

Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der faktischen Ausübung des Berufs kann nach allgemeiner obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, insoweit ein starkes Indiz dafür gesehen werden, dass beim Versicherungsnehmer keine Berufsunfähigkeit vorliegt . Dabei kann der Umstand der tatsächlichen Berufsausübung sogar einen höheren Beweiswert haben, als die dem entgegenstehenden ärztlichen Befunde. War die tatsächliche Berufsausübung über einen erheblichen Zeitraum hinweg im Wesentlichen vollwertig, so kann dies sogar im Gegensatz zu einer abweichenden ärztlichen Beurteilung stehen .

 

Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung

OLG Celle

Für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) gibt es objektive Kriterien. Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Prüfung des Vorliegens einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung erfordert eine systematische Befragung des Geschädigten (hier: eines Verkehrsunfalls) zu den Symptomen einer PTBS. Zudem darf eine körperliche Untersuchung des Geschädigten nicht fehlen, weil sie Aufschluss über Trainingszustand und Aktivität des Probanden gibt. Verfügt der Geschädigte über ein tadelloses Erinnerungs-, Konzentrations- und Kommunikationsvermögen, so spricht dies gegen das Vorliegen einer PTBS. Diese lässt ein wesentliches Vermeidungsverhalten und psychische Auffälligkeiten mit Dissoziation, Intrusionen, Flashbacks, Erregungen, körperliche Veränderungen und Gedächtnislücken erwarten.

 

Maßgeblicher Gesundheitszustand bei der Vergleichsbetrachtung im Nachprüfungsverfahren

KG

Für den im Nachprüfungsverfahren vorzunehmenden Vergleich zwischen dem Gesundheitszustand bei Anerkenntnis und demjenigen im Nachprüfungsverfahren kommt es darauf an, welche Feststellungen und Bewertungen der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat. Auf dieser Grundlage ist eine tatsächliche Verbesserung des Gesundheitszustandes und eine sich daraus ergebende Verminderung des Grades der Berufsunfähigkeit zu prüfen. Auf einen möglicherweise abweichenden, dem Versicherer aber zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses unbekannten Zustand kann sich der Versicherungsnehmer im Nachprüfungsverfahren daher nicht berufen und nicht geltend machen, eine Besserung seines ursprünglichen tatsächlichen Gesundheitszustandes sei nicht festgestellt worden.

 

Arglistanfechtung bei telefonisch gestellten Gesundheitsfragen

OLG Brandenburg

1. Der Versicherer kann sich auf Anzeigepflichtverletzungen durch falsche Angaben zu Gesundheitsfragen auch dann berufen, wenn er nachweist, dass der für den Versicherer handelnde Versicherungsvertreter die in Textform niedergelegten Gesundheitsfragen im Einzelnen und im Wortlaut am Telefon gestellt, die Eintragungen im Formular vorgenommen und diese dem Versicherungsnehmer zur Durchsicht und Billigung nochmals übersandt hat.

2. Ein ordnungsgemäßer Hinweis durch gesonderte Mitteilung in Textform gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG kann auch darin liegen, dass der Versicherer im Antragsformular zunächst im Fettdruck unmittelbar vor den Gesundheitsfragen zu den Rechtsfolgen der vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung auf eine mit einem schwarzen Rahmen umrandete und mit einer fettgedruckten Überschrift „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“ versehene gesonderte, vom Versicherungsnehmer gesondert zu unterzeichnende Mitteilung auf einer weiteren Seite des Antragsformulars verweist, in der der potentielle Versicherungsnehmer – ohne durch weitere Informationen abgelenkt zu werden – inhaltlich zutreffend über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht unterrichtet wird („Doppelbelehrung“).

  

Anforderungen an eine spontane Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers

LG Münster
1. Der Versicherer kann zur Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung auch über nicht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG erfragte Gefahrumstände berechtigt sein, wenn es sich um die Mitteilung außergewöhnlicher und besonders grundlegender Informationen handelt, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen musste.

2. Bei der Erkrankung eines Kindes an Trisomie 21 handelt es sich um einen seltenen und außergewöhnlichen Umstand, der angesichts der mit der Erkrankung regelmäßig einhergehenden Folgen das Aufklärungsinteresse eines Versicherers einer privaten Pflegezusatzversicherung so grundlegend berührt, dass sich einem Versicherungsnehmer die Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen muss.

 

Zur Anzeigepflicht einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) bei Antragsstellung – Auslegung des Begriffs „Beratung“ in den Gesundheitsfragen

LG Itzehoe

1. Der Begriff "Beratung" ist als unbestimmter Begriff seines Inhalts und Umfangs nach den Umständen des Einzelfalls und der jeweiligen Interessenslage unter Berücksichtigung des Versicherungsrisikos "Berufsunfähigkeit" auszulegen. Insofern kollidieren das Interesse des Versicherten an möglichst weitgehendem Versicherungsschutz mit dem Interesse des Versicherers an einem möglichst kalkulierbaren – das bedeutet vorhersehbaren – Risiko.

2. Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Begriff "Behandlung" ergibt sich eine therapiebezogene Bedeutung des Beratungsbegriffs. Beratung in diesem Sinne setzt eine heilungsbezogene informatorische Aufklärung voraus.

3. Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung dient hingegen der Beurteilung der Fahrtauglichkeit des Betroffenen im öffentlichen Straßenverkehr und hat eine sicherheitsrechtliche Zielsetzung, keine therapeutische.

4. Diese Unklarheiten in der Formulierung der Antragsfragen gehen zulasten des Versicherers als Verwenderin. Einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist bei der konkreten Frageformulierung jedenfalls nicht erkennbar, dass der Versicherer auch eine verkehrsrechtliche Medizinisch- Psychologische Untersuchung abfragen möchte.


Der gleichzeitige Bezug von Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsrente schließt sich aus

LG Cottbus

1. Endet der Versicherungsschutz mit dem Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente, ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Krankentagegeldversicherer den Eintritt des Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente unverzüglich anzuzeigen.

2. Kommt der Versicherungsnehmer dieser Obliegenheit nicht nach, hat der Versicherer aufgrund einer erst später erlangten Kenntnis von dem Bezug der Berufsunfähigkeitsrente einen Anspruch auf Rückgewähr der empfangenen Leistungen unter Verrechnung der geleisteten Versicherungsbeiträge. Der gleichzeitige Bezug von Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsrente schließt sich aus. Ein Nebeneinander beider Versicherungsleistungen ist rechtlich nicht gewollt. Dies ist auch nach Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse erkennbar. Zudem hat es der Versicherungsnehmer selbst in der Hand, seine Ansprüche aus den jeweiligen Versicherungsverhältnissen geltend zu machen.

3. Es kommt nicht auf die Kenntnis von den Tatsachen, die die Berufsunfähigkeit begründen, an, wenn die Bedingungen -wie hier-  den Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente als solche bereits als einen gesonderten aber ggü dem Eintritt der Berufsunfähigkeit gleichwertigen Beendigungsgrund vorsehen. Der Versicherer hat die Möglichkeit sich auf diesen Beendigungstatbestand allein zu berufen. Andernfalls hätte das Kriterium des Bezugs von Berufsunfähigkeitsrenten in den Tarifbedingungen als Beendigungsgrund keine eigenständige Bedeutung neben dem der Berufsunfähigkeit.

4. Die Verjährungsfrist für die Rückforderung überbezahlten Krankentagegeldes beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2). Es liegt keine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin iSd § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Blick auf eine etwaige Verjährung des Rückzahlungsanspruches nach § 214 BGB vor. Denn es handelt sich bei dem Begriff der Berufsunfähigkeit um einen Rechtsbegriff. Selbst wenn die Klägerin sich dieser Rechtsauffassung, dass Berufsunfähigkeit vorliegt, angeschlossen hätte, war aufgrund der Rechtshängigkeit des Rechtsstreites am Landgericht Bad Kreuznach klar, dass ein Gericht darüber zu entscheiden hat, ob der Beklagte berufsunfähig ist oder nicht.

5. Die Ansicht des Versicherungsnehmers, er könne beide Leistungen, Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsrente parallel empfangen und behalten, ist zudem treuwidrig und rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB. Es handelt sich dabei um eine unzulässige Rechtsausübung. Der gleichzeitige Bezug von Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsrente schließt sich aus und ein Nebeneinander beider Versicherungsleistungen ist rechtlich gerade nicht gewollt.
 

Es reicht nicht, nur vorzutragen, dass dem Versicherungsnehmer alle Tätigkeiten nicht mehr möglich seien 

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Gerade bei einem multiplen und diffusen Krankheitsbild, das im wesentlichen psychische Befindlichkeitsstörungen, etwa Angstzustände, Schlaf- und Konzentrationsstörungen und ähnliche Beschwerden zum Gegenstand hat, genügt es nicht, wenn sich ein Versicherungsnehmer darauf beschränkt zu sagen, dass alle seine bisherigen Tätigkeiten nicht mehr möglich gewesen seien.

 

Nachweis der Berufsunfähigkeit in versicherter Zeit

OLG Saarbrücken

Der vom Versicherungsnehmer zu führende Nachweis, dass Berufsunfähigkeit in versicherter Zeit eingetreten ist, kann erbracht sein, wenn vorhandene, zur Berufsunfähigkeit führende strukturelle Schäden (hier: an der Wirbelsäule) nach sachverständiger Einschätzung ebenso gut schon bei Vertragsschluss vorhanden gewesen sein können wie es nötig ist, dass sie nicht vorgelegen haben, daraus resultierende Beschwerden trotz schwerer körperlicher Arbeit aber erst rund 1 ½ Jahre nach Vertragsschluss aufgetreten sind und dem Versicherungsnehmer geglaubt werden kann, dass er vor und bei Vertragsschluss keine Beschwerden hatte und seine Tätigkeit auch ohne Einschränkungen ausgeübt hat.

 

Umfang des Auskunftsanspruchs des Versicherers im Rahmen der Leistungsprüfung

OLG Dresden

1. Der Versicherer kann anlässlich eines Leistungsantrags vom Versicherungsnehmer auch Auskünfte verlangen, mit denen er die Voraussetzungen für eine Gefahrerhöhung oder vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung in Erfahrung bringen will.

2. Ein Anspruch auf Herausgabe sämtlicher über den Versicherungsnehmer geführter Behandlungsunterlagen hat er jedoch nicht. Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer, der sich ein klares Bild von seiner Leistungspflicht machen will, erst auf entsprechende Aufforderung hin weitere Kenntnisse verschaffen und Beweise erbringen. In diesem Rahmen kommt dem Versicherer grundsätzlich ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können.

 

Zur Leistungsdauer einer Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn im Antrag hierzu keine (klaren) Angaben enthalten sind

Landgericht Oldenburg

1. Die Leistungspflicht eines Berufsunfähigkeits-Versicherers endet nicht unbedingt mit dem formellen Vertragsende. Denn Leistungen werden in der Regel vorgesehen, wenn die versicherte Person während der Dauer der Versicherung berufsunfähig wird; der verständige Versicherungsnehmer kann deshalb davon ausgehen, dass der Wegfall der Berufsunfähigkeit, der Tod des Versicherten und der Ablauf der Leistungsdauer die einzigen Gründe dafür sind, die Leistungspflicht entfallen zu lassen.

2. Erlischt der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsleistungen nach den vertraglichen Vereinbarungen mit Ablauf der vertraglichen Leistungsdauer und ist die vertragliche Leistungsdauer im Versicherungsschein auf ein bestimmtes Datum begrenzt, indem es dort unter der Überschrift der Art und Dauer der Leistung heißt, dass bei einer Berufsunfähigkeit eine Beitragsbefreiung und eine jährliche Rente bis zu einem bestimmten Termin gezahlt wird, folgt aus der Tatsache, dass der Versicherte während der Dauer des Versicherungsverhältnisses berufsunfähig geworden ist, kein weitergehender Anspruch, der über den Zeitraum, für das fest vereinbarte Ende der Leistungsdauer hinausgeht.

3. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die entsprechende Regelung im Versicherungsschein wirksam ist und nicht vom Antrag abweicht. An einer solchen Abweichung fehlt es, wenn in dem Antrag zwar die Beitragszahlungsdauer und die Versicherungsdauer für die Hauptversicherung jeweils mit 20 Jahren angegeben wurde, für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung jedoch keinen Eintrag vorhanden ist, aber vorgedruckt darauf hingewiesen wird, dass die Dauer mit … Jahren einzutragen ist, falls von der Hauptversicherung abweichend. In einem solchen Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass dort wie bei der Beitragszahlung- und Versicherungsdauer der Lebensversicherung 20 Jahre als eingetragen gelten soll, sofern-wie hier-sich der Zusatz befindet: Anfangszeichen Leistungsdauer für die BU-Rente, falls von der Versicherungsdauer der hab Hauptversicherung abweichend“. Das Fehlen eines bestimmten Jahres bedeutet, dass die Leistungsdauer solange beantragt wird, wie die Versicherungsdauer der Hauptversicherung vereinbart ist.

4. Auch aus der Veröffentlichung von … ergibt sich nichts anderes. Der Fall, der Anlass für den Aufsatz war, enthält gleichlautende Angaben für Versicherungsdauer, Leistungsdauer und Beitragszahlungsdauer ohne einen Hinweis darauf, dass die Leistungsdauer durch die Dauer des Vertrages begrenzt wird. Das ist auch nach Auffassung des Aufsatzverfassers zulässig. Es heißt in dem Aufsatz nämlich, dass Verträge, bei denen Vertrags- und Leistungsende auf den gleichen Zeitpunkt fallen, nicht unzulässig sind und auch häufiger vorkommen.

 

Sechsmonatige Krankschreibung bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Versicherungsnehmer in diesem Zeitraum auch tatsächlich bedingungsgemäß berufsunfähig gewesen ist

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Der Umstand, dass der Versicherte (mehr als) sechs Monate arbeitsunfähig „krankgeschrieben” war, sagt nichts darüber, ob er während der Dauer der Krankschreibung auch tatsächlich im bedingungsgemäßen Umfang berufsunfähig gewesen ist

 

Die Suche eines Sachverständigen nach Erklärungsansätzen für die Ursache einer in der Begutachtung festgestellten Aggravation des Probanden rechtfertigt nicht den Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit

LG Koblenz

1. Ein Sachverständiger kann gemäß § 406 Absatz ein S. 1 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

2. § 406 ZPO sollen Parteien kein allgemeines Instrument zur Verfügung stellen, um „unterschiedslos die Einhaltung der Verfahrensregeln durch den Sachverständigen kontrollieren zu können. Vielmehr muss der Verfahrensverstoß […] Aus Sicht der verständigen Partei den Schluss zulassen, der Sachverständige stehe ihr nicht unvoreingenommen gegenüber. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Sachverständige eigenständige Ermittlungen anstellt, die das Beweisergebnis beeinflussen; dieses Verhalten kann von einer verständigen Partei so verstanden werden, der Sachverständige handele aus sachfremden Motiven, nämlich er wolle offensichtlich Ihr Schaden oder der gegnerischen Partei helfen, weil anders der Verstoß gegen Verfahrensvorschriften nicht zu erklären wäre.

3. Wenn ein Sachverständiger im Rahmen einer so bezeichneten Arbeitshypothese nach möglichen medizinischen Erklärungen für die Ursache einer in der Begutachtung festgestellten Aggravation des Probanden sucht, rechtfertigt dies nicht den Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit. Bei vernünftiger Betrachtung dieser Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Sachverständige seine Stellung als Sachverständiger aufgegeben hätte und stattdessen in ein Arzt-Patienten-Verhältnis zum Kläger eingetreten wäre. Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist insbesondere dadurch geprägt, dass der Arzt zuerst dem Patienten dahingehend verpflichtet ist, ihm bei der Linderung der Beschwerden zu helfen bzw. dies zu erreichen. Vorliegend hat der Sachverständige durch die Aufnahme möglicher Ursachen für die zuvor dargelegten Aggravationstendenzen jedoch nur einen Erklärungsansatz bereitgestellt, der es ermöglicht nachzuvollziehen, worauf eine Aggravation beruht. Eine konkrete weitergehende Weisung an den Kläger oder ein „in-Schutz-nehmen“ als Hinweis auf ein etwaiges Arzt-Patienten-Verhältnis kann darin nicht gesehen werden. Der Sachverständige hat zudem gerade nicht das Vorliegen etwaiger Aggravationstendenzen in Zweifel gezogen, sondern diese vielmehr untermauert. Inwieweit dies eine für die Beklagte nachteilige Feststellung oder eine einseitige Argumentation zugunsten des Klägers sein soll, erschließt sich nicht.

3. auch soweit der Sachverständige im Rahmen seiner Befragung angab, kein Detektiv zu sein, vermag dies nicht dazu zu führen, ihm wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Sie ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige diese Äußerung im Rahmen der umfassenden Nachfragen des Beklagtenvertreters hinsichtlich etwaiger inkonsistenter Angaben des Klägers getätigt hat.

 

Umfang des Auskunftsanspruchs des Versicherers im Rahmen der Leistungsprüfung

OLG Dresden

1. Der Versicherer kann anlässlich eines Leistungsantrags vom Versicherungsnehmer auch Auskünfte verlangen, mit denen er die Voraussetzungen für eine Gefahrerhöhung oder vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung in Erfahrung bringen will.

2. Ein Anspruch auf Herausgabe sämtlicher über den Versicherungsnehmer geführter Behandlungsunterlagen hat er jedoch nicht. Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer, der sich ein klares Bild von seiner Leistungspflicht machen will, erst auf entsprechende Aufforderung hin weitere Kenntnisse verschaffen und Beweise erbringen. In diesem Rahmen kommt dem Versicherer grundsätzlich ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können.

 

Berufungsverfahren – erneute Anhörung des erstinstanzlichen Sachverständigen

BGH

1. Will das Berufungsgericht (hier:  zur Berufsunfähigkeit in der Berufsunfähigkeitsversicherung) die Ausführung des gerichtlichen Sachverständigen abweichend von der Vorinstanz würdigen, insbesondere ein anderes Verständnis den Ausführungen des Sachverständigen zugrunde legen und damit andere Schlüsse aus diesem ziehen, so bedarf es einer erneuten Anhörung des Sachverständigen durch das Berufungsgericht.

2. Unterbleibt diese erneute Beweisaufnahme, so ist das Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht nach Anhörung des Sachverständigen selbst anders entschieden hätte.
 

Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls im Falle eines sechsmonatigen ununterbrochenen Außerstandeseins zur Berufsausübung

Bundesgerichtshof

1.. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an.

2. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird einer Klausel, die für den Fall, dass der Versicherte sechs Monate ununterbrochen außerstande gewesen ist, seinen Beruf auszuüben, bestimmt, dass "die Fortdauer dieses Zustandes von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit" gilt, entnehmen, dass die Fortdauer des mindestens sechs Monate andauernden Zustands "von Beginn an" und damit bereits ab dem ersten Tag dieser sechs Monate als Berufsunfähigkeit gilt. Der Versicherungsnehmer wird nicht annehmen, dass die Worte "von Beginn an" inhaltsleer und damit überflüssigerweise in die Klausel eingefügt sind.

3. Dieser Einschub unterscheidet die Klausel von anderen Bedingungen, nach denen "die Fortdauer dieses Zustands als Berufsunfähigkeit" gilt und der Versicherungsfall demnach erst sechs Monate nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eintritt.

 

Zum Erfordernis einer Änderungsmitteilung des Versicherers bei späterem Wegfall einer zunächst bestehenden Berufsunfähigkeit trotz Nichtabgabe eines Leistungsanerkenntnisses

Bundesgerichtshof

1. Eine Änderungsmitteilung ist auch dann erforderlich, wenn die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ein befristetes Anerkenntnis erlauben. Es kommt nicht darauf an, ob dem Kläger bereits zu Beginn seiner Erkrankung eine zeitlich bestimmte Genesungsprognose hätte gestellt werden können. Selbst wenn aus der maßgeblichen Perspektive ex ante ein sachlicher Grund für eine Befristung des Anerkenntnisses vorgelegen hätte, blieb es der Entscheidung des Versicherers überlassen, ob er ein befristetes Anerkenntnis abgeben will. Macht er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann er nicht im Nachhinein so gestellt werden, als hätte er eine tatsächlich nicht erfolgte Befristung vorgenommen.

2. Im Rahmen der Änderungsmitteilung ist der Gesundheitszustand der versicherten Person, der einem gebotenen Anerkenntnis hätte zugrunde gelegt werden müssen, dem späteren Gesundheitszustand gegenüberzustellen. Dieser Vergleich setzt nicht voraus, dass bereits abschließende gerichtliche Feststellungen zum früheren Gesundheitszustand vorliegen. Der frühere Gesundheitszustand kann sich im Rechtsstreit aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten ergeben, ohne dass der Versicherer aber auf ein solches Gutachten als Vergleichsgrundlage beschränkt wäre. Da der Versicherer eine Änderungsmitteilung auch hilfsweise unter Aufrechterhaltung seiner ursprünglichen Leistungsablehnung abgeben kann, bindet er sich damit nicht an eine bestimmte Bewertung des Gesundheitszustands. Auch die vom Versicherungsnehmer vorgelegten und vom Versicherer in Frage gestellten Befunde könnten daher Grundlage einer hilfsweise erklärten Änderungsmitteilung sein, um geltend zu machen, dass dieser - bestrittene - Gesundheitszustand jedenfalls jetzt nicht mehr besteht.

3. Das Erfordernis einer Änderungsmitteilung setzt nicht voraus, dass die Ablehnung des Anerkenntnisses durch den Versicherer schuldhaft oder treuwidrig erfolgte. Der Versicherer ist vielmehr bereits dann an die Regeln gebunden, die er selbst in seinen Versicherungsbedingungen für die Nachprüfung von Berufsunfähigkeit aufgestellt hat, wenn er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis bislang nicht abgegeben hat. Voraussetzung dieser Bindung ist daher allein, dass ein Anerkenntnis objektiv geboten war, weil bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorlag. Ob der Versicherer subjektiv zum damaligen Zeitpunkt Anlass hatte, seine Leistungspflicht in Frage zu stellen, ist dabei ohne Belang.

5. Auf vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossene Altverträge über eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind gemäß Art. 4 Abs. 3 EGVVG die §§ 174 , 175 VVG nicht anzuwenden.

 

Berufsunfähigkeitsversicherer ist zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn der Versicherungsnehmer unter Vorspiegelung weiterhin vorliegender Beeinträchtigungen Berufsunfähigkeitsleistungen zu erschleichen versucht

LG Koblenz

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach § 314 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer, der bereits Berufsunfähigkeitsleistungen bezieht, eine Verbesserung seines Gesundheitszustandes nicht mitteilt.

 

Fahrlässig verspätete Anzeige der Berufsunfähigkeit, wenn trotz mehr als 6-monatigerArbeitsunfähigkeit keine Berufsunfähigkeitsleistungen beantragt werden

LG Koblenz

1. Die in § 1 Abs. 3 AVB enthaltene Ausschlussfrist soll maßgeblich dazu dienen, dem Versicherer die Möglichkeit zu geben, seine Leistungspflicht anhand des möglichst zeitnah zu begutachtenden Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers zu bestimmen. Der Versicherungsnehmer kann diesbezüglich zwar nachweisen, dass ihn an der verspäteten Anzeige kein Verschulden trifft.

2. Ein Verschulden liegt vor, wenn die Verspätung auf einfacher Fahrlässigkeit beruht – etwa, weil bereits seit mehr als 6 Monaten Arbeitsunfähigkeit besteht – und der Versicherungsnehmer wegen gesundheitlicher Probleme einen Leistungsantrag in der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt hat.

 

Keine Einsicht in Behandlungsunterlagen gegen den Willen des Verstorbenen

OLG Karlsruhe

Kein Recht von Angehörigen, aufgrund einer Vorsorgevollmacht Einsicht in Behandlungsunterlagen eines Verstorbenen zu nehmen, gegen dessen ausdrücklich erklärten oder mutmaßlichen Willen.

 

Anforderungen an ein psychiatrisches Gutachten zur Feststellung der Berufsunfähigkeit

OLG Dresden

Ein psychiatrisches Gutachten zur Feststellung der Berufsunfähigkeit genügt den Anforderungen nicht, wenn es lediglich auf ärztliche Zeugnisse Bezug nimmt, die allein die Angaben des Versicherungsnehmers referieren (Papageiengutachten). Dem Gutachten muss sich in jedem Fall die eingehende Exploration des Patienten und eine kritische Überprüfung der Beschwerdeschilderung entnehmen lassen.

 

Keine arglistige Täuschung bei Nichtangabe von kurzfristig auftretenden muskulären Verspannungen in Form von Alltagsbeschwerden, selbst wenn sich die Behandlung über einen längeren Zeitraum hingezogen hat

OLG Frankfurt

1. Eine im Versicherungsantrag enthaltene -weitgefasste- Gesundheitsfrage nach Krankheiten, Gesundheitsstörungen oder Beschwerden hat der künftige Versicherungsnehmer grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Er darf sich daher bei seiner Antwort weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken, noch sonst eine wertende Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen. Doch findet diese weitgefasste Pflicht zur Offenbarung ihre Grenze bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen. Im Übrigen setzt die Offenbarungspflichtkenntnis voraus, die entweder daraus resultieren kann, dass dem künftigen Versicherungsnehmer die Beschwerden aus eigener Wahrnehmung bekannt waren oder aber ihm entsprechende Diagnosen mitgeteilt wurden.

2. für die Arglist ist zudem in subjektiver Hinsicht ein Täuschungswille des Versicherungsnehmers dergestalt erforderlich, dass dieser eine Fehlvorstellung beim Versicherer hervorrufen oder aufrechterhalten und so auf die Entschließung des Versicherers Einfluss nehmen will. Er muss in dem Bewusstsein handeln, dass der Versicherer seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Bedingter Vorsatz genügt. Eine unlautere Absicht, etwa dergestalt, sich zu bereichern oder den Versicherer zu schädigen, ist hingegen nicht erforderlich. Da sich bei dem erforderlichen Täuschung Willen des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis nur durch Indizien geführt werden. Dies bedeutet, dass in der Regel, wenn schwere Erkrankungen oder erkennbar chronische Erkrankungen verschwiegen werden, auf einen solchen Täuschungswillen geschlossen werden kann, hingegen beim Verschweigen leichterer Erkrankungen oder solche, die der Versicherungsnehmer als leichter angesehen hat, der Beweis nicht geführt ist.

3. Leidet ein Versicherungsnehmer lediglich unter kurzfristig auftretenden Beschwerden in Form von muskulären Verspannungen, wie sie bei Jedermann z.B. aufgrund langanhaltender sitzender Tätigkeit beim PC aufzutreten pflegen, die reversibel waren und zudem aus einer temporären besonderen Belastungssituation (hier: langes Sitzen wegen Abiturvorbereitung) resultieren, fehlt es an einem anzeigepflichtigen Zustand mit Krankheitswert am Bewegungsapparat.

4. Für die Annahme einer arglistigen Täuschung spricht die Dauer und der Umfang der Behandlung jedenfalls dann nicht, wenn die Dauer der Behandlung auf einem ganzheitlichen Behandlungsansatz des Arztes beruht und nicht einem nachhaltig über Monate hinweg andauernden Beschwerdezustand geschuldet ist.

5. Auch bei nur vorübergehenden, rein funktionellen Beschwerden in Form von Verspannungen im Bereich des Schultergürtels sowie der Wirbelsäule handelt es sich nicht um offenbarungspflichtige Gefahrumstände, wenn es sich dabei um Alltagsbeschwerden handelt, die alsbald vergingen.

 

Spontane Anzeigepflicht nur bei besonders ungewöhnlichen Umständen

OLG Hamm

1. Das Unterlassen einer Mitteilung stellt nur dann eine Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB dar, wenn eine Rechtspflicht zur Offenbarung des betreffenden Umstandes bestand.

2. Eine Pflicht zur Offenbarung von behandlungsbedürftigen Atemproblemen ohne dass der Versichert eine entsprechende Frage gestellt hätte, besteht grds. nicht.

3. Eine spontane Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers besteht nur dann, wenn es um so ungewöhnliche Umstände geht, dass danach typischerweise nicht gefragt werden konnte.

 

Arglistige Täuschung über die Einnahme von Amphetaminen bei Frage nach der Einnahme von „drogenähnlichen Substanzen“

OLG Hamm

1. Auch das Verschweigen von Umständen kann eine Täuschung darstellen, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht. Eine solche Aufklärungspflicht besteht jedenfalls immer dann, wenn der andere Teil nach gewissen Umständen ausdrücklich fragt; solche Fragen müssen vollständig und richtig beantwortet werden.

2. Die Frage „Konsumieren oder konsumierten Sie in den letzten 10 Jahren Drogen, drogenähnliche Substanzen oder Betäubungsmittel?" Ist weder "intransparent" noch sonst unzulässig. Es mag im Einzelfall Substanzen geben, bei denen fraglich sein kann, ob es sich um "drogenähnliche Substanzen" handelt und ob die gestellte Frage eine Aufklärungspflicht bewirkt, ihren Konsum anzugeben. Jedenfalls bei Amphetamin handelt es sich anerkanntermaßen sowohl in rechtlicher Hinsicht (vgl. Anl. III zu § 1 Abs. 1 BtMG) als auch nach dem allgemeinen, für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Sprachgebrauch um ein Betäubungsmittel im Sinne der Frage. Sonstige Gründe, warum eine solche Frage nicht zulässigerweise gestellt werden dürfte, sind nicht ersichtlich.

3. Der langjährige Konsum von Betäubungsmitteln, wenn auch nur "phasenweise" und gelegentlich, hat offenkundig Bedeutung für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Ein Versicherungsnehmer muss und wird deshalb davon ausgehen, dass der Versicherer bei wahrheitsgemäßer Offenlegung dieses Konsums den Antrag jedenfalls nicht ohne weitere Nachprüfung annehmen wird, was aus den dargelegten Gründen für das Vorliegen von Arglist im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB genügt.

4. Die pauschale Angabe des VN, ihm sei ein möglicher Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers- trotz der ausdrücklichen Antragsfrage - schlicht nicht bewusst gewesen, vermag die dargelegte Indizwirkung nicht zu entkräften.

 

Arglist setzt kein betrügerisches Handeln voraus

OLG Hamm

1. Die arglistige Täuschung setzt kein betrügerisches Handeln voraus. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnis von dem verschwiegenen Umstand hat und mit seiner Täuschung die Willensentschließung seines Verhandlungspartners - jedenfalls bedingt vorsätzlich - beeinflussen wollte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst deshalb nicht nur ein Handeln des Täuschenden, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein.

2. Den ihm nach § 123 BGB obliegenden Beweis von Arglist als innerer Tatsache kann der Versicherer regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien führen (Senat, a.a.O.). Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen von Arglist kann es aber sein, wenn Umstände verschwiegen werden, deren Gefahrerheblichkeit auch aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers auf der Hand.

 

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch bei nur mündlich gestellten Antragsfragen - keine Fragen in Textform notwendig

OLG Hamm

1. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Anfechtungsmöglichkeit nach § 22 VVG in Verbindung mit § 123 Abs. 1 BGB nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Täuschung eine Frage des Versicherers in Textform vorausgegangen ist. § 22 VVG ordnet an, dass das Recht des Versicherers aus §§ 123 ff. BGB "unberührt" bleibt. Deshalb kann unabhängig von der Frage, ob und in welchen Fällen auch ganz ohne eine Frage des Versicherers eine spontane Anzeigepflicht besteht, jedenfalls die falsche Beantwortung einer mündlich gestellten Frage eine Anfechtung gemäß §§ 22 VVG, 123 Abs. 1 BGB rechtfertigen.

2. Der Vortrag des Klägers, die Antragsfrage sei ihm nur mündlich gestellt worden, ist deshalb für die vorliegend zu beurteilende Frage ebenso belanglos wie seine weitere Behauptung,  er habe den Antrag unterschrieben, ohne sehen zu können, was genau er unterschreibe, und habe auch keine Möglichkeit gehabt, sich den ausgefüllten Antrag noch einmal in Ruhe durchzusehen. Denn all das ändert nichts daran, dass ihm die maßgebliche Frage gestellt wurde, so dass eine Rechtspflicht zur Offenbarung seines Drogenkonsums bestand.

 

Beweislast für die Verfristung der Anfechtung des arglistigen Täuschung liegt beim VN

OLG Hamm

Der VN ist beweisbelastet dafür ist, dass der Versicherer die Täuschung im Sinne von § 124 Abs. 2 BGB zu einem bestimmten Zeitpunkt entdeckt hat.

 

Arglist bei Angaben „ins Blaue hinein“ bei blindem Unterzeichnen eines vom Vermittler ausgefüllten Antragsformulars

OLG Hamm

1. Auch das Verschweigen von Umständen kann eine Täuschung darstellen, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht. Eine solche Aufklärungspflicht besteht immer dann, wenn der andere Teil nach gewissen Umständen ausdrücklich fragt; solche Fragen müssen vollständig und richtig beantwortet werden. Ohnehin ist im Streitfall "aktiv" die Antwort "Nein" gegeben worden.

2. Arglist setzt kein betrügerisches Handeln voraus. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnis von dem verschwiegenen Umstand hat und mit seiner Täuschung die Willensentschließung seines Verhandlungspartners - jedenfalls bedingt vorsätzlich - beeinflussen wollte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst deshalb nicht nur ein Handeln des Täuschenden, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss.

3. Den ihm nach § 123 BGB obliegenden Beweis von Arglist als innerer Tatsache kann der Versicherer regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien führen. Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen von Arglist kann es aber sein, wenn Umstände verschwiegen werden, deren Gefahrerheblichkeit auch aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers auf der Hand liegt.

4. Für die Annahme eines arglistigen Verhaltens kann es ausreichen, wenn der Versicherungsnehmer im Bewusstsein der eigenen Unkenntnis Angaben "ins Blaue hinein" macht. Eine solche Angabe ins Blaue hinein liegt hier darin, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen das vom Vertreter der Beklagten nach den Angaben seines Vaters ausgefüllte Antragsformular unterschrieb, ohne es zuvor auf Richtigkeit durchzusehen.

5. Zwar mögen Fälle denkbar sein, in denen ein solches "blindes" Unterschreiben kein arglistiges Verhalten darstellt, weil der Unterschreibende aufgrund konkreter Umstände darauf vertrauen darf, dass alle Angaben in dem Formular richtig gemacht wurden. Dies war vorliegend indes nicht der Fall.

6. Die Täuschung muss kausal für die Willenserklärung des Versicherers gewesen sein. Dafür ist ausreichend, dass der Versicherer seine Willenserklärung bei wahrheitsgemäßer Angabe überhaupt nicht, nicht zu den konkreten Konditionen oder nicht zu dem betreffenden Zeitpunkt abgegeben hätte. Die Kausalität kann im Wege des Anscheinsbeweises bejaht werden, wenn die Täuschung nach der Lebenserfahrung geeignet ist, die Erklärung des anderen Teils zu beeinflussen; das ist bezogen auf eine langjährige Asthma-Erkrankung und eine unklare Schwellung, wegen derer der behandelnde Arzt eine Abklärung mittels MRT-Untersuchung für erforderlich ansah, der Fall.

 

Zurechnung von Falschangaben des Vaters bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen im Antragsformular

OLG Hamm

1. Es kann dahinstehen, ob die Falschangaben des Vaters dem Kläger zurechenbar sind. Denn dadurch, dass der Kläger das ausgefüllte Formular anschließend selbst unterschrieb, hat er sich die darin enthaltene Erklärung zu eigen gemacht, mithin eine eigene (falsche) Erklärung abgegeben und dadurch im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB getäuscht.

2. Wenn der Vater des Klägers bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen die genannten Umstände arglistig verschwieg, muss sich der Kläger dies ohnehin - weil der Vater als Verhandlungsgehilfe kein "Dritter" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ist  - zurechnen lassen.

 

Keine Einsicht in Behandlungsunterlagen gegen den Willen des Verstorbenen

OLG Karlsruhe

Kein Recht von Angehörigen, aufgrund einer Vorsorgevollmacht Einsicht in Behandlungsunterlagen eines Verstorbenen zu nehmen, gegen dessen ausdrücklich erklärten oder mutmaßlichen Willen.

 

Beweislast des Versicherungsnehmers hinsichtlich vom Vermittler begangener Pflichtverletzungen

OLG Hamm

1. Behauptet der Versicherungsnehmer, dass der Versicherungsmakler eine Antragsfrage falsch erläutert habe, muss er das beweisen. Das Fehlen einer Beratungsdokumentation ändert in diesem Zusammenhang (grundsätzlich, so hier) nichts.

2. Eine Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht kann grundsätzlich zu Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zur Beweislastumkehr führen. Aus dem Fehlen einer gesonderten Protokollbemerkung, eine bestimmte (falsche) Erläuterung sei nicht erfolgt, ergibt sich jedoch keine Beweiserleichterung dahin, dass es eine bestimmte falsche Erläuterung gab.

3. Eine Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr kommt hinsichtlich der Bearbeitung von ausdrücklich im Antrag festgehaltenen Antragsfragen nicht in Betracht.

4. Eine Unaufklärbarkeit geht zu Lasten des Beweispflichtigen.

 

Beweiswürdigung bei chronischem Schmerzsyndrom

OLG Hamm

1. Der Annahme einer Berufsunfähigkeit wegen eines chronisches Schmerzsyndroms steht nicht entgegen, dass sich die konkrete Erkrankung entsprechend den Ausführungen des Gerichtssachverständigen nicht gleichsam technisch, durch bestimmte Mess- oder ähnliche Untersuchungsmethoden vollständig objektivieren lässt. Da Schmerzen und deren Ausmaß nicht objektivierbar sind, ist auch nicht zu erwarten, dass die vom Patienten geäußerten Beschwerden und Leistungseinschränkungen mittels einer Befundung klar erweisbar sind. Im Gegenteil sind technische Befunde, z. B. in orthopädischer Sicht, allein deshalb nicht aussagekräftig. Gleichwohl sind auch solche Krankheiten versichert, wenn sie gemessen an § 286 ZPO ohne vernünftigen Zweifel festzustellen sind.

2. Entscheidend für die Feststellung der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit sind deshalb die nach den überzeugenden Ausführungen des Gerichtssachverständigen im Regelfall zu erwartenden Folgen eines Schmerzsyndroms und dessen Therapie, wie sie beim Kläger vorlagen und vorliegen. Zudem ist entscheidend der Umstand, dass der Kläger seine Situation im Senatstermin derart glaubhaft und nachvollziehbar geschildert hat, dass weder der Sachverständige unter Berücksichtigung seiner Berufungserfahrung und der vorliegenden umfangreichen Arztunterlagen / -berichte noch dem folgend der Senat irgendwelche Zweifel daran hat, zumal der Kläger ausweislich der vorliegenden umfangreichen Arztunterlagen / -berichte gegenüber sämtlichen der diversen Behandler aus unterschiedlichen Fachrichtungen konstant dieselben Beschwerden geschildert hat. Die Behandler haben bis auf Nuancen auch stets die gleichen Befunde erhoben. Anamnese und erhobene Befunde passen sehr gut zusammen.

3. Zweifel an den Feststellungen eines Sachverständigen ergeben sich nicht daraus, dass der Gerichtssachverständige den Kläger nicht persönlich untersucht hat. Zwar halten sowohl der Senat im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung als auch der Sachverständige aus ärztlicher Sicht grundsätzlich eine persönliche Untersuchung im Rahmen einer Begutachtung für erforderlich. Eine solche ist aber dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn bereits ausreichende objektive Befunde erhoben wurden und diese bei der Beurteilung zugrunde gelegt werden, sofern an diesen (anders als an deren Bewertung) keinerlei Zweifel bestehen.

 

Zu den Anforderung an ein psychiatrisches Gutachten zum Nachweis einer Berufsunfähigkeit  

OLG Dresden

1. Ein psychiatrisches Gutachten zur Feststellung der Berufsunfähigkeit genügt den Anforderungen nicht, wenn es lediglich auf ärztliche Zeugnisse Bezug nimmt, die allein die Angaben des Versicherungsnehmers referieren. Dem Gutachten muss sich in jedem Fall die eingehende Exploration des Patienten und eine kritische Überprüfung der Beschwerdeschilderung entnehmen lassen.

2. Die nachvollziehbare Erfassung des allgemeinen Funktionsniveaus des Versicherungsnehmers nach der sog. GAF-Skala kann im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung auch in die Beurteilung der Berufsunfähigkeit einfließen.

 

„Erwerbsunfähigkeit“ im Sinne der gesetzlichen Rente ist nicht gleichbedeutend mit „Berufsunfähigkeit“ im Sinne der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung

OLG Dresden

Da sich die Kriterien für die Berufsunfähigkeit in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung von den sozialversicherungsrechtlichen Kriterien für die Erwerbsunfähigkeit unterscheiden, kann nicht von dem Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit auf das Vorliegen der Berufsunfähigkeit rückgeschlossen werden.

 

Keine Pflicht des Gerichts zur Anhörung eines Privatsachverständigen

OLG Hamm

1. Eine Anhörung des Privatgutachters als (sachverständigem) Zeugen ist nicht erforderlich, wenn die von ihm objektiv erhobenen Befunde nicht in Streit stehen, sondern nur dessen Wertungen.

2. Dies gilt umso mehr, wenn einer Partei mit der Terminsverfügung anheimgestellt worden, den Privatsachverständigen als Beistand zum Termin zu stellen und hiervon kein Gebrauch gemacht wird.

 

Überschießender Vergleichswert bei vergleichsweiser Beendigung einer

Dem Vergleich über einen Anspruch auf Zahlung einer BU-Rente kommt, wenn die Parteien sich zugleich auch darauf einigen, dass mit der Zahlung des Vergleichsbetrages der Versicherungsvertrag beendet ist, ein Mehrwert in Höhe von 20% des 3,5-fachen Jahresbetrages der begehrten Rente zu, soweit die Klage nicht auch auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages gerichtet war.

 

Keine Fälligkeit bei Weigerung des Versicherungsnehmers zur Mitwirkung an einer ärztlichen Begutachtung

OLG Saarbrücken

1. Eine die Fälligkeit bewirkende Leistungsablehnung in der Berufsunfähigkeitsversicherung erfordert eine endgültige und erkennbar abschließende Stellungnahme des Versicherers, mit der er bekundet, keine weiteren Erhebungen mehr vornehmen zu wollen, die so eindeutig ist, dass der Versicherungsnehmer daraus zweifelsfrei entnehmen kann, dass der Versicherer seine Eintrittspflicht ablehnt.

2. Ermöglichen es die bisherigen Auskünfte nicht, eine abschließende Entscheidung über die Eintrittspflicht zu treffen und verweigert der Versicherungsnehmer die gebotene Mitwirkung an eine ärztliche Begutachtung, so hat dies zur Folge, dass der Versicherer die Ermittlungen zur Feststellung seiner Leistungspflicht im Sinne des § 14 VVG nicht abschließen kann.

 

Zur Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Gutachterkosten im Falle des Versicherungsbetruges

LG Essen

Die Kosten des vorprozessual beauftragten Gutachtens sind erstattungsfähig, wenn bei Erteilung des Auftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug vorlagen und das Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Leistungen begehrt wurde, die  nicht entstanden sein können (BGH, Beschluss vom 18.11 2008, VI ZB 24/08).

 

Keine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht bei (fahrlässiger) Unkenntnis des Versicherungsnehmers von den anzuzeigenden Umständen

BGH

1. Die Rechte des Versicherers nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG, auf die die Fristenregelung in § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG verweist, entstehen nur dann, wenn der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit verletzt, dem Versicherer die ihm bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung bekannten Gefahrumstände anzuzeigen (§ 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VVG).

2. Daran fehlt es wenn dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung der erfragte gefahrerhebliche Umstand einer Gelenkbeteiligung an seinem Knochenbruch nicht bekannt war.

3. Die vom Gesetz als Anzeigepflicht bezeichnete Obliegenheit des Versicherungsnehmers nach § 19 Abs. 1 VVG setzt positive Kenntnis von einem gefahrerheblichen Umstand voraus.

4. Diese positive Kenntnis des Versicherungsnehmers gehört nach der Senatsrechtsprechung zum objektiven Tatbestand der Anzeigeobliegenheit, den der Versicherer zu beweisen hat. Denn die Obliegenheit, dem Versicherer bestimmte Umstände oder Tatsachen anzuzeigen, setzt stets voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von diesen Umständen oder Tatsachen hat. Fehlt ihm diese Kenntnis, läuft die Anzeigeobliegenheit ins Leere. Schon objektiv kann der Anzeigepflichtige sie nicht verletzen, denn es gibt nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären könnte.

5. Ein Versicherungsnehmer verletzt seine Anzeigepflicht nicht, wenn er einen Umstand nicht angibt, der ihm aufgrund von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Fahrlässige Unkenntnis vermag mithin die fehlende Kenntnis eines anzeigepflichtigen Umstandes nicht zu ersetzen.

 

Arglist des Versicherungsmaklers

OLG Saarbrücken

Zu den Voraussetzungen, unter denen das arglistige Verhalten eines Versicherungsmaklers bei Antragstellung dem Versicherungsnehmer zuzurechnen ist.

 

Arglistige Täuschung – Verschweigen von Gelenkproblemen und psychischen Leiden

OLG Brandenburg

Gibt der als Kraftfahrer für Lastwagen im internationalen Fernverkehr tätige Versicherungsnehmer bei Antragstellung auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Frage des Versicherers nach Gelenkproblem und psychischen Leiden (wiederholte) Knieprobleme und Ellenbogenschmerzen nicht an und verschweigt er zudem, dass einer von ihm angezeigten stationären Behandlung eine depressive Symptomatik zugrunde lag, die der Versicherungsnehmer selbst auf vermehrten Alkoholkonsum zurückführte, kann das die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung rechtfertigen.
 

Befristetes Anerkenntnis setzte sachlichen Grund und Begründung voraus

Bundesgerichtshof

Ein befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung setzt sowohl das Vorliegen eines sachlichen Grundes als auch eine Begründung der Befristung durch den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer voraus.

 

Zum Nachweis einer mitgebrachten Berufsunfähigkeit

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken

Der vom Versicherungsnehmer zu führende Nachweis, dass Berufsunfähigkeit in versicherter Zeit eingetreten ist, kann erbracht sein, wenn vorhandene, zur Berufsunfähigkeit führende strukturelle Schäden - hier: an der Wirbelsäule - nach sachverständiger Einschätzung ebenso gut schon bei Vertragsschluss vorhanden gewesen sein können wie es möglich ist, dass sie nicht vorgelegen haben, daraus resultierende Beschwerden trotz schwerer körperlicher Arbeit aber erst rund 1 ½ Jahre nach Vertragsschluss aufgetreten sind und dem Versicherungsnehmer geglaubt werden kann, dass er vor und bei Vertragsschluss keine Beschwerden hatte und seine Tätigkeit auch ohne Einschränkungen ausgeübt hat.

 

Datenschutzrecht: Umfang des Anspruchs eines Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten; Zulässigkeit einer Stufenklage bei Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs und eines Schadensersatzanspruchs

OLG Köln

1. Unter die Vorschrift des Art. 4 DS-GVO fallen sowohl im Kontext verwendete persönliche Informationen wie Identifikationsmerkmale (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum), äußere Merkmale (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) oder innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile), als auch sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt. Auch solche Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern, weisen einen Personenbezug auf.

2. Soweit in elektronisch gespeicherten Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen eines Versicherers Aussagen eines Versicherungsnehmers oder Aussagen über den Versicherungsnehmer festgehalten sind, handelt es sich um personenbezogene Daten.

3. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll.

 

Spontane Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers trotz fehlender ausdrücklicher Frage auch nach Inkrafttreten der VVG-Reform bei sich aufdrängender Gefahrerheblichkeit

LG Münster

Eine spontane Anzeigepflicht kann in Betracht kommen, wenn es sich um die Mitteilung außergewöhnlicher und besonders grundlegender Informationen handelt, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen musste.

 

Beginn der Rücktrittsfrist in § 21 Abs. 1 VVG erst mit sicherer Kenntniserlangung des zuständigen Sachbearbeiters des Versicherers nach angemessener Prüfdauer

LG Neuruppin

Der Lauf der Rücktrittsfrist in § 21 Abs. 1 VVG beginnt erst mit der sicheren und zuverlässigen Kenntniserlangung durch den zuständigen Sachbearbeiter des Versicherers. Der Versicherer muss nicht auf einen bloßen Verdacht hin den Rücktritt aussprechen, etwa um einer Verfristung zu entgehen. Als Fristbeginn ist daher in der Regel erst der Zeitpunkt anzusehen, in dem Auskünfte der behandelnden Ärzte vorliegen. Zur Erlangung einer gesicherten Kenntnis muss dem Versicherer jedenfalls eine Rückfrage bei Ärzten oder dem Versicherungsnehmer selbst möglich sein. Zudem muss sich die Kenntnis auch auf das Verschulden des Versicherungsnehmers beziehen. Die dem Versicherer zustehenden Rechte hängen vom jeweiligen Verschuldensgrad ab, sodass dem Versicherer ebenfalls eine Zeitspanne zum Vornehmen einer solchen Einschätzung zuzugestehen ist.

 

Anfechtungsrecht des Versicherers nach nachträglicher Manipulation des Antragsformulares durch den Makler des Versicherungsnehmers auch bei Gutgläubigkeit des Versicherungsnehmers

LG Neuruppin

Die Behauptung des Versicherungsnehmers, er habe den Versicherungsmakler ordnungsgemäß unterrichtet, der von ihm unterzeichnete Antrag sei jedoch im Nachhinein durch den Makler manipuliert worden, ist dem Versicherungsnehmer gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen, sodass der Versicherer zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB berechtigt ist. Eine persönliche Täuschung durch den Anfechtungsgegner erfordert diese Vorschrift nicht.

 

Wirksame Verweisung eines Berufssoldaten auf die Tätigkeit als Prüfingenieur beim TÜV Nord

LG Lüneburg

1. Ein Berufssoldat (Leutnant) kann vom Versicherer auf seine als Prüfingenieur beim TÜV Nord ausgeübte Tätigkeit konkret verwiesen werden. Der bisherige Beruf als Leutnant in der Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr umfasst keine Hoffnungen und Erwartungen an einen noch nicht ausgeübten Beruf, selbst wenn sich diese schon konkretisiert haben. Erwartete Beförderungen und ein beabsichtigter Antrag auf Versetzung als Fallschirmjäger haben bei der Ermittlung des ausgeübten Berufes unberücksichtigt zu bleiben. Es gilt das Stichtagsprinzip, wonach der Zeitpunkt relevant ist, zu dem der Versicherungsnehmer seine Fähigkeit zur Ausübung des bisherigen Berufes verloren hat.

2. Der Vortrag, dass wegen der üblichen Handhabung innerhalb der Bundeswehr eine Ernennung zum Berufssoldaten erfolgt wäre, stellt ebenfalls eine bloße erwartete berufliche Perspektive dar. In diesem Zusammenhang ist zu unterscheiden zwischen den nicht zu berücksichtigenden beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven und den hinreichend gesicherten Aufstiegschancen, welche zum Berufsbild dazu gehören und deshalb im Rahmen der Lebensstellung zu berücksichtigen sind. Diese dürfen nicht vage und ohne konkrete und belastbare Aussage zu ihrer Realisierung binnen eines zumutbaren Zeitraums sein. Es darf nicht offen sein, ob sie sich hätten verwirklichen können. Zwar sieht die Offizierslaufbahn nach bestimmten Dienstzeiten eine Beförderung des Leutnants zum Oberleutnant und später zum Hauptmann vor, jedoch hängen auch diese Beförderungen von einer zu besetzenden Planstelle und der persönlichen Eignung sowie weiteren Prüfungen ab. Ob diese weiteren Prüfungen bestanden worden wären, kann nicht mit hinreichend sicherer Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, auch wenn bisherige Beurteilungen dies nahelegen.

3. Das Arbeitsplatzrisiko hat sich verglichen mit der Tätigkeit bei der Bundeswehr verbessert, wenn der aktuelle Arbeitsvertrag beim TÜV Nord unbefristet ist, während die Tätigkeit bei der Bundeswehr auf 15 Jahre befristet war.

 

Aufklärungspflicht des Gerichts bei widerstreitenden Gutachten

BGH

Besteht ein Widerspruch zwischen den Äußerungen verschiedener Sachverständiger, ist der Tatrichter zur Aufklärung des Widerspruchs auch dann verpflichtet, wenn es dabei um Privatgutachten geht.

 

Berufsunfähigkeitsversicherer ist im Falle der arglistigen Täuschung zum Zwecke des Erschleichens  von Versicherungsleistungen zur fristlosen Kündigung berechtigt

LG Saarbrücken

1. Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist als Dauerschuldverhältnis einer außerordentlichen Kündigung durch die Vertragsparteien gemäß § 314 Abs. 1 BGB grundsätzlich zugänglich (vergleiche BGH, Versicherungsrecht 2012,304; Versicherungsrecht 2012,219). Geht die Kündigung vom Versicherer aus, so ist bei der in § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehenen Abwägung der Interessen-des Versicherers an der Loslösung vom Vertrag und des Versicherungsnehmers an dessen Fortführung- zu berücksichtigen, dass die Interessen des Versicherers gerade für den Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit weitgehend durch die Darlegung-Beweislastverteilung und die Möglichkeit der Ausübung von Rücktritts-und Anfechtungsrechten geschützt sind.

2. Ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund ist aber dann gegeben, wenn das Vertrauen des Versicherers in die Vertragstreue des Versicherungsnehmers so nachhaltig enttäuscht ist, dass ihm eine Fortsetzung des Vertrages auch unter Berücksichtigung dieser Interessenlage nicht mehr zumutbar ist. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig täuscht, um sich Versicherungsleistungen zu erschleichen, vergleiche OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. Februar 2013-5U 106/10 - 18-.

3. Der Kündigung aus wichtigem Grund kommt lediglich eine ex-nunc Wirkung zu, sodass bereits begründete Ansprüche deshalb fortbestehen können (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 06.02.2013 – 5 U 106/10 -18 -)

4. Für die Verwertbarkeit von Observationsergebnis spricht, wenn die Überwachungsmaßnahmen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung-oder Verteidigung notwendig war, eine vernünftige Prozesspartei berechtigte Gründe hatte, eine Detektei zu beauftragen, und keine unverhältnismäßigen Methoden eingesetzt werden. Dadurch wird der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf Durchsetzung ihrer subjektiven Rechte im Prozess verwirklicht, der verlangt, eine Prozesspartei auch die Beweisführung zugunsten Ihrer Tatsachenbehauptungen zu ermöglichen, vergleiche BGH NJW 2013,2 1668.

 

Abstrakte Verweisung – „Aufzeigelast“ des Versicherers; Verweisung auf Hausmeistertätigkeit

OLG Hamm

1. Verweist der Berufsunfähigkeitsversicherer den Versicherungsnehmer abstrakt auf einen anderen Beruf, so muss er die Anforderungen dieses Verweisungsberufs so detailliert beschreiben, dass der Versicherungsnehmer erwidern kann. Kommt es auf Einzelheiten des Verweisungsberufs an, muss der Versicherer dazu vortragen.

2. Die bloße Verweisung auf einen „Hausmeister in größeren Wohnanlagen/Verwaltungen“ ist mangels hinreichender Darlegung des Versicherers ohne Erfolg.

3. Bei einer abstrakten Verweisungsklausel reicht zunächst der zumindest summarische Vortrag des Versicherungsnehmers aus, er könne auch keine andere Tätigkeit ausüben. Der Versicherer muss dann einen (oder mehrere) Berufe benennen, die nach seiner Auffassung den Bedingungen entsprechen und diese bezüglich der ihn prägenden Merkmale schildern.

4. Unklarheiten hinsichtlich der körperlichen Anforderungen der vom Versicherer aufgezeigten Berufe gehen zu dessen Lasten, da den Versicherer die Aufzeigelast trifft.

 

Verweisung eines Mechanikers auf Lagertätigkeit

LG Heidelberg

1. Ein als Maschineneinrichter tätiger Versicherungsnehmer, der für diese Tätigkeit eine 3,5 jährige Ausbildung als Industriemechaniker benötigt, kann wegen des unterschiedlichen Anforderungsprofils nicht auf den Beruf eines Lageristen verwiesen werden, da dessen Tätigkeit keine spezielle Ausbildung erfordert, sondern eine reine Anlerntätigkeit darstellt.

2. Gegen eine Verweisbarkeit eines Mechanikers auf die Tätigkeit eines Lageristen spricht ferner eine Einkommenseinbuße von etwa 30 Prozent.

 

Eintritt der Arbeitsunfähigkeit einer Beamtin

OLG Köln

Besagt eine Klausel in der Arbeitsunfähigkeits-Zusatzversicherung, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wenn die versicherte Person infolge von Gesundheitsstörungen außerstande ist, ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann, und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, so tritt die Arbeitsunfähigkeit eines Beamten bereits durch diese Umstände und nicht erst durch die (statusrechtliche) Versetzung in den Ruhestand ein.

 

Einhaltung der Förmlichkeiten des Nachprüfungsverfahrens auch bei unterlassenem Leistungsanerkenntnis

BGH

Ein Berufsunfähigkeitsversicherer kann auch dann, wenn er kein Anerkenntnis seiner Leistungspflicht abgegeben hat, den späteren Wegfall einer zunächst bestehenden Berufsunfähigkeit nur durch eine den inhaltlichen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügende Änderungsmitteilung geltend machen.
 

Späterer Wegfall einer zuvor bestehenden Berufsunfähigkeit

BGH

Der Berufsunfähigkeitsversicherer kann den späteren Wegfall einer zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens geltend machen. Unerlässlicher Bestandteil dieses Verfahrens ist es, dass dem Versicherungsnehmer eine Mitteilung über das Ende der Leistungspflicht gemacht wird. Denn erst die zugegangene Mitteilung kann - nach einer Schutzfrist - die Leistungspflicht entfallen lassen, nicht bereits zuvor der Eintritt von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherten. Die Änderungsmitteilung hat insoweit rechtsgestaltende Wirkung. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer kein Anerkenntnis abgegeben hat.

 

Verweisung, Einkommensvergleich, Fortschreibung auf den Vergleichszeitpunkt

BGH

1. Bei dem für die Verweisbarkeit des Versicherten auf eine andere berufliche Tätigkeit gebotenen Einkommensvergleich ist das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen grundsätzlich nicht auf den Vergleichszeitpunkt fiktiv fortzuschreiben.

2. Ausnahmsweise ist eine Einkommensfortschreibung dann zulässig, wenn aufgrund eines besonders langen Zeitraums zwischen dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und ihrer Nachprüfung eine objektive Vergleichbarkeit des Einkommens und der damit verbundenen Lebensstellung nicht mehr gewährleistet ist (hier: verneint).

 

Keine überspannten Anforderungen an die Substantiierungspflicht des Versicherungsnehmers zur konkreten Arbeitsbeschreibung

OLG Dresden

Grundsätzlich ist die letzte konkrete Berufsausübung maßgebend, wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war (hier: Koch in einem Eiskaffee), als der Versicherte noch nicht eingeschränkt war. Bekannt sein müssen das Arbeitsumfeld und welche Anforderungen es an den Versicherten stellt. Es genügt nicht, nur Berufsbild und Arbeitszeit anzugeben. Der Versicherer darf eine substantiierte, ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangen, mit der die Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Häufigkeit nach für einen außenstehenden nachvollziehbar werden. Die Anforderungen dürfen aber auch nicht überspannt werden. Es genügt, dies mit Stichpunkten oder Schlagworten zu beschreiben, mit denen sich auch jeder Dritte die ausgeübte Tätigkeit unschwer vorstellen kann.

 

Reichweite des Datenauskunftsanspruchs

Landgericht Köln

1. Begründet eine Partei einen erstinstanzlich auf § 34 BDSG alte Fassung gestützten Datenauskunftsanspruch in der Berufungsinstanz erstmals mit Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO, liegt eine nach § 533 ZPO zulässige zweitinstanzliche Klageänderung vor.

2. Der Datenauskunftsanspruch nach Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO erfasst alle Merkmale, die die Identifizierung einer Person ermöglichen können (z.B. Name, Geburtsdatum, Gesundheitsdaten, Kontonummer) sowie ärztliche Unterlagen, Gutachten oder sonstige vergleichbare Mitteilungen anderer Quellen, nicht hingegen Daten zu sämtlichen internen Vorgängen des Versicherers (z.B. Vermerke) oder den vollständigen Schriftwechsel zwischen den Vertragsparteien.

3. Eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO ist unzulässig, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden.
 

Abgrenzung Erwerbstätigkeit vom Hobby; geplanter Berufswechsel

BGH

Betreibt der VN neben seiner Angestelltentätigkeit eine weitere selbständige Tätigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts von Berufsunfähigkeit als Hobby und plant er erst, sie künftig als alleinige berufliche Tätigkeit auszuüben, so ist Maßstab der Bemessung von Berufsunfähigkeit allein die Angestelltentätigkeit (hier: Import und Zucht von Korallen und anderen Meereslebewesen).

 

Anforderung an eine wirksame Schweigepflichtentbindungserklärung

LG Saarbrücken

1. Die Erteilung einer allgemeinen Schweigepflichtentbindungserklärung bei Abschluss eines Risiko-Lebensversicherungsvertrags mit mindestens zwei Wahlmöglichkeiten verstößt nicht gegen § 213 VVG, sodass sich hieraus unabhängig von einer Güterabwägung kein Beweisverwertungsverbot ergeben kann.

2. Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers spricht, wenn er schwere, chronische oder schadengeneigte oder immer wieder auftretende zahlreiche oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten. Liegen objektive Falschangaben vor, ist es Sache des VN, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiven falschen Angaben gekommen ist.

3. Unter Anwendung dieser Grundsätze indiziert bereits das Verschweigen der Diagnose COPD unter gleichzeitiger Angabe einer Bronchitis das Bewusstsein des Versicherungsnehmers, mit seinen Falschangaben auf die Willensentschließung der Beklagten Einfluss zu nehmen.

 

Verweisung eines Dachdeckergesellen auf Rettungssanitäter

OLG Düsseldorf

1. Ein gelernter Dachdeckergeselle kann auf den Beruf eines Rettungsassistenten verwiesen werden, denn dieser ist seiner bisherigen Lebensstellung vergleichbar gem. § 2 Abs. 1 BUZ.

2. Unter "Beruf" ist die Erwerbstätigkeit des Versicherten in eben der konkreten Ausgestaltung zu verstehen, durch die der Versicherte sein Einkommen bei Eintritt des Versicherungsfalles erzielt hat und die Grundlage seiner Lebensstellung bis dahin gewesen ist.

3. Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Vergütung sind Zulagen zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig und verlässlich gezahlt werden und dadurch die Einkommenssituation und somit auch die Lebensstellung prägen.

4. Geringe Einkommensverluste und Abweichungen bei der Arbeitszeit und deren Verteilung sind in zumutbarem Umfang vom VN hinzunehmen.

5. Bei einem Einkommensverlust von weniger als 10 % ist die Zumutbarkeitsgrenze in keinem Fall überschritten.

 

Grundlagen des im Nachprüfungsverfahren vorzunehmenden Vergleichs

KG

Für den im Nachprüfungsverfahren vorzunehmenden Vergleich zwischen dem Gesundheitszustand bei Anerkenntnis und demjenigen im Nachprüfungsverfahren kommt es darauf an, welche Feststellungen und Bewertungen der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat. Auf dieser Grundlage ist eine tatsächliche Verbesserung des Gesundheitszustands und eine sich daraus ergebende Verminderung des Grades der Berufsunfähigkeit zu prüfen. Auf einen möglicherweise abweichenden, dem Versicherer aber zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses unbekannten Zustand kann sich der VN im Nachprüfungsverfahren daher nicht berufen und nicht geltend machen, eine Besserung seines ursprünglichen tatsächlichen Gesundheitszustands sei nicht festgestellt worden.
 

Unwirksamkeit einer Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

OLG Frankfurt am Main

1. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche inhaltlichen Anforderungen an eine ordnungsgenmäße Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG zu stellen sind. So soll nach verbreiteter Ansicht der Versicherer verpflichtet sein, den Versicherungsnehmer umfassend, d.h. auch über die Voraussetzungen der einzelnen Rechtsfolgen, zu unterrichten. Danach erfordert eine inhaltlich wirksame Belehrung eine nicht nur zutreffende, sondern eine – unter Berücksichtigung der Warnfunktion des Hinweises – möglichst umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung, sodass der Hinweis, um seiner Warnfunktion gerecht zu werden, gerade auch die dem Versicherungsnehmer möglicherweise treffenden Folgen angeben muss, die diesem bei einer Ausübung der Rechte des Versicherers drohen (LG Dortmund, Urteil vom 13.06.2013, 2 O 450/12; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.12.2015, 12 U 19/14). Hierzu ist es – nach dieser Ansicht – erforderlich, dass der Hinweis einerseits, die dem Versicherer nach dem Grad des Verschuldens des Versicherungsnehmers eingeräumten Gestaltungsrecht (Rücktritt, Kündigung und Vertragsanpassung) erwähnt, zum anderen müssen die dem Versicherungsnehmer nachteiligen Folgen der Ausübung von Rücktritts-, Kündigungs- und Vertragsanpassungsrecht aufgezeigt werden .

2. Anderer Ansicht zufolge sind zur Erfüllung der Hinweispflicht nach § 19 Abs. 5 VVG – dem Wortlaut der Norm entsprechend – alle Konsequenzen einer Anzeigepflichtverletzung anzugeben, sodass hiervon auch die – komplizierten – Vorgänge im Zusammenhang mit dem jeweils erforderlichen Verschulden und den vertragshindernden bzw. – ändernden Umständen erfasst werden .

3. Nach einer weiteren Kommentarauffassung sollen Hinweise auf die Voraussetzungen der Rechte des Versicherers und deren korrekte Ausübung ebenso wenig erforderlich sein wie eine Belehrung über die Rechtsfolgen, die sich aus seiner Ausübung der dem Versicherer zustehenden Rechte ergeben. Vielmehr soll die Wiedergabe des Wortlauts des § 19 Abs. 5 VVG zur Erreichung des Warnzwecks der Belehrung genügen, da der Versicherungsnehmer ihr mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen kann, dass ihm erhebliche Sanktionen drohen, wenn er die Anzeigepflicht verletzt.

 

Zugang der Gesundheitsfragen über ein Softwareprogramm des Versicherers beim Makler als Zugang in Textform beim Versicherungsnehmer

KG

1. Kann ein Versicherungsmakler über ein Softwareprogramm des Versicherers das Antragsformular mit den Gesundheitsfragen herunterladen und ausdrucken, gehen ihm diese Gesundheitsfragen des Versicherers in Textform (§ 19 Abs. 1 VVG) zu, soweit er sie für die konkrete Antragstellung verwendet.

2. Damit sind die Fragen, da der Versicherungsmakler auf Seiten des Versicherungsnehmers tätig wird, zugleich auch dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen.

3. Ob der Makler das Antragformular vor dem Ausfüllen ausdruckt und dem Versicherungsnehmer zum Mitlesen übergibt oder ob er die Fragen zunächst am Computer beantwortet, das Formular danach ausdruckt und dem Versicherungsnehmer zur Durchsicht und Unterschrift vorlegt, macht dabei keinen Unterschied.

4. Auch für den Zugang der Belehrung in Textform (§ 19 Abs. 5 VVG) kommt es allein darauf an, welche Belehrung der Versicherer dem Makler in dem herunterzuladenden Formular zur Verfügung stellt. Für die Frage einer ordnungsgemäßen Belehrung spielt es keine Rolle, ob der Makler diese Belehrung dem Versicherungsnehmer zur Kenntnis bringt.

 

Zu den Voraussetzungen einer gestaffelten Schweigepflichtentbindung

KG

1. Der BGH hat mit Urteil vom 22.02.2017 (IV ZR 289/14) geklärt, dass zu notwendigen Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Leistungsumfangs auch die Prüfung gehört, ob der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss seine vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten ordnungsgemäß erfüllt hat.

2. Gemäß § 31 VVG kann der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist.

3. Auf der Seite des Versicherungsnehmers ist das geschützte Interesse an informationellen Selbstschutz betroffen, während auf Seiten des Versicherers das durch Artikel 12 GG geschützte erhebliche Offenbarungsinteresse des Versicherers zu berücksichtigen ist, das in der Vertragsfreiheit wurzelt. Die Abwägung der vorstehenden Belange führt nicht dazu, die den Versicherungsnehmer treffende Mitwirkungsobliegenheit auf Fälle zu beschränken, in denen bereits eine konkrete Verdachtslage für eine Anzeigeobliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers besteht. Vielmehr ist der Ausgleich der insoweit widerstreitenden Interessen dadurch herzustellen, dass der Versicherungsnehmer bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur insoweit mitzuwirken hat, als diese zur Prüfung des Leistungsfalls relevant sind. Kann der Umfang der Datenerhebung nicht von Vorneherein auf entsprechende Informationen beschränkt werden, weil dem Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Obliegenheit des Versicherungsnehmers zunächst auf die Einholung solcher weniger weitreichender und persönlichkeitsrelevanter Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen, welche Informationen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind.

4. Dies kann im Fall eines geringen Kenntnisstandes des Versicherers eine gestufte, einem Dialog vergleichbare Datenerhebung erforderlich werden lassen, in deren Rahmen zunächst Vorinformationen allgemeiner Art erhoben werden, auf deren Grundlage der Versicherer sodann einzelne, spezifische Anfragen zu stellen vermag, deren Beantwortung unter Umständen wiederum zur Grundlage noch weiter ins Detail gehender Erkundigungen werden kann.

5. Auch § 213 VVG steht einer derartigen Datenerhebung zum Zweck der Prüfung einer vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung nicht entgegen.

 

Stammrecht auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung unterliegt der Verjährung

BGH

Der Gesamtanspruch (das Stammrecht), der dem Versicherungsnehmer einer selbstständigen oder als Zusatzversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem Versicherungsfall zusteht, unterliegt auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 der Verjährung.

 

Kein exemplarischer Wochenplan zum Nachweis einer Vorbereitungstätigkeit eines Studenten auf seine Abschlussarbeit notwendig

OLG Dresden

Die Anforderungen an die Darlegung zur in gesunden Tagen ausgeübten Berufstätigkeit darf bei Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht überspannt werden. Ist die Tätigkeit als Student versichert und behauptet der Antragsteller, in Vorbereitung seiner Abschlussarbeit seine Tage überwiegend mit dem Selbststudium verbracht zu haben, ist die Vorlage eines exemplarischen Wochenplans zur Schlüssigkeit des Vorbringens nicht erforderlich.

 

Vorsatz und Arglist bei der Falschbeantwortung von Gesundheitsfragen

OLG Karlsruhe

Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers kommt es auf seinen Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Versicherungsantrags an. Ein 4 Jahre zurückliegender Hinweis der Hausärztin rechtfertigt die Feststellung von Vorsatz nicht, wenn der Versicherungsnehmer plausibel darlegt, dass ihm eine aus seiner Sicht länger zurückliegende unbedeutende Krankheitsepisode bei Antragstellung nicht mehr bewusst war (hier: zeitlich begrenzte Verordnung von Medikamenten bei einer Diabetes-Mellitus-Diagnose).

 

Rechtsweg für Klage auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente gegen branchenspezifische Pensionskasse

BGH

1. Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. ist keine Sozialeinrichtung des privaten Rechts im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 b ArbGG.

2. Über Versorgungsansprüche von Mitarbeitern, die Mitgliedsunternehmen haben, haben die ordentlichen Gerichte zu entscheiden.

 

Darlegung des Berufsbildes für die Geltendmachung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung

OLG Dresden

Werden Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung verlangt, muss das Berufsbild in gesunden Tagen aufgezeigt werden. Grund ist, einem medizinischen Sachverständigen die notwendigen Anknüpfungstatsachen zu verschaffen. Die Anforderungen an diese Darlegungen dürfen nicht überspannt werden. Ein Antragsteller, der auf gerichtlichen Hinweis hierzu unter Vorlage von Unterlagen ergänzend vorträgt und anschließend vom Gericht angehört wird, darf ohne einen weiteren Hinweis von einem ausreichenden Vortrag ausgehen. Eine Klageabweisung ohne einen solchen Hinweis ist ein schwerer Verfahrensfehler.

 

Substantiierungspflichten im Rahmen einer Deckungsklage aus Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wegen psychischen Beeinträchtigungen 

OLG Naumburg

1. Für eine schlüssige und für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgversprechende Klage muss der Versicherungsnehmer substantiiert und unter Beweisantritt darlegen, dass er aufgrund der konkreten Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen an der Berufsausübung, wie sie an gesunden Tagen stattfand, im vertraglich vorgesehenen Umfang gehindert ist.

2. Gerade psychische Beeinträchtigungen verlangen die Darstellung, wann, wie oft, wie lange, mit welcher Intensität und Dauer, welche tatsächlichen Störungen in der beruflichen Tätigkeit auftreten bzw. aufgetreten sind.

 

Anforderungen an ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers

OLG Karlsruhe

Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers kommt es auf ihren Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Versicherungsantrags an. Ein vier Jahre zurückliegender Hinweis des Hausarztes rechtfertigt die Feststellung von Vorsatz nicht, wenn der Versicherungsnehmer plausibel darlegt, dass ihm eine aus ihrer Sicht länger zurückliegende unbedeutende Krankheitsepisode bei Antragstellung nicht mehr bewusst war. Fragt der Versicherer bei Antragstellung nach einem "Schlaganfall" in den letzten fünf Jahren, ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine TIA (transitorische ischämische Attacke) nicht anzeigepflichtig. Im allgemeinen Verständnis ist ein Schlaganfall ein plötzlich auftretendes Ereignis im Gehirn, welches zu einem länger anhaltenden Ausfall von Funktionen des zentralen Nervensystems führt. Hingegen ist eine TIA - soweit der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird - lediglich eine kurzfristige Durchblutungsstörung.

 

Beweislast für arglistige Täuschung liegt beim Versicherer

OLG Frankfurt am Main

1. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache, vgl. BGH, Beschluss vom 10.05.2017, IV ZR 30/16.

2. Die Beweislast für die Arglist trägt der Versicherer. Da es sich bei Arglist um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis meist nur durch Indizien geführt werden, die den Schluss darauf rechtfertigen, dass der Versicherungsnehmer anzeigepflichtige, aber nicht angegebene Krankheiten oder Beschwerden und deren Untersuchung oder Behandlung kannte und es zumindest für möglich hielt, dass der Versicherer die verschwiegenen Umstände in seine Risikoprüfung einbeziehen und zu einem für den Versicherungsnehmer ungünstigen Ergebnis bei seiner Annahmeentscheiden gelangen würde.

3. Solche Indizien können sich aus der Art, Schwere und Zweckrichtung der Falschangaben ergeben; zu würdigen sind aber auch die Art der Versicherung und die näheren Umstände des Ausfüllens des Versicherungsantrags (OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.10.2014, 5 U 736/03). Liegen objektive Falschangaben vor, so obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiv falschen Angaben gekommen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.12.2015, 12 U 57/15).

 

Nachweis eines arglistigen Verschweigens gefahrerheblicher Umstände; Anforderungen an die Belehrung über die Folgen einer Anzeigenpflichtverletzung; Berufsunfähigkeit eines Bezirksschornsteinfegers im vorzeitigen Ruhestand

Saarländisches Oberlandesgericht

1. Der Nachweis eines arglistigen Verschweigens gefahrerheblicher Umstände zu Lasten des Berufsunfähigkeitsversicherers ist nicht geführt, wenn der Versicherungsnehmer bei Antragstellung einen unstreitig vereinzelt gebliebenen Arztbesuch verschweigt, aus dessen Anlass ihm auf einem Formular des Rentenversicherungsträgers körperliche und psychische Beschwerden attestiert werden, und es nahe liegt, dass ihm dadurch vornehmlich die Bewilligung einer "Familienkur" ermöglicht werden sollte.

2. Eine "Doppelbelehrung", bei der im Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen nur ein allgemeiner Hinweis erfolgt, die nicht auf den genauen Fundort der einzelnen Informationen hinweist, erfüllt nicht die Anforderungen an eine Mitteilung im Sinne des § 19 Abs. 5 VVG.

3. Ein früherer Bezirksschornsteinfegermeister, der nach seiner Behauptung an psychischen Beschwerden und einer "Höhenangst" leidet, ist nicht berufsunfähig, wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durchgreifende Zweifel am Vorliegen der Erkrankung verbleiben. Dass er zwischenzeitlich auf seinen Antrag in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, führt mangels gesundheitlicher Ursache ebenfalls nicht zu bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit.

 

Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher Straftat (hier: Verletzungen beim Versuch, einen Feuerwerkskörper in eine Gruppe rivalisierender Fußballfans zu werfen)

OLG Dresden

Es besteht kein Versicherungsschutz für eine Berufsunfähigkeit, die durch die vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens durch die versicherte Person verursacht worden ist. Eine solche Klausel ist rechtlich unbedenklich. Die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für den Ausschluss von Leistungen wegen einer durch eine vorsätzliche Straftat herbeigeführten Berufsunfähigkeit liegen auch dann vor, wenn der zugrundeliegende Straftatbestand hinsichtlich der Handlung Vorsatz fordert, in Bezug auf eine besondere Folge aber Fahrlässigkeit genügen lässt.

 

Berufsunfähigkeit einer Auszubildenden zur Mechatronikerin

LG Kleve

1. Das Berufsbild eines Auszubildenden entspricht grundsätzlich den Vorgaben der für diesen Lehrberuf gültigen Ausbildungsordnung. Es besteht nämlich ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die konkrete Ausgestaltung der Lehr im Ausbildungsbetrieb nicht hinter den Anforderungen der jeweiligen Ausbildungsordnung zurückbleibt.

2. Enthalten die Bedingungen einer Sonderregelung, wonach bei Nichtselbständigen eine Einkommensreduzierung von 20 Prozent und mehr in jedem Fall als nicht zumutbar gilt, ist vereinbart, dass selbst bei einem außergewöhnlich hohen Spitzengehalt eine Verminderung von 20 Prozent unzumutbar ist. Damit wird eine für den Versicherungsnehmer im Verhältnis zu den allgemeinen Grundsätzen günstigere Vereinbarung getroffen, die bei der Auslegung zu berücksichtigen ist. Eine Einkommensminderung von 16,29 Prozent eines Angestellten ist dementsprechend unzumutbar.

 

Unrichtiges Sachverständigengutachten muss für die Gerichtsentscheidung und den Schaden kausal geworden sein  

BGH

1. Für den Anspruch nach § 839a BGB ist danach zu unterscheiden, ob das unrichtige Gutachten für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung (mit) ursächlich geworden ist („beruhen auf“; haftungsbegründende Kausalität) und ob der geltend gemachte Schaden durch die von dem unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung herbeigeführt worden ist (haftungsausfüllende Kausalität).

2. Bei der Frage ob der geltend gemachte Schaden auf die vom unrichtigen Gutachten beeinflusste Gerichtsentscheidung zurückzuführen ist, ist maßgebend, wie der Ausgangsprozess bei Vorlage eines richtigen Gutachtens des Sachverständigen richtigerweise hätte entschieden werden. 

 

Keine fiktive Fortschreibung des Einkommens – Berücksichtigung von Zulagen beim Einkommensvergleich
OLG Düsseldorf
1. Ein gelernter Dachdeckergeselle kann auf den Beruf eines Rettungsassistenten verwiesen werden, wenn dieser in seiner bisherigen Lebensstellung vergleichbar ist.
2. Unter „Beruf“ ist die Erwerbstätigkeit des Versicherten in eben der konkreten Ausgestaltung zu verstehen, durch die der Versicherte sein Einkommen bei Eintritt des Versicherungsfalls erzielt hat und die Grundlage seiner Lebensstellung bis dahin gewesen ist. Dem-gemäß ist das damalig erzielte Einkommen nicht fiktiv vorzuschreiben sondern lediglich zu indexieren.
3. Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Vergütung sind Zulagen zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig und verlässlich gezahlt werden und dadurch die Einkommenssituation und somit auch die Lebensstellung prägen. Geringe Einkommensverluste und Abweichungen bei der Arbeitszeit und deren Verteilung sind in zumutbarem Umfang vom Versicherungsnehmer hinzunehmen.

 

Grundlagen des im Nachprüfungsverfahren vorzunehmenden Vergleichs
KG Berlin
Für den im Nachprüfungsverfahren vorzunehmenden Vergleich zwischen dem Gesundheitszustand bei Anerkenntnis und demjenigen in Nachprüfungsverfahren kommt es darauf an, welche Feststellungen und Bewertungen der Versicherer seinem Anerkenntnis zu Grunde gelegt hat. Auf dieser Grundlage sind eine tatsächliche Verbesserung des Gesundheitszustandes und eine sich daraus ergebende Verminderung des Grades der Berufsunfähigkeit zu prüfen. Auf einen möglicherweise abweichenden, dem Versicherer aber zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses unbekannten Zustand kann sich der VN im Nachprüfungsverfahren daher nicht berufen und nicht geltend machen, eine Besserung seines ursprünglichen tatsächlichen Gesundheitszustandes sei nicht festgestellt worden.

 

Zum Nachprüfungsverfahren in der Berufsunfähigkeitsversicherung
OLG München
Im Nachprüfungsverfahren ist für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit auf die Tätigkeit, die in der Leistungsanmeldung geschildert wurde und die dem Anerkenntnis zu Grunde gelegt wurde, abzustellen. 

 

Anforderungen an die Darlegung des Berufsbildes eines Kochs
OLG Dresden
1. Die Anforderungen an die Darlegung des Berufsbildes in gesunden Tagen darf dem Versicherten, der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherungen begehrt, nicht durch übersteigerte Anforderungen erschwert werden. War er als Koch in einem Eiscafè tätig, genügt eine Zusammenfassung in Stichworten, aufgrund derer sich jeder Dritte die konkrete Tätigkeit unschwer vorstellen kann.
2. Bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit darf der Sachverständige die dem Versicherten in dessen Beruf abverlangten Arbeitsverrichtungen nicht nur einzeln und isoliert, sondern muss sie im Zusammenhang mit denjenigen Arbeitsverrichtungen bewerten, mit denen sie einen einheitlichen Lebensvorgang bilden.
3. Eine Wiederherstellung der Berufsfähigkeit durch eine dem Versicherten zumutbare Schutzmaßnahmen kommt nur in Betracht, soweit mit ihr eine Arbeit ohne Qualitätseinbußen möglich ist (hier verneint für Metallhandschuh eines Süßspeisen zubereiteten Kochs).
4. Sehen die Versicherungsbedingungen für einen Selbstständigen die Verpflichtung zu einer zumutbaren Umorganisation vor, gilt dies für den aufgrund eines Dienstvertrages mit einem Betriebsinhaber tätigen nur dann, wenn ihm dort ein Direktionsrecht über die Mitarbeiter des aufnehmenden Betriebes und die Möglichkeit, betriebliche Abläufe umzugestalten, vertraglich eingeräumt ist.
5. Die Klausel in den AVB, wonach der Anspruch mit Ablauf des Monats entsteht, indem Berufsunfähigkeit eingetreten ist, bedingt § 14 VVG nicht ab.  

 

Darlegung einer psychisch begründeten Berufsunfähigkeit
OLG Saarbrücken
Beantragt ein VN Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung wegen Berufsunfähigkeit infolge psychischer Erkrankung, so hat er darzulegen, wann, wie oft, wie lange, mit welcher Intensität und Dauer welche tatsächlichen Störungen seine höflichen Tätigkeit aufgetreten sind, und aus welchen Gründen es ihm nicht möglich ist seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch zugängliche und ohne weiteres zumutbare eigenen Anstrengungen „in den Griff“ zu bekommen. 

 

Anforderung an den Verweis auf eine Verweisungstätigkeit in der Berufsunfähigkeitszusatz-versicherung
OLG Hamm
Es reicht nicht aus, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer pauschal auf einen anderen Beruf verweist. Er muss auch im Einzelnen die „prägenden Merkmale“ aufzeigen, mit damit der VN dazu Stellung nehmen kann.

 

Anforderung an eine wirksame Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren
OLG Saarbrücken
1. Formale Voraussetzung der Befugnis zur Einstellung von Leistungen ist es, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer mitteilt, dass und aufgrund welcher Umstände die bereits anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Mitteilung ist deren Nachvollziehbarkeit, also grundsätzlich das Vorhandensein einer Begründung, aus der für den Versicherungsnehmer nachvollziehbar wird, warum die anerkannte Leistungspflicht enden soll.
2. Materielle Voraussetzungen der Leistungseinstellung ist der Nachweis, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten derart gebessert hat, dass dies zu bedingungsgemäß relevanten Auswirkungen auf seine beruflichen Betätigungsmöglichkeiten geführt hat.
 

Darlegungslast des Versicherungsnehmers und korrespondierende Hinweispflicht des Gerichts
OLG Frankfurt
1. Zur Darlegung der bislang ausgeübten Tätigkeit reicht es nicht aus, wenn die vom Versicherten wahrgenommenen betrieblichen Tätigkeitsbereiche ihrerseits nur durch Sammelbegriffe umschrieben werden.
2. Soll festgestellt werden, wie sich gesundheitliche Beeinträchtigungen in einer konkreten Berufsausübung auswirken, muss bekannt sein, wie das Arbeitsverhältnis des Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen im Einzelfall an ihn stellt. Sofern der Kläger insoweit unzureichend vorträgt, trifft das Gericht gemäß § 139 ZPO eine Hinweispflicht. Wird diese nicht beachtet, sondern die Klage sogleich und für die Parteien überraschend abgewiesen, liegt ein zur Zurückverweisung führender schwerer Verfahrensfehler vor.
 

„Aufzeigelast" des Versicherers bei abstrakter Verweisung
OLG Hamm
Verweist der Berufsunfähigkeitsversicherer den Versicherungsnehmer abstrakt auf einen Beruf, so muss er die Anforderungen dieses Verweisungsberufs so detailliert beschreiben, dass der Versicherungsnehmer erwidern kann. Kommt es auf Einzelheiten des Verweisungsberufs an, muss der Versicherer dazu vortragen (hier: Verweisung auf „Hausmeister in größeren Wohnanlagen/Verwaltungen" mangels hinreichender Darlegung des Versicherers ohne Erfolg)

 

Keine übertriebenen Anforderungen an eine Leistungseinstellung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens
OLG Celle
Die Anforderungen an eine Leistungseinstellung einer Berufsunfähigkeitsversicherung dürfen nicht überspannt werden. Ausreichend ist vielmehr der Vortrag im Rechtsstreit selbst, dass und ab welchem Zeitpunkt der Versicherungsnehmer wieder berufsfähig ist, aus welchen veränderten Umständen sich dies ergibt und dass damit der Anspruch auf weitere Versicherungsleistungen wieder entfallen ist. Wenn der Versicherer das Ende der Berufsunfähigkeit auf eine Gesundheitsbesserung stützt, muss er den aktuellen Gesundheitszustand mit dem Zustand vergleichen, der die Berufsunfähigkeit ursprünglich begründet hatte. In solchen Fällen gehört zu einer ordnungsgemäßen Begründung auch die Darlegung, dass gerade der verbesserte Gesundheitszustand die Berufsunfähigkeit ganz oder teilweise wieder entfallen lässt.
 

Pfändung einer Berufsunfähigkeitsversicherung des Geschäftsführers einer insolventen GmbH
BGH
Inhalt und Umfang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sind - soweit sich dies nicht aus dessen Wortlaut eindeutig ergibt - durch Auslegung zu ermitteln. Ein auf Pfändung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen bei einer Lebensversicherungsgesellschaft gerichteter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der die gepfändeten Forderungen nur abstrakt-generell ohne Bezug auf einen konkreten Versicherungsvertrag bezeichnet, ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass er lediglich uneingeschränkt pfändbare Forderungen umfasst, nicht aber solche, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht oder nur nach Maßgabe des § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO pfändbar waren.
 

Die Beurteilung der Berufsunfähigkeit darf sich nicht auf eine rein zeitliche Betrachtung beschränken, sondern muss auch die Frage einbeziehen, ob ohne die nicht mehr ausführbaren Teiltätigkeiten noch ein sinnvolles Arbeitsergebnis erreicht werden kann
OLG Frankfurt
1. Es kann dahinstehen, in welcher Weise einzelne Tätigkeitsfelder (Büroarbeitstage, Akquise- und Außendienstarbeitstage, Messearbeitstage) miteinander zeitlich gewichtet sind oder gar welcher Anteil auf ganz bestimmte Einzeltätigkeiten entfällt bzw. welcher konkrete prozentuelle Grad der Beeinträchtigung bezogen auf bestimmte Einzeltätigkeiten vorliegt.
2. Denn war die Berufsausübung des Versicherungsnehmers, wie sie sich in gesunden Tagen dargestellt hatte, nicht von sich im Zeitablauf ständig wiederholenden Einzeltätigkeiten gekennzeichnet, sondern schloss die Betätigungen von unterschiedlichem Gewicht für die Gesamtleistung und die Fähigkeit des Versicherungsnehmers zur Erzielung eines sinnvollen Arbeitsergebnisses ein, darf sich die Beurteilung nicht auf eine rein zeitliche Betrachtung beschränken, sondern muss auch die Frage einbeziehen, ob und in welchem Umfang dem Versicherungsnehmer infolge Krankheit und so weiter die Ausführung prägender, für ein sinnvolles Arbeitsergebnis unverzichtbarer Einzeltätigkeiten nicht mehr möglich ist, und allein dies schon - selbst bei einer theoretisch möglichen Arbeitsfähigkeit in zeitlichem Umfang von mehr als der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit - zum Eintritt von Berufsunfähigkeit geführt hat.
3. Diese Rechtsgrundsätze werden etwa auch in dem von der Versicherungswirtschaft (Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.v. [GDV], Ausschuss für Versicherungsmedizin, Risiko- und Leistungsprüfung) erstellten, für ärztliche Gutachter bestimmten Leitfaden „Berufsunfähigkeit in der Privatversicherung" (Fassung 2006) zugrunde gelegt, wenn dort darauf hingewiesen wird, es seien zwar alle Teiltätigkeiten zu berücksichtigen, aber auch in Rechnung zu stellen, dass unter Umständen die Beeinträchtigungen einer besonders wichtigen Tätigkeit (Kerntätigkeit) eine weitere sinnvolle berufliche Betätigung auch dann verhindern könne, wenn der Berufsunfähigkeitsgrad bezogen auf alle übrigen Tätigkeiten unter 50 % liegen würde.
4. Insoweit bedarf es der konkreten Bestimmung von Einzeltätigkeiten eines Managers jedenfalls dann nicht, wenn die gesundheitlichen Defizite so gravierend sind, dass er keinerlei leitende Managerfunktionen mehr auszuüben in der Lage ist. Ist ein Manager jedweder Managertätigkeit schon ganz allgemein nicht mehr gewachsen, bedarf es keiner Klärung der Verästlung seines früheren Tätigkeitsfelds. In diesem Fall scheiden auch Verweisungen auf sonstige adäquate Betätigungen aus, die der Versicherer ansonsten nur auffinden kann, wenn er das genaue Berufsspektrum kennt.
 

Verjährung von Ansprüchen auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung
Thüringer Oberlandesgericht
1. Die Verjährung eines "Stammrechts" auf fortlaufende Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann jedenfalls seit der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 nicht mehr angenommen werden.
2. Die einzelnen Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung verjähren nach § 195 BGB jeweils in drei Jahren.
 

Einklagen von Einzelansprüchen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung hemmt nicht die Verjährung des Stammrechts
OLG Saarbrücken
1. Frühere Klagen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die lediglich Einzelansprüche aus konkreten Jahren betrafen, hemmen nicht die Verjährung des Stammrechts.
2. Ist die Verjährung eines Versicherungsanspruchs durch eine Teilklage nur in Höhe des eingeklagten Teilanspruchs unterbrochen worden, so ist der beklagte Versicherer nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, den klagenden Versicherungsnehmer hierauf und auf die drohende Gefahr einer Verjährung seines restlichen Anspruchs hinzuweisen.
 

Beweislast für „mitgebrachte Berufsunfähigkeit"
OLG Hamm
1. Das Fehlen einer sogenannten mitgebrachten Berufsunfähigkeit ist Voraussetzung für Ansprüche auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.
2. Jedenfalls bei nachweislichen Hinweisen auf die Vorvertraglichkeit einer eingetretenen Berufsunfähigkeit ist es Sache des Versicherungsnehmers, Vorvertraglichkeit auszuschließen.
 

Arglistanfechtung eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrags wegen nicht angezeigter Rückenbeschwerden
OLG Saarbrücken
1. Ein Versicherungsnehmer, der sich wegen andauernder Rückenbeschwerden in ärztliche Behandlung bei einem Facharzt begeben hat und dort erfuhr, dass ohne Stärkung seiner unzureichenden Muskulatur seine vorhandenen Probleme nicht vergehen werden, handelt arglistig, wenn er 7 Tage später eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beantragt, ohne diese Behandlung anzugeben.
2. Dieses Verhalten lässt nur den Schluss zu, dass der Versicherungsnehmer eine drohende Beeinträchtigung seiner Berufsfähigkeit absichern wollte und erkannt hat, dass er den Versicherer über diese Rückenbeschwerden und den Arztbesuch nicht informieren darf, weil dieser sonst den begehrten Versicherungsschutz nicht gewähren werde.
 

Spontane Anzeigepflicht und arglistige Täuschung
OLG Karlsruhe
1. Wenn der Versicherer im Rahmen der Antragstellung für eine Berufsunfähigkeitsversicherung erkennbar auf das Stellen bestimmter Gesundheitsfragen verzichtet, besteht keine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, hierzu ungefragte Angaben zu machen; dies gilt auch dann, wenn die nicht erfragten Umstände erkennbar gefahrerheblich sind.
2. Ist die nur einen Satz umfassende Gesundheitsfrage beschränkt auf Angaben zu einem Tumorleiden (Krebs) einer HIV-Infektion (positiver Aids-Test), einer psychischen Erkrankung oder einem Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit) besteht keine Obliegenheit, auf eine bestehende Erkrankung an Multipler Sklerose hinzuweisen.
3. Zum Bedeutungsgehalt der Antragsfrage „ich bin fähig, in vollem Umfange meiner Berufstätigkeit nachzugehen".

Wegfall der Berufsunfähigkeit während des laufenden Rechtsstreits erfordert wirksame Einstellungsmitteilung
OLG Celle
1. Lehnt der Versicherer in der Berufsunfähigkeitsversicherung seine Leistungspflicht ab, wird das bedingungsgemäß abzugebende Anerkenntnis im Fall einer tatsächlich eingetretenen Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers fingiert.
2. Klagt der Versicherungsnehmer auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsleistungen und endet seine Berufsunfähigkeit noch während des Rechtsstreits oder bereits vor Klageerhebung, bleibt der Versicherer bis zu einer ordnungsgemäßen Einstellungsmitteilung zur Leistung verpflichtet.
3. Demgegenüber endet die Leistungspflicht des Versicherers nicht automatisch mit dem Zeitpunkt, an dem ggf. aufgrund sachverständiger Feststellung der Versicherungsnehmer seine Berufsfähigkeit wiedererlangt hat.
4. Das gilt auch dann, wenn der Versicherer nach Abschluss der aufgrund des Erstantrags durchgeführten notwendigen Erhebungen sein Anerkenntnis hätte befristen können, er aber sowohl von einem befristeten als auch von einem unbefristeten Anerkenntnis abgesehen hat. In einem solchen Fall kann der Versicherer das fingierte Anerkenntnis auch nicht nachträglich durch ein zeitlich befristetes Anerkenntnis ersetzen und so die Regeln des Nachprüfungsverfahrens umgehen.

Arglistnachweis hinsichtlich der Beantwortung von Gesundheitsfragen
OLG Jena
1. Stützt der Versicherer eine Anfechtung seiner Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB darauf, der Versicherungsnehmer habe bei Antragstellung einzelne Gesundheitsfragen objektiv unrichtig beantwortet, so trifft den Versicherungsnehmer die sekundäre Darlegungslast zu erläutern, wie und weshalb es hierzu gekommen ist.
2. Diese sekundäre Darlegungslast führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Sind die Angaben des Versicherten in sich stimmig, muss der Versicherer beweisen, dass der Versicherte eine Täuschung des Versicherers zumindest billigend in Kauf genommen.

Haftung des Versicherungsvertreters für Beratungsfehler bei Wechsel des Berufsunfähigkeitsversicherers
OLG Saarbrücken
1. Ein Vertreter schuldet anders als sein Makler nur eine eingeschränkte Produktberatung und muss grundsätzlich seine eigene Marktposition nicht schwächen. Er muss aber über diejenigen Punkte, die für den Abschluss des konkreten Vertrags üblicherweise von wesentlicher Bedeutung sind, aufklären und etwaige irrige Vorstellungen des Versicherungsnehmers in zentralen Punkten richtig stellen.
2. Geht es um einen beabsichtigten Versichererwechsel in einem existenziell bedeutsamen Bereich, in dem Versicherungsschutz wegen des Erfordernisses einer Gesundheitsprüfung nicht ohne Weiteres erlangt werden kann, so sind die an den Vertreter gestellten Anforderungen an eine sachgerechte Aufklärung und Beratung besonders hoch. Er hat zu beachten, dass der Versicherungsnehmer in der Regel weder eine Deckungslücke noch eine Verschlechterung des Versicherungsschutzes in Kauf nehmen will.

Keine übertriebenen Anforderungen an die Darlegung des Berufsbildes in gesunden Tagen bei allgemein bekanntem Berufsbild (hier: Koch)
OLG Dresden 
Die Anforderungen an die Darlegung des Berufsbildes in gesunden Tagen darf dem Versicherten, der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, nicht durch übersteigerte Anforderungen erschwert werden. War er als Koch in einem Eiscafé tätig, genügt eine Zusammenfassung in Stichworten, aufgrund derer sich jeder Dritte die konkrete Tätigkeit unschwer vorstellen kann.

Schuldhafter Verstoß gegen die Ausschlussfrist nach § 1 Abs. 4 BBUZ, wenn der Versicherungsnehmer Berufsunfähigkeitsleistungen erst nach Ablauf von sechs Monaten beantragt, obwohl er bis dahin durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben war
LG Aachen
1. Nach § 1 Abs. 4 BBUZ muss der Versicherte seinen Anspruch innerhalb von sechs Monaten schriftlich geltend machen. Wird die Berufsunfähigkeit später als sechs Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt, so entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistung im ersten Beginn des Monats der Mitteilung, es sei denn, der Anspruchserhebende kann mangelndes Verschulden an der Verspätung nachweisen.
2. Die Klausel enthält keine Obliegenheit, sondern eine Ausschlussfrist. Der teilweise Anspruchsverlust tritt nicht ein, wenn die Fristversäumung unverschuldet ist. In dieser Auslegung ist die Klausel weder sachlich noch formal zu beanstanden, sondern wirksam.
3. Mangelndes Verschulden wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, wenn der Versicherungsnehmer vom Eintritt eines Zustandes, der die Annahme bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit rechtfertigt, nichts wusste und ihn auch an der Nichtkenntnis ein Verschulden nicht trifft. Darlegungs-und beweisbelastet für sein mangelndes Verschulden ist der Versicherungsnehmer, vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 24.02.2016 - 10 U 910/15.
4. Ist der Versicherte über sechs Monate hinaus fortdauernd arbeitsunfähig, bestehen hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit und zwar unabhängig davon, ob die behandelnden Ärzte dem Versicherten mitgeteilt haben, dass er in seinen Beruf zurückkehren können. Auch in diesem Fall muss der Versicherte jedenfalls nach einer sechs Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit ernsthaft in Betracht ziehen und dementsprechend einen Leistungsantrag bei seinem Versicherer stellen, so auch OLG Koblenz a.a.O.

Pflicht zur Umorganisation eines Selbständigen besteht nur dann, diesem auch tatsächlich ein Direktionsrecht zusteht
OLG Dresden
1. Sehen die Versicherungsbedingungen für einen Selbständigen die Verpflichtung zu einer zumutbaren Umorganisation vor, gilt dies für den aufgrund eines Dienstvertrages mit einem Betriebsinhaber Tätigen nur dann, wenn ihm dort ein Direktionsrecht über die Mitarbeiter des aufnehmenden Betriebes und die Möglichkeit, betriebliche Abläufe umzugestalten, vertraglich eingeräumt ist.
2. Die Klausel in den AVB, wonach der Anspruch mit Ablauf des Monats entsteht, in dem Berufsunfähigkeit eingetreten ist, bedingt § 14 VVG nicht ab.

Beweislast und Beweismaß bei vom Versicherer behaupteter Besserung einer psychischen Erkrankung
OLG Hamm
Will der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Leistungen nach vorrangegangenem Anerkenntnis einstellen, muss er die Tatsachen beweisen, aus denen sich die Gesundheitsbesserung ergeben soll. Beweismaß ist § 286 ZPO (Vollbeweis; hier: Durch den Versicherer nichts geführt). Dieses Beweismaß gilt auch bei psychischen Erkrankungen.

Unzulässigkeit einer konkreten Verweisung auf einen durch Umschulung erlangten Beruf im Nachprüfungsverfahren
LG Nürnberg-Fürth
1. Sehen die Bedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung für eine dem Versicherer eröffnete Verweisung keine Berücksichtigung neu erworbener Fähigkeiten vor, kann der Versicherer nach Leistungsanerkennung seine Leistungen im Nachprüfungsverfahren nicht mit Verweis auf einen nach Umschulung ausgeübten Beruf einstellen.
2. Eine Verweisungsklausel, die sich auf die Berücksichtigung der "bisherigen Lebensstellung" beschränkt, eröffnet keine Berücksichtigung von Fähigkeiten, die nach dem Versicherungsfall erworben werden.

Unzutreffende Beantwortung von Gesundheitsfragen und rechtswidrige Datenerhebung durch den Versicherer
OLG Düsseldorf
1. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers dürften dessen Erben oder Angehörige schweigepflichtige Datenquellen (hier: Gesundheitsdaten) schon nicht von der über den Tod hinaus wirkenden Schweigepflicht entbinden können.
2. Sieht man das anders, müssten insoweit allerdings die Vorgaben von § 213 VVG eingehalten
werden.
3. Wird lediglich der Krankenversicherer des Versicherungsnehmers von der Schweigepflicht entbunden, können auf diese Erklärung Anfragen des Versicherers an die vormals behandelnden Ärzte von vornherein nicht gestützt werden.

Keine fiktive Fortschreibung des Einkommens im Ausgangsberuf zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit
LG Nürnberg-Fürth
Nach der Rechtsprechung des BGH ist maßgebend der Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (BGH 30.1.2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521). Stichtag ist also insoweit der anerkannte Eintritt des Versicherungsfalls. Später erzieltes (fiktives) höheres Einkommen kann demnach schon in zeitlicher Hinsicht nicht prägend für die Lebensstellung zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls gewirkt haben

Anforderungen an die Darlegung der bislang ausgeübten Tätigkeit des Versicherten
OLG Frankfurt am Main
Zur Darlegung der bislang ausgeübten Tätigkeit reicht es nicht aus, wenn die vom Versicherten wahrgenommenen betrieblichen Tätigkeitsbereiche ihrerseits nur durch Sammelbegriffe umschrieben werden. Soll festgestellt werden, wie sich gesundheitliche Beeinträchtigungen in einer konkreten Berufsausübung auswirken, muss bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des Versicherten tatsächlich beschaffen ist, welche Anforderungen im Einzelnen es an ihn stellt. Als Sachvortrag muss vielmehr eine konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der die in diesen betrieblichen Bereichen regelmäßig anfallenden Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit, insbesondere aber auch nach ihren Anforderungen an die (auch körperliche) Leistungsfähigkeit für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.

Zur Berücksichtigung etwaiger verhinderter Entwicklungsmöglichkeiten im Ausgangsberuf
LG Nürnberg-Fürth
Bei der Berücksichtigung von bloßen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, Perspektiven und Aufstiegschancen ist zu unterscheiden: Hinreichend gesicherte Aufstiegschancen gehören zum Berufsbild und sind zu berücksichtigen. Sind solche Perspektiven aber lediglich vage, ohne eine konkrete und belastbare Aussage zu ihrer Realisierung binnen eines zumutbaren Zeitraums zuzulassen, können sie mit ihrem zukünftigen (finanziellen) Wert keine Berücksichtigung finden. So ist etwa die bloße Chance und Hoffnung auf Gründung eines selbständigen Betriebes nicht geschützt, ebenso wenig wie die bloße Hoffnung, als angestellter Sohn einmal den väterlichen Betrieb zu übernehmen, wenn die Nachfolge nicht sicher vorauszusehen ist. Zulässig und geboten kann es aber auch sein, das unterhalb einer finanziellen Chance liegende Potential eines Berufes zu würdigen. Die Aussichten müssen jedoch konkret sein. Es darf nicht offen sein, ob sie sich hätten verwirklichen können. Erforderliche Fähigkeiten, Verdienstmöglichkeiten und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, wie sie sich real darstellen, sind also allesamt im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung der Wahrung der Lebensstellung zu würdigen.

Unzutreffende Beantwortung von Gesundheitsfragen und rechtswidrige Datenerhebung durch den Versicherer
OLG Düsseldorf
1. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers dürften dessen Erben oder Angehörige schweigepflichtige Datenquellen (hier: Gesundheitsdaten) schon nicht von der über den Tod hinaus wirkenden Schweigepflicht entbinden können.
2. Sieht man das anders, müssten insoweit allerdings die Vorgaben von § 213 VVG eingehalten
werden.
3. Wird lediglich der Krankenversicherer des Versicherungsnehmers von der Schweigepflicht entbunden, können auf diese Erklärung Anfragen des Versicherers an die vormals behandelnden Ärzte von vornherein nicht gestützt werden.

Nachweis einer zur Berufsunfähigkeit führenden psychischen Erkrankung kann trotz Aggravationstendenzen des Versicherungsnehmers auf die Beschwerdeschilderung des Versicherten gestützt werden
OLG Frankfurt
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann bei einer Krankheit, die gerade durch das Fehlen naturwissenschaftlich gewonnener Untersuchungsbefunde charakterisiert wird, der ärztliche Nachweis der Erkrankung auch dadurch geführt werden kann, dass ein Arzt seine Diagnose auf die Beschwerdeschilderung des Patienten stützt. Zwar genügt es nicht, auf ärztliche Zeugnisse Bezug zu nehmen, die nur Angaben des Versicherungsnehmers referieren und daraus einen diagnostischen, klassifikatorischen Schluss ziehen. Vielmehr müssen alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft werden. Wenn im Rahmen eines psychiatrischen Gutachtens mit dem in der Psychiatrie höchstmöglichen Grad von Gewissheit das Vorliegen einer Erkrankung bejaht wird, muss aber der erforderliche Vollbeweis als geführt angesehen werden, weil anderenfalls im Streitfall der Nachweis gar nicht geführt werden könnte. Der medizinische Sachverständige darf seine Einschätzungen, v.a. bei gegen sie erhobenen Einwänden, nicht unbesehen (als "nachvollziehbar und überzeugend") übernehmen. Dabei gilt es vorab zwischen (subjektiven) Beschwerdeschilderungen und (objektiven) Befunden zu unterscheiden. Ein Befund kann sich dabei auch aus einer validen Beschwerdeschilderung ergeben. Im Rechtsstreit muss sich ein Gericht mit ihnen, ggf. nach Erläuterung, Ergänzung oder Gegenüberstellung mit privaten Gutachtern, auseinandersetzen und sich selbst eine Auffassung bilden.

Verweisung eines Hufbeschlagschmieds auf die Tätigkeit eines Maschinenführers
BGH
1. Das Merkmal „entsprechend der bisherigen Lebensstellung" in § 172 Abs. 3 VVG sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrungen erfordert, als der bisherige Beruf.
2. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt.

Zumutbarkeit einer Umorganisation der Berufsausübung für selbständigen Steuerberater; Anerkennung der Leistungspflicht durch den Versicherer bei unwiderleglich vermuteter Berufsunfähigkeit
LG München
1. Übt die versicherte Person eine Tätigkeit als selbständiger Steuerberater und alleiniger Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft-Verwaltungs-GmbH sowie Kommanditist einer Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG aus, kommt eine Umorganisation seiner Berufstätigkeit nicht in Betracht, wenn er seine Leistungen höchstpersönlich erbringt, insbesondere seine Steuermandate selbst betreut, und die Geschäftsführertätigkeit allein und höchstpersönlich ausübt.
2. Der Umstand, dass die Mitgesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG die versicherte Person dazu gedrängt und aufgefordert haben, seine Geschäftsführertätigkeit aufzugeben und seinen Kommanditanteil auf einen neuen Gesellschafter zu übertragen, ist ein Indiz dafür, das eine Umorganisation nicht möglich ist.
3. Wird die Dauerhaftigkeit der Berufsunfähigkeit der versicherte Person unwiderleglich vermutet, weil sie während des in § 2 Abs. 2 der vereinbarten Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) festgelegten Zeitraums (hier: 6 Monate) ununterbrochen zu mindestens 50 % außerstande war, ihren Beruf oder eine zumutbare Verweisungstätigkeit auszuüben, ist der Versicherer gemäß § 6 BUZ verpflichtet zu erklären, dass und ab wann er seine Leistungspflicht anerkennt.
4. Unterlässt der Versicherer diese Erklärung, ist er so zu behandeln, als habe er den Anspruch umfassend anerkannt. Von dem zu unterstellenden bedingungsgemäßen Anerkenntnis kann er sich nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens lösen (Anschluss OLG Düsseldorf, 11. September 2001, 4 U 206/00, ZfSch 2002, 189).

Berufsunfähigkeitsversicherung: Anforderungen an die Mitteilung über die Folgen einer Anzeigeverletzung; Anforderungen an die Belehrung über das Vertragsanpassungsrecht des Versicherers
OLG Dresden
1. Das Erfordernis einer gesonderten Mitteilung über die Folgen einer Anzeigeverletzung ist bei einer Belehrung auf dem Antragsformular nur gewahrt, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu den Gesundheitsfragen erfolgt und drucktechnisch so hervorgehoben wird, dass sie ein durchschnittlich aufmerksamer Versicherungsnehmer schlechterdings nicht übersehen kann.
2. Die Belehrung über ein Vertragsanpassungsrecht des Versicherers nach § 19 Abs. 5 VVG ist unwirksam, wenn sie keinen Hinweis darauf enthält, dass eine Vertragsanpassung nicht nur zu einem rückwirkenden Beitragszuschlag, sondern auch zu einem rückwirkenden Risikoausschluss führen kann.

Begriff der Berufsunfähigkeit beinhaltet juristische und medizinische Komponenten
OLG Köln
Der Begriff der Berufsunfähigkeit stellt eine Mischung aus juristischen und medizinischen Komponenten dar. Im Einzelfall sind für die genaue Definition die konkreten Vertragsbedingungen und ihr Wortlaut heranzuziehen.

Keine wirksame Nachprüfungsentscheidung bei teilweise geschwärztem Gutachten
OLG Hamm
1. Will der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Leistungen aufgrund eines ärztlichen Gutachtens einstellen, so muss er dem Versicherungsnehmer dieses Gutachten grundsätzlich - und so auch hier - vollständig (ungeschwärzt) übermitteln.
2. Eine irrtümliche Beurteilung des unverändert gebliebenen Gesundheitszustandes aufgrund ungenügender Tatsachenfeststellung zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses kann im Nachprüfungsverfahren nicht rückgängig gemacht werden.

Verjährung des Stammrechts aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
OLG Saarbrücken
1. Das „Stammrecht" (der Gesamtanspruch) verjährt nach konkreter Anzeige des Versicherungsfalles beim Versicherer innerhalb der regelmäßigen Verjährung gemäß §§ 195, 199 BGB. Damit verjähren alle zukünftigen Ansprüche aus dem vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Versicherungsfall und nicht nur die bis dahin fällig gewordenen Ansprüche des Versicherungsnehmers.
2. Eine Teilklage auf einzelne Rentenleistungen hemmt nicht die Verjährung des Gesamtanspruchs (Stammrecht), wenn der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, zum Gesamtanspruch eine Feststellungsklage zu erheben.
3. Der Versicherer ist nach Treu und Glauben nicht verpflichtet, den Versicherungsnehmer, der nur eine Teilklage erhebt, welche die Verjährung nur in Höhe des eingeklagten Teilanspruchs hemmt, auf die drohende Gefahr einer Verjährung seines rechtlichen Anspruchs hinzuweisen.

Haftung des Versicherungsvertreters für Beratungsfehler bei Wechsel des Versicherers einer Berufsunfähigkeitsversicherung
OLG Saarbrücken
1. Ein Versicherungsvertreter, der im Vergleich zum Versicherungsmakler nur eine eingeschränkte Produktberatung schuldet und grundsätzlich nicht seine eigene Marktposition schwächen muss, hat den Versicherungsnehmer gleichwohl über diejenigen Punkte aufzuklären, die für den Abschluss des konkreten Vertrags üblicherweise von wesentlicher Bedeutung sind. Bei einem beabsichtigten Versichererwechsel sind die Anforderungen an eine sachgerechte Aufklärung Beratung besonders hoch, da der Versicherungsnehmer in der Regel weder eine Deckungslücke noch eine Verschlechterung des Versicherungsschutzes in Kauf nehmen will.
2. Bei einem Versichererwechsel muss der Versicherungsvertreter dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen führen, dass eine vorzeitige Kündigung der bestehenden Versicherung mit gravierenden Nachteilen - einer Einschränkung des Versicherungsschutzes oder gar dem vollständigen Verlust - verbunden sein kann und empfehlen, diese Versicherung erst zu kündigen, wenn gewährleistet ist, dass der angestrebte Versicherungsvertrag mit den gewünschten Konditionen zustande kommt.

Umorganisation - maßgeblicher Zeitpunkt, Erwerb eines weiteren Unternehmens
OLG Karlsruhe
1. Die Berufsunfähigkeit eines mitarbeitenden Betriebsinhabers kann entfallen, wenn sich durch eine betriebliche Umorganisation neue Tätigkeitsbereiche für den Versi-cherten ergeben. Auf ein nachträgliches Entfallen seiner Leistungspflicht kann sich der Versicherer allerdings nur dann berufen, wenn die maßgeblichen Umstände - Umorganisation des Betriebes oder zumutabre Möglichkeit einer Umorganisation - nach dem ursprünglichen Anerkenntnis des Versicherers eingetreten sind.
2. Betriebliche Veränderungen, die den mitarbeitenden Betriebsinhabern neue Tä-tigkeitsbereiche eröffnen, stehen der Berufsunfähigkeit nur dann entgegen, wenn der Versicherte aufgrund vertraglicher Obliegenheiten oder aufgrund seiner Scha-densminderungspflicht gegenüber dem Versicherer verpflichtet war, diese Verände-rungen herbeizuführen. Zum Erwerb eines anderen Unternehmens (hier: Erwerb eines Busunternehmens durch einen Transportunternehmer) ist der Versicherte in der Regel nicht verpflichtet.
3. Ein selbstständig tätiger Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, seinen Ver-tragspartner von der Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Versicherer zu ent-binden. Sachliche Auskünfte kann der Versicherer nur vom Versicherungsnehmer selbst verlangen.

Zahlung rückständiger Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung wird nicht durch Überweisung auf ein aufgelöstes Bankkonto bewirkt
OLG Karlsruhe
Die Überweisung auf ein aufgelöstes Bankkonto lässt die Leistungspflicht des Versi-cherers nicht entfallen, wenn der Versicherungsnehmer einer Mitarbeiterin des Versi-cherers die neue Bankverbindung vorher telefonisch mitgeteilt hat. Teilt der Versi-cherungsnehmer telefonisch eine neue Bankverbindung mit, ist durch Auslegung seiner Erklärung zu ermitteln, auf welche Verträge und welche möglichen Leistun-gen des Versicherers sich die Mitteilung beziehen soll.

Keine übertriebenen Anforderungen an die Tätigkeitsschilderung einer Hausfrau
OLG Dresden
1. Für die Prüfung, ob bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist, ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung maßgebend, so wie sie „in gesun-den Tagen" ausgestaltet war, d.h. solange die Leistungsfähigkeit des Versicherten noch nicht eingeschränkt war (vgl. BGH, NJW 2017, 1620). Maßgeblich ist, wie sich die gesundheitliche Beeinträchtigung in der konkreten Berufsausübung auswirkt. Dazu muss bekannt sein, wie das Arbeitsverhältnis des Versicherten tatsächlich be-schaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt. Insoweit ist es Sache desje-nigen, der den Eintritt von Berufsunfähigkeit geltend machen will, hierzu substantiiert vorzutragen und im Falle des Bestreitens Beweis für sein Vorbringen anzutreten. Als Sachvortrag genügt dazu nicht die Angabe des Berufsbildes und der Arbeitszeit, vielmehr muss eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfanges und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.
2. Da jeder Mensch in mehr oder weniger großem Umfang Haushaltstätigkeiten ver-richtet, ist eine schlagwortartige Beschreibung wie „Kinder wecken, Waschen, Zäh-neputzen, Anziehen und Frühstück für Kinder zubereiten" oder „Wäsche waschen, Essen kochen, Einkaufen, Kind vom Kindergarten abholen" ausreichend, damit sich jeder Dritte die ausgeübte Tätigkeit unschwer vorstellen kann. In diesem speziellen Fall genügt als Sachvortrag eine schlagwortartige Beschreibung der einzelnen Tä-tigkeiten. Gängige Haushaltstätigkeiten müssen hingegen nicht im Einzelnen erläu-tert und nach Art eines Stundenplanes zusammengestellt werden.

Der Versicherte darf in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf unabhängig von einem unter Umständen auch höheren Einkommen nicht "unterwertig" beschäftigt sein
BGH
1. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach § 2 Abs. 1 der Bedingungen der Beklagten nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die bisherige Lebensstellung wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt.
2. Der Versicherte darf in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf unabhängig von einem unter Umständen auch höheren Einkommen nicht "unterwertig", also seine frühere Qualifikation und seinen beruflichen oder sozialen Status unterschreitend, beschäftigt sein .

Keine Berücksichtigung eines höheren Freizeitanteils und von Arbeitserleichterungen bei Ausübung einer anderen Tätigkeit durch den Versicherungsnehmer im Nachprüfungsverfahren
BGH
Im Nachprüfungsverfahren können bei der Prüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, ein höher Freizeitanteil und Arbeitserleichterungen nicht berücksichtigt werden.

Keine Berufsunfähigkeit im Sinne einer Beamten- Dienstunfähigkeitsklausel bei Entlassung auf eigenen Antrag
OLG Düsseldorf
1. Berufsunfähigkeit im Sinne einer Beamten- Dienstunfähigkeitsklausel setzt voraus, dass der Beamte ausschließlich infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines Zeugnisses des Amtsarztes, in dem die Dienstunfähigkeit festgestellt wird, entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird. Wird ein Beamter auf eigenen Antrag aus dem öffentlichen Dienst entlassen, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
2. Dies gilt bei einer solchen Klausel auch dann, wenn der Beamte ohne seinen Antrag wegen Dienstunfähigkeit entlassen worden wäre, da die allein gesundheitsbedingte Entlassung durch den Dienstherrn als formaler Verwaltungsakt als Voraussetzung für eine Leistungspflicht des Versicherers ist.

Maßgeblichkeit des früher erzielten tatsächlichen Einkommens für Einkommensvergleich bei Verweisung (keine fiktive Fortschreibung des Einkommens)
OLG Celle
Ist im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu prüfen, ob eine konkrete Verweisung auf einen anderen Beruf dem Versicherungsnehmer finanziell zuzumu-ten ist, kommt es auf den Vergleich des jetzt erzielten Einkommens mit dem früher tatsächlich erzielten Einkommen an, weil allein dieses die Lebensstellung des Versi-cherungsnehmers prägte. Zwischenzeitliche allgemeine tarifliche Lohnsteigerungen in dem Ursprungsberuf sind nicht zu berücksichtigen.

Zulässigkeit einer fiktiven Fortschreibung des früheren Einkommens
KG
Bei dem Vergleich des Einkommens im alten und im neuen Beruf ist das Einkommen des alten Berufs fiktiv fortzuschreiben. Die konkrete Einkommensentwicklung geht dabei den Hochrechnungen entsprechend den statistischen Lebenshaltungskosten vor.

Treuwidrigkeit des Versicherers, der bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt
BGH
1. Individuelle Vereinbarungen zwischen den Parteien einer Berufsunfähigkeitsversicherung über die sachliche oder zeitliche Ausgestaltung der Leistungspflicht des Versicherers, sind auch nach neuem Recht grundsätzlich zulässig. Sie finden ihre Grenzen allerdings in § 242 BGB.
2. Sie setzen eine - aus verständiger Sicht - noch unklare Sach- und Rechtslage voraus und erfordern vor ihrem Abschluss klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers darauf, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Ver-einbarung verändert oder eingeschränkt wird.
3. Ein starkes Indiz für einen Verstoß gegen Treu und Glauben bei diesen Vereinbarungen ist regelmäßig anzunehmen, wenn die nach dem Vertrag bestehende Rechtslage durch die Vereinbarung zum Nachteil des Versicherungsnehmers geändert und seine Rechtsposition dadurch ins Gewicht fallend verschlechtert wird. Ob-jektiv treuwidrig handelt der Versicherer, der bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanz Leistungen hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft.

Grenzen einer unzumutbaren Einkommenseinbuße im Verweisungsberuf
OLG Celle
In der Rechtsprechung haben sich insoweit grobe Richtwerte herausgebildet, ab wann die Zumutbarkeitsgrenze für eine Verweisung überschritten ist. So wird bei einer Absenkung des Lohnniveaus um bis zu 10 % eine Gleichwertigkeit der Lebensstellung in der Regel immer bejaht. Bei einer Absenkung von bis zu 20 % ist die Gleichwertigkeit der Lebensstellung fraglich, wobei allerdings eine deutliche Tendenz zur Gleichwertigkeit besteht. Bei einer Absenkung um bis 30 % gilt dasselbe mit einer deutlichen Tendenz zur Ungleichgewichtigkeit. Jede darüber hinaus gehende Absenkung führt in der Regel zu einer Ungleichwertigkeit.

nfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Beantwortung der Gesundheitsfragen durch den Versicherungsvertreter
BGH
1. Zum Nachweis einer objektiven Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit genügt es nicht, dass die im Antragsformular schriftlich festgehaltenen Antworten auf die Antragsfragen zum Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers objektiv falsch sind.
2. Der Versicherer kann allein mit dem Inhalt eines von seinem Versicherungsvertreter ausgefüllten Antragsformulars auf Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht den Beweis führen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankungen arglistig falsche Angaben gemacht hat, sofern dieser substanziiert behauptet, den Vertreter mündlich über Vorerkrankungen, ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen unterrichtet zu haben.
3. In einem derartigen Fall muss der Versicherer darlegen und - im Regelfall durch Aussage seines Versicherungsvertreters - beweisen, dass der Vertreter dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen zu eigenverantwortlicher (mündlicher) Beantwortung vorgelesen hat.
4. Maßgeblich für die Frage, ob der Versicherungsnehmer - auch objektiv - falsche Angaben gemacht hat, sind in einem solchen Falle allein die Angaben, die er mündlich gegenüber dem Versicherungsvertreter gemacht hat.

Versicherer ist beweisbelastet für Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen
Landgericht Koblenz
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der künftige Versicherungsnehmer die in einem Versicherungsantragsformular gestellte Frage nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden und auch nach erfolgten Behandlungen grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Er darf sich bei seinen Antworten weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken, noch sonst eine wertete Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen.
2. Diese weit gefasste Pflicht zur Offenbarung findet ihre Grenze erst bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen. Zur erschöpfenden Beantwortung gehört auch, gesundheitliche Leiden bzw. Krankheiten nicht zu verharmlosen. Dass der Antragsteller Gesundheitsfragen objektiv unzutreffend beantwortet hat, indem er anzeigepflichtige Umstände verschwiegen oder falsche Angaben gemacht hat, steht zur Darlegungs- und Beweislast des Versicherers.
3. Hat der Versicherungsvertreter Kenntnis von bestimmten Umständen, leitet diese aber nicht an den Versicherer weiter, geht zu Lasten des Versicherers, dessen „Auge und Ohr" der Vertreter ist. Dabei trifft den Versicherer auch die Beweislast dafür, dass der Versicherungsnehmer die Fragen mündlich gegenüber dem Versicherungsvertreter falsch beantwortet hat, wenn dieser substantiiert behauptet, den Vertreter mündlich zutreffend unterrichtet zu haben.

Zurechnung der Arglist eines Versicherungsmaklers bei Beantwortung der Gesundheitsfragen
OLG Düsseldorf
1. Falsche Angaben zu Gesundheitsfragen des Versicherers im Versicherungsantrag können den Versicherer auch dann zur Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigen, wenn der Versicherungsnehmer den vermittelten Makler zutreffend über seine Krankengeschichte informiert hat, jener sie aber arglistig nicht entsprechend in den Antrag aufgenommen hat.
2. Wenn der Makler nicht als Dritter i.S.v. § 123 Abs. 2 BGB handelt, kann sein arglistiges Handeln dem ihn beauftragenden Versicherungsnehmer auch ohne dessen Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis zugerechnet werden.
3. Ein Makler ist am zustande kommen des Vertrages beteiligter dann nicht Dritter, wenn sein Verhalten dem das Anfechtungsgegners gleichzusetzen ist oder er wegen seiner engen Beziehung zum Erklärungsempfänger als dessen Vertrauensperson erscheint.
4. Solches kann dann der Fall sein, wenn der Makler für den Versicherer erkennbar Verhandlungsgehilfe des Versicherungsnehmers ist und derart auf diesen einwirkt, dass dieser gutgläubig eine unzutreffende Erklärung gegenüber dem Versicherer abgibt. Der Makler täuscht so den Versicherer mittelbar durch den gutgläubig unterschreibenden Versicherungsnehmer als instrumentalisiertes Werkzeug.

Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit bei Ausfall einer untrennbar mit weiteren Arbeiten verbundenen Einzelverrichtung
BGH
1. Für die Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit darf nicht nur auf den Zeitanteil einer einzelnen Tätigkeit abgestellt werden, die der Versicherungsnehmer nicht mehr ausüben kann, wenn dieser untrennbarer Bestandteil eines beruflichen Gesamtvorgangs ist.
2. Hatte die vollschichtig in einer Anwaltskanzlei als Hauswirtschafterin beschäftigte Versicherungsnehmerin die Kanzleiräume zu putzen, Einkäufe zu erledigen und den Mittagstisch für ca. 15-30 Personen zu zubereiten, so kann für die Bemessung des Grades der Berufungsunfähigkeit nicht nur auf den Zeitanteil der Besorgung von Lebensmitteln abgestellt werden, die sie wegen des ihr nicht mehr möglichen Tragens von schweren Lasten nicht mehr ausüben kann. Vielmehr ist auch der Zeitanteil der damit nicht mehr möglichen gesamten Essenszubereitung zu berücksichtigen, da der Einkauf als untrennbarer Bestandteil der von der Versicherungsnehmerin arbeitsvertraglich geschuldeten Versorgung der Mitarbeiter durch die von ihr selbständig zu führende Kantine anzusehen ist.
3. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, dass im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen besteht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechen der Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne ein leuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.

Mehrwert eines zusätzlich zur konkreten Leistung auch die Beendigung der Berufsunfähigkeitsversicherung regelnden Vergleichs
OLG Hamm
1. Wird in einem Vergleich - zusätzlich zur Regelung der Leistungsansprüche wegen des geltend gemachten Versicherungsfalls - die Beendigung einer Berufsunfähigkeitsversicherung festgeschrieben, handelt es sich (grundsätzlich) um einen Mehrvergleich.
2. Für die Berechnung des Mehrwertes ist auf die konkrete Restlaufzeit des Vertrages abzustellen, wenn dieser kürzer ist als 3 1/2 Jahre.

Streit über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung fallen unter den Privatrechtsschutz des Versicherungsnehmers
LG Düsseldorf
Die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung und deren Geltendmachung sind dem privaten Bereich zuzuordnen und deshalb vom Versicherungsschutz nach § 28 Abs. 3 ARB 2000 umfasst.

Wenn in dem Antragsformular nur wenig Platz für die Beantwortung der umfassenden Gesundheitsfragen vorgesehen ist und nicht etwa auf ein Beiblatt verwiesen wird, darf der Versicherungsnehmer die Fragen dahinverstehen, dass nur besonders gravierende Umstände erfragt sind
Landgericht Offenburg
1. Bei einem vor dem 01.01.2008 geschlossenen Vertrag über eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung und einem nach dem 01.01.2008 eingetretenen Versicherungsfall ist nach dem sogenannten „Spaltungsmodel" gemäß Artikel 1 EGVVG die Frage, ob der Tatbestand einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung vorliegt, nach altem Recht (§§ 16 ff. VVG a.F.) zu beantworten, während sich die Frage, ob aus dieser Anzeigepflichtverletzung als Rechtsfolge ein Rücktritts- oder Anfechtungsrecht besteht, nach dem §§ 19 ff. beantwortet.
2. Gibt ein Versicherungsnehmer eine einmalige eintägige Behandlung nach einem Verkehrsunfall wegen eines HWS-Syndroms, eine einmalig eintägige Behandlung wegen des Verdacht auf Tendovaginitis ohne Arbeitsunfähigkeit, eine dreitägige Arbeitsunfähigkeit wegen akuter Bronchitis, eine einmalige eintägige Behandlung wegen Hypertonie ohne Arbeitsunfähigkeit, eine einwöchige Behandlung wegen einer Seitenstrangangina ohne Arbeitsunfähigkeit, die zweitägige Behandlung wegen eines Schnakenstichs ohne Arbeitsunfähigkeit und eine einmalige Behandlung wegen Muskelspannungsstörungen, derentwegen Fango und Massagen mit Folgeverordnung verordnet wurden nicht an, handelt er nicht arglistig. Bei diesen Beschwerden und Behandlungen handelt es sich weder um schwere Erkrankungen noch um erkennbar chronische Erkrankungen noch um Krankenhausaufenthalte.
3. Wenn in dem Antragsformular nur wenig Platz für die Beantwortung der umfassenden Gesundheitsfragen vorgesehen ist und nicht etwa auf ein Beiblatt verwiesen wird, darf der Versicherungsnehmer die Fragen dahinverstehen, dass nur besonders gravierende Umstände erfragt sind.

Keine vorsätzliche Herbeiführung der Berufsunfähigkeit bei chronischem Alkoholkonsum
Landgericht Offenburg
Führt ein chronischer Alkoholkonsum zu einer Leberzirrhose, die wiederum zur Berufsunfähigkeit des Klägers führt, so sind Leistungen wegen einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nur dann ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Absicht (Dolus Directus 1. Grades) hat, sich eine Leberzirrhose zuzufügen.

Der Sachverständige darf den subjektiven Angaben des Versicherten in der Begutachtungssituation Glauben schenken, wenn sie mit den objektiven Feststellungen des Sachverständigen vereinbar sind 
Landgericht Offenburg
Lassen sich die anamnestischen Angaben des Klägers mit den objektiv gewonnen Feststellungen durch den Sachverständigen gut in Einklang bringen, besteht kein Anlass für den Sachverständigen, die anamnestischen Angaben des Klägers generell in Zweifel zu ziehen und sich zwecks weiterer Weisung an das Gericht zu wenden.

Bei der bisherigen Lebensstellung ist bei geringfügig Beschäftigten geographisch und zeitlich sowie bei der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung auf die Zumutbarkeit abzustellen
OLG Nürnberg
1. Bei der Prüfung der Ausübbarkeit einer aufgezeigten Verwaltungstätigkeit durch den Versicherungsnehmer muss die Lage auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Dies setzt aber voraus, dass für die dem Versicherungsnehmer angesonnene Tätigkeit ein Arbeitsmarkt tatsächlich existiert.
2. In Auslegung des Begriffs der „bisherigen Lebensstellung" unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist bei der Prüfung des Vorliegens eines Arbeitsmarktes sowohl in geographischer Hinsicht - Aspekt der Mobilität - als auch unter dem Gesichtspunkt der zu berücksichtigenden Stellen auf die Zumutbarkeit für den Versicherungsnehmer abzustellen.
3. Einem geringfügig Beschäftigten im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist wegen der damit verbundenen steuer- und sozialversicherungspflichtigen Folgen ein Wechsel auf eine sozialversicherungspflichtige Stelle in der Regel nicht zumutbar.
4. Bei der Prüfung der zumutbaren Mobilität ist bei einem geringfügig Beschäftigten darauf abzustellen, welche tägliche Pendelstrecke ein verständiger Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung des bisherigen Wegs zum Arbeitsplatz und der bei einem Wechsel entstehenden zusätzlichen Fahrtkosten auf sich nehmen würde.

Haftung des Maklers für Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung trotz Darlegung erheblicher Vorerkrankungen
OLG Koblenz
Eine Maklergesellschaft muss sich das Verhalten ihres Geschäftsführers zurechnen lassen, wenn dieser trotz mehrfach geäußerter Bedenken des Kunden im Hinblick auf teils erhebliche Vorerkrankungen zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung rät. Dies gilt vor allem dann, wenn der Makler zum Beratungsgespräch Formulare mitbringt, in denen die wesentlichen Gesundheitsfragen bereits mit "nein" angekreuzt sind, der Kunde aber unmissverständlich Vorerkrankungen wie Herzkatheteruntersuchung, Koronarangiographie, LWS-Beschwerden und Rückenschmerzen dargelegt hat.

Es liegt eine überraschende Klausel gemäß § 305c BGB vor, wenn die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung automatisch entfällt, auch wenn die versicherte Lebensversicherungssumme erhöht wird
LG Bad Kreuznach 3. Zivilkammer , Urteil vom 6. Mai 2015 , Az: 3 O 1/15
Die Klausel in einem Anhang zum Versicherungsschein, nach der die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung automatisch entfällt, auch wenn die versicherte Lebensversicherungssumme erhöht wird, ist nur wirksam, wenn die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den Kunden zumutbar ist. Eine solche Klausel kann als sogenannte überraschende Klausel zu werten sein mit der Folge, dass diese nicht Vertragsbestandteil wird. Ob die Klausel überraschend ist, beurteilt sich nach den Erkenntnismöglichkeiten des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden. Eine Klausel ist drucktechnisch nicht so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den Kunden zu erwarten ist , wenn der Anhang zum Versicherungsschein selbst 7 Seiten stark ist und erst versteckt auf der 2. Seite ein Hinweis auf die Möglichkeit einer Umstellung der Versicherung angedeutet wird. Es handelt sich auch nicht um eine bloße Leistungsbeschreibung. Denn nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibungen sind nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz oder der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern, ausgestalten oder modifizieren, unterliegen hingegen der Inhaltskontrolle.

Verjährungswirkung in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung erfasst das „Stammrecht"
OLG Hamm, Beschluss vom 26. November 2014 - I-20 W 35/14, 20 W 35/14 -, juris
Die Verjährung in einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung betrifft nicht nur die bis zur Leistungsablehnung fällig gewordenen Rentenansprüche, sondern sämtliche streitgegenständlichen Rentenansprüche aus dem geltend gemachten Versicherungsfall.
OLG Hamm, Beschluss vom 26. November 2014 - I-20 W 35/14, 20 W 35/14 -, juris
Das Recht, von der Beklagten Rentenzahlungen aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung zu verlangen, ist insgesamt mit dem von der Klägerin behaupteten Versicherungsfall im Jahr 2007 entstanden und unterliegt als solches gem. § 194 BGB der Verjährung. Ob man dieses Recht als "Stammrecht" oder "Gesamtanspruch" bezeichnen will (vgl. dazu BGH, VersR 1955, 97 f mit Verweis auf RGZ 81, 427, 429 f; OLG Stuttgart, VersR 2014, 1115, Juris-Rn. 47 f), ist dabei unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass bereits mit Eintritt der bedingungsgemäßen Erwerbsunfähigkeit und damit mit Eintritt des Versicherungsfalls im Jahr 2007 die Berechtigung zur Forderung von Rentenzahlungen entstand. Weitere Umstände waren für die Anspruchsentstehung nicht erforderlich, allein die Fälligkeit der einzelnen Rentenansprüche hing vom bloßen Zeitablauf ab. Demgemäß genügt es auch für die Erhebung von Rentenansprüchen aus einem Versicherungsvertrag, wenn Versicherungsschutz im Hinblick auf einen bestimmten Versicherungsfall begehrt wird - weiterer Aufforderungen im Hinblick auf später fällig werdende Renten bedarf es nicht (BGH, VersR 2006, 102; VersR 1978, 313, Juris-Rn. 15). Ebenso kann der Versicherungsnehmer klageweise seine Rentenansprüche geltend machen, sobald sein Rentenanspruch (erstmals) fällig ist. Diese grundsätzliche Berechtigung, Rentenzahlungen zu verlangen, stellt einen Anspruch iSd § 194 BGB dar, der als solcher der Verjährung unterliegt. Ist dieser Anspruch verjährt, so sind damit auch alle später fällig werdenden Rentenansprüche nicht durchsetzbar. Denn diese folgen allein aus dem entstandenen "Stammrecht" und setzen im Übrigen nichts weiter voraus als den Zeitablauf. Damit ist ihr Schicksal vom Schicksal des "Stammrechts" abhängig (OLG Stuttgart aaO; BGH, VersR 1955, 97 f; RGZ 81, 427, 433). Dieser Argumentation lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Versicherungsnehmer bei Verjährung des Stammrechts weiter zur Prämienzahlung verpflichtet bleibt. Die Verjährung des "Stammrechts" nimmt dem Versicherungsnehmer schließlich nicht insgesamt seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag, sondern nur im Hinblick auf den jeweils (zu spät) geltend gemachten Versicherungsfall. Der Versicherungsvertrag bleibt vollumfänglich wirksam und lässt ein neues "Stammrecht" auf Rentenzahlungen entstehen, sobald ein weiterer Versicherungsfall eintritt.

 

Keine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung bei Verschweigen von Bagatellerkrankungen
OLG Köln

1. Gibt der Versicherungsnehmer bei Antragstellung auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung zwei Erkrankungen nicht an, die ca. 3, 5 Jahre zuvor eingetreten waren und zu einer ärztlichen Krankschreibung wegen Lumbalgien (Kreuzschmerzen) von 5 Tagen sowie Sehnenscheidenentzündung von 12 Tagen führten, aber nicht mit einer vertieften Behandlung verbunden waren, so handelt es sich um Bagatellerkrankungen, die nicht anzeigepflichtig sind.
2. Eine Anzeigepflicht kommt jedoch dann in Betracht, wenn auffallend viele Gesundheitsbeeinträchtigungen vorgelegen hatten, von denen jede für sich genommen, nicht gravierend war, weil diese als indizierende Umstände Rückschlüsse auf den allgemeinen Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers zulassen und auf eine möglicherweise noch verborgene Gefahrenlage hinweist.
3. Kann der Versicherungsnehmer (Inhaber eines Lebensmittelgeschäfts) körperliche Schwerarbeiten in Form von Hebe- und Tragetätigkeiten beim Aus- und Verladen von Ware im Umfang von täglich zwei Stunden, die 15 - 20 % seiner Arbeitstätigkeit ausmachen, gesundheitsbedingt nicht mehr ausführen, so ist nicht von einer Berufsunfähigkeit von über 50 % auszugehen. Diese Arbeiten, die nicht zum Kernbereich der Tätigkeit des Inhabers eines Lebensmittelgeschäfts zählen, beeinträchtigen diese nicht so stark, dass dem Versicherungsnehmer ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht mehr möglich wäre.

Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit wegen psychischer Beschwerden kommt es darauf an, ob die objektiven Befunde und das objektive Beschwerdebild den Schluss zulassen, dass das verbliebenes Leistungsvermögen dazu ausreicht, um gegen die subjektiv empfundenen Beschwerden willentlich anzusteuern
KG Berlin
1. Für die Feststellung der psychischen Verfassung und die verbliebenen beruflichen Fähigkeiten darf der Versicherer auch Rückschlüsse aus dem Verhalten/den Tätigkeiten des Versicherten außerhalb seines Arbeitsfeldes ziehen.
2. Für den Nachweis, infolge der Krankheit den bisherigen Beruf zu mindestens 50% nicht mehr ausüben zu können, kommt es auch darauf an, ob es dem Versicherten möglich und zumutbar war, gegen die Beschwerdeauswirkung "anzusteuern". Dies wurde verfahrensfehlerfrei für die festgestellte Anpassungsstörung bejaht. Es ist nicht Wesen der psychischen Erkrankung, dass ein Ansteuern gar nicht möglich wäre. Vielmehr kommt es auf die Art und Schwere der Erkrankung an.

Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist keine Karriereversicherung
OLG Frankfurt
1. Zur Verweisung eines selbstständigen Maurers auf eine Angestelltentätigkeit als Bauzeichner.
2. Bei dem bisher erzielten Einkommen sind künftige Entwicklungschancen eines neugegründeten Unternehmens nicht zu berücksichtigen.

Berufsunfähigkeit eines Inhabers eines kleinen Restaurants („Imbissbude")
OLG Koblenz
1. Bei einem Versicherungsnehmer, der ein Restaurant mit Imbiss mit einer ungelernten Halbtagskraft betreibt, ist der Zeitanteil für die Bürotätigkeit gering zu veranschlagen (hier unter 10 %).
2. Unterschiedliche Ergebnisse in der Bewertung eines Sachverhaltes durch Gutachten unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen führen nicht dazu, dass das Gutachten in einer Fachrichtung durch das einer anderen Fachrichtung widerlegt wird. Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten z. B. zur Frage, ob die Beschwerden des Versicherten, die der Kardiologe bei Belastungstests eindeutig verifiziert hat, auch und in welchem Anteil psychosomatisch verursacht sind, führt nicht dazu, dass die kardiologisch festgestellte Berufsunfähigkeit verneint würde oder doch zumindest im Grad der Berufsunfähigkeit gesenkt werden könnte.
3. Bei einem berufsunfähig gewordenen Inhaber eines Restaurants mit Imbiss, der dieses mit einer Halbtagskraft (Serviererin) betreibt und indem er alle wichtigen Aufgaben selbst erledigt, scheidet eine Umorganisation des - faktischen - Ein-Mann-Betriebes aus, da bei Einstellung von Personal für die von ihm erledigten Arbeiten er aus dem Betrieb kein hinreichendes Einkommen mehr erzielen würde.
4. Ein gelernter Konditor, der seit ca. 25 Jahren bis zu seiner Berufsunfähigkeit als Koch in seinem eigenen Restaurant/Imbiss gearbeitet hat, kann nicht auf die Tätigkeit eines Konditors verwiesen werden, da sich im Laufe dieser Jahre die Technik in der Backstube erheblich verändert hat.

Verjährung des Stammrechts in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung
OLG Hamm
Die Verjährung von Ansprüchen aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung erfasst nicht nur die bis dahin fällig gewordenen Ansprüche, sondern auch alle zukünftigen Ansprüche aus diesem vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Versicherungsfall.

Ein Sachverständiger darf im Untersuchungstermin keine Fremdanamnese zur Ermittlung möglicherweise streitrelevanten Sachverhalts vornehmen
KG
1. Es steht dem gerichtlichen Sachverständigen nicht frei, möglicherweise streitrelevanten Sachverhalt zu ermitteln, indem er zur Erstellung einer Fremdanamnese bei einer Prozesspartei oder einem Rechtsstreit nicht beteiligten Person weitere Tatsachen erfragt. Dem steht das strenge Beweisverfahren entgegen.
2. Die Bewertung des Schweregrades einer Depression hat lediglich theoretische Bedeutung im Sinne einer Vorfrage.

Nachweis der Berufsunfähigkeit wegen psychischen Beeinträchtigungen
KG Berlin
Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Berufsunfähigkeit ist unbrauchbar, wenn es die Vorgabe der rückwirkenden perspektivischen Betrachtung verfehlt, sondern sich maßgeblich auf seine eigene Untersuchung stützt und der Sachverständige dabei mehrere Persönlichkeits- bzw. diagnostische Tests auswertet, die er den Versicherten zuhause ausführen ließ, wobei er auf Nachfrage die dadurch gegebene Manipulationsmöglichkeit durch den Hinweis zu relativieren versucht, dass diese Tests sowieso keinen beweisenden Charakter hätten

Unwirksamkeit einer Berufsunfähigkeitsklausel, wonach ein Versicherungsvertreter nur dann berufsunfähig ist, wenn er seinen Versicherungsbestand übertragen hat
Saarländisches Oberlandesgericht
Die Klausel eines Vertrages über eine Berufsunfähigkeitsversicherung eines Versicherungsvertreters, nach der der Anspruch auf eine Rente davon abhängig ist, dass er frühestens nach Abgabe des gesamten Versicherungsbestandes geltend gemacht werden kann, ist unwirksam.

Fingierte Berufsunfähigkeit und Nachprüfungsverfahren
OLG Saarbrücken
1. Liegt nach den Bedingungen Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen krankheitsbedingt außer Stande sein wird, ihren Beruf auszuüben, so tritt der Versicherungsfall zu dem Zeitpunkt ein, zu dem diese Prognose erstmals gestellt werden kann; die Erwartung einer nach Ablauf der Frist erfolgten Heilung ist unerheblich.
2. Steht fest, dass der Versicherer eine solche zeitlich begrenzte Prognose hätte stellen müssen, so ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, als hätte der Versicherer ein Anerkenntnis abgegeben; der Versicherer kann sich dann von seiner Leistungspflicht nur aufgrund eines korrekt durchgeführten Nachprüfungsverfahrens befreien.
3. Die Regelung des § 1 Abs. 4 a AVB „Erlöschen des Leistungsanspruchs, wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt", ist nicht so zu verstehen, dass bei fingierter Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 3 die Leistungspflicht automatisch erlischt und es deshalb eines Nachprüfungsverfahrens nicht mehr bedarf. Sollte diese Regelung hingegen als „automatisches Erlöschen der Leistungspflicht" zu verstehen sein, so wäre sie wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam.

Fälligkeit der Versicherungsleistungen bei fehlendem konkretem Hinweis des Versicherers auf weitere benötigte Angaben
OLG Hamm
Hat der Versicherungsnehmer die einschlägigen Fragen des Versicherers beantwortet und sich auch ansonsten den Ermittlungen des Versicherers unterzogen, ist ihm ein längeres Zuwarten nicht mehr abzuverlangen, wenn ihm nicht konkret erklärt wird, welche weitere Angaben bzw. Informationen erforderlich sind, um die Einstandspflicht abschließend beurteilen zu können. Die vage Ankündigung einer weiteren Prüfung des Leistungsanspruchs im Falle „entsprechender" Konkretisierung und Substantiierung der klägerischen Angaben stellt aus Sicht des Versicherungsnehmers keine ernstzunehmende Fortführung der Leistungsprüfung dar.

Die Rückabwicklung eines Berufsunfähigkeitsvertrages erfolgt nach §§ 346 ff BGB
KG Berlin
1. Auf den Rücktritt des Versicherungsnehmers von dem Lebens-/Rentenversicherungsvertrag gemäß § 8 Abs. 5 VVG a. F. ist die Bestimmung des § 176 VVG a. F. nicht anzuwenden; die Rückabwicklung erfolgt gemäß § 346 ff. BGB.
2. Der Versicherer kann von dem Wertersatzanspruch des Versicherungsnehmers in Höhe der gezahlten Prämien zwar den Risikoanteil, aber nicht die Abschluss- und Verwaltungskosten abziehen.
3. Die Herausgabe gezogener Nutzungen in Höhe einer bestimmten Verzinsung der Prämien kommt bei einer fondsgebundenen Lebens-/Rentenversicherung nicht in Betracht.
4. Von einem erzielten Fondsgewinn darf der Versicherer die Abschluss- und Verwaltungskosten abziehen; er ist nur zur Herausgabe eines etwaig verbleibenden Überschusses verpflichtet.

Zeitlich befristetes Anerkenntnis der Leistungsverpflichtung aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherung unwirksam
LG Dortmund
Es besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente auch dann, wenn der Versicherer seine Leistungsverpflichtung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung lediglich rückwirkend und zeitlich befristet anerkannt hat und dieses zeitlich befristete Anerkenntnis nach den vereinbarten Bedingungen nicht zulässig und deswegen als zeitlich unbefristet anzusehen ist. Das gleich ist der Fall, wenn die Möglichkeit der zeitlichen Befristung bedingungsgemäß an weitere Voraussetzungen, wie die Zurückstellung der Verweisungsprüfung, gekoppelt ist. In diesem Fall ist es dem Versicherer ausnahmslos verwehrt, bedingungswidrig und einseitig seine Leistungen ohne Beachtung der weiteren Voraussetzungen zeitlich auch hinsichtlich weiterer sachlicher Voraussetzungen zu befristen.

Keine Fälligkeit der Versicherungsleistungen bei Nichtauskunft des Arztes
OLG Köln
1. Zur Klärung der Eintrittspflicht des Versicherers gehört die Prüfung, ob Gründe für einen Rücktritt oder eine Anfechtung wegen Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten vorliegen. Bei einer möglichen vorvertraglichen Obliegenheitsverletzung kann der Versicherer neben der Auskunft weitere Erkundigungen einziehen, z.B. auch eine Einsichtnahme in die Krankenunterlagen.
2. Legt der vom Versicherer zur Auskunftserteilung ermächtigte Arzt trotz mehrerer Bitten des Versicherers eine Kopie der Krankenunterlagen nicht vor, so tritt mangels Prüfungsabschluss keine Fälligkeit ein. Vielmehr ist dann dem Versicherer zuzumuten, dem Versicherer eine Kopie des Patientenblattes zu übermitteln, die er sich im Rahmen seines Rechts auf Einsichtnahme von seinem Arzt beschaffen kann.

Anerkenntnis-Kulanz, fingiertes Anerkenntnis
LG Dortmund
1. Hat der Versicherer seine Leistungen als Kulanz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" mit dem Hinweis zur Verfügung gestellt, dass über die Frage der Berufsunfähigkeit anhand der bisher vorliegenden Unterlagen noch nicht entschieden werden könne und zusätzlich in drucktechnischer hervorgehobener Schrift darauf hinweist, dass mit dieser Entscheidung keine zur bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit getroffen worden sei, so hat er für den Versicherungsnehmer deutlich klargestellt, dass die Leistungen nur aus Kulanz erfolgt sind.
2. War der Versicherungsnehmer mehr als 6 Monate arbeitsunfähig und gibt der Versicherer dennoch ein nach § 2 BUZ gebotenes Anerkenntnis nicht ab, so wird sein Anerkenntnis fingiert. Von seiner Leistungsverpflichtung kann sich der Versicherer dann nur im Nachprüfungsverfahren lösen.

Auch nach der Inanspruchnahme von Elternzeit und anschließender leidensbedingter Arbeitszeitreduzierung muss an den zuvor ausgeübten Beruf angeknüpft werden
OLG Saarbrücken
1. Die Inanspruchnahme von Elternzeit und eine darauf folgende leidensbedingte Reduzierung der Arbeitszeit führen nicht dazu, dass nicht mehr an den zuvor ausgeübten Beruf angeknüpft werden muss.
2. Zur Graduierung der Beschwerdeintensität bedarf es einer Gesamtschau von Glaubhaftigkeit der Angaben des Versicherungsnehmers, seiner persönlichen Glaubwürdigkeit und vor allem der Vereinbarkeit der subjektiv geklagten Beschwerden mit objektiven und als solchen belegbaren Begleitumständen.

Obliegenheitsverletzung durch Verweigerung der ärztlichen Nachuntersuchung
OLG Köln
1. Der Versicherer ist nicht gehalten, bei der Überprüfung des Fortbestehens einer anerkannten Berufsunfähigkeit den Untersuchungsauftrag auf diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen zu beschränken, die dem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt worden sind.
2. Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer alsbald seine Hinderungsgründe mitzuteilen, wenn er den Untersuchungstermin nicht wahrnehmen kann. Konnte der Versicherungsnehmer mehrfache Termine (wenn auch ohne sein Verschulden) nicht wahrnehmen und hatte der Versicherer ihm alternativ Termine angeboten, so muss er sich im Rahmen des zumutbaren Bemühen, dass ihm die Teilnahme an einem Alternativtermin möglich ist.
3. Verletzt der Versicherungsnehmer mit seiner Weigerung, sich untersuchen zu lassen, grobfahrlässig seine Mitwirkungsobliegenheit, so wird der Versicherer solange von seiner Leistungspflicht frei, wie der Versicherungsnehmer der Untersuchungsaufforderung des Versicherers nach einer umfassenden Untersuchung nicht nachkommt.

Kein Vergleichsmehrwert für eine im Wege des Vergleichs beendete Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, deren Fortbestand nicht streitgegenständlich war
OLG Köln
Die in dem Vergleich enthaltene Vereinbarung der Parteien darüber, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung beendet ist, hat keinen eigenen - über den Rechtsstreit hinausgehenden - Wert. Dies folgt daraus, dass der Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente für die gesamte (Rest-) Laufzeit der Berufsunfähigkeitsversicherung beansprucht hat. Die dem gegenüber im Vergleichswege vereinbarte Zahlung einer Abfindung, die etwa dem zweifachen Jahresbezug entspricht, und die Beendigung der Berufsunfähigkeitsversicherung stellen sich als Begrenzung des geltend gemachten Anspruchs dar (vgl. auch KG, Beschluss vom 16.06.2008 6 W 59/07).

20%-iger Vergleichsmehrwert für eine im Wege des Vergleichs beendete Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, deren Fortbestand nicht streitgegenständlich war
LG Koblenz
1. Dem Vergleich über einen Anspruch auf Zahlung einer BU-Rente kommt, wenn die Parteien sich zugleich auch darauf einigen, dass mit der Zahlung des Vergleichsbetrages der Versicherungsvertrag beendet ist, ein Mehrwert in Höhe von 20% des 3,5-fachen Jahresbetrages der begehrten Rente zu, soweit die Klage nicht auch auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages gerichtet war.
2. Dem Vergleich kommt ein Vergleichsmehrwert deshalb zu, weil die Parteien sich in dem Vergleich auch auf die Beendigung der streitgegenständlichen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geeinigt haben. Der Bestand dieses Versicherungsvertrages war jedoch nicht streitgegenständlich, zumal auch ein Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages nicht rechtshängig war. Wenn die Parteien sich im Vergleichswege über die Beendigung des Versicherungsvertrags insoweit einigen, führt dies zu einem überschießenden Vergleichswert von 20 % der 3,5 Summe von Rentenleistungen und Versicherungsprämien.

Streitwert bei nachträglicher Bezifferung rückständiger Rentenleistungen im Prozess
OLG Karlsruhe
1. Bei einer Klage auf laufende Rentenleistungen erhöht sich der Streitwert normalerweise nicht, wenn der Kläger während des Prozesses die seit Rechtshängigkeit fällig gewordenen Beträge beziffert und zum Gegenstand eines gesonderten Zahlungsantrags macht.
2. Eine Streitwerterhöhung findet allerdings dann statt, wenn die laufenden Rentenleistungen (nur) Gegenstand eines Feststellungsantrags sind, und der Kläger wegen der nachträglich fällig gewordenen Beträge zu einem Zahlungsantrag übergeht.
3. Zur Berechnung des Wertes der Klageänderung, wenn der Kläger wegen eines Teiles der Rentenleistungen vom Feststellungantrag zum Leistungsantrag übergeht.

Das Fehlen einer Fremdanamnese in einem psychiatrischen Gutachten rechtfertigt nicht die Feststellung, dass ein Gutachten mangelhaft ist
KG Berlin
1. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Fremdanamnese als weitere Begutachtungsgrundlage unter Hinweis auf die „SK2-Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen AWMF" moniert, rechtfertigt dies die Feststellung, das Gutachten sei mangelhaft, nicht.
a) Zum einen kann dem Wortlaut der zitierten Richtlinie nicht entnommen werden, dass ein Gutachten, das keine Fremdanamnese berücksichtigt, als nicht richtliniengerecht erstellt angesehen werden muss. Denn unter „Statement 12" der Richtlinie heißt es nur (Unterstreichung zur Verdeutlichung durch den Senat): „Grundsätzlich gilt für die Operationalisierung (Beurteilung) einzelner Funktionsbereiche, dass die Ergebnisse aller zur Verfügung stehenden objektiven (z.B. Exploration, ..., Fremdanamnese, Akte) und subjektive Informationen (z.B. Befragung des zu Begutachtenden ...) heranzuziehen sind".
b) Zum anderen würde diese Richtlinie im Fall der Gutachtenbeauftragung durch ein Gericht im Rahmen eines anhängigen Erkenntnisverfahrens ohnehin durch das dann zu beachtende Prozessrecht, speziell durch die besonderen Regelungen zum Strengbeweisverfahrens (§ 284 Abs. 1 ZPO), überlagert. Denn im Zivilprozess ist es wegen des dort geltenden Beibringungsgrundsatzes grundsätzlich Aufgabe der Parteien, substantiiert den aus ihrer Sicht entscheidungsrelevanten Sachverhalt vorzutragen, wozu im Falle einer Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung neben Vortrag zu Art und Umfang der Erkrankung des Versicherten im Wesentlichen auch die Darstellung ihrer Folgen und ihrer Auswirkungen auf die Lebensumstände des Betroffenen und die dadurch konkret feststellbaren Einschränkungen im Bereich der Berufsausübung gehört. Soweit diese Behauptungen nicht unstreitig bleiben, hat das Gericht im Rahmen einer Beweisaufnahme zu klären, ob die Behauptungen der beweisbelasteten Partei wahr sind oder nicht (§ 286 Abs. 1 ZPO). Dies erfolgt für die Frage der Berufsunfähigkeit regelmäßig durch Einholung eine Sachverständigengutachtens gem. §§ 402 ff ZPO, wobei der Sachverständige sein Gutachten auf der Basis des ihm vom Gericht vorgegebenen - zuvor von den Parteien beigebrachten - Sachverhalts, den er lediglich um eine Eigenexploration ergänzt, zu erstellen hat (§ 404 a ZPO). Keinesfalls steht es dem Sachverständigen frei, von sich aus weiteren, möglicherweise streitrelevanten Sachverhalt zu ermitteln, indem er zur Erstellung einer Fremdanamnese bei einer Prozesspartei oder am Rechtsstreit nicht beteiligten Personen weitere, möglicherweise begutachtungsrelevanten Tatsachen, erfragt. Denn das Strengbeweisverfahren der Zivilprozessordnung sieht eine Vernehmung von nicht am Rechtsstreit beteiligten Personen nur im Rahmen einer förmlichen Zeugenvernehmung durch das erkennende Gericht vor (§§ 373 ff ZPO), wobei deren Anordnung wiederum voraussetzt, dass die Parteien die unter Zeugenbeweis gestellten entscheidungsrelevanten Tatsachen zuvor beigebracht, also substantiiert behauptet haben.
2. Auch wenn Einwendungen gegen die auf der Grundlage eines gerichtlichen medizinischen Sachverständigengutachtens getroffene erstinstanzliche Tatsachenfeststellung noch im Berufungsverfahren mithilfe eines medizinischen Privatgutachtens erhoben werden können bedeutet dies nicht, dass diese nunmehr im Privatgutachten über eine eingetretene Berufsunfähigkeit auf eine breitere Tatsachenbasis - erlangt durch eine "Fremdanamnese" und zusätzliche Angaben des zu Begutachtenden gegenüber dem Privatgutachter - gestützt werden könnten, sofern erstinstanzlich die dem Sachverständigengutachten zugrunde gelegten Befundtatsachen ordnungsgemäß erhoben wurden, der gerichtliche Sachverständige die zu untersuchende Person bei der Exploration also ausreichend zu seiner Biographie, seinen Beschwerden, den Krankheitsverlauf und einschränkenden Auswirkungen seiner Erkrankung befragt hat.

Wird ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit „mit Ablauf des 30.11.2012" in den Ruhestand versetzt und endet die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung am 30.11.2012, 24.00 Uhr, stehen dem Versicherungsnehmer keine Ansprüche zu
LG Aachen
1. Nach der sogenannten „zweistufigen Beamtenklausel" liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn (1.) die Dienstunfähigkeit des Versicherten ärztlich festgestellt wird und (2.) der Versicherte deswegen zur Ruhe gesetzt wird.
2. Weist der Versicherungsschein als Versicherungsbeginn den 01.12.2005 aus, so kann dies nur so verstanden werden, dass der gesamte 01.12.2005 von dem Versicherungsschutz umfasst sein sollte. Da die Versicherung üblicherweise in Jahresabschnitten und damit in Zeiträumen von 365 Tagen abgeschlossen wird, endet der Versicherungsschutz mit Ablauf des 30.11.2012, sofern das Vertragsende mit Ablauf des 30.11.2012 im Versicherungsschein angegeben wurde.
3. In einer derartigen Konstellation gibt es keinen Zeitraum, auch keine sog. „juristische Sekunde", in welchem der Versicherungsfall, die Berufsunfähigkeit, und der Fortbestand der Versicherung zusammenfallen.
4. Bei einer Zurruhesetzungsurkunde handelt es sich um eine sog. „Wirkungsurkunde", deren Wirkung nicht sogleich, sondern zu dem in der Urkunde ausdrücklich benannten Zeitpunkt eintritt.

Zum Mehrwert eines Abfindungsvergleichs in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
KG Berlin
Dem Vergleich über einen Anspruch auf Zahlung einer BU-Rente kommt, wenn die Parteien sich zugleich auch darauf einigen, dass mit der Zahlung des Vergleichsbetrages der Versicherungsvertrag beendet ist, ein Mehrwert in Höhe von 20% des 3,5-fachen Jahresbetrages der begehrten Rente zu, soweit die Klage nicht auch auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages gerichtet war.

 

Urteile aus dem Jahr 2014

Zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei Elternzeit und leidensbedingter Reduzierung der Arbeitszeit
OLG Saarbrücken
1. Die Inanspruchnahme von Elternzeit und eine darauf folgende, leidensbedingte Reduzierung der Arbeitszeit führen nicht dazu, dass nicht mehr an den zuvor ausgeübten Beruf angeknüpft werden muss.
2. Zur Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit bei der Behauptung eines durch ein feststehendes postthrombotisches Leiden bedingten Schmerzen.

Verweigert der Arzt dem Versicherer die (berechtigte) Einsicht in die Krankenunterlagen des Versicherten, muss sich Patient selbst um die Krankenunterlagen kümmern, damit Fälligkeit eintritt
OLG Köln
1. Nach § 14 Abs.1 VVG sind Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung notwendigen Erhebungen. Dem entsprechend sieht § 9 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen die Befugnis des Versicherers vor, zur Klärung seiner Leistungspflicht notwendige weitere Nachweise zu verlangen und erforderliche Erhebungen selbst anzustellen.
2. Zur Klärung der Eintrittspflicht des Versicherers gehört auch die Prüfung, ob Gründe für einen Rücktritt oder eine Anfechtung wegen Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten vorliegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn Anlass zu der Annahme besteht, dass Leistungsfreiheit des Versicherers eintreten könnte.
3. Bestehen Hinweise auf die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist der Versicherer berechtigt, Einsicht in die Krankenunterlagen zu verlangen. Lässt der behandelnde Arzt dem Versicherer auf dessen wiederholte Bitte, die Krankenunterlagen des Versicherten trotz Vorlage einer wirksamen Schweigepflichtentbindungserklärung nicht zukommen, ist es dem Versicherungsnehmer zuzumuten, sich eine Kopie des Patientenblattes selbst zu beschaffen, die sie im Rahmen ihres Rechts auf Einsichtnahme von ihrem behandelnden Arzt grundsätzlich beanspruchen kann, und diese dem Versicherer zu übermitteln (vgl. OLG München a.a.O.); bis dahin tritt Fälligkeit nicht ein.

Eine rückwirkende Befristung der Rente gemäß § 173 Abs. 2 VVG ist nicht möglich
LG Berlin
Die einmalige Befristung eines Anerkenntnisses gemäß § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG setzt die Regelung einer Befristung in den AVB voraus. Sie ist nur in die Zukunft möglich.

Wirksamkeit einer Anfechtung einer BUZ wegen Täuschung bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen; Verwertbarkeit von formell nicht ordnungsgemäß erhobenen Daten
Brandenburgisches Oberlandesgericht
1. Dass im Versicherungsfall nur medizinische Auskünfte, die mit der zugrunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung in einem kausalen Zusammenhang stehen (können), eingeholt werden dürfen., ist der Vorschrift des § 213 VVG nicht zu entnehmen.
2. Solange kein zielgerichtet treuwidriges Verhalten des Versicherers feststellbar ist, ist selbst bei einer formell nicht ordnungsgemäßen Datenerhebung, die an korrigierbaren Mängeln leidet, in eine Güter- und Interessenabwägung einzutreten, die alle maßgeblichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, was umso mehr gilt, wenn beide Seiten einen Rechtsverstoß begangen haben (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009, IV ZR 140/08).
3. Wurden im Rahmen der Gesundheitsfragen entgegen § 16 Abs. 1 VVG a.F. nicht alle bekannten Gefahrumstände, für die eine Anzeigepflicht bestand, wie ein fortdauernd behandeltes rezidivierende Cervikalsyndrom, Behandlungen wegen Allergien und die im Zeitpunkt der Antragstellung gegebene Arbeitsunfähigkeit infolge Nesselsucht, angegeben, sind dies hinreichende Indizien für die Arglist des Versicherungsnehmers.

Zu den notwendigen Erhebungen des Berufsunfähigkeitsversicherers gehört auch die Prüfung der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung
KG Berlin
1. Die notwendigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gemäß § 14 Abs. 1 VVG umfassen auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht; ist dem Versicherer die Einholung von Informationen über Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aus vorvertraglicher Zeit mangels Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherungsnehmers nicht möglich, ist dessen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht fällig.
2. Aus § 213 VVG a.F. und der zugrunde liegenden Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich nicht, dass der Versicherer diese Informationen seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr, jedenfalls nur bei einem konkreten Verdacht einer Anzeigepflichtverletzung und/oder nur beschränkt auf solche Gesundheitsdaten einholen darf, die einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt haben können.

Verweisung eines Maurergesellen auf die Tätigkeit als Industriekaufmann
LG Bad Kreuznach
Die Tätigkeit als Industriekaufmann ist mit der Tätigkeit als Maurergeselle in der Wertschätzung vergleichbar.

Verjährung des sog. "Stammrechts" (Gesamtanspruchs) bei der Berufsunfähigkeitsversicherung
OLG Stuttgart
Die Gesamtansprüche (sog. "Stammrecht") aus einem dem Versicherer vom Versicherungsnehmer mitgeteilten Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit sind mit konkreter Anzeige beim Versicherer erhoben. Sie verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs. Die Entstehung eines Anspruchs, auch eines versicherungsrechtlichen Anspruchs, erfordert dessen Fälligkeit. Die Fälligkeit eines versicherungsrechtlichen Anspruchs ist nach den Fälligkeitsvorschriften des VVG zu bestimmen. Danach sind Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen.

Für die Frage, ab wann bei einem leidensbedingten Berufswechsel die Berufsunfähigkeit an der neuen Tätigkeit zu messen ist, kommt es nicht auf eine starre zeitliche Grenze (z.B. 5 Jahre) sondern auf die Umstände des Einzelfalles an
OLG Saarbrücken
1. Ein leidensbedingter Berufswechsel liegt nicht vor, wenn sich eine nicht ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen ergebende Veränderung der beruflichen Tätigkeit über Jahre hinweg in fachlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht verfestigt hat.
2. Eine wechselnde Erwerbsbiografie erlaubt eine größere Bandbreite von Verweisungstätigkeiten.
3. Die Verwendung eines Stehpultes zur Abmilderung orthopädischer Beeinträchtigungen ist zumutbar.
4. Werden erstinstanzlich nur orthopädische und psychische Beeinträchtigungen zur Rechtfertigung eines Rentenanspruchs genannt, so stellt das zweitinstanzliche Vorbringen kardiologischer Leiden die Geltendmachung eines neuen Versicherungsfalls dar.

Fälligkeit und Verjährung von Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
OLG Stuttgart
1. Die Gesamtansprüche (sog. "Stammrecht") aus einem dem Versicherer vom Versicherungsnehmer mitgeteilten Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit sind mit konkreter Anzeige beim Versicherer erhoben und verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB mit der Entstehung des Anspruchs.
2. Die Entstehung eines Anspruchs gem. § 199 Abs. 1 BGB, auch eines versicherungsrechtlichen Anspruchs, setzt seine Fälligkeit voraus (Anschluss: BGH VersR 1955, 97 f. zur Verjährung eines Berufsunfähigkeitsversicherungsanspruchs nach § 12 Abs. 1 VVG a. F.).
3. Die Fälligkeit eines versicherungsrechtlichen Anspruchs ist nach den Fälligkeitsvorschriften des § 14 Abs. 1 VVG n. F. (= § 11 Abs. 1 VVG a. F.) zu bestimmen.

Anspruch aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei sechs monatiger Arbeitsunfähigkeit
LG Dortmund
Eine Versicherungsnehmerin kann von ihrem Berufsunfähigkeitszusatzversicherer die im Versicherungsvertrag versprochenen Leistungen (Rente und Beitragsbefreiung) verlangen, wenn der Versicherer nach Leistungsprüfung auf Grund der ihm zu diesem Zeitpunkt vorliegenden ärztlichen Berichte und Gutachten verpflichtet gewesen wäre, das nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen gebotene Leistungsanerkenntnis abzugeben. Bestand für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit der Versicherungsnehmerin in ihrem Beruf (hier: als Arzthelferin), so gilt diese, die Prognose bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ersetzende sogenannte fiktive Berufsunfähigkeit nach den Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ 92) von Beginn an als Berufsunfähigkeit, sodass zum Zeitpunkt der Leistungsentscheidung des Versicherers die vereinbarten Voraussetzungen für ein bedingungsgemäßes Leistungsanerkenntnis durch den Versicherer vorliegen.

Umfang der gerichtlichen Hinweispflicht bei einer Klage auf Berufsunfähigkeitsrente
OLG Brandenburg
Das Gericht verletzt seine ihm obliegende Prozessförderungs- und Hinweispflicht, wenn es der unterschiedlichen Positionierung beider Seiten in den vorbereitenden anwaltlichen Schriftsätzen zu den Anforderungen an das Maß der Substantiierung des Klagevorbringens betreffend geltend gemachter Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung lediglich zusieht und erst im instanzabschließenden Urteil seine eigene, dem Kläger ungünstige Auffassung offenbart. Hängt die Erforderlichkeit ergänzenden Vortrags von der Bewertung des erkennenden Gerichts im Einzelfall ab, so darf das Gericht den Kläger nicht darüber im Unklaren lassen, zu welchen Punkten und inwieweit es das bisherige tatsächliche Vorbringen für substanziierungsbedürftig erachtet. Hält sich das Gericht in einem solchen Fall bedeckt und verkündet vielmehr bereits am Schluss der Sitzung ein instanzabschließendes Urteil, verletzt es das Prinzip fairer Verfahrensführung.

Wirkung eines nicht abgegebenen aber gebotenen Anerkenntnisses
LG Dortmund
Gibt der Versicherer ein nach den Bedingungen gebotenes Leistungsanerkenntnis nicht ab, wird sein gebotenes Anerkenntnis fingiert mit der Folge, dass der Versicherer verpflichtet ist, die bedingungsgemäßen Leistungen zu erbringen. Von diesem gingierten Leistungsanerkenntnis kann er sich nur über das bedingungsgemäß vorgesehene Nachprüfungsverfahren lösen.

Materielle Prozessleitung: Umfang der richterlichen Hinweispflicht bei unschlüssigem Sachvortrag
Brandenburgisches Oberlandesgericht
1. Der Erfüllung des Anspruchs der Parteien auf rechtliches Gehör, der Gewährleistung eines fairen Verfahrensablaufs und der Erzielung eines richtigen Prozessergebnisses dient die materielle Prozessleitung durch das Gericht.
2. Der Richter kommt seiner Pflicht zur materiellen Prozessleitung nicht nach, wenn er der unterschiedlichen Positionierung der Parteien in den vorbereitenden anwaltlichen Schriftsätzen zu den Anforderungen an das Maß des Klagevorbringens betreffend die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit lediglich zusieht und erst im instanzabschließenden Urteil seine eigene Auffassung offenbart.
3. Auch eine anwaltlich vertretene Partei muss der Richter grundsätzlich auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit oder der Schlüssigkeit der Klage hinweisen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 4. Juli 1989, XI ZR 45/88).

Wirksame Klausel zur unbefristeten Berufsunfähigkeit
BGH
Eine Klausel in den Allgemeinen Bedingungen einer Ratenschutz- Arbeitsunfähigkeitsversicherung, die bestimmt, dass der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung erlischt, wenn die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig wird, verstößt weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, noch stellt sie eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB dar.

Versicherer ist im Rahmen der Einstellungsmitteilung verpflichtet, ein im Nachprüfungsverfahren eingeholte Gutachten vollständig vorzulegen
LG Koblenz
1. Sinn und Zweck der Regelung des § 174 Abs. 1 VVG ist es, den Versicherten, dessen Anspruch der Versicherer nach § 173 VVG anerkannt hat, davor zu schützen, dass der Versicherer seine Leistungen plötzlich einstellt, weil er - zu Recht oder zu Unrecht - der Meinung ist, der Versicherte sei nicht mehr berufsunfähig. Dem Versicherten wird dadurch ein gewisser Bestandsschutz gesichert. Der Versicherer bleibt an sein Anerkenntnis so lange gebunden, bis er mit Erfolg das Verfahren nach § 174 VVG durchgeführt hat. Die Wiedererlangung der Berufsfähigkeit genügt deshalb alleine nicht. Vielmehr geht der Bestandsschutz soweit, dass die Leistungen nur dann für die Zukunft wegfallen können, wenn die Erklärung der strengen Anforderungen der Rechtssprechung genügt. Anderenfalls bleibt die Leistungspflicht - ggf. auch trotz Berufsfähigkeit - bestehen.
2. Die Begründung, mit der der Versicherer seine Leistungen einstellen will, muss nachvollziehbar sein. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung setzt regelmäßig voraus, dass der Gesundheitszustand, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem späteren Gesundheitszustand verglichen wird. Ist in dem ärztlichen Gutachten, aus dem der Versicherer seine Leistungsfreiheit herleiten will, nur zu dem gegenwärtigen Gesundheitszustand des Versicherten Stellung genommen, so ist die Mitteilung nur dann hinreichend nachvollziehbar, wenn der Versicherer aufzeigt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die er seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine nach den Versicherungsbedingungen erhebliche Besserung ergeben hat.
3. Es muss deshalb auch dargelegt werden, dass gerade der verbesserte Gesundheitszustand dazu führt, dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ganz oder teilweise entfällt (sogenannte Vergleichsbetrachtung). Die Darlegung nur des jetzigen oder nur des früheren Zustands oder der Vergleich ohne Aufdeckung seines Bezuges zur Berufsunfähigkeit genügt deshalb nicht. Im übrigen muss der Versicherer ärztliche Gutachten, auf die er sich stützt, dem Versicherungsnehmer unverkürzt zugänglich machen (vgl. OLG Frankfurt, VersR 2003, 358).

Gutachten verschiedener Fachrichtungen stehen unabhängig nebeneinander
OLG Koblenz
1. Bei Gutachten unterschiedlicher Fachrichtungen führen unterschiedliche Ergebnisse in der Bewertung eines Sachverhalts nicht dazu, dass das Gutachten einer Fachrichtung durch das einer anderen Fachrichtung widerlegt wird. Die Gutachten stehen vielmehr unabhängig nebeneinander und können dazu führen, dass sie einander bestärken.
2. Ein gelernter Konditor, der seit 20 Jahren als Gastronom selbständig und überwiegend in der Küche als Koch tätig ist, ist nicht auf den Beruf des Konditors verweisbar, weil sich im Lauf der Jahre in der Technik der Backstube erhebliche Änderungen ergeben habe. Bei Beschäftigungen nur einer Hilfskraft ist eine Umorganisation des Betriebs vorliegend nicht zumutbar.

Wirksamkeit der Ausschlussklausel „Verursacht durch ärztliche Erkrankung vor Vertragsschluss"
LG Wuppertal
Klauseln, wonach der Versicherer nicht leistet, wenn der Versicherungsfall durch eine der versicherten Person bekannte ernstliche Erkrankung, z.B. des Herzens, des Kreislaufs, der Verdauungsorgane, Krebs, Aids, chronische Erkrankungen, Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke (verursacht wird, wegen derer sie in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes behandelt worden ist, wenn der Versicherungsfall innerhalb der nächsten 24 Monate eintritt und mit der Erkrankung im ursächlichen Zusammenhang steht, sind wirksam.

Nachprüfung der Berufsunfähigkeit eines ehemaligen Profihandballspielers und Verweisung auf neue Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer; Bemessung der Lebensstellung
OLG Köln
1. Hat eine Versicherung nach Eintritt des Versicherungsfalls die Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers als Profihandballspieler anerkannt, muss sie sich auch im Nachprüfungsverfahren daran festhalten lassen.
2. Die vom Versicherungsnehmer ausgeübte Tätigkeit als Wirtschaftsingenieur entspricht nicht seiner vormaligen Lebensstellung als Berufssportler, wenn anhand einer Gegenüberstellung der Stundenlöhne ein Einkommensverlust von 74 % ermittelt wird. Eine solche Ungleichwertigkeit der Lebensstellungen hindert den Versicherer an einer Verweisung.
3. Wurde der Versicherungsnehmer in die höchste Risikogruppe eingestuft und endet die Vertragslaufzeit zu einem Zeitpunkt, in dem bei gewöhnlichem Lauf der Dinge mit einer altersbedingten Beendigung der Karriere des Versicherungsnehmers als Profihandballer zu rechnen gewesen wäre (Erreichen des 35. Lebensjahres), so ist davon auszugehen, dass die Versicherung das zeitlich begrenzte Spitzeneinkommen versichern wollte und dieses die Lebensstellung des Versicherten bei Eintritt der Berufsunfähigkeit prägte.

Darlegungslast des Versicherungsnehmers für bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit; Verweisung auf eine andere Tätigkeit
OLG Koblenz
1. Der Versicherungsnehmer hat einen Anspruch auf vertragsgemäße Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wenn er den Nachweis (hier: durch ein Sachverständigengutachten) erbringt, dass er in bedingungsgemäßem Umfang nicht mehr in der Lage ist, den von ihm bisher ausgeübten Beruf oder auch einen anderen, auf den er verwiesen werden könnte, weiterhin auszuüben.
2. Werden von dem Sachverständigen für alle Tätigkeiten, die der Versicherungsnehmer im Laufe eines Tages ausführen muss, mit Ausnahme von Büroarbeiten Beeinträchtigungsgrade von 50 oder auch 55 % festgesetzt, und berücksichtigt man ferner, dass es sich bei einem kleinen Gewerbetreibenden in einem Einmann-Unternehmen allenfalls mit einer oder zwei Hilfskräften bei der Bürotätigkeit um eine zwar notwendige, aber zeitlich absolut untergeordnete Tätigkeit im Hinblick auf die Führung des Betriebes handelt, so ist dieser nicht auf eine Bürotätigkeit zu verweisen.
3. Im Rahmen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist es ohne Bedeutung, ob bestehende Beschwerden, welche die Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers im Hinblick auf seine Berufsausübung einschränken, durch organische Veränderungen oder psychosomatisch erklärbar sind.

Falsche Angaben in einer vom Versicherer geforderten Gesundheitsselbsterklärung sind dem Versicherungsnehmer in entsprechender Anwendung von §§ 156, 179 Abs. 3, 193 Abs. 2 VVG zuzurechnen
OLG Saarbrücken
1. Informiert der Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertreter bei Vorgesprächen über den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung über eine Armgelenkserkrankung, und erteilt der Versicherungsvertreter den Rat, er solle mit der Antragstellung bis zu deren Ausheilung warten, so ist das ein Indiz gegen die Annahme von Arglist und bei Verschweigen der ausgeheilten Armerkrankung bei späterer Antragstellung.
2. Zur Verneinung von Arglist, wenn der Versicherungsvertreter die richtige Beantwortung von Antragsfragen durch einschränkende Bemerkungen beeinflusst.
3. Sehen die AVB vor, dass Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn die versicherte Person voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen krankheitsbedingt außerstande sein wird, ihren Beruf auszuüben, so tritt der Versicherungsfall zu dem Zeitpunkt ein, zu dem diese Prognose erstmals gestellt werden kann; die Erwartung einer nach Ablauf der Frist erfolgenden Heilung ist unerheblich.
4. Steht fest, dass der Versicherer eine solche zeitlich begrenzte Prognose hätte stellen müssen, so ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, als hätte der Versicherer ein Anerkenntnis abzugeben; der Versicherer kann sich dann von seiner Leistungspflicht nur aufgrund eines korrekt durchgeführten Nachprüfungsverfahrens befreien.

Berufsunfähigkeit eines selbstständigen Versicherungsmaklers bei Gebrauchsunfähigkeit der rechten Hand und Schmerzsyndrom; Unzumutbarkeit der Umorganisation des Tätigkeitsbereichs
LG Heidelberg
1. Ein selbstständiger Versicherungsmakler, der bei einem Sturzunfall die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand einbüßt und unter erheblichen Schmerzen und Taubheitsgefühlen leidet, ist berufsunfähig und hat Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sowie auf Beitragsfreistellung.
2. Eine Umorganisation des Tätigkeitsbereichs scheidet aus, wenn sie aufgrund des Gesundheitszustands des Betroffenen nicht zumutbar ist.

Berufsunfähigkeitsversicherer ist aufgrund treuwidrig ausgestalteten Anerkenntnisses zur unbeschränkten Leistungserbringung verpflichtet
LG Potsdam
Liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Diplom Wirtschaftsingenieur, der als selbstständiger Financial-Consultant sowie als Geschäftsstellenleiter tätig ist, aufgrund des hohen Leistungsdrucks seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann, hat er Anspruch auf Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherer aufgrund individualvertraglichen Anerkenntnisses zur Leistungserbringung verpflichtet ist. Der Versicherer kann sich nicht darauf berufen, dass er im Rahmen der Vereinbarung nur eine befristete Leistungserbringung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht angeboten hat. Denn eine solche Beschränkung der bedingungsgemäßen Rechte des Versicherungsnehmers beruht auf einer treuwidrigen Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsposition des Versicherers und ist insoweit unwirksam

Darlegungslast eines Selbständigen
OLG Dresden 7. Zivilsenat , Urteil vom 29. Mai 2013 , Az: 7 U 1220/12
Auch bei Selbständigen kommt es darauf an, ob ihre Gesundheitsbeeinträchtigung sie an Einzelverrichtungen hindert, die für ihre bisher konkret ausgeübte Tätigkeit prägend und wesentlich sind. Erst ein solcher vollständiger Vortrag ermöglicht die Beurteilung, ob der Versicherungsnehmer den Anforderungen der konkret ausgeübten Tätigkeit in einem Ausmaß nicht mehr gewachsen ist, den der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit voraussetzt (OLG Dresden, a.a.O.). Ein selbständig tätiger Versicherungsnehmer, wie im vorliegenden Fall der Kläger, ist erst dann außer Stande seinen Beruf auszuüben, wenn er auch unter Ausnutzung seines Freiraums als Selbständiger die konkrete Tätigkeit , die er bisher ausgeübt hat, nicht mehr in dem vereinbarten Grad fortsetzen kann (OLG Dresden, a.a.O.; BGH, a.a.O.).

Frage nach „ernstlichen Erkrankungen" verstößt gegen Transparenzgebot
LG Wuppertal
Eine Klausel in den allgemeinen Versicherungsbedingungen, nach der der Versicherer nicht leistet, "wenn der Versicherungsfall verursacht ist durch der versicherten Person bekannte ernstliche Erkrankungen (zum Beispiel Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, der Verdauungsorgane, Krebs, HIV-Infektionen/Aids, chronische Erkrankungen, Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke) oder Unfallfolgen, wegen derer sie in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes ärztlich beraten oder behandelt wurde, wenn der Versicherungsfall innerhalb der nächsten 24 Monate seit Beginn des Versicherungsschutzes eintritt und mit diesen Erkrankungen oder Unfallfolgen in ursächlichem Zusammenhang steht" ist rechtmäßig. Sie verstößt nicht gegen das Transparenzgebot, da sie die Rechte und Pflichten des Vertragspartners klar und durchschaubar darstellt. Es wird unmissverständlich der Leistungsausschluss geregelt; auch erläutert die Bestimmung den Begriff der Ernstlichkeit selbst, indem beispielhaft und nicht abschließend Erkrankungen aufgeführt werden.

Urteile aus dem Jahr 2013


Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn mit den verbliebenen Fähigkeiten kein sinnvolles Arbeitsergebnis mehr erreicht werden kann
LG Koblenz
Die Feststellung des Grades der Berufsunfähigkeit ist nicht nur eine Rechenoperation nach der Regel: Übliche Arbeitszeit = 100%, noch mögliche Arbeitszeit = x% der Berufsfähigkeit. Die Feststellung erfordert vielmehr eine wertende Betrachtung der gesamten mit der Berufsausübung verbundenen Tätigkeiten. Dabei kommt es darauf an, ob ein Versicherter einzelne Verrichtungen, Teile seiner bisherigen Tätigkeit nicht mehr wahrnehmen kann, von deren Erfüllung abhängt, ob er noch ein sinnvolles Arbeitsergebnis zu erzielen vermag, oder die seine beruflichen Tätigkeiten im Übrigen prägen, die ihm aber nunmehr verschlossen sind. Maßgeblich ist folglich die Wertung, ob die restliche Tätigkeit, die ein Versicherter noch ausüben kann, seinem „Beruf" gleichzusetzen ist, ob er seine Arbeit mit den sie prägenden Merkmalen noch in dem erforderlichen Ausmaß wahrnehmen kann. Sind die Verrichtungen, die den Kernbereich der Tätigkeit ausmachen, nicht mehr möglich, bleiben regelmäßig nur weniger bedeutsame, nicht ins Gewicht fallende, regelmäßig eher Verlegenheitsbeschäftigungen ausmachende Arbeitsleistungen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, ob dem Versicherten in der von ihm noch zu leistenden Arbeitszeit die Erzielung eines sinnvollen Arbeitsergebnisses möglich ist.

Keine schuldhafte Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, wenn er auf anwaltliche Rat keine Angaben zur Einkommenssituation tätigt
Landgericht Koblenz
Gemäß § 6 Abs. 3 (1) VVG a.F. i.V.m. § 4 Abs. 1 c + d BBUZ 94 tritt Leistungsfreiheit nicht ein, wenn die Verletzung der Mitwirkungspflichten weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Der Kläger hat vorgetragen, dass er sich auf den Rat seines früheren Verfahrensbevollmächtigten verlassen hatte und deshalb keine Angaben zu seiner Einkommenssituation gemacht habe. Das Verhalten des früheren Verfahrensbevollmächtigten ist dem Versicherungsnehmer nicht gemäß § 278 BGB zu zurechnen. Bei dem damaligen Klägervertreter handelt es sich nicht um einen Repräsentanten des Klägers. Da sich der Kläger ausweislich des vorgelegten Schriftverkehrs nur über seinen damaligen Rechtsanwalt geäußert hat, kann das Beharren des früheren Rechtsanwalts des Klägers darauf, dass zunächst der Gesundheitszustand und dann das Berufsbild aufzuklären sei, dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Zu den Schlüssigkeitanforderungen einer auf BUZ-Leistungen gerichteten Klage eines selbständigen Betriebsinhabers gehört substantiierter Vortrag zur Organisation des Betriebes vor und nach Eintritt der gesundheitlichen Beschwerden
LG Koblenz
1. Will ein mitarbeitender Betriebsinhaber gegenüber seiner Berufsunfähigkeitsversicherung geltend machen, er habe gegen sie Ansprüche wg. Berufsunfähigkeit, so hat er vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, wie sein Betrieb vor seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung organisiert gewesen ist und in welcher Art und in welchem Umfang er bis dahin mit gearbeitet hat (BGH VersR. 94,205; 96,1090). 2. Nach der Rechtsprechung des BGH hat der mitarbeitende Betriebsinhaber weiter vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass die Tätigkeitsfelder, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in seinem Betrieb noch arbeiten kann, ihm keine Tätigkeitsmöglichkeiten belassen, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen. Zu seiner Vortrag- und Beweislast gehört auch, dass ihm eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch bewältigenden Tätigungsmöglichkeiten eröffnen könnte, die bedinungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würden (BGH VersR. 2013, 631).
2. Der Vortrag, ohne dafür eine nähere Begründung zu geben, dass dem Versicherungsnehmer eine weitere Umorganisation seines Betriebes nicht möglich sei, genügt nicht den Schlüssigkeitsanforderungen.

Regelung in Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung mit Erlöschen des Versicherungsschutzes bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist nicht unangemessen
BGH
Bestimmt eine Klausel in den Allgemeinen Bedingungen einer Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung, dass der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung erlischt, wenn die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig wird, verstößt dies weder gegen das Transparenzgebot, noch liegt hierin eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Von einer unangemessenen Benachteiligung ist auszugehen, wenn der Versicherer durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne hinreichende Berücksichtigung auch seiner Belange. Dem ist bei der Regelung in einer Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung, die ein Erlöschen des Versicherungsschutzes bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorsieht, jedoch nicht so. Dieses Erlöschen des Versicherungsschutzes vor Ablauf des Versicherungsvertrages bei der gleichzeitigen Befugnis des Versicherers, die vorab geleistete Prämie insgesamt behalten zu dürfen, benachteiligt den Verbraucher nicht unangemessen. Denn erlischt der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung wegen Eintritts unbefristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person, folgt daraus nicht, dass der Versicherungsvertrag insgesamt vor Ablauf seiner vereinbarten Laufzeit beendet wird. Vielmehr erlischt lediglich für den Zeitraum der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der Anspruch auf Versicherungsschutz. Sofern die Berufs - oder Erwerbsunfähigkeit später entfällt, weil die ursprünglich gestellte Prognose unzutreffend war, so kann für den Versicherten erneut Versicherungsschutz für den Fall der Arbeitsunfähigkeit möglich sein.

Klausel „Verursacht durch ernstliche Erkrankung vor Vertragsschluss" ist wirksam
LG Wuppertal
Klauseln, wonach der Versicherer nicht leistet, wenn der Versicherungsfall durch eine der versicherten Personen bekannte ernstliche Erkrankungen (z. B. des Herzens, des Kreislaufs, der Verdauungsorgane, Krebs, Aids, chronische Erkrankungen, Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke) verursacht wird, wegen derer sie in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes behandelt worden ist, wenn der Versicherungsfall innerhalb der nächsten 20 Monate eintritt und mit der die Erkrankung ursächlich im Zusammenhang steht, sind wirksam.

Der Versicherte ist verpflichtet, sich im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung im Nachprüfungsverfahrens umfassend ärztlich untersuchen zu lassen - tut er dies nicht, kann der Versicherer leistungsfrei werden
OLG Köln
1. Der Versicherte ist grundsätzlich gehalten, sich zur Vorbereitung einer Nachprüfungsentscheidung durch den Versicherer einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Das folgt aus § 7 Ziff. BB-BUZ, der lautet: "Der Versicherer ist berechtigt, den Grad der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen. Zu diesem Zweck kann er auf seine Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und - jedoch nur einmal im Jahr - eine Untersuchung des Versicherten durch einen von ihm beauftragten Arzt verlangen. Die Bestimmungen des § 4 finden entsprechende Anwendung." Nach § 4 Ziff. 3 BB-BUZ kann der Versicherer "ärztliche Nachuntersuchungen durch von ihm beauftragte Ärzte auf seine Kosten" verlangen.
2. Die Aufforderung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, dient der Vorbereitung der Entscheidung, ob der Versicherer weiterhin gemäß seinem Leistungsanerkenntnis die vertragsgemäßen Leistungen zu erbringen hat oder ob er zu einer Leistungseinstellung berechtigt ist. Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht gehalten, den Untersuchungsauftrag auf diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen zu beschränken, die nach seiner Darstellung dem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt worden sind. Eine solche Einschränkung ist den Versicherungsbedingungen nicht zu entnehmen. Richtig ist zwar, dass das Nachprüfungsverfahren nicht dazu dienen kann, eine Fehleinschätzung des Versicherers beim Leistungsanerkenntnis zu korrigieren. Diese Frage stellt sich jedoch erst im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens, dem die ärztliche Untersuchung vorausgeht; diese soll erst die Grundlage für die Nachprüfungsentscheidung schaffen. Insoweit besteht auch keine Veranlassung, den Untersuchungsauftrag an den Arzt von vornherein zu beschränken. Der Versicherungsnehmer ist vielmehr verpflichtet, sich umfassend ärztlich untersuchen zu lassen.. Auch wenn in den hier vereinbarten Bedingungen das Wort "umfassend" nicht ausdrücklich aufgeführt ist (wie etwa jetzt in § 13 Abs. 2 BU 2008), ist das Recht, vom Versicherungsnehmer ärztliche Nachuntersuchungen zu verlangen, in § 4 Ziff. 3 BB-BUZ - auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - in keiner Weise eingeschränkt. Etwas anderes mag ausnahmsweise dann gelten, wenn feststeht, dass sich der zur Berufsunfähigkeit führende Gesundheitszustand nicht verändert hat oder unveränderbar ist.
3. Richtig ist auch die Auffassung des Landgerichts, dass an die Aufforderung zur Nachuntersuchung keine besonderen formalen Anforderungen zu stellen sind. Das sehen die Bedingungen - anders als gemäß § 7 Ziff. 2 BB-BUZ bei der Nachprüfungsentscheidung - nicht vor.
4. Der Obliegenheit, sich ärztlich nachuntersuchen zu lassen, wird ein Versicherungsnehmer gerecht, wenn er einen vom Versicherer vorgeschlagenen Untersuchungstermin wahrnimmt. Ist ihm dies nicht möglich, ist er jedenfalls gehalten, dies dem Versicherer unter Angabe der Hinderungsgründe alsbald mitzuteilen. Darüber hinaus muss sich der Versicherungsnehmer zumindest dann, wenn - wie vorliegend - die Durchführung einer Nachuntersuchung in der Vergangenheit mehrfach (wenn auch ohne sein Verschulden) gescheitert ist und der Versicherer zudem Alternativtermine angeboten hat, im Rahmen des Zumutbaren bemühen, einer Verhinderung entgegenzuwirken. Dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger vorliegend von sich aus einen anderen, zeitnahen Termin hätte vorschlagen müssen. Jedenfalls hätte er versuchen müssen, eine Verlegung des auf den 9. Juni 2005 angesetzten Zahnarzttermins bei der Zeugin Dr. M zu erreichen, was er unstreitig nicht getan hat. Der Kläger hat nach eigener Darstellung von dem Aufforderungsschreiben der Beklagten vom 18. März 2005 am 22. April 2005 Kenntnis erlangt; zu diesem Zeitpunkt war noch ausreichend Zeit, mindestens den Versuch einer Verlegung des Zahnarzttermins am 9. Juni 2005 zu unternehmen. Dies hätte auch dem Kläger in der konkreten Situation ohne weiteres einleuchten müssen. Die damit anzunehmende Obliegenheitsverletzung war jedenfalls grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit wird nach § 8 BB-BUZ Satz 1 (s. ferner § 6 Abs. 1 VVG a.F.) vermutet. Es ist Sache des Versicherungsnehmers, Umstände darzulegen und zu beweisen, die es rechtfertigen, kein für die Nichtdurchführung der Nachuntersuchung ursächliches grobes Fehlverhalten anzunehmen. Die somit anzunehmende grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung des Klägers führt zur Leistungsfreiheit für den streitgegenständlichen Zeitraum.

Versicherer kann sich den Rechtsfolgen eines ggfls. gebotenen Anerkenntnisses nicht dadurch entziehen, dass er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis nicht abgibt und stattdessen eine befristete individualvertragliche Vereinbarung mit dem Versicherungsnehmer schließt
LG Potsdam
1. Der Beklagten ist zuzugeben, dass das Schreiben und die Vereinbarung eine ausdrückliche Anerkenntniserklärung nicht enthalten; im Gegenteil ist in der Vereinbarung unter Ziffer 2. sogar der Passus enthalten, dass eine bedingungsgemäße Anerkennung der Berufsunfähigkeit mit der Vereinbarung nicht erklärt werden soll, gleichwohl kann sich die Beklagte hierauf nicht berufen, da sie sich den Rechtsfolgen eines ggfls. gebotenen Anerkenntnisses nicht dadurch entziehen kann, dass er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis nicht abgibt. Durch die individualvertragliche Vereinbarung, in der sich der Versicherer - wie hier - eine umfassende Erstprüfung des Versicherungsfalls vorbehält, und dem Versicherungsnehmer ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine befristete Leistungserbringung anbietet, begibt sich der Versicherungsnehmer ihm zustehender Rechte, da die Vereinbarung deutlich weniger wert ist als ein bedingungsgemäßes Anerkenntnis (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil v. 10.04.2002 - Az.: 20 U 34/01). Die dem Versicherer geläufige Regelung der §§ 5-7 AVB über die Erklärung eines Leistungsanerkenntnisses, dessen Reichweite und das Nachprüfungsverfahren ist für den Versicherungsnehmer, für den die Berufsunfähigkeitsrente existentielle Bedeutung hat, nur schwer durchschaubar, so dass dieser in die Lage versetzt werden muss, verantwortlich darüber zu entscheiden, ob er sich auf eine Beschränkung der von ihm nach den Versicherungsbedingungen für berechtigt gehaltenen Ansprüche einlassen will (vgl. hierzu BGH Urteil v. 12.11.2003 - Az.: IV ZR 173/02),.
2. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass die in der Vereinbarung enthaltene Beschränkung der bedingungsgemäßen Rechte des Versicherungsnehmers auf einer treuwidrigen Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsposition der Beklagten als Versicherer beruht (so BGH Urteil v. 12.11.2003 - Az.: IV ZR 173/02), da der Versicherer gerade im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten ist, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen .

Arglist, verspätete Anteige der Berufsunfähigkeit, unzulässige befristete Individualvereinbarung
OLG Saarbrücken
1. Informiert der Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertreter bei Vorgesprächen über den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung über eine Armgelenkserkrankung, und erteilt der Versicherungsvertreter den Rat, er solle mit der Antragstellung bis zu deren Ausheilung warten, so ist das ein Indiz gegen die Annahme von Arglist und bei Verschweigen der ausgeheilten Armerkrankung bei späterer Antragstellung.
2. Zur Verneinung von Arglist, wenn der Versicherungsvertreter die richtige Beantwortung von Antragsfragen durch einschränkende Bemerkungen beeinflusst.
3. Sehen die AVB vor, dass Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn die versicherte Person voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen krankheitsbedingt außerstande sein wird, ihren Beruf auszuüben, so tritt der Versicherungsfall zu dem Zeitpunkt ein, zu dem diese Prognose erstmals gestellt werden kann; die Erwartung einer nach Ablauf der Frist erfolgenden Heilung ist unerheblich.
4. Steht fest, dass der Versicherer eine solche zeitlich begrenzte Prognose hätte stellen müssen, so ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, als hätte der Versicherer ein Anerkenntnis abzugeben; der Versicherer kann sich dann von seiner Leistungspflicht nur aufgrund eines korrekt durchgeführten Nachprüfungsverfahrens befreien. 

Neuer Leistungsantrag nur bei Verschlechterung nach der letzten Ablehnung
OLG Köln
1. Die Klägerin hat mehrfach Leistungsanträge bei der Beklagten wegen behaupteter Berufsunfähigkeit gestellt, die entweder mit außergerichtlicher Entscheidung unter Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. oder durch gerichtliche Entscheidung (Versäumnisurteil LG Oldenburg) rechts- bzw. bestandskräftig beschieden worden sind. Damit ist die Klägerin gehindert, zu einem späteren Zeitpunkt erneut BU-Leistungen geltend zu machen, solange sich an ihrem Gesundheitszustand nichts geändert hat. Ein neuer Versicherungsfall liegt bei dieser Sachlage nur dann vor, wenn sich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingestellt hat (vgl. für den Fall der Klageabweisung: BGH, Beschl. v. 16. Januar 2008 - IV 271/04, n.v., in juris dokumentiert, unter Ziff. 2 der Gründe).
2. Die letzte im vorgenannten Sinne maßgebliche Entscheidung ist das Versäumnisurteil des Landgerichts Oldenburg vom 12. Mai 2006; dieser Klage lagen Leistungsansprüche ab dem Jahr 2005 zugrunde. Mithin ist für die Frage, ob sich der Zustand der Klägerin verschlechtert hat, ein Vergleich zwischen den damals gegebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen und den Beeinträchtigungen, die ab Januar 2009 (ab diesem Monat macht die Klägerin nunmehr Leistungsansprüche geltend) festgestellt werden können, erforderlich.

Zur Ausschlussfrist zur Anzeige der Berufsunfähigkeit binnen drei Monaten
OLG Brandenburg
1. Laut § 1 Abs. 2 Satz 2 B-BUZ entsteht der Anspruch auf Versicherungsleistungen erst mit dem Beginn des Monats der Mitteilung, wenn dem Versicherer die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich angezeigt wird. Eine solche Regelung, die durchgreifenden - insbesondere AGB-rechtlichen - Bedenken nicht begegnet, begründet nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, keine - bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherungsnehmer respektive von der versicherten Person zu erfüllende - vertragliche Obliegenheit, sondern enthält eine Ausschlussfrist, die regelmäßig objektiv eine verlässliche zeitliche Begrenzung der Leistungspflicht des Versicherers bezweckt, um diesem die alsbaldige Prüfung und zuverlässige Feststellung der geltend gemachten Berufsunfähigkeit zu ermöglichen, ihm rasch Klarheit über seine Leistungspflicht zu verschaffen und sicherzustellen, dass er nicht für - möglicherweise lange Zeit - vor dem Fristablauf begründete, jedoch zunächst unbekannt gebliebene Ansprüche einstehen muss, deren Ausmaß beträchtlich sein kann und bei denen die Sachaufklärung, speziell hinsichtlich der gesundheitlichen Verhältnisse des Versicherten und deren Auswirkungen auf dessen berufliche Tätigkeit, schon durch Zeitablauf prinzipiell schwieriger wird
2. Auf die Versäumung der Anzeigefrist kann sich der Versicherer nach Treu und Glauben grundsätzlich nur dann nicht berufen, wenn den Versicherungsnehmer - was dieser zu beweisen hat - daran keinerlei Verschulden trifft, etwa weil er von dem Eintritt eines Zustands, der die Bejahung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit rechtfertigt, unverschuldet nichts wusste; prinzipiell ist allerdings schon einfache Fahrlässigkeit schädlich
3. Wie sich die Exkulpationsmöglichkeit konkret auswirkt, wenn der Versicherungsnehmer zwar erst nach dem Ablauf der vertraglichen Mitteilungsfrist ausreichend deutliche Hinweise auf den Eintritt des Versicherungsfalles erhält, die mangelndes Verschulden ausschließen, dann aber bis zur tatsächlichen Anzeige seiner Berufsunfähigkeit beim Versicherer einen Zeitraum verstreichen lässt, der schon für sich genommen die dreimonatige Ausschlussfrist überschreitet, ist - soweit ersichtlich - bisher in der Rechtsprechung und im Schrifttum kaum ausdrücklich erörtert worden. Der Senat folgt - ausgehend von Charakter und Zweck der Anzeige- als Ausschlussfrist - in seiner Rechtsprechung der Ansicht, dass sich die Frist um den Zeitabschnitt verlängert, in dem der Versicherungsnehmer ohne sein Verschulden keine Mitteilung bei dem Versicherer gemacht hat. Letzterem Feststellungen zu den gesundheitlichen Verhältnissen des Versicherten und deren Auswirkungen auf dessen berufliche Tätigkeit für einen weiter zurückliegenden Zeitraum zuzumuten und zugleich den Versicherungsnehmer für einen jüngeren Zeitraum mit Ansprüchen auf Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung auszuschließen, widerspricht ohne Zweifel dem mit § 1 Abs. 2 Satz 2 ...B-BUZ verfolgten Anliegen. Sobald der Versicherungsnehmer ausreichend deutliche Hinweise auf den Eintritt des Versicherungsfalles hat, die mangelndes Verschulden ausschließen, ist es ihm grundsätzlich möglich, seine Berufsunfähigkeit dem Versicherer innerhalb der vereinbarten Dreimonatsfrist mitzuteilen.
4. Zwar lässt sich der Eintritt des Versicherungsfalles im Sinne des § 2 Abs. 1 ...B-BUZ in aller Regel nur unter Mitwirkung eines Arztes bei rückschauender Betrachtung positiv feststellen, weil hierfür mehrere Faktoren zusammentreffen und diese zu einem Gesamtzustand des Versicherten führen müssen, der derart beschaffen ist, dass eine günstige Prognose für die Wiederherstellung der aus medizinischen Gründen verlorengegangenen Fähigkeiten zur Berufsausübung in einem überschaubaren Zeitraum nicht gestellt werden kann, wobei sich ein solcher Status oftmals erst im Rahmen eines fortschreitenden gesundheitlichen Prozesses ergibt. Die obergerichtliche Rechtsprechung, die überzeugt und der sich der Senat deshalb anschließt, geht aber ganz einhellig davon aus, dass es im Allgemeinen an mangelndem Verschulden des Versicherungsnehmers respektive des Versicherten hinsichtlich der Versäumung einer vertraglichen Ausschlussfrist entsprechend § 1 Abs. 2 Satz 2 ...B-BUZ fehlt, sobald er wegen Beschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt; er kann sich dann insbesondere nicht mit einem Hinweis darauf exkulpieren, er habe zunächst den Ausgang der eingeleiteten sozialrechtlichen Verfahren abwarten wollen.
5. Wer - wie hier der Kläger - beim zuständigen Sozialversicherungsträger in redlicher Absicht einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung stellt, geht prinzipiell selbst davon aus, dass die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere die erforderlichen Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit, tatsächlich vorhanden sind

Das Verschweigen einer psychotherapeutischen Behandlung wegen Überarbeitung kann arglistig sein
OLG Köln 
Eine Depression ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung ein offensichtlich gefahrerheblicher Umstand im Sinn der Obliegenheit zur wahrheitsgemäßen Beantwortung von Gesundheitsfragen im Antragsformular. Dafür genügt auch eine psychotherapeutische Behandlung, die der Versicherungsnehmer auf Überarbeitung zurückführt.

Mehrwert eines Vergleichs über Beendigung einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, wenn kein Feststellungsantrag auf Fortbestand des Versicherungsvertrages anhängig ist
OLG Hamm
Auch dann, wenn ein Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages nicht anhängig ist, die Parteien jedoch im Vergleichswege eine Einigung über die Beendigung des Versicherungsvertrages treffen, ist eine Erhöhung um 20% des 3,5 fachen Wertes der Summe von Rentenleistung und Versicherungsprämie vorzunehmen, weil die Parteien eine über den Streitwert des Verfahrens hinausgehende Regelung getroffen haben, die - wegen teilweiser Identität - mit 20% des 3,5-fachen Wertes von Rente und Beitragsbefreiung zu bewerten ist (Senat, Beschluss vom 27.04.2012 - 20 W 13/12; BGH IV ZR 183/10)

Berufsunfähigkeitszusatzversicherer kann zur Observierung des Versicherungsnehmers durch einen Detektiven berechtigt sein
OLG Köln
Eine Überprüfung der Auskünfte des Versicherungsnehmers mit verdeckten Ermittlungsmethoden wie der Observierung ist mit dem im Versicherungsverhältnis geltenden Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme grundsätzlich nicht vereinbar. Will der Versicherer verdeckte Ermittlungsmethoden wie eine Observation anwenden, müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich seine Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verletzt. Art und Umfang der verdeckten Ermittlungen sind im Hinblick auf das zu beachtende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Versicherungsnehmers am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen, sie müssen also geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen angemessen sein. Die gegenläufigen Belange sind im Rahmen einer umfassenden Abwägung einander gegenüberzustellen.

Anzeige des Versicherungsfalls - Ausschlussfrist bei schuldhaft verspäteter Anzeige
OLG Saarbrücken
1. § 1 Abs. 4 BUZ, wonach der Anspruch auf Versicherungsleistungen nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Eintritt des Versicherungsfalls erst mit Beginn des Monats der Mitteilung entsteht, enthält eine Ausschlussfrist, auf die sich der Versicherer nicht berufen darf, wenn die Säumnis des Versicherungsnehmers unverschuldet ist.
2. Hat ein Versicherungsnehmer über einen Zeitraum von rund drei Jahren Berufsunfähigkeit nicht geltend gemacht, obwohl er arbeitsunfähig geschrieben war und Ansprüche auf gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente erhoben hatte, ist seine Säumnis nicht unverschuldet.

Nachweis und Eintritt einer Berufsunfähigkeit bei psychischer Erkrankung
OLG Bremen
1. Für den Eintritt der Berufsunfähigkeit kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts der Ursache (Ausgangserkrankung des VN) oder auf den des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit, sondern auf den Zeitpunkt an, ab welchem der VN aus gesundheitlichen Gründen in der bedingungsgemäßen Weise unfähig war, seinen Beruf weiterhin auszuüben.
2. Maßgebend für den Eintritt der Berufsunfähigkeit ist der Zeitpunkt, in dem erstmals ein Zustand gegeben war, der bei rückschauender Betrachtung nach sachverständiger Einschätzung eines gut ausgebildeten, wohl informierten und sorgfältig behandelnden Arzt nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft keine Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der bedingungsgemäß maßgeblichen (hier 50%igen) Arbeitskraft erwarten ließ.
3. Da es in der psychiatrisch psychotherapeutischen Diagnostik keine verlässliche Methode gibt, Störungen von Befinden und Erleben durch bestimmte Messergebnisse zu objektivieren, kommt es für die Feststellung der Berufsunfähigkeit eines psychisch Erkrankten entscheidend auf den psychischen Befund an, der sich aus den Angaben des Betroffenen zu seinem Erleben und Befinden und der Beobachtung seines Verhaltens ergibt. Der Untersucher muss sich sicher sein, dass die psychischen Beschwerden nicht vorgetäuscht sind.

Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Berufstätigkeit kann zur Berufsunfähigkeit führen
BGH
1. Eine zur bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit führende Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Berufstätigkeit kann sich daraus ergeben, dass sich die fortgesetzte Berufstätigkeit des Versicherungsnehmers angesichts einer drohenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands als Raubbau an der Gesundheit und deshalb überobligationsmäßig erweist, oder das andere mit der Gesundheitsbeeinträchtigung im Zusammenhang stehenden oder zusammenwirkenden Umstände in der Gesamtschau die Fortsetzung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als für den Versicherungsnehmer nicht mehr zumutbar erscheinen lassen.
2. Eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Berufstätigkeit kann auch daraus folgen, dass zwar die Erkrankung des Versicherungsnehmers seiner Weiterarbeit vordergründig nicht im Wege steht, ihm dabei aber infolge einer durch die Erkrankung indizierten Medikamenteneinnahme ernsthafte weitere Gesundheitsgefahren drohen. Insoweit genügt aber grundsätzlich, dass dem Versicherungsnehmer besondere Gesundheitsgefahren nur bei Eintritt bestimmter vermeidbarer Unfallereignisse drohen.
3. Die Beweislast für die eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Berufstätigkeit begründenden Umstände trägt der Versicherungsnehmer.

Berufsunfähigkeit - Neigung zu einer Sinustachykardie
LG Bielefeld
1. Die Neigung einer Krankenschwester zur Sinustachykardie führt nicht zu deren Berufsunfähigkeit von mindestens 50%.
2. Behauptet der VN seine Berufsunfähigkeit aufgrund einer chronischen Borreliose/Neuroborreliose, die nur durch eine medizinische Untersuchung festgestellt werden kann, zu deren Durchführung der VN jedoch sein Einverständnis nicht erteilt, so hat der VN seine Berufsunfähigkeit nicht nachgewiesen.

Loslösen von einem nur kulanzweise erklärten Anerkenntnis nur im Nachprüfungsverfahren
OLG Karlsruhe
1. Teilt der Versicherer dem Versicherungsnehmer mit, dass er sich entschlossen habe, um eine bei genauerer Anwendung der AVB entstehende Härte zu vermeiden, diesem die Leistungen aus der BUZ-Versicherung - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - zu vergüten, so stellt diese Erklärung ein Anerkenntnis im Sinne des § 5 BUZ dar.
2. War der Versicherer nach der Sachlage gemäß § 5 BUZ verpflichtet, seine Leistungspflicht anzuerkennen und geschieht dies nicht, so ist er nach den Grundsätzen des fingierten Anerkenntnisses so zu behandeln, als hätte er die gebotene Leistungszusage erteilt.
3. Auch bei einem fingierten Anerkenntnis kann der Versicherer das Ende seiner Leistungspflicht nur über das Nachprüfungsverfahren gemäß § 7 BUZ herbeiführen.

 

Urteile aus dem Jahr 2012


Dem Versicherungsnehmer ist eine Fortsetzung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit dann nicht zuzumuten, wenn diese nachweislich bereits zu weitergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat oder solche Schäden ernsthaft zu erwarten sind
BGH
1. Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit liegt nicht nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls nicht mehr zur Fortsetzung seiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit (zu deren Maßgeblichkeit vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 2003 IV ZR 238/01, VersR 2003, 631 unter II 1) imstande ist, sondern auch anzunehmen ist, wenn Gesundheitsbeeinträchtigungen eine Fortsetzung der Berufstätigkeit unzumutbar erscheinen lassen (OLG Koblenz r+s 2000, 301; Lücke in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. BU § 2 Rn. 29 m.w.N.). Letzteres kann nicht nur dann der Fall sein, wenn sich die fortgesetzte Berufstätigkeit des Versicherungsnehmers angesichts einer drohenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes als Raubbau an der Gesundheit und deshalb überobligationsmäßig erweist, sondern kommt auch in Betracht, wenn andere mit der Gesundheitsbeeinträchtigung in Zusammenhang stehende oder zusammenwirkende Umstände in der Gesamtschau ergeben, dass dem Versicherungsnehmer die Fortsetzung seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2000 aaO; OLG Koblenz aaO). Eine solche Unzumutbarkeit kann grundsätzlich auch daraus folgen, dass zwar die Erkrankung des Versicherungsnehmers seiner Weiterarbeit vordergründig nicht im Wege steht, ihm dabei aber infolge einer durch die Erkrankung indizierten Medikamenteneinnahme ernsthafte weitere Gesundheitsgefahren drohen.
2. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung der Fallumstände ist vielmehr von erheblicher Bedeutung, mit welchem Grad der Wahrscheinlichkeit ein solcher Unfall befürchtet werden muss. Zwar ist dem Versicherungsnehmer eine Fortsetzung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit dann nicht zuzumuten, wenn diese nachweislich bereits zu weitergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat oder solche Schäden ernsthaft zu erwarten sind.

Keine Beweisaufnahme über die Behauptung des Versicherungsnehmers erforderlich, dass er tatsächlich gar nicht unter der nicht angegeben und zum Anlass einer Anfechtung des BUZ-Versicherers genommenen Erkrankung gelitten habe, weil er diese seinerzeit nur gegenüber den Ärzten simuliert habe, um krankgeschrieben zu werden
OLG Koblenz
Behauptet ein Versicherungsnehmer, dass er gar nicht unter den von seinem Hausarzt zum Anlass einer Krankschreibung genommenen Diagnosen gelitten habe, weil er nur „blau machen" wollte und dass deshalb der Vorwurf einer hierauf gestützten vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung unbegründet sei, bedarf es keiner Beweisaufnahme dazu, ob objektiv den ärztlichen Attesten keine Erkrankungen oder Beschwerden des Klägers zugrunde lagen. Nach dem Klägervortrag hat er nämlich jeweils gegenüber den Ärzten Beschwerden geklagt, die lediglich von diesen objektiv nicht hätten verifiziert werden können. Daraus ergibt sich jedoch keine Kenntnis der Ärzte dahingehend, dass tatsächlich bei dem Kläger keinerlei Beschwerden vorgelegt hätten, und die deshalb zu Unrecht eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers attestiert hätte.

Eingeschränkte Verweisungsmöglichkeit bei freiwillig erworbenen neuen beruflichen Leistungen
OLG Karlsruhe
1. In der Berufsunfähigkeitsversicherung mit abstrakter Verweisung kann der Versicherte nicht auf eine Tätigkeit als Angestellter verwiesen werden, die gegenüber der früheren selbständigen Tätigkeit bei geringeren Anforderungen an die Qualifikation und geringerer gesellschaftlicher Wertschätzung eine kürzere Arbeitszeit, ein höheres Entgelt und eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung bietet.
2. Hat der Versicherte neue berufliche Fähigkeiten freiwillig erworben, darf der Versicherer wegen einer neuen Berufstätigkeit von seinem Recht zur Leistungseinstellung erst dann Gebrauch machen, wenn der Versicherte eine Festanstellung gefunden hat.

Zum Umfang der außergerichtlichen Leistungsprüfung
OLG Hamm
1. Nach dem VVG sind Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen. Die Vorschrift will dem Versicherer lediglich die Gelegenheit geben, seine Eintrittspflicht angemessen zu prüfen, bevor er mit einer Klage überzogen wird. Dafür hat der Versicherungsnehmer seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen und neben der Meldung des Versicherungsfalls auch die vom Versicherer gestellten Fragen zu beantworten. Wenn allerdings der Versicherungsnehmer die einschlägigen Fragen beantwortet und sich auch ansonsten den Ermittlungen des Versicherers unterzogen hat, ist ihm ein längeres Zuwarten nicht mehr abzuverlangen, wenn ihm nicht konkret erklärt wird, welche weiteren Angaben bzw. Informationen erforderlich sind, um die Einstandspflicht abschließend beurteilen zu können. Die vage Ankündigung einer weiteren Prüfung des Leistungsanspruchs im Falle „entsprechender" Konkretisierung und Substantiierung der klägerischen Angaben stellt aus Sicht des Versicherungsnehmers keine ernstzunehmende Fortführung der Leistungsprüfung dar und muss damit dieselben Folgen haben wie eine endgültige Leistungsverweigerung.

Klausel zur Ermöglichung einer abstrakten Verweisung in einer Restschuld-Arbeitsunfähigkeitsversicherung ist unwirksam
OLG Hamm
Eine Klausel, die eine abstrakte Verweisung in einer Restschuld-Arbeitsunfähigkeitsversicherung ermöglicht, ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Ein solcher abstrakter Verweis widerspricht dem Schutzzweck der Arbeitsunfähigkeitsversicherung, die finanziellen Einbußen aufzufangen, die der versicherten Person aufgrund der Unfähigkeit zur Ausübung ihres konkreten Berufes entstehen.

Eine abstrakte Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit kommt bei unverändertem Gesundheitszustand in einem zweiten Nachprüfungsverfahren nicht mehr in Betracht
OLG Karlsruhe
1. Erkennt der Versicherer in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung seine Leistungspflicht an, ist diese Erklärung für den Versicherer grundsätzlich - auch mit Wirkung für die Zukunft - bindend. Das gilt nicht nur für eine erste Anerkennung, sondern in gleicher Weise auch dann, wenn der Versicherer nach Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens erneut eine Anerkennungserklärung abgibt. 2
2. Eine abstrakte Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit kommt in einem zweiten Nachprüfungsverfahren nicht mehr in Betracht, wenn der Versicherer schon zum Zeitpunkt einer früheren Anerkennung - nach einem ersten Nachprüfungsverfahren - die Möglichkeit gehabt hätte, den Versicherten auf die selbe vergleichbare Tätigkeit zu verweisen.

Keine Verweisung eines Stuckateurs auf den Beruf eines Lageristen
OLG Karlsruhe
Die Tätigkeit eines angelernten Lageristen ist mit der früher ausgeübten Tätigkeit eines Stuckateurs (Gipser) nicht ohne weiteres vergleichbar, und ist daher dem Versicherten nicht ohne weiteres zumutbar im Sinne der Bedingungen zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Möglichkeit der Leistungsklage nimmt einer Klage auf Feststellung des Fortbestandes der Berufsunfähigkeitversicherung nicht das Rechtsschutzbedürfnis
OLG Hamm
Für eine isolierte Klage auf Feststellung, dass der Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag nicht durch Anfechtung und/oder Rücktritt erloschen ist, besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Versicherte behauptet, berufsunfähig zu sein, und deshalb Leistungsklage erheben könnte.

Auch den Gerichtsvollzieher obliegt die Pflicht zur Umorganisation zur Meidung einer Berufsunfähigkeit
OLG Zweibrücken
1. Eine Klausel, wonach vollständige Berufsunfähigkeit auch dann vorliegt, wenn der Gerichtsvollzieher in Folge Krankheit voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seinen Beruf als Gerichtsvollzieher im Außendienst auszuüben und wonach die Berufsunfähigkeitsrente auch bei Versetzung in den Innendienst (aus gesundheitlichen Gründen), ist so auszulegen, dass nur eine Entscheidung des Dienstherrn, die zur Versetzung in den Innendienst aus gesundheitlichen Gründen führt, für die Versicherung entscheidend sein soll.
2. Daran fehlt es, wenn nicht gesundheitliche Gründe nicht als zur Versetzung geführt haben. Dass der Dienstherr aus gesundheitlichen Gründen eine Versetzung empfohlen hat, vermag im Verhältnis zur Versicherung nicht die Annahme einer vereinbarungsgemäßen Dienstunfähigkeit aufgrund der zuvor genannten Gerichtsvollzieherklausel zu begründen.
3. Für eine Klage auf Berufsunfähigkeitsleistungen muss der versicherte sein Arbeitsfeld, wie es tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen an ihn stellt, substantiiert vortragen. Es ist eine konkrete Arbeitsbeschreibung zu verlangen, nach der die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs, sowie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar sind.
4. Zum schlüssigen Vortrag eines Gerichtsvollziehers gehört auch die Darlegung, ob durch büroorganisatorische Maßnahmen und Optimierung der Verfahrensabläufe, sowie den Einsatz neuester Bürotechnik die vorgetragene wöchentliche Stundenbelastung nicht hätte erheblich reduziert werden können. Der Versicherte trägt die Darlegung - und Beweislast, dass eine entsprechende Umorganisation nicht möglich war (OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.04.2005 5 U 842/01 Juris).
5. Ein Gerichtsvollzieher ist schon nach § 49 GvO verpflichtet, Büro - und Schreibhilfen auf eigene Kosten zu beschäftigen, soweit es der Geschäftsbetrieb erfordert. Auf dem vom Kläger vorgetragenen Wochenplan ergeben sich durchaus Tätigkeiten, die auf eine weitere Hilfskraft hätte übertragen werden können, so gehören a. Büroarbeiten, Forderungsaufstellungen fertigen, Fahrten zum Amtsgericht zur Abholung neuer Aufträge, schriftliche Sachstandsmitteilung an Gläubiger fertigen, Protokollabschriften fertigen, Zahlungen in Kassenbuch vermerken, Aktenbehandlung, Neuanlage und Ablage im Register usw. nicht zu den Kerntätigkeiten des Gerichtsvollziehers, deren Übertragung auf eine Hilfskraft nicht möglich wäre.

Festestellungsinteresse für eine isolierte Klage auf Fortbestehen der Versicherung trotz behauptetet Berufsunfähigkeit
OLG Hamm
Für eine isolierte Klage auf Feststellung, dass der Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag nicht durch Anfechtung und/oder Rücktritt erloschen ist, besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Versicherte behauptet, berufsunfähig zu sein, und deshalb Leistungsklage erheben könnte.

Kein Selbstständiges Beweisverfahren bei streitigem Berufsbild
LG Osnabrück
Ist das vom Versicherungsnehmer zur Darlegung seiner Berufsunfähigkeit (§ BUZ § 2 BUZ) vorgetragene Berufsbild nach seinen einzelnen Tätigkeiten und zeitlichem Umfang streitig (hier Bestreiten mit Nichtwissen), so fehlt für ein selbstständiges Beweisverfahren das rechtliche Interesse im Sinne des § ZPO § 485 ZPO. Auf Grund des streitigen und womöglich noch unvollständigen Vorbringens des Versicherungsnehmer zu den „Details seiner beruflichen Tätigkeit", deren Kenntnis für den Sachverständigen zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit notwendig ist und die für dessen Beurteilung unstreitig bzw. nach einer - nicht in diesem Beweisverfahren durchführbaren - Beweisaufnahme bewiesen sein müssen, kann der Sachverständige nur zu einem Gutachten mit fiktivem Ergebnis gelangen, womit dem Versicherungsnehmer jedoch nicht gedient ist.

Versicherungsnehmer steht bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen kein Beurteilungsspielraum zu
OLG Koblenz
1. Der Versicherer kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss bewusst unrichtige Angaben zu gefahrerheblichen Umständen macht, um den Versicherer zum Abschluss des Vertrags mit dem gewünschten Inhalt zu bringen, und wenn der Versicherer den vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn er richtig informiert worden wäre.
2. Weder bei einer - wenn auch einmaligen - vierwöchigen Krankschrift wegen einer depressiven Episode noch bei einer über Jahre hinweg immer wieder wegen äußerer Umstände der Berufsausübung auftretenden Zervikalneuralgie kann angenommen werden, dass der Versicherungsnehmer diese Erkrankungen als Bagatelle angesehen hat.
3. Wenn auch die Klägerin der - unzutreffenden - Auffassung sein mag, dass sie nur solche Krankheiten angeben müsste, welche sie selbst für hinreichend schwerwiegend erachtet, steht ihr ein derartiger Beurteilungsspielraum jedoch eindeutig nicht zu hinsichtlich der Frage nach Krankschrift ab einer bestimmten Dauer nicht zu. Im übrigen gilt, dass derjenige, der einen Antrag zum Abschluss einer Versicherung stellt, die erfragten Umstände mitzuteilen und insoweit keine Wertung vorzunehmen hat (BGH VersR 1994, 1457). Da der Klägerin hinsichtlich der Beantwortung der gestellten Fragen ein Beurteilungsspielraum nicht zusteht, wird durch ihre eigene Einschätzung, die zudem offensichtlich nicht zutreffend ist, das Vorliegen von Arglist nicht ausgeschlossen.

Die Gefahrerheblichkeit von Rückenbeschwerden liegt jedenfalls dann auf der Hand, wenn die Beschwerden wiederholt auftreten, therapiert wurden und (nur) einmal zu einer (kurzfristigen) Arbeitsunfähigkeit geführt haben
OLG Köln
Hat der Versicherungsnehmer bei der Beantragung einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verschwiegen, dass er in der Vergangenheit wegen Rückenbeschwerden und psychischer Probleme in ärztlicher Behandlung war, so ist der Versicherer zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt, da auf der Hand liegt, dass der Versicherungsnehmer unrichtige Angaben über gefahrerhebliche Umstände gemacht hat. Die Gefahrerheblichkeit von von dem Hausarzt diagnostizierten Beschwerden der Lendenwirbelsäule liegt insbesondere dann auf der Hand, wenn die Beschwerden wiederholt aufgetreten und therapiert worden sind sowie einmal eine kurzzeitige Arbeitsunfähigkeit herbeigeführt haben.

Dass bereits vor Neuabschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine solche bei einem anderen Versicherer bestanden hat, steht der Annahme von Arglist jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Initiative zum Neuabschluss vom Versicherungsnehmer ausging, weil er weniger Prämien zahlen wollte
OLG Koblenz
Das Vorliegen von Arglist kann auch nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil die Klägerin bereits durch eine früher bestehende Berufsunfähigkeits-Versicherung, welche sie aus Anlass des Abschlusses der hier in Rede stehenden Versicherung aufgegeben hat, gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit hinreichend abgesichert war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist anzunehmen, dass die Initiative zum Neuabschluss der Versicherung von der Klägerin ausgegangen ist und dass diese erstrebte, bereits bestehende Versicherungen durch solche zu ersetzen, die bei gleicher oder besserer Leistung mit geringen Prämien verbunden waren. Dieses Ziel wäre bei korrekter Beantwortung aller von der Beklagten gestellten Fragen nicht zu verwirklich gewesen.

Keine übertriebenen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
OLG Köln
1. Im Ausgangspunkt zutreffend führt das Landgericht an, dass derjenige, der Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung verfolgt, substantiiert vortragen muss, wie seine berufliche Tätigkeit in gesunden Tagen ausgestaltet war. Dazu genügt die Angabe eines bloßen Berufstyps und die Angabe der Arbeitszeit nicht. Vielmehr müssen die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit anfallenden Arbeiten ihrer Art, ihrem Umfang und ihrer Häufigkeit nach nachvollziehbar beschrieben werden (BGH, NJW-RR 1996, 345; OLG Köln - 20. Zivilsenat -, Urt. v. 3. Juni 2011 - 20 U 168/10 - und Hinweisbeschl. v. 18. Februar 2010 - 20 U 133/09 -; OLG Köln - 5. Zivilsenat -, VersR 2009, 667).
2. Die Anforderungen an den insoweit erforderlichen Sachvortrag dürfen indes nicht überspannt werden (vgl. BGH, VersR 2010, 1206; OLG Köln - 20 Zivilsenat -, Urt. v. 3. Juni 2011 - 20 U 168/10 -). Es darf nicht aus dem Blick geraten, dass die Klärung des Berufsbildes vornehmlich den Zweck verfolgt, dem Sachverständigen die notwendigen tatsächlichen Vorgaben zur medizinischen Beurteilung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit an die Hand zu geben. Steht - was in aller Regel unstreitig sein wird - fest, dass der Versicherte überhaupt einer Berufstätigkeit nachgegangen ist, darf ihm der Zugang zu den versicherten Leistungen nicht durch übersteigerte Anforderungen an die Pflicht zur substantiierten Darlegung seiner Berufstätigkeit unzumutbar erschwert werden.
3. Die Abweisung einer Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung wegen nicht hinreichend substantiierter Darstellung der Berufstätigkeit muss auf solche Fälle beschränkt bleiben, in denen trotz eingehender, ggf. wiederholter gerichtlicher Hinweise (§ 139 ZPO) das Berufsbild unklar und widersprüchlich bleibt (vgl. den Fall OLG Köln - 5. Zivilsenat -, VersR 2009, 667).
4. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung gegebene pauschale richterliche Hinweis, es bedürfe zur Beschreibung des Berufsbildes der „Darlegung der Einzeltätigkeiten im Rahmen eines exemplarischen Stundenplanes einer Woche" erscheint mit Blick darauf, dass der Kläger bereits Einzelheiten seiner Tätigkeit angegeben hatte, nicht sachdienlich und damit nach § 139 ZPO unzureichend, weil dem Kläger nicht konkret vor Augen geführt worden ist, inwieweit die schon beschriebene Tätigkeit eines vertieften Vortrags bedurft hätte.

Bei einem Einkommensvergleich kommt es auch darauf an, mit welchem Arbeitseinsatz die neue Vergütung im Vergleich zur Vergütung in gesunden Tagen erreicht wird
OLG Köln
1. Hat der Versicherer die Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers als Profi-Handballspieler anerkannt, so kann er sich im Nachprüfungsverfahren zur zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübten Tätigkeit nicht darauf berufen, dass dieser neben seiner Sportlerlaufbahn noch studierte.
2. Ob ein Einkommensverlust dem VN zumutbar ist, ist nicht anhand der tatsächlich erzielten Einkünfte in der Verweisungstätigkeit mit denen der Tätigkeit vor Eintritt des Versicherungsfalles abzugleichen, wenn der VN in der Tätigkeit vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mit geringerem Arbeitsaufwand hohe Einkünfte erzielt hatte, vielmehr sind in einem solchen Fall die jeweiligen Stundenlöhne zu vergleichen. Hat der versicherte Berufssportler bei Eintritt des Versicherungsfalles ausgehend von einer regelmäßigen Arbeitszeit von 11 Wochenstunden einen Nettostundenlohn von 52,29 € verdient, während er in der neuen Tätigkeit als Wirtschaftsingenieur bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden einen Nettostundenlohn 13,62 € erzielt, so ist der Einkommensverlust nicht mehr zumutbar.
3. Übernimmt der Versicherer das Berufsunfähigkeitsrisiko eines Berufsportlers für eine begrenzte Vertragsdauer auf der Grundlage eines nur für einen bestimmten Zeitraum erzielbaren Spitzeneinkommens und stuft er diesen nach seinen Risikoprüfungsgrundsätzen in die höchste Risikogruppe ein, so kann der Versicherer sich bei Vereinbarung einer über das Vertragsende hinausgehenden Rentenzahlungsdauer nicht darauf berufen, dass der Versicherte als Berufssportler bei gewöhnlichem Lauf der Dinge dieses Spitzeneinkommen nie in der gesamten Zeit bis zum vereinbarten Ende der Rentenzahlungspflicht erzielt hätte.

Keine übertriebenen Anforderungen an die Darlegung fehlender Umorganisationsmöglichkeiten in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
OLG Köln
1. Der (mit-)arbeitende Betriebsinhaber hat zwar vorzutragen und erforderlichenfalls auch zu beweisen, dass die Tätigkeitsfelder, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung noch arbeiten kann, ihm keine Betätigungsmöglichkeiten belassen, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen; zu seiner Vortrags- und Beweislast gehört, dass ihm eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch zu bewältigenden Betätigungsmöglichkeiten eröffnen könnte, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würden (vgl. BGH, VersR 2003, 631 und VersR 1996, 1090).
2. Auch hierzu hatte der Kläger nach Auffassung des Senats ausreichend vorgetragen. Der Kläger hat dargelegt, dass er regelmäßig Transportaufträge mit Lkw bzw. Spezialfahrzeugen abwickelt, wobei er als Betriebsinhaber im Kern die gleichen Tätigkeiten wie seine beiden Angestellten durchgeführt hat; d.h. er hat eines der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge gefahren, Büroarbeiten sind nach seiner Darstellung nur in einem sehr geringen Umfang angefallen (GA 37: 1 Stunde am Tag).
3. Unter Berücksichtigung des weiteren Vortrags des Klägers, wonach er die Transportfahrten einschließlich der damit verbundenen Ladetätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausführen kann, ist angesichts der geschilderten Betriebsstruktur (Kleinbetrieb mit 2 Mitarbeitern) augenfällig, dass eine zumutbare Umorganisation, die dem Kläger eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließende andere Tätigkeit eröffnet, nicht in Betracht gezogen werden kann (vgl. dazu, dass bei Kleinbetrieben die Möglichkeit einer zumutbaren Umorganisation eher fernliegt: OLG Koblenz, VersR 2009, 1249; Rixecker, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 46, Rn. 27).
4. Selbst wenn es dem Kläger noch zumutbar sein sollte, einen weiteren Fahrer einzustellen, der seine bisherigen Aufgabenbereich übernimmt, dann ist kein Betätigungsfeld ersichtlich, das er sinnvoll jedenfalls halbschichtig auch mit seinen behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch ausfüllen könnte. Auf eine bloße Verlegenheitsbeschäftigung (hier etwa - wie von der Beklagten im Ansatz vorgetragen - die passive Begleitung eines neu einzustellenden Mitarbeiters auf den Fahrten) muss der Kläger sich nicht verweisen lassen (vgl. dazu Rixecker, aaO; die von der Beklagten in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des OLG Köln - 5. Zivilsenat -, r+s 1994, 35 betrifft einen nicht vergleichbaren Sachverhalt).
5. Wenn das Landgericht indes gleichwohl die bisherige Darstellung des Klägers für unzureichend halten wollte, dann wäre es wiederum seine Sache gewesen, den Kläger unter Erteilung detaillierter Hinweise (§ 139 ZPO) zu weiterem konkreten Sachvortrag aufzufordern. Der im Termin vom 30. März 2011 pauschal unter Bezugnahme auf den Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung erteilte Hinweis war unzureichend, weil sich dem Kläger daraus nicht erschließen konnte, bezogen auf welches konkrete Vorbringen der Beklagten das Landgericht weiteren Vortrag des Klägers erwartete. Auch die Urteilsgründe verhalten sich dazu nicht.

Anwendung des Spaltungsmodells in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
LG Köln
Bei einem im Jahr 2005 geschlossenen Vertrag über eine Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung und einem im Jahr 2009 eingetretenen Versicherungsfall ist nach dem sogenannten "Spaltungsmodell" gem. Art. 1 EGVVG die Frage, ob der Tatbestand einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung vorliegt, nach altem Recht (§§ 16ff VVG a.F.) zu beantworten, während sich die Frage, ob aus dieser Anzeigepflichtverletzung als Rechtsfolge ein Rücktritts- oder Anfechtungsrecht besteht, nach den §§ 19ff VVG beantwortet.

Bedeutung des „Ende der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" für die Leistungspflicht
BGH
Der Senat teilt nicht die Auffassung, der normale Sprachgebrauch gehe dahin, dass mit dem Ende der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auch alle daraus herzuleitenden Ansprüche auf Rente und Beitragsfreiheit beendet sein sollten (vgl. Senat vom 16.06.2010 - IV ZR 226/07 - unter Hinweis auf OLG Saarbrücken, VersR 2007, 780; OLG Karlsruhe, VersR 1995, 1341; Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Auflage, § 46, Rn. 90; Bruck/Möller, VVG, 8. Auflage, VI. Anmerkung D 16; Terno, r+s 2008, 361; Veith/Gräfe, Der Versicherungsprozess 2005, § 8, Rn. 137 ff.).

Versicherer ist zum Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten des Versicherungsnehmers im Falle unwirksamen Rücktritts verpflichtet
OLG Frankfurt
Tritt der Versicherer ohne Rechtsgrund vom Vertrag zurück, so hat er die Kosten des daraufhin vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts nach § 280 BGB zu ersetzen.

Ausschlussklausel für Fluguntauglichkeit
OLG Koblenz
1. . Zur Einbeziehung einer speziellen Ausschlussklausel für Fluguntauglichkeit in einer BU-Versicherung für "Kabinenpersonal".
2. Zur "Gebotenheit" einer mündlichen Verhandlung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO.

Keine einstweilige Verfügung  auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsrenten
OLG Jena
1. Nach § 940 ZPO sind grundsätzlich einstweilige Verfügungen nur zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile, der Verhinderung drohender Gewalt und ähnlicher drohender (gravierender) Schäden (gesetzlich) zulässig; die Regelungsverfügung dient so der Wahrung des Rechtsfriedens durch präventiven Rechtsschutz, der Verfügungsgrund ist bei dieser Verfügung eine besondere Rechtsform des Rechtsschutzbedürfnisses.
2. Eine Leistungsverfügung führt darüber hinausgehend zu einer endgültigen Befriedigung des Antragstellers, denn sie ist auf Erfüllung (des geltend gemachten Anspruchs) gerichtet; dies ist im einstweiligen Verfügungsverfahren prinzipiell fremd. Hinsichtlich des Verfügungsanspruchs ist (deshalb) eine strenge Prüfung erforderlich. Voraussetzung ist ferner ein Verfügungsgrund nach Maßgabe der § 935, 940 ZPO, d. h. es muss ein dringendes Bedürfnis für den Erlass der begehrten Verfügung bestehen. Das bedingt, dass der Antragsteller auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist. Neben der schon vom Landgericht genannten Existenzgefährdung und Notlage des Antragstellers ist daher eine solche Eilmaßnahme nur dann zulässig, wenn die nicht nur verlangte, sondern geschuldete Handlung/Leistungen so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht mehr möglich ist, d. h. wenn ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung anders nicht abwendbare Nachteile für den Lebensunterhalt des Antragstellers entstünden, ferner die Erwirkung eines Titels im Hauptsacheverfahren irreversible Fakten schaffen würde und der Verweis auf das ordentliche Verfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleich käme.
3. Eine Leistungsverfügung soll und kann daher nicht den Hauptsacheprozess ersetzen; sie muss daher auf Notfälle wie eine existentielle Gefährdung ausschließlich des Antragstellers beschränkt bleiben. Denn die vorläufige Befriedigung führt in der Regel zu einem endgültigen Rechtsverlust des Schuldners, weil er einen Rückforderungsanspruch nach Obsiegen in der Hauptsache gegen den Antragsteller, der - wie hier - sich bereits in einer völlig überschuldeten Situation befindet, nur schwerlich würde durchsetzen können.

Weitere Nachforschungen des Versicherers bei Kenntnis der offenbarungspflichtigen Umstände stehen einer Widerlegung der Gefahrerheblichkeit nicht entgegen
OLG Naumburg
Allein, dass der Versicherer bei Kenntnis der nach § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG a. F. offenbarungspflichtigen Umstände vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung weitergehende Nachforschungen angestellt hätte, steht einer Widerlegung der aus § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG a. F. folgenden Gefahrerheblichkeitsvermutung durch den Versicherungsnehmer noch nicht entgegen.

Vergleich über kapitalisierte Berufsunfähigkeitsrente führt zu keiner Erhöhung des Streitwertes
OLG Hamm
Der nach der kapitalisierten Rente (hier: Rente aus Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag) errechnete Vergleichsbetrag führt auch dann nicht zu einer Erhöhung des Werts der Einbußgebühr, wenn er höher als der Streitwert für das Verfahren ist.

Zeitpunkt des Eintritts des Rechtsschutzfalls im Falle einer Anfechtung einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen arglistiger Täuschung über die Gesundheitsdaten
LG Dortmund
1. Anspruch auf Rechtsschutz besteht gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 c) ARB 2000 von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Das Ereignis muss nach Beginn und vor Ende des Versicherungsschutzes eingetreten sein (§ 4 Abs. 1 Satz 2 ARB 2000). Ein Verstoß im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 c) ARB 2000 ist jedes Verhalten, das objektiv nicht mit Rechtsvorschriften oder Rechtspflichten im Einklang steht und das den "Keim eines Rechtskonflikts" in sich trägt (BGH VersR 2005, 1684; VersR 2007, 535; OLG Karlsruhe r+s 2012, 175 mit Anm. Maier) in sich trägt. Bei Versicherungsstreitigkeiten kommt für einen Versicherungsfall in diesem Sinne als streitauslösender Verstoß die Verletzung von Pflichten aus dem Versicherungsvertrag durch eine der Vertragsparteien in Betracht (BGH VersR 2005, 1684 (1685); OLG Karlsruhe, a.a.O.). Damit kommen als streitauslösende Verstöße zum einen der angeblich unter Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht eingereichte Antrag des Klägers vom 15.02.2001 sowie zum anderen die nach der Darstellung des Klägers unberechtigte Weigerung der B Leistungen wegen Berufsunfähigkeit zu erbringen in Betracht. In einer solchen Konstellation liegt der streitauslösende erste und damit maßgebliche Verstoß (§ 4 Abs. 2 Satz 2 ARB 2000) in der Antragstellung vom 15.02.2001.
2. Ist bereits die Entstehung eines Schuldverhältnisses mit einem Verstoß behaftet, etwa wenn es um die Frage geht, ob ein Vertrag wegen Verstoßes gegen §§ 134, 138 BGB nichtig ist oder ein Willensmangel nach den §§ 119, 123 BGB zum Vertragsschluss geführt hat, so ist diese schon mit dem Keim eines künftigen Rechtskonfliktes belastet. Durch die Regelung in § 4 (2) Satz 2 ARB 2000 (ähnlich § 14 (3) Satz 2 ARB 75) soll gerade vermieden werden, dass die Rechtsschutzversicherung mit Kosten solcher Rechtskonflikte belastet wird, die bei Abschluss des Vertrages bereits die erste Stufe der Gefahrverwirklichung erreicht haben, also gewissermaßen vorprogrammiert sind.
3. So liegt es hier. Wegen des nach der Behauptung der B durch eine arglistige Täuschung erreichten Vertragsschlusses war der Rechtskonflikt im Keim angelegt. Das Verhalten der B lag im Bereich des Erwartbaren. Es entspricht der gängigen Praxis der Berufsunfähigkeitsversicherer, nach der Geltendmachung von Leistungsansprüchen (auch) die Richtigkeit der Angaben zu den Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag zu überprüfen und gegebenenfalls vertragsbeendende Erklärungen abzugeben. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass die von der B dem Kläger vorgeworfene arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung geeignet war, den späteren Rechtskonflikt auszulösen.
4. Abzugrenzen von der hier gegebenen Fallkonstellation ist diejenige, in welcher der erste Rechtsverstoß früher als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes erfolgte, welche abweichend zu beurteilen sein dürfte. Um eine solche geht es hier nicht: Der erste Verstoß lag hier in der Antragstellung vom 15.02.2001. Der Versicherungsschutz begann aber noch im Jahr 2001.

Wenn in drei Arztberichten von einem regelmäßigen Drogenkonsum vor Beantragung der Versicherung berichtet wird, reicht es nicht zur Widerlegung der Arglist aus, dass der Versicherungsnehmer vorträgt, in den Arztberichten sei sein Drogenkonsum falsch angegeben worden
LG Koblenz
1. Eine arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers liegt vor, wen er vorsätzlich falsche Angaben macht oder vorsätzlich Umstände nicht angibt, sofern er die Gefahrerheblichkeit der betreffenden Umstände kennt und zumindest billigend in Kauf nimmt, der Versicherer könne durch sein Vorgehen über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden.
2. Für eine Arglist spricht eine Vielzahl verschwiegener Vorerkrankungen in einem kurzen Zeitraum, insbesondere wenn der Versicherungsnehmer immer wieder, zum Teil auch mehrere Wochen, arbeitsunfähig erkrankt war. Die Behauptung, die Arbeitsunfähigkeitzeiten habe er vergessen, reicht nicht aus, die Arglist zu widerlegen. Bei der gebotenen Anstrengung hätten dem Kläger zumindest ein Teil der Fehlzeiten wieder einfallen müssen.
3. Wenn in drei Arztberichten von einem regelmäßigen Drogenkonsum vor Beantragung der Versicherung berichtet wird, reicht es nicht zur Widerlegung der Arglist aus, dass der Versicherungsnehmer vorträgt, in den Arztberichten sei sein Drogenkonsum falsch angegeben worden.

Arglistige Täuschung durch Nichtangabe einer Sehnenscheidentzündung einer Kassiererin bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
OLG Köln
1. Eine im Antragsformular nicht angegebene Tendovaginitis stellt einen gefahrerheblichen Umstand dar. Gefahrerheblich sind nach § 16 Abs. 1 S. 2 VVG a.F. die Umstände, die bei der Entscheidung des Versicherers zum Abschluss des Vertrages von Einfluss sein können. Erfragte Umstände sind im Zweifel gefahrerheblich. Zwar kann der Versicherungsnehmer, dem hinsichtlich der fehlenden Erheblichkeit erfragter Umstände die Darlegungs- und Beweislast obliegt, seiner Darlegungslast nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein dadurch genügen, dass er die Gefahrerheblichkeit pauschal bestreitet. Der Versicherer muss aber seinerseits seine Grundsätze der Risikoprüfung nur dann substantiiert darlegen, wenn die Gefahrerheblichkeit nicht ohnehin auf der Hand liegt, d.h. wenn es sich um eine Gesundheitsstörung handelt, die offenkundig als leicht einzuordnen ist, nicht wiederholt aufgetreten ist und deshalb von vornherein keinen Anhalt dafür bietet, dass sie für die Risikoeinschätzung des Versicherers hinsichtlich des auf Dauer angelegten Versicherungsvertrages von Bedeutung sein könnte (vgl. BGH, VersR 2009, 529).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt die Gefahrerheblichkeit der Sehnenscheidenentzündung, die unbestritten eine Ausschlussklausel für Erkrankungen und Funktionsstörungen des rechten Arms und der rechten Hand erforderlich gemacht hätte, sowohl für eine als Kassiererin als auch für eine als Bürokauffrau Beschäftigte auf der Hand, da sie mit starken Schmerzen verbunden ist und häufig durch eine Überbelastung der Handgelenke ausgelöst wird. Die Erkrankung war zudem innerhalb eines Jahres dreimal aufgetreten und medikamentös behandelt worden; es handelte sich damit um eine länger andauernde Gesundheitsstörung, derentwegen die Klägerin zuletzt im Oktober 2001 sogar arbeitsunfähig erkrankt war.
3. Falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein rechtfertigen zwar den Schluss auf eine arglistige Täuschung nicht; denn einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer Antragsfrage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht. In subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (vgl. BGH NJW 2011, 1213, 1214). Deshalb muss der Versicherer nachweisen, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe der Abgabe einer falschen Erklärung auf seinen Willen zum Vertragsschluss einwirken wollte, er sich also bewusst war, der Versicherer werde seinen Antrag bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Fragen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen. Da es sich bei diesem Bewusstsein des Versicherungsnehmers um eine innere Tatsache handelt, kann der Beweis meist nur durch Indizien geführt werden. Für ein solches Bewusstsein des Versicherungsnehmers spricht, wenn er schwere, chronische oder immer wieder auftretende Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder ihm offensichtlich als erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten. Beim Verschweigen leichterer Erkrankungen oder solcher, die vom Versicherungsnehmer als solche angesehen werden, wird der Beweis dagegen häufig als nicht geführt angesehen werden können (OLG Köln [Senat], Beschluss vom 11.04.2011, 20 U 28/11, BeckRS 2011, 20806).

 

Versicherer obliegt Nachweis dafür, dass die Antragsfragen vollständig und richtig vorgelesen wurde - daran fehlt es, wenn komplexe Gesundheitsfragen so schnell vorgelesen, dass ihre richtige Erfassung nicht gewährleistet ist
OLG Stuttgart
1. Der Versicherer, der sowohl hinsichtlich der Täuschung als auch hinsichtlich eines arglistigen Handelns des Versicherungsnehmers beweisbelastet ist, hat den Nachweis zu führen, dass der Versicherungsvertreter dem Antragsteller die Fragen in einer Art und Weise vorgelesen hat, die das Ausfüllen des Formulars durch den Versicherungsvertreter einer eigenverantwortlichen Beantwortung durch den Antragsteller vergleichbar erscheinen erlassen.
2. Von einer solchen Gleichwertigkeit kann lediglich dann ausgegangen werden, wenn jede Frage vollständig vorgelesen und im Einzelnen mit dem Antragsteller besprochen wird. Macht der Versicherungsvertreter hierbei ergänzende Anmerkungen, welche den Inhalt der schriftlichen Fragen relativieren, so muss der Antragsteller die Fragen allein in dem mündlich gestellten Umfang beantworten.

Feststellungsklage auf Fortbestand des Versicherungsverhältnisses ist bei bestrittener, aber nicht geltend gemachter Berufsunfähigkeit, nicht subsidiär gegenüber Leistungsklage
OLG Stuttgart
1. Die Frage des Fortbestandes der Versicherung wäre im Rahmen einer Leistungsklage lediglich als präjudizielles Rechtsverhältnis zu qualifizieren, das von der Rechtskraftwirkung eines etwaig ergehenden Leistungsurteils nicht erfasst würde, so dass die Leistungsklage nicht als weitergehender Rechtsbehelf angesehen werden kann (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, Vor § 322 Rn. 35 f.).
2. Die Möglichkeit einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO über den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses kann - weil eine zusätzliche Zwischenfeststellungsklage mit einem anderen Rechtschutzziel erhoben werden muss - auch gerade nicht als einfacherer Weg der Rechtsverfolgung angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2002 - Az. XII ZR 234/99 = NJW-RR 2002, 1377).
3. Daneben ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Klagen gegen Versicherungsunternehmen anerkannt, dass selbst im Falle einer möglichen Leistungsklage die Erhebung lediglich einer auf Feststellung der Leistungspflicht gerichteten Klage nach § 256 ZPO zulässig ist, weil bei Versicherungsunternehmen grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass diese sich auch einem Feststellungsurteil beugen werden und damit die Notwendigkeit eines vollstreckbaren Leistungstitels entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.1999 - Az. VI ZR 195/98 = NJW 1999, 3774 m. w. N.). Folglich ist von einer Zulässigkeit der Feststellungsklage aber erst recht auszugehen, wenn statt der Leistungspflicht des Versicherers lediglich der Fortbestand des Versicherungsvertrages festgestellt werden soll.

Arglistige Täuschung durch Verschweigen von Anzeichen der Erkrankung an dem Morbus Huntington und deren Bestätigung durch einen Gentest
OLG Saarbrücken
Krankheitszeichen, die für das Vorliegen von Chorea Huntington sprechen, und ihre Bestätigung durch einen diagnostischen Gentest, sind auf die Gesundheitsfragen anzugeben.

Ohne entsprechenden Anlass muss ein Antragsteller nicht davon ausgehen, dass jede Beeinträchtigung des Wohlbefindens, vor allem psychische Beschwerden, angegeben werden muss
OLG Stuttgart
1. Ein Antragsteller wird nicht davon ausgehen müssen, dass jede Beeinträchtigung des eigenen Wohlbefindens bereits die Erheblichkeitsschwelle zu einer Beschwerde oder Störung überschreitet (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2003 - Az. IV ZR 67/02 = NJW-RR 2003, 1106 und Urteil vom 02.03.1994 - Az. IV ZR 99/93 = NJW-RR 1994, 666). Der in Klammern vorgenommenen Aufzählung von Beschwerden und Körperregionen, die der Klägerin durch die Zeugin B. nicht deutlich vermittelt wurde, kommt deswegen eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Nur so kann ein Antragsteller vor seinem geistigen Auge sämtliche Körperregionen nach Beschwerden durchgehen und läuft nicht Gefahr, einzelnen Bereiche auszulassen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sonst gerade psychische Beeinträchtigungen nicht ohne weiteres dem Begriff Krankheit, Störung oder Beschwerde zuordnen, da diese klassischerweise eher mit körperlichen Beeinträchtigungen verknüpft werden (vgl. OLG Hamm
2. Bei einer Depression besteht keine spontane Offenbarungspflicht des Antragstellers, die unabhängig von einer schriftlichen oder mündlichen Nachfrage der Beklagten bestanden hätte. Denn bei psychischen Erkrankungen muss sich dem Versicherungsnehmer die Bedeutung der Erkrankung für den Versicherer allenfalls bei langjährigen, schwerwiegenden Verlaufsformen aufdrängen (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.1992 - Az. IV ZR 232/91 = BGHZ 121, 6 = NJW 1993, 596; OLG Köln, Urteil vom 29.06.1995 - Az. 5 U 245/94 = VersR 1998, 85).

Unbestimmtheit der Frage „Welche Medikamente nahmen oder nehmen sie ein"
OLG Stuttgart
Die Frage „Welche Medikamente nahmen oder nehmen sie ein?" ist zu unbestimmt. Es fehlt an der Angabe des für die Beantwortung relevanten Zeitraums. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird die Frage ohne einen solchen Zusatz indes kaum dahingehend verstehen müssen, dass sämtliche Medikamente, die er jemals eingenommen hat, hier anzugeben sind (vgl. Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 19 Rn. 23 f.).

Diagnose einer Neuroborreliose setzt zwingend eine Lumbalpunktion voraus
LG Bielefeld
1. Das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen hat der Berufsunfähigkeitsrente Begehrende zu beweisen.
2. Eine Neigung zur Synustachykardie, die mit hoher extrakardialer Genese ist und durch ein mildes Ausdauertraining in Verbindung mit einem erneuten Therapieversuch mit den seit einiger Zeit verfügbaren modernen Beta-Blocker Ivabradin, begründet keine Berufsunfähigkeit wegen einer Herzerkrankung, da hierdurch die gesundheitliche Situation soweit gebessert werden kann, dass die Versicherungsnehmerin langfristig wieder voll in das Arbeitsleben als Krankenschwester integriert werden kann.
3. Für die Diagnose einer Neuroborreliose ist eine Lumbalpunktion mit Untersuchung des Liquor eine unabdingbare Voraussetzung, so dass dann, wenn für diese Untersuchung kein Einverständnis erteilt wird, ein Nachweis nicht möglich ist.

Gegen Arglist spricht fehlende Arbeitsunfähigkeit und Beendigung der Therapie
OLG Stuttgart
Gegen eine Arglist spricht, wenn der Antragsteller aufgrund der im Antrag nicht angegebenen Gesundheitsbeeinträchtigung zu keinem Zeitpunkt arbeitsunfähig krankgeschrieben (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29.06.1995 - Az. 5 U 245/94 = VersR 1998, 85) war und die Therapie zum Antragszeitpunkt schon seit mehr als zwei Jahren beendet wa, so dass die Krankheit als ausgeheilt anzusehen war (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 10.10.2002 - Az. 1 U 19/02 = OLGR 2003, 213).

Maßgeblicher Beruf im Erziehungsurlaub
BGH
Eine vorübergehende Tätigkeit im Haushalt allein aufgrund von Erziehungsurlaub stellt keine Anzeichen für eine bewusste Entscheidung der Versicherungsnehmerin dar, ihren erlernten und bis dahin ausgeübten Beruf als Erzieherin aufzugeben.

Arglistige Täuschung durch Verschweigen eines Migräneleidens und Rückenbeschwerden
OLG München
1. Von einem arglistigen Verhalten ist auszugehen, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht, und dass dadurch bei dem Empfänger seiner Erklärung eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht oder nicht so abgegeben haben würde. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist somit, dass der Versicherungsnehmer mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen bzw. dem Verschweigen anzeige- und offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, seinen Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er wahrheitsgemäße Angaben mache. Arglistig täuscht im Sinne des § 123 BGB damit nur derjenige, dem bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früherer Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots zu beeinflussen. Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Für ein arglistiges Verhalten eines Versicherungsnehmers gegenüber seinem Versicherer bei Antragstellung kann sprechen, wenn er schwere, chronische, schadengeneigte Erkrankungen oder immer wieder auftretende zahlreiche Erkrankungen oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen, die zu erheblichen Einschränkungen des Alltags führen oder solche verschwiegen hat, die offenkundig für das versicherte Risiko erheblich sind. Auch die Angabe einer belanglosen Erkrankung bei Verschweigen einer belangvollen kann ein Indiz für Arglist sein (vgl. u.a. BGH NJW-RR 1991, 412; OLG Saarbrücken VersR 1996, 488).
2. An diesen Grundsätzen gemessen handelt ein Versicherungsnehmer arglistig, wenn er bei Antragstellung weder ein Migräneleiden noch Rückenbeschwerden angegeben hat.

Malergeselle muss sich nicht auf tatsächlich ausgeübte Tätigkeit eines Schulhausmeisters verweisen lassen
OLG Karlsruhe
1. Die Verweisung eines Malergesellen auf den Hausmeisterberuf scheitert nicht schon daran, dass dessen soziale Wertschätzung hinter derjenigen zurückbleibt, die ein Malergeselle genießt. Auch wenn der Malergeselle eine handwerklich-fachlich anspruchsvollere Tätigkeit ausüben mag, wird die soziale Wertschätzung des Hausmeisters doch auch von dem Umstand geprägt, dass diesem in vielerlei Hinsicht die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler, etwa vor gefährlichen Gegenständen oder Glätte, anvertraut ist und seine Arbeit einige Flexibilität und Organisationsvermögen verlangt. Die soziale Wertschätzung des Schulhausmeisters geht in diesem Zusammenhang wegen des ständig notwendigen Kontakts zu den Schülern und Lehrern über diejenige hinaus, die ein für ein sonstiges Gebäude beschäftigter Hausmeister genießt.
2. Eine Verweisung ist auch nicht bereits deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, weil der Beruf, auf den die versicherte Person verwiesen werden soll, ein Ausbildungsberuf ist. Bei dem anzustellenden Vergleich ist vielmehr zu prüfen, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert (BGH, NJW-RR 2010, 906).
3. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Oberlandesgerichte Köln und Saarbrücken, wonach bei dem Berufsvergleich diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten unberücksichtigt bleiben sollen, die der Versicherte gerade wegen seiner Berufsunfähigkeit nicht mehr nutzen könne, weil es ansonsten überhaupt keine vergleichbare Tätigkeit im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen mehr gebe.

Unwirksamkeit einer Klausel, die die Zumutbarkeit der Einkommenseinbuße im Verweisberuf an die „höchstrichterliche Rechtsprechung" knüpft
OLG Karlsruhe
1. Die Formulierung in einer Klausel, wonach die „zumutbare Einkommensreduzierung (...) je nach Lage des Einzelfalls auf die im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe im Vergleich zum jährlichen Bruttoeinkommen im zuletzt ausgeübten Beruf, vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung begrenzt" werde, ist unklar im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB. Welches die von der „höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe" ist, lässt sie nicht erkennen. Zudem lässt sie eine Auslegung offen, bei der im Falle einer unzumutbaren Einkommenseinbuße durch die Versicherung lediglich das im neuen Beruf erzielte Einkommen auf denjenigen Betrag aufgestockt wird, bei dem die Einkommenseinbuße gerade noch vertretbar ist.
2. Ein Fall wechselnder Erwerbsbiographie liegt nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer nach seinem Vortrag jeweils in den Wintermonaten mangels geeigneter Aufträge immer wieder arbeitslos war.

 

Keine unangemessene Benachteiligung bei einer Risikobeschränkung auf 80 % des verfügbaren beruflichen Einkommens
KG
1. Die Klausel in einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die den Versicherungsfall „Berufsunfähigkeit" vertraglich festlegt und mit der Einschränkung verbindet, dass keine Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer aus einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit 80 % des bisher verfügbaren beruflichen Einkommens oder mehr erzielt, beinhaltet keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB.
2. Der Begriff „verfügbares Einkommen" bezieht sich auf das Nettoeinkommen, also auf den um Steuern und Sozialabgaben verminderten Verdienst eines Arbeitnehmers.

Arglistige Täuschung eines Bäckers bei Verschweigen eines Asthma bronchiale
OLG Frankfurt
1. Voraussetzung für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung ist, dass der Versicherungsnehmer gefahrerhebliche Umstände kennt, sie dem Versicherer wissentlich verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass der Versicherer sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst wird (BGH, IV ZR 161/03, VersR 2004, 1297, 1298).
2. Auf die vom Versicherer zu beweisende Arglist als eine innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Unrichtige Angaben bei der Antragsaufnahme lassen allein noch nicht auf den Täuschungsvorsatz schließen. Für ein arglistiges Verhalten spricht indessen, wenn der Versicherungsnehmer chronische oder schadengeneigte oder immer wieder auftretende oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten (OLG Saarbrücken, OLGR 2006, 147 ff.).
3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist von einem arglistigen Verhalten eines Bäckers auszugehen, wenn dieser ein Asthma bronchiale und ein dyshidrosiformen Handekzem bei Antragstellung verschweigt.

Keine konkrete Verweisung, wenn der Versicherungsnehmer aus gesundheitlichen Gründen eigentlich mehr arbeiten könnte, als er es tatsächlich tut
OLG Nürnberg
Sehen die Bedingungen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nur die Möglichkeit einer konkreten Verweisung vor, so kann der berufsunfähige Versicherungsnehmer auch dann nicht verwiesen werden, wenn er die von ihm aufgenommene andere Tätigkeit nach seinen gesundheitlichen Verhältnissen zwar vollschichtig ausüben könnte, sie tatsächlich aber nur in einem so geringen Umfang verrichtet, dass er keine die bisherige Lebensstellung wahrende Vergütung erzielt.

 

Zur Berücksichtigung von ALG I im Rahmen der Verweisung und zum Netto- oder Bruttovergleich
BGH
1. Bei dem für die Verweisbarkeit des Versicherungsnehmers auf seine neue berufliche Tätigkeit gebotenen Einkommensvergleich kann auch der Erhalt von Arbeitslosengeld I zu berücksichtigen sein.
2. Welche Vergleichsmethode dem Maßstab der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse am besten gerecht wird (Netto- oder Bruttovergleich), entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung dürfen nicht wegen Tätigkeit in einer Beschäftigungsmaßnahme eingestellt werden
OLG Nürnberg
Eine von der gesetzlichen Rentenversicherung getragene, auf höchstens 6 Monate angelegte Beschäftigungsmaßnahme zur Wiedereingliederung des berufsunfähigen Versicherungsnehmers an seiner bisherigen Arbeitsstelle stellt keine die frühere Lebensstellung wahrende Verweisungstätigkeit im Rahmen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung dar. Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung dürfen daher nicht eingestellt werden, wenn der Versicherungsnehmer eine solche Tätigkeit ausübt. Es handelt sich hierbei nicht um eine normale Beschäftigung auf dem freien Arbeitsmarkt.

Keine schuldhafte Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, wenn er sich auf Empfehlung seines Rechtsanwalts weigert, eine ärztliche Untersuchung vornehmen zu lassen
OLG Saarbrücken
1. Verweigert ein Versicherungsnehmer die vom Versicherer verlangte Untersuchung bei einem vom Versicherer beauftragten Arzt auf anwaltlichen Rat, so ist die Obliegenheitsverletzung grundsätzlich nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen.
2. Solange nicht feststeht, dass ein Versicherungsnehmer eine seine Arbeitsunfähigkeit behebende Operation nicht durchführen wird, kann die Prognose dauerhafter Berufsunfähigkeit nicht gestellt werden.

Unzumutbare Einkommensminderung von 21,53 %
OLG München
1. Ab wann eine Einkommensminderung in der neuen Tätigkeit die bisherige Lebensstellung des Versicherers nicht mehr wahrt und dieser damit nicht auf die andere Tätigkeit verwiesen werden kann, ist nur anhand des Einzelfalls zu entscheiden, da sich eine prozentuale Einkommensminderung je nach Höhe des Einkommens vor Eintritt des Versicherungsfalls unterschiedlich auswirken kann.
2. Ausgehend von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 2.550,00 € vor Eintritt des Versicherungsfalls als Offset-Drucker ist eine Einkommensminderung von 550,00 € in dem Verweisungsberuf als Kalkulator, d. h. von 21,5 % nicht mehr hinnehmbar.

Arglistige Täuschung durch Verschweigen einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer Zervikalneuralgie und einer Depression
Landgericht Koblenz
1. Bei einer zervikalen Neuralgie sowie einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Zervikalneuralgie von zwei Mal je 2 Wochen und aufgrund einer depressiven Episode von 1 Monat handelt es sich um gefahrerhebliche Umstände im Sinne des § 19 VVG.
2. Dass derartige Umstände, gerade eine längere Arbeitsunfähigkeit, im Rahmen des Abschlusses einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung von besonderer Bedeutung sind und im Rahmen einer Risikoprüfung vom Versicherer berücksichtigt werden, liegt auf der Hand.
3. Auf die Gefahrerheblichkeit der erfragten Umstände braucht sich die Kenntnis des Versicherungsnehmers zwar grundsätzlich nicht zu beziehen (BGH, VersR 2000, 1446; 2007, 821; Prölss/Martin, § 19, Rn. 21 m. w. N.). Die Gefahrerheblichkeit bzw. besondere Bedeutung der vorgenannten Umstände ist allerdings für den Versicherungsnehmer offensichtlich, wenn in den Gesundheitsfragen ausdrücklich nach längeren Arbeitsunfähigkeiten und Erkrankungen der Psyche bzw. des Bewegungsapparates gefragt wurde. Ferner ist allgemein bekannt, dass psychische Beschwerden bzw. Erkrankungen (insbesondere Depressionen) für einen Versicherer grundsätzlich von besonderer Bedeutung sind, da diese bei der Risikoprüfung nur schwer zu kalkulieren sind.
4. Das Gericht verkennt nicht, dass ein Versicherungsvermittler wegen der ihm zustehenden Provision ein Interesse daran hat, dass ein Vertragsschluss zustande kommt. Dies steht der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen nach Würdigung aller Umstände aber nicht entgegen. Ein erfahrener Versicherungsmakler ist typischerweise nicht an Vertragsabschlüssen „um jeden Preis", sondern an dem Abschluss (provisions-)wirksamer Verträge interessiert. Er weiß, dass im Rahmen der Leistungsprüfung verschiedene Vorerkrankungen von den Versicherern vielfach entdeckt werden und zur Rücktrittserklärung oder Anfechtungserklärung führen und er dann im Konflikt sowohl mit seinen Kunden, als auch dem Versicherer gerät (vgl. OLG Hamm, VersR 2005, 773).
5. Auch wenn der Versicherungsnehmer der Zervikalneuralgie keine besondere Bedeutung beigemessen haben will bzw. es sich lediglich um Funktionsstörungen der Halswirbelsäule mit Verspannungen gehandelt haben sollte, dann wäre für die Klägerin dennoch ersichtlich, dass die Nichtangabe der Zervikalneuralgie geeignet ist, auf den Einschluss des Versicherers - insbesondere bezüglich der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung - Einfluss zu nehmen. Denn letztlich geht es im Rahmen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gerade darum, ob eine versicherte Person noch in der Lage ist, ihren Beruf auszuüben. Insofern war für die Klägerin auch die Relevanz der Fragen nach längeren Arbeitsunfähigkeiten bekannt bzw. lag dies auf der Hand und war ersichtlich, dass auch durch die Nichtangabe längerer Arbeitsunfähigkeitszeiträume auf den Entschluss des Versicherers Einfluss ausgeübt werden kann.
6. Ein weiteres Indiz für ein arglistiges Verhalten der Klägerin ist die durch den Wechsel der Versicherung erfolgte deutliche Prämienersparnis bei der Beklagten gegenüber der Vorversicherung. Bei der Vorversicherung betrug die monatliche Prämie für Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zuletzt 134,99 €. Demgegenüber betrug die monatliche Prämie bei der Beklagten gemäß Versicherungsschein 54,33 €, wobei sich der Inkassobeitrag auf 37,80 € belief. Dass der Vorschlag zum Wechsel der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung letztlich vom Makler kam, steht dem nicht entgegen. Denn nach Angaben des Zeugen war dieser mit der Sichtung der verschiedenen Versicherungen mit dem Ziel der Prämienersparnis, d. h. der Prüfung, „wo man für weniger Geld gleiche oder bessere Leistungen bekommt", beauftragt. Letztlich ging es der Klägerin offenbar darum, in einen günstigeren Tarif bei vergleichbaren bzw. besseren Leistungen zu wechseln.

Streitwert einer kombinierten Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung und auf Feststellung des Fortbestands des Versicherungsvertrages
BGH
Wird eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages kombiniert, so findet bei der Ermittlung von Streitwert und Beschwer eine eingeschränkte Wertaddition statt. Insoweit ist für den Feststellungsantrag ein Betrag von 20% der 3,5-fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie zusätzlich zu berücksichtigen.

Auslegung und AGB-rechtliche Wirksamkeit einer Klausel über Nichtberücksichtigung einer bei Vertragsschluss bestehenden Erkrankung bei Bestimmung des Grades der Berufsunfähigkeit
BGH
Eine Klausel, wonach eine bei Vertragsschluss vorhandene Erkrankung eines Auges einschließlich Folgeerkrankungen keine Leistungspflicht des Versicherers auslöst und bei Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleibt, ist dahin auszulegen, dass die Erkrankung bei der Bestimmung des Grades der Berufsunfähigkeit vollständig außer Betracht bleibt und damit im Ergebnis unterstellt wird, dass das erkrankte Auge gesund sei. Die so zu verstehende Klausel hält der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Stand.

Aus der Standartregelung ergibt sich klar, dass bei einem Berufsunfähigkeitsgrad von 25% eine Rente von 25% und nicht von 33 1/3 geschuldet ist
OLG Koblenz
Die Auffassung der Klägerin, dass ihr unter Zugrundelegung eines Berufsunfähigkeitsgrades von 50% eine höhere Rente zustehe, weil die Rente in dem Bereich zwischen 25% und 75% gleichmäßig und stetig ansteige, trifft nicht zu. Der Wortlaut der vertraglichen Regelung ist insoweit eindeutig. In dem Bereich unterhalb von 25% besteht keine Leistungspflicht und ab 76% besteht die Verpflichtung zur Zahlung der vollen Rente. Bei einer Berufsunfähigkeit, die zwischen 25% und 75% liegt, erhält der Versicherungsnehmer eine Rente, die dem Grad seiner Berufsunfähigkeit entspricht. Der Umstand, dass sowohl bei 25% als auch bei 75% bezüglich des Umfangs der Rente ein Sprung von jeweils 25% besteht, entspricht der üblichen vertraglichen Regelung. Es sind keine Gründe ersichtlich, welche die Auffassung der Klägerin stützen könnten, dass bei einer Berufsunfähigkeit von 25% eine Rente von 33 1/3 geschuldet sei und die Rente von da an in gleichen Schritten erhöhen, bis bei 75% eine Rente von 100% erreicht sei.

Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung verlangt keine Kausalität zwischen verschwiegenem Umstand und Eintritt der Berufsunfähigkeit
OLG Frankfurt
1. Im Falle einer arglistigen Täuschung ist der Versicherer auch dann leistungsfrei, wenn der Umstand, über den der Versicherungsnehmer getäuscht hat, nicht kausal für den Eintritt des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers war (Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 1. Aufl., 2009, § 22 Rn. 1).
2. Die Beklagte hat zu Recht wiederholt darauf hingewiesen, dass der Kläger wegen der strittigen Berufsunfähigkeit das Vorliegen und den Umfang seiner Berufsunfähigkeit und die Beeinträchtigung in der konkreten Berufsausübung darzulegen hat. Dies beinhaltet eine substantiierte Schilderung, wie das Arbeitsfeld beschaffen war und welche Anforderungen an den Kläger zuletzt in seinem Beruf als Bäcker gestellt wurden (KG, RuS 2004, 514).

Mitgebrachte Berufsunfähigkeit ist auch bei einem Verzicht auf die Gesundheitsprüfung gemäß §§ 19 ff. VVG beachtlich
OLG Nürnberg
Fehlende Gesundheitsfragen des Versicherers führen nicht zum Verzicht auf die Voraussetzung, dass Leistungen nur für eine während der Versicherungsdauer eingetretene Berufsunfähigkeit erbracht werden.

Erklärungen im Nachprüfungsverfahren sind auch per Schriftsatz im laufenden Prozess zulässig
OLG Koblenz
1. Bei nicht hinreichender Aufklärung des Versicherungsnehmers über die Folgen für ihn ist ein als „Vereinbarung" getroffenes eingeschränktes Leistungsanerkenntnis unwirksam, so dass die Berufsunfähigkeit zum ursprünglich maßgeblichen Zeitpunkt zu prüfen ist.
2. Im Nachprüfungsverfahren kann der Versicherer Erklärungen auch per Schriftsatz in einem laufenden Gerichtsprozess abgeben.

Auch einen Gerichtsvollzieher trifft wie einen Selbständigen eine Verpflichtung zur Umorganisation seines Geschäftsbereichs, wenn dadurch eine Berufsunfähigkeit vermieden werden kann
LG Frankenthal
1. Bei einem Selbständigen kann Berufsunfähigkeit nur dann angenommen werden, wenn es ihm nicht möglich ist, durch Steuerung seines beruflichen Einsatzes bzw. Umorganisation der Arbeit seinen beruflichen Alltag so zu gestalten, dass die gesundheitlichen Störungen sich nicht mehr in erheblichem Maße auswirken.
2. Diese Grundsätze sind auf einen Gerichtsvollzieher - dessen Tätigkeit gewissermaßen eine Mischform zwischen einem Beamten und einem Selbständigen darstellt, was auch aus der Zusammensetzung der Einkünfte aus einem Grundgehalt, Zulagen und Zuschlägen sowie Gebührenanteilen und Auslagen ersichtlich wird - zu übertragen.
3. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass ein Gerichtsvollzieher nicht verpflichtet ist, über das Pensum einer 40-Stunden-Woche hinaus zu arbeiten. Auch eine möglicherweise bestehende Geschäftsüberlastung verpflichtet den Gerichtsvollzieher nicht zu einer die regelmäßigen Arbeitszeit übersteigenden Dienstleistung. Gerichtsvollzieher sind als Organ der Rechtspflege nicht in eine konkrete Arbeitszeitregelung eingebunden. Vielmehr können sie ihren Geschäftsbetrieb nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen regeln

Verzicht auf Stellung von Gesundheitsfragen in einer Nachversicherungsgarantie beinhaltet auch den Verzicht auf den Einwand mitgebrachter bzw. vorvertraglicher Berufsunfähigkeit
Landgericht Koblenz
1. Aus der Tatsache, dass ein Versicherer auf eine erneute Gesundheitsprüfung im Rahmen einer so genannten Nachversicherungsgarantie verzichtet hat, kann der Versicherungsnehmer nur den Schluss ziehen, der Versicherer lasse es im Rahmen der Versicherung ausreichen, dass für ihn bereits bei Abschluss der Primärversicherung Gesundheitsfragen beantwortet wurden.
2. Der Versicherungsnehmer kann daher nach dem Grundsatz von Treu und Glauben davon ausgehen, dass die Frage einer schon vorvertraglichen Berufsunfähigkeit nicht anlässlich des Versicherungsfalls seitens des Versicherers aufgeworfen werden würde, dass vielmehr seine vorvertragliche Berufsfähigkeit mit seiner Unterschrift auf die von dem Versicherer bzw. deren Versicherungsvertreter vorbereiteten Erklärung abschließend verbindlich festgelegt werden sollte.
3. Das Gericht folgt insoweit nicht der Entscheidung des Landgerichts Regensburg vom 28.10.2010 (VersR 2011, 610). Im Gegensatz zum Landgericht Regensburg ist das Gericht durchaus der Auffassung, dass der Versicherungsnehmer aus dem Verzicht des Versicherers auf eine Gesundheitsprüfung aufgrund der gegebenen Umstände den Schluss ziehen konnte, dass die Frage einer schon vorvertraglichen Berufsunfähigkeit nicht noch einmal anlässlich des Versicherungsfalls seitens des Versicherers aufgeworfen werden würde.

Zur Verweisung eines Handwerksgesellen auf den Beruf eines Hausmeisters, wenn die Bedingungen vorsehen, dass auf eine andere, der Ausbildung und Erfahrung sowie bisherigen Lebensstellung entsprechende Tätigkeit verwiesen werden kann
OLG Karlsruhe
1. Die Verweisung eines Handwerksgesellen auf einen Hausmeisterberuf scheitert nicht schon daran, dass dessen soziale Wertschätzung hinter derjenigen zurückbleibt, die ein Malergeselle genießt. Auch wenn der Malergeselle eine handwerklich-fachlich anspruchsvollere Tätigkeit ausüben mag, wird die soziale Wertschätzung des Hausmeisters doch auch von dem Umstand geprägt, dass diesem in vielerlei Hinsicht die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler, etwa vor gefährlichen Gegenständen oder Glätte, anvertraut ist und seine Arbeit einige Flexibilität und Organisationsvermögen verlangt. Die soziale Wertschätzung des Schulhausmeisters geht in diesem Zusammenhang wegen des ständig notwendigen Kontakts zu den Schülern und Lehrern über diejenige hinaus, die ein für ein sonstiges Gebäude beschäftigter Hausmeister genießt.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21. 4. 2010 - IV ZR 8/08, NJW-RR 2010, 906, Rn. 17) ist eine Verweisung auf der Grundlage einer konkreten Verweisungsklausel auch nicht bereits grundsätzlich deshalb ausgeschlossen ist, weil der Beruf, auf den die versicherte Person verwiesen werden soll, kein Ausbildungsberuf ist. Bei dem anzustellenden Vergleich ist vielmehr zu prüfen, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert.
3. Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung entspricht die Tätigkeit des Schulhausmeisters in der bei dem Kläger gegebenen Ausprägung nach der erforderlichen Ausbildung und den erforderlichen Erfahrungen damit insgesamt nicht derjenigen eines Malergesellen. Dass dem Kläger in seiner bisherigen Tätigkeit Führungsaufgaben nicht übertragen waren - er gibt insoweit an, dass es keinen Vorarbeiter im eigentlichen Sinne gegeben habe, wenn er auch meist die Führung bei einem Trupp von zwei bis drei Mann übernommen habe - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Entscheidend ist in erster Linie, dass die bisherige Tätigkeit in handwerklich-fachlicher Hinsicht erhebliche höhere Anforderungen an Ausbildung und Erfahrung gestellt hat als die spätere Tätigkeit als Schulhausmeister.
4. Soweit die Beklagte unter Berufung auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte Köln (Urteil vom 20. Juni 1991 - 5 U 196/90,VersR 1991, 1362) und Saarbrücken (Urteil vom 31. Januar 1996 - 5 U 374/95, NJW-RR 1997, 791) die Auffassung vertritt, bei dem Berufsvergleich müssten diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten unberücksichtigt bleiben, die der Versicherte gerade wegen seiner Berufsunfähigkeit nicht mehr nutzen könne, weil es ansonsten überhaupt keine vergleichbare Tätigkeit im Sinne der allgemeinen Versicherungsbedingungen mehr gebe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist keine (bloße) Erwerbsunfähigkeitsversicherung.
5. Die in § 1 Absatz 4 a) der Bedingungen enthaltene Klausel, wonach die „zumutbare Einkommensreduzierung (...) je nach Lage des Einzelfalles auf die im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe im Vergleich zum jährlichen Bruttoeinkommen im zuletzt ausgeübten Beruf, vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung, begrenzt" werde, ist unklar (§ 305 c Absatz 2 BGB). Welches die von der „höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe" ist, lässt sie nicht erkennen. Zudem lässt sie eine Auslegung offen, bei der im Falle einer unzumutbaren Einkommenseinbuße durch die Versicherung lediglich das im neuen Beruf erzielte Einkommen auf denjenigen Betrag aufgestockt wird, bei dem die Einkommenseinbuße gerade noch vertretbar ist.
6. Bei dem Einkommensvergleich darf eine möglicherweise kürzere Arbeitszeit im neuen Beruf nicht berücksichtigt werden. Zwar hätte der Kläger damit den Vorteil größerer Freizeit. Das ist jedoch angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen; von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden.

Der Begriff "verfügbares Einkommen" bezieht sich auf das Nettoeinkommen, also auf den um Steuern und Sozialabgaben verminderten Verdienst eines Arbeitnehmers
KG Berlin
Zur Auslegung einer Klausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung, die den Versicherungsfall "Berufsunfähigkeit" vertraglich festlegt und mit der Einschränkung verbindet, dass keine Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer aus einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit 80% des bisher verfügbaren beruflichen Einkommens oder mehr erzielt. Der Begriff "verfügbares Einkommen" bezieht sich auf das Nettoeinkommen, also auf den um Steuern und Sozialabgaben verminderten Verdienst eines Arbeitnehmers. Die betreffende Klausel beinhaltet keine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB.

Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherer darf ein Mal jährlich umfassende ärztliche Untersuchungen des Versicherungsnehmers verlangen
OLG Bremen
Das in den Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geregelte Recht des Versicherers, zur Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit ein Mal jährlich umfassende ärztliche Untersuchungen des Versicherungsnehmers verlangen zu können, verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB. Steht im konkreten Fall allerdings fest, dass die bisherigen Untersuchungsergebnisse, die eine Berufsunfähigkeit bestätigen, nach wie vor Bestand haben (weil z. B. die Erkrankung nach derzeitigem medizinischen Kenntnisstand nicht heilbar ist), kann es für die vom Versicherer verlangte Nachuntersuchung an der im VVG vorausgesetzten Erforderlichkeit der Auskunft fehlen.

Die bloße Aussicht einmal den väterlichen Betrieb zu übernehmen, bleibt unberücksichtigt, wenn sie den Status des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit geprägt hat
OLG Düsseldorf
1. Grundsätzlich hat der Versicherer die prägenden Merkmale des von ihm vorgetragenen Verweisungsberufes näher zu konkretisieren und erst dann hat der Versicherungsnehmer darzulegen, dass er diese Tätigkeit nicht ausüben kann.
2. Nur wenn der Versicherungsnehmer den angesprochenen Vergleichsberuf tatsächlich schon ausübt, hat er die Anforderungen darzulegen, die dieser Beruf an ihn stellt und warum er diese Anforderungen nicht erfüllen kann.
3. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer die Berufsunfähigkeit befristet anerkannt hat mit dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung der Beweisbarkeit. In diesem Fall ist der Versicherer nicht auf die Möglichkeit des Nachprüfungsverfahrens beschränkt, denn die - wirksame - Befristung führt dazu, dass sich der Versicherungsnehmer nach Fristablauf in derselben Situation wie vor Abgabe des Anerkenntnisses befindet.
4. Hat der Versicherer die Leistung nach Fristablauf weiter erbracht und geschah dies für den Versicherungsnehmer eindeutig erkennbar lediglich aus Kulanz, so liegt darin kein den Versicherer bindendes Anerkenntnis, so dass auch in diesem Fall der Versicherer nicht zur Leistungseinstellung auf das Nachprüfungsverfahren beschränkt ist. Vielmehr hat der Versicherungsnehmer die mangelnde Verweisbarkeit auf den von ihm tatsächlich ausgeübten Beruf darzulegen und zu beweisen.
5. Ein im väterlichen Betrieb als Tischlermeister tätiger Versicherungsnehmer kann auf die Tätigkeit eines Fachverkäufers im Einbauküchenhandel verwiesen werden, wenn diese Tätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und ferner keine unzumutbaren finanziellen Einbußen feststellbar sind.
6. Dass der Sohn der Versicherungsnehmerin als Sohn des Firmeninhabers möglicherweise die Aussicht hatte, irgendwann später einmal den Betrieb zu übernehmen, stellt eine berufliche in Aussicht gestellte Erwartung dar, die unberücksichtigt zu bleiben hat, wenn sie im Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit noch nicht den Status des Versicherungsnehmers geprägt hatte.

(Nur noch) 20%-iger Zuschlag für Feststellungsantrag auf Fortbestand der Versicherung bei gleichzeitiger Leistungsklage (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung)
BGH
Wird eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages kombiniert, so findet bei der Ermittlung von Streitwert und Beschwer eine eingeschränkte Wertaddition statt. Insoweit ist für den Feststellungsantrag ein Betrag von 20% der 3,5-fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie zusätzlich zu berücksichtigen (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

Zum Streitwert einer Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, auf Beitragsfreistellung sowie hilfsweise auf Feststellung des Bestehens des Versicherungsverhältnisses
OLG Frankfurt
1. Der Wert der zukünftigen Rentenleistung ist mit dem 3,5 fachen Jahreswert der begehrten monatlichen Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 9 ZPO anzusetzen.
2. Diese Berechnungsweise gilt für eine beantragte Beitragsfreistellung (OLG München Beschluss vom 07.04.2000 - 25 W 912/00 zit.n.iuris; Zöller / Herget, ZPO, 28. Aufl., § 9, Rdn.4).
3. Ein Hilfsantrag auf Feststellung des Bestehens einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist streitwerterhöhend zu berücksichtigen, denn der Feststellungsantrag hat einen von dem Leistungsantrag zu unterscheidenden Gegenstand.
a) Hierbei ist zu beachten, dass der gebührenrechtliche Gegenstand nicht mit dem Streitgegenstandsbegriff des Prozessrechtes identisch ist (BGH Beschluss vom 06.10.2004 - IV ZR 287/03; OLG Düsseldorf Beschluss vom 11.11.2008 - I - 10 114/08 zit.n.iuris). Ziel des § 45 Abs.1 GKG ist es, die Gebühren niedrig zu halten, wenn die gemeinschaftliche Behandlung der in Satz 1 und Satz 2 genannten Ansprüche die Arbeit des Gerichts erleichtert. Hiervon ausgehend ist für die Bestimmung des kostenrechtlichen Gegenstandsbegriffes eine wirtschaftliche Betrachtung geboten. Entscheidend ist deswegen, ob durch das Nebeneinander von Haupt- und Hilfsantrag eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht. Das ist der Fall.
b) Zwar ist der Gegenstand der begehrten Feststellung, das Bestehen einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die aufgrund der von der Beklagten erklärten Anfechtung im Streit steht, auch tatbestandliche Voraussetzung der Leistungsklage. Das hat folgerichtig dazu geführt, dass Hauptantrag und Hilfsantrag gleichermaßen wegen Durchgreifens der Anfechtung von dem Landgericht abgewiesen worden sind. Trotz dieser Teilidentität hängt aber die Leistungsklage zusätzlich davon ab, ob auch eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bei der Klägerin eingetreten ist. Da bereits das Fehlen einer Berufsunfähigkeit allein zu einer Abweisung der Leistungsklage führt, wäre damit der Streit der Parteien über das Bestehen der Versicherung nicht geklärt. Die daraus resultierende selbständige Bedeutung des Feststellungsbegehrens rechtfertigt deswegen einen zusätzlichen Wertansatz (zutreffend OLG Bamberg Beschluss vom 06.05.2008 - 1 W 14/08).
c) Das hiernach zu bewertende Feststellungsbegehren betrifft allein die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.
4. Der Wert des auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beschränkten Feststellungsbegehrens ist nach §§ 3,9 ZPO zu bemessen. Dabei ist von dem 3,5 fachen Jahresbetrag der begehrten monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie auszugehen. Regelmäßig ist ein Abschlag von 50% vorzunehmen, wenn der von der klagenden Partei behauptete Eintritt des Versicherungsfalls, also der Berufsunfähigkeit, ungeklärt ist (BGH ständige Rechtsprechung Beschluss vom 01.12.2004 - IV ZR 150/04 m.w.N. zit.n.iuris). Hier ist aber die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Hilfsantrag auch eingreift, wenn keine Berufsunfähigkeit der Klägerin gegeben ist und der Streit über das Bestehen des Versicherungsverhältnisses ohne den Hilfsantrag ungeklärt bliebe. Das wirtschaftliche Interesse der Versicherungsnehmerin besteht in diesem Fall darin, ohne das schon eine Berufsunfähigkeit eingetreten wäre, die Pflicht des Versicherers zum Erbringen der Versicherungsleistrungen für einen zukünftigen, derzeit noch nicht absehbaren Fall festzustellen. In einem solchen Fall hat der BGH bei der Beurteilung einer Rechtsmittelbeschwer 20% des für eine Klage auf Leistung aus der Versicherung maßgeblichen Wertes angenommen (BGH Beschluss vom 13.12.2000 - IV ZR 279/99; ebenso OLG Hamm Beschluss vom 14.02.2001 - 20 W 29/99 zit.n.iuris). Diese Betrachtungsweise ist auch für die Bemessung des Gebührenstreitwerts zutreffend.

Keine unverschuldet verspätete Mitteilung möglicher Berufsunfähigkeiten nach 3-jähriger Arbeitsunfähigkeit
OLG Saarbrücken
1. Eine AVB eines Berufsunfähigkeitsversicherers, nach der der Anspruch auf Versicherungsleistungen nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Eintritt des Versicherungsfalls erst mit Beginn des Monats der Mitteilung entsteht, enthält eine Ausschlussfrist, auf die sich der Versicherer nicht berufen darf, wenn die Säumnis des Versicherungsnehmers unverschuldet ist.
2. Hat ein Versicherungsnehmer über einen Zeitraum von rund 3 Jahren Berufsunfähigkeit nicht geltend gemacht, obwohl er arbeitsunfähig geschrieben war und Ansprüche auf gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente erhoben hatte, ist seine Säumnis nicht unverschuldet.

Unrichtige bzw. unvollständige Beantwortung von Fragen des Versicherers zur Risikoeinschätzung im Zusammenhang mit der Nichtangabe eines vereinzelten erhöhten Blutwerts
LG Heidelberg
Ein vereinzelter erhöhter Blutwert ist nur ein Parameter bei der Diagnose von Krankheiten und stellt für sich genommen noch keine Gesundheitsstörung dar. Eine Gesundheitsstörung liegt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch erst bei der Diagnose einer Krankheit oder beim Auftreten von Beschwerden vor, die den Verdacht auf das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit begründen. Stellt der Versicherer bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung in einem Fragenkatalog zur Risikoeinschätzung nur allgemeine Fragen nach Krankheiten, Gesundheitsstörungen und Beschwerden, muss der Versicherungsnehmer einen einzelnen erhöhten Blutwert daher nur angeben, wenn dieser erhöhte Blutwert bereits für sich genommen den sicheren Schluss auf das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit zulässt und dem Versicherungsnehmer dieser Umstand bekannt ist oder wenn der Schluss auf das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit für den Versicherungsnehmer aufgrund der ihm bekannten Umstände - auch unter Berücksichtigung eines Sonderwissens als Arzt - naheliegend ist.

Vereinbarkeit des Rechts des Versicherers zur Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers mit AGB-Recht
OLG Bremen
1. Das in den Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geregelte Recht des Versicherers, zur Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit einmal jährlich umfassende ärztliche Untersuchungen des Versicherungsnehmers verlangen zu können, verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB.
2. Steht im konkreten Fall allerdings fest, dass die bisherigen Untersuchungsergebnisse, die eine Berufsunfähigkeit bestätigen, nach wie vor Bestand haben (weil z.B. die Erkrankung nach derzeitigem medizinischem Kenntnisstand nicht heilbar ist), kann es für die vom Versicherer verlangte Nachuntersuchung an der nach § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG vorausgesetzten Erforderlichkeit der Auskunft fehlen.

Rentenversicherung: Erbschaftssteuer auf vom Erben selbstfinanzierte Todesfallleistung
FG Düsseldorf
Die Todesfallleistung an den überlebenden Ehegatten ist auch dann erbschaftsteuerpflichtig, wenn er die Rentenversicherung ausschließlich aus eigenem Vermögen finanziert hat.

Berufsunfähigkeit eines Schweißers bei unfallbedingter Gefahr innerer Blutung infolge Marcumareinnahme
OLG Saarbrücken
1. Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn der als Schweißer tätige Versicherungsnehmer nach einer Thrombosebehandlung marcumarisiert ist und die bloße theoretische Möglichkeit von inneren Blutungen aufgrund von Arbeitsunfällen besteht.
2. Eine Berufsunfähigkeit kann auch dann vorliegen, wenn die berufliche Tätigkeit des Versicherten wegen einer indizierten medikamentösen Behandlung mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko behaftet ist. Ein solches berufsspezifisches Risiko liegt jedoch nicht vor, wenn ein Versicherter, der Marcomar einnehmen muss, zwar stärkeren Gesundheitsgefährdungen infolge von Unfällen oder Verletzungen ausgesetzt ist, es sich aber insoweit nicht um ein berufsspezifisches, sondern um ein allgemeines Lebensrisiko handelt.

Verweisung - Gerichtsvollzieher auf den Innendienst
OLG Frankfurt
Ein berufsunfähig gewordener Gerichtsvollzieher kann nicht auf eine Tätigkeit im mittleren Justizdienst (Registraturarbeiten im Innendienst) verwiesen werden, weil die soziale Wertschätzung und das Einkommen (hier ca. 30 %) deutlich abfällt.

 

Übt der Versicherte bereits eine andere Tätigkeit aus, sind Angaben des Versicherers zu den prägenden Merkmalen dieser Tätigkeit in einer Änderungsmitteilung im Rahmen der Nachprüfung entbehrlich
OLG Koblenz
1. Nachvollziehbarkeit der Änderungsmitteilung - wird die Leistungseinstellung darauf gestützt, dass der Versicherte eine andere Tätigkeit auszuüben in der Lage sei - setzt grundsätzlich voraus, dass dem Versicherungsnehmer diese andere Tätigkeit mit ihrem prägenden und nach § 2 Nr. 1 BUV wesentlichen Merkmalen aufgezeigt wird. Denn erst dadurch werden dem Versicherungsnehmer eine Vergleichsbetrachtung mit seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit und die Einschätzung ermöglicht, ob sich der Versicherer mit Recht auf eine Vergleichbarkeit der aufgezeigten anderen Tätigkeit beruft.
2. Solche Angaben zu der anderen Tätigkeit als Voraussetzung der Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung bedarf der Versicherungsnehmer aber dann nicht, wenn er von den Merkmalen der vom Versicherer benannten anderen Tätigkeit schon deshalb Kenntnis hat, weil er sie konkret ausübt. Er ist dann schon anhand eigener Kenntnisse zu der Beurteilung in der Lage, ob die andere Tätigkeit mit seiner zuletzt ausgeübten vergleichbar ist. Deshalb sind in einem solchen Fall nähere Angaben des Versicherers zu den nach § 2 Nr. 1 BUV wesentlichen Merkmalen der anderen Tätigkeit entbehrlich; die Forderungen nach einer Vergleichsbetrachtung würden sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei darstellen.

Voraussetzungen und Umfang des Pfändungsschutzes bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit anschließender Altersrente
BGH
1. In § 851 c Abs. 1 Nr. 1 ZPO muss das Tatbestandsmerkmal der lebenslangen Leistung sowohl bei der Alternative des Leistungsbeginns nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres als auch der Alternative des Leistungsbeginns mit Eintritt der Berufsunfähigkeit vorliegt.
2. § 851 c Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfasst auch Leistungen ab Eintritt der Berufsunfähigkeit, wenn diese selbst zwar nicht lebenslang erbracht, aber zusammen mit den sich unmittelbar anschließenden Leistungen zur Versorgung im Alter geschuldet werden und beide zusammen lebenslang in regelmäßigen Zeitabständen eine im Wesentlichen gleichbleibende Leistung erbringen.
3. Wird hinsichtlich der Altersrente ein Kapitalwahlrecht gewährt, lässt dies nach § 851 c Abs. 1 Nr. 4 ZPO den Pfändungsschutz auch hinsichtlich einer von der Altersrente gewährten und mit dieser zusammen in der Existenzsicherung dienenden Berufsunfähigkeitsrente entfallen.
4. § 850 b ZPO ist nicht nur auf Renten, Einkünfte und Bezüge von Arbeitnehmern und Beamten, sondern auch von anderen Personen, insbesondere Selbstständigen, anwendbar.
5. Eine nach § 850 b ZPO bedingt pfändbare Berufsunfähigkeitsrente fällt insoweit in die Insolvenzmasse, als sie im Rahmen einer Billigkeitsprüfung für pfändbar erklärt wird (Festhalten an BGH, VersR 2010, 953).

Eine Einkommensminderung von 21,53 % netto nach einer Verweisbarkeit wegen Berufsunfähigkeit im ursprünglichen Beruf ist - jedenfalls bei einem Nettoeinkommen von 2.500,00 €/Monat - unzumutbar
OLG München
1. Ab wann eine Einkommensminderung nicht mehr hinnehmbar ist, die Lebensstellung nicht mehr gewahrt wird, ist jeweils anhand des konkreten Falls zu entscheiden. Eine generelle Quote lässt sich angesichts der Bandbreite individueller Einkommen ohnehin nicht festlegen; vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Beurteilung unerlässlich und geboten, da sich die prozentuale Einkommens- oder Gehaltsminderung unterschiedlich belastend auswirken kann, je nachdem, ob das Einkommen oder Gehalt vor Eintritt des Versicherungsfalls hoch oder niedrig war (vgl. BGH, VersR 1998, 42).
2. Ein Nettoeinkommen von ca. 2.500,00 € fällt weder nach oben noch nach unten deutlich aus dem Rahmen. Bereits der Wegfall eines monatlichen Nettoverdienstes von 21,53 % (550,00 €) erscheint dem Senat vor diesem Hintergrund nicht mehr hinnehmbar. Der Wegfall dieses Betrages führt zu einer deutlich spürbaren Einschränkung der Lebensführung, die frühere Lebensstellung erscheint dem Senat daher nicht mehr gewahrt.

Maßgebliche bisherige Lebensstellung bei Verweisung bei wechselnden beruflichen Tätigkeiten
OLG Oldenburg
1. Beim Vergleich der vom Versicherungsnehmer ausgeübten anderen Tätigkeit mit seiner bisherigen Lebensstellung ist hinsichtlich Einkommen und Ansehen nicht allein auf die Tätigkeit abzustellen, die dieser unmittelbar vor der von ihm behaupteten Berufsunfähigkeit ausgeübt hat, wenn der Versicherungsnehmer zuvor in kürzerer Zeitspanne wechselnde berufliche Tätigkeiten wahrgenommen hat und zwischendurch arbeitslos war. In einem solchen Fall hat in der Regel nicht das letzte Arbeitsverhältnis seine „bisherige Lebensstellung" im Sinne des § 2 Abs. 1 BUZ geprägt. Aufgrund einer in zeitlicher Hinsicht umfassenden Betrachtung ist deshalb die bisherige Lebensstellung über einen längeren Zeitraum zu beurteilen.
2. Wenn der Versicherungsnehmer behauptet, er könne nur zwei Jahre nach Abschluss seiner Berufsausbildung - und einer in diesem Zeitraum etwa 1-jährigen Erwerbstätigkeit - nicht mehr als Metallbauer wegen einer Mittel-Allergie arbeiten, die seit seinem 8. Lebensjahr bekannt war und seitdem „immer wieder" Ekzeme ausgelöst hatte, so ist zweifelhaft, ob der Versicherungsnehmer die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während der Dauer seines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages verloren hat, die er kurz vor Ausbildungsabschluss beantragt hatte.

Beginn der Leistungspflicht - verspätete Anzeige der Berufsunfähigkeit
OLG Karlsruhe
1. Die bedingungsgemäße Leistungsbeschränkung bei verspäteter Mitteilung des Eintritts der Berufsunfähigkeit ist wirksam. Diese Regelung ist eindeutig und nicht überraschend.
2. Ein Zuwarten mit der Mitteilung bis zur Bescheidung eines Rentenantrags in der Sozialversicherung ist nicht unverschuldet. Der Versicherungsnehmer hat nur den Eintritt der Berufsunfähigkeit anzuzeigen, ob deren Voraussetzungen bereits festgestellt oder bewiesen sind, ist keine Voraussetzung für diese Anzeige.

Verweisung eines Rettungssanitäters auf Sachbearbeiter in Rettungswesen
KG Berlin
Ein berufsunfähig gewordener Rettungsassistent, der im Notarztwagen tätig war, kann nicht auf die Tätigkeit eines Sachbearbeiters im Rettungsdienst verwiesen werden, der die Notfalleinsätze abrechnen. Die Tätigkeit dieses Sachbearbeiters erfordert keinen annährend vergleichbaren Kenntnisstand wie die bisherige Tätigkeit, die im Übrigen aufgrund ihrer körperlichen und psychischen Anforderungen bei der Hilfe der Patienten auch eine höhere Wertschätzung erfährt.

Keine Verjährungshemmung durch Klage der nicht anspruchsberechtigten versicherten Person anstelle des Versicherungsnehmers
OLG Koblenz
1. Die Hemmung der Verjährung tritt nicht ein, wenn die Klage durch die nicht anspruchsberechtigte versicherte Person anstelle des Versicherungsnehmers erhoben wird.
2. Bei einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verjährt das Stammrecht als solches und nicht lediglich einzelne Teilansprüche.

Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit für Besitzer eines Ladens mit verminderter Öffnungszeit
OLG Hamm
1. Berufsunfähigkeit eines Inhabers eines Ladenlokals mit verminderter Öffnungszeit ist nicht gegeben, wenn er das Tragen schwerer Lasten und Überkopfarbeiten durch eine Umorganisation mittels Umpackens in kleinere Gebinde und angepasster Regalbestückung vermeiden.
2. a) Ablehnungsentscheidung des Versicherers bedarf in der Berufsunfähigkeitsversicherung keiner Begründung.
2. b) Der Versicherer ist deshalb nicht mit solchen Einwendungen (hier: Fehlen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit) präkludiert, die er in seiner Ablehnungsentscheidung nicht genannt hat, obwohl er ihm bekannt oder hätte bekannt sein können.
2. c) Anderes gilt nur dann, wenn der Versicherer auf die Geltendmachung eines bestimmten Verweigerungsgrundes verzichtet hat. Dies ist dann nicht anzunehmen, wenn der Versicherer das Vorliegen der Berufsunfähigkeit dahingestellt sein lässt und eine abstrakte Verweisung ausspricht.

Zum Vorliegen einer „anderen Tätigkeit, die ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt" im Rahmen einer Verweisungsklausel
OLG Karlsruhe
1. AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an.
2. Ist nach dem Wortlaut einer Klausel eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit zulässig, „die ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt" wird der Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse den Ausdruck „Ausbildung" nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens als die Entwicklung spezieller Fähigkeiten, die für bestimmte Tätigkeiten oder besondere Aufgaben Voraussetzungen sind, verstehen. Eine Ausbildung schlägt sich regelmäßig in entsprechenden Berufsbildern wieder, aus denen sich ergibt, zu welchen Tätigkeiten die erworbenen Qualifikationen befähigen.
3. Aus dem Charakter der Berufsunfähigkeitsversicherung als Summenversicherung folgt, dass der Versicherer im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht die Einkommenseinbuße des Versicherten ersetzt, sondern lediglich die im Voraus vertraglich vereinbarten Leistungen erbringt. Er muss deshalb auch dann leisten, wenn der Versicherte durch den Eintritt der Berufsunfähigkeit keine oder nur eine geringe Einkommenseinbuße erleidet. Ob die Versicherungsleistung mangels eines konkreten Schadens zu einer Bereicherung des Versicherten führt oder nicht, ist unerheblich.

Die theoretische Möglichkeit einer Gesundheitsverschlechterung genügt nicht zur Begründung der Berufsunfähigkeit
OLG Saarbrücken
Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn der als Schweißer tätige Versicherungsnehmer nach einer Thrombosebehandlung marcomarisiert ist und die bloße theoretische Möglichkeit von inneren Blutungen aufgrund von Arbeitsunfällen besteht.

Schriftliche Mitteilung nach § 1 Abs. 3 BBUZ kann nach Beendigung des Vertrages nicht mehr nachgeholt werden
OLG München
Eine nach § 1 Abs. 3 BUZ vorgeschriebenen schriftlichen Mitteilung des Versicherungsnehmers an den Versicherer kann nicht mehr gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BUZ nachgeholt werden, wenn das Versicherungsverhältnis bereits beendet ist.

Versicherungsnehmer muss eine Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht ungefragt dem Versicherer anzeigen
OLG Saarbrücken
1. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung eines BUZ-Vertrages besteht nur beim Vorliegen besonderer Gründe, nach denen dem Kündigenden eine Fortsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zumutbar ist. Unzutreffende Angaben des Versicherungsnehmers zur konkreten Ausgestaltung der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit erfüllen in der Regel nicht die Voraussetzungen eines besonderen Grundes, der den Versicherer zur fristlosen Kündigung berechtigt.
2. Der Versicherungsnehmer muss eine Wiedererlangung der Berufsunfähigkeit nicht von sich aus dem Versicherer anzeigen. Im Rahmen seiner versicherungsvertraglichen Mitwirkungsobliegenheit ist er erst dann dazu verpflichtet, wenn der Versicherer sich auf den nachträglichen Wegfall der Berufsunfähigkeit beruft.

 

Auch eine nur wenige Minuten vor einem zur Berufsunfähigkeit führenden Arbeitsunfall erstmals aufgenommene berufliche Tätigkeit stellt den zuletzt vor Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Beruf dar
Landgericht Koblenz
1. Auch wenn der Versicherungsnehmer nur für sehr kurze Zeit seine berufliche Tätigkeit erstmals ausgeübt hat (hier: Arbeitsunfall am ersten Arbeitstag nach nur 10 Minuten) handelt es sich bei dieser Tätigkeit um seinen zuletzt ausgeübten Beruf. § 2 der Versicherungsbedingungen bezieht sich ausdrücklich auf den „zuletzt vor Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Beruf". Dieser Formulierung ist keine zeitliche Begrenzung zu entnehmen, insbesondere ergibt sich für den Versicherungsnehmer aus der Regelung nicht, dass es auf die letzte „für eine gewisse Dauer ausgeübte" Tätigkeit ankommen solle. Etwaige Unklarheiten bzw. widersprechende Auslegungsmöglichkeiten der Klausel würden zudem zu Lasten des Versicherers gehen.
2. Die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 05.02.2010, VersR 2010, 655, ist auf diese Fragekonstellation nicht übertragbar. Im dortigen Verfahren ging es u. a. im Rahmen der Verweisungsmöglichkeit auf eine andere Tätigkeit um die Frage, ob die Verweisungstätigkeit der „bisherigen Lebensstellung" entspricht. Dass für die Bewertung der „bisherigen Lebensstellung" eines Versicherungsnehmers eine umfassende Betrachtung angezeigt ist und nicht allein auf den nur kurzzeitig ausgeübten Beruf abgestellt werden kann, ist nachvollziehbar.
3. Dass der Versicherungsnehmer die Tätigkeiten nur sehr kurz ausüben konnte und folglich nur hypothetische Angaben dazu machen kann, wie sich seine Tätigkeit ohne den Unfall dargestellt hätte, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen. Es ist daher darauf abzustellen, wie sich die von ihm aufgenommene Tätigkeit ausgestaltet hätte.

Keine Berufsunfähigkeit wegen „Raubbau-Tätigkeit" bei Einnahme von Medikamenten mit möglichen Nebenwirkungen (Marcumar)
OLG Saarbrücken
1. Der Versicherungsnehmer ist auch dann außer Stande, seinen Beruf auszuüben, wenn er zwar noch tätig ist oder sein kann, das zu Leistende aber als überobligationsmäßig zu betrachten ist, weil die festgestellte Gesundheitsbeeinträchtigung die Fortsetzung der Tätigkeit vernünftigerweise und im Rahmen der Zumutbarkeit nicht mehr gestattet.
2. Die Unzumutbarkeit der Berufsausübung muss einen spezifischen Zusammenhang mit dem gerade durch die Tätigkeit verbundenen Gefahren aufweisen.
3. Die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit kann unzumutbar sein, wenn zwar nicht unmittelbar die Krankheit selbst, wohl aber eine durch sie indizierte und durchgeführte medikamentöse Therapie die berufliche Tätigkeit als mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden erscheinen lässt.

Einkommensverlust von ca. 5 % im Verweisungsberuf ist nicht unzumutbar
OLG Bremen
1. Kann der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag einen berufsunfähig gewordenen Versicherungsnehmer auf einen konkret ausgeübten, seiner bisherigen Tätigkeit entsprechenden Beruf verweisen, vertritt der Versicherungsnehmer - anders als bei der abstrakten Verweisung - die Beweislast, dass es sich bei dieser neuen Tätigkeit nicht um einen Vergleichsberuf handelt, denn nicht der Versicherer, sondern nur der Versicherungsnehmer kennt die Anforderungen, welche die konkret ausgeübte Tätigkeit an ihn stellt.
2. Ob der Vergleichsberuf der bisherigen Lebensstellung entspricht, ist danach zu entscheiden, ob die Qualifikation für den Vergleichsberuf nicht geringer ist, als jene für den früheren Beruf und wenn bestimmte, prägende Merkmale des bisherigen Berufs weggefallen sind, ob diese durch andere, auf gleicher Stufe stehende Merkmale ersetzt worden sind.
3. Ein Minderverdienst von ca. 5 % in dem Verweisungsberuf ist nicht unzumutbar.

 

Die Wirkung der Verjährung erfasst den Gesamtanspruch der Rentenzahlung nicht nur die einzelnen Teilansprüche
OLG Koblenz
Bei einer Rentenversicherung wie der vorliegend in Rede stehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verjährt dabei der Gesamtanspruch, das Stammrecht als solches und nicht lediglich die einzelnen Teilansprüche.

Rettungsassistent kann konkret auf den Beruf als Restaurantmeister verwiesen werden - Trinkgelder sind beim Einkommensvergleich zu berücksichtigen
LG Aurich
1. Die maßgebende Lebensstellung wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Die Berufsausübung des Versicherten vor Eintritt des Versicherungsfalls liefert den Vergleichsmaßstab dafür, ob die neue Tätigkeit gleichwertig ist und der bisherigen Lebensstellung entspricht. Mithin muss konkret festgestellt werden, welche Anforderungen die bisherige Tätigkeit an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (BGH-Urteil vom 11.12.2002 - IV ZR 302/01; BGH-Urteil vom 21.04.2010 - IV ZR 8/08). Eine Vergleichstätigkeit ist mithin dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufes absinkt (BGH, jeweils a.a.O.). Will der Versicherte geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht seiner bisherigen Lebensstellung, ist es an ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus der sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll.
2. Eine Vergleichbarkeit der neuen Tätigkeit lässt sich nicht schon deshalb verneinen, weil der Versicherte seine frühere Tätigkeit im öffentlichen Dienst eingebüßt hat. Auch einem früher im öffentlichen Dienst Beschäftigten ist die Aufnahme einer Tätigkeit in sozial abhängiger Stellung ohne die Absicherungen des öffentlichen Dienstes nicht generell unzumutbar.
3. Bei einem Jahreseinkommen von brutto knapp 24.000,00 € ist ein Einkommensunterschied von jährlich knapp 6.000,00 € brutto im Hinblick auf übliche und daher mitzuberücksichtigende Trinkgeldeinnahmen in dem neuen Beruf als nur unwesentlich anzusehen, zumal Trinkgeldeinnahmen steuerfrei sind.
4. Hinsichtlich der Wertschätzung eines Berufs geht es um das soziale Ansehen, das der Beruf als solcher normalerweise jedem verleiht, der ihn ausübt, indem er ihn einem bestimmten Stand zuordnet. Maßgebend für die soziale Wertschätzung sind die gesellschaftliche Bedeutung des Berufs, eine damit verbundene Vertrauens- oder Vorgesetztenstellung, die Selbständigkeit der Tätigkeit und der erforderliche Grad der Ausbildung. Nach diesem Maßstab ist der Verweisungsberuf des Restaurantmeisters durchaus sozial vergleichbar mit dem alten beruf als Rettungsassistent. Die konkreten Anforderungen der heutigen Tätigkeit liegen nicht unter dem Niveau eines Rettungsassistenten. Schon der Berufsbezeichnung nach ist der Kläger nunmehr "Meister" und nicht mehr "Assistent", was bereits auf einen verantwortungsvolleren Tätigkeitsinhalt hindeutet, da ein "Meister" regelmäßig Führungsaufgaben zu erfüllen hat, während ein Assistent eher weisungsgebunden arbeitet. Auch die Ausbildung gestaltet sich für einen Restaurantmeister aufwändiger, da zunächst der Ausbildungsberuf "Restaurantfachmann" durchlaufen wird und anschließend noch ein Meisterkurs absolviert werden muss. Demgegenüber handelt es sich bei der Ausbildung zum Rettungsassistenten um eine kürzere, nämlich lediglich zweijährige Ausbildung, die sich in ein Jahr theoretische und praktische Ausbildung und ein Jahr Vollzeitpraktikum aufgliedert. Voraussetzung für die Ausbildung zum Rettungsassistenten ist die Vollendung des 18. Lebensjahres und zumindest ein Hauptschulabschluss. Besondere Fähigkeiten werden demnach für die Ausbildung zum Rettungsassistenten nicht gefordert.

Bei (noch) fehlenden Berufsunfähigkeitsvoraussetzungen kommt es für die Versicherungsleistung auf erstmaligen Prognosezeitpunkt an
OLG Hamm
Ist in einem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag vereinbart, dass die Versicherungsleistungen erbracht werden, wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer voraussichtlich mindestens 6 Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % berufsunfähig (geworden) ist und dass vollständige Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn die versicherte Person infolge ärztlich nachzuweisender Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, voraussichtlich mindestens 6 Monate außer Stande ist, ihren versicherten Beruf auszuüben, wird die Berufsunfähigkeit unwiderlegbar vermutet, wenn die versicherte Person nachweist, dass sie 6 Monate ununterbrochen außer Stande gewesen ist, ihren Beruf zu mindestens 50 % auszuüben. Ist der Versicherungsnehmer noch nicht 6 Monate ununterbrochen außer Stande, seinen Beruf zu mindestens 50 % auszuüben, kommt es darauf an, ab wann erstmals eine solche Prognose gestellt werden kann.

Das Nachprüfungsrecht des Versicherers besteht auch bei einer unheilbaren Erkrankung
LG Bremen
Das Nachprüfungsrecht des Versicherers nach § 6 BB-BUZ besteht auch dann, wenn die der Berufsunfähigkeit zugrunde liegende Erkrankung nach derzeitigem medizinischen Stand unheilbar ist und eine Besserung ausgeschlossen erscheint. Eine Begrenzung ergibt sich nicht durch die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG.

Keine zwingende Notwendigkeit zur Durchführung förmlicher Validierungstests bei behaupteten psychischen Beeinträchtigungen (hier: Angsterkrankung mit depressiver Symptomatik sowie einer phobischen Komponente)
LG Bochum
1. Unterschiede der Rechtsmaterien des Schwerbehindertenrechts und des Versicherungsvertragsrechts schließen es nicht aus, tatsächliche Feststellungen, die in Verfahren innerhalb eines dieser Rechtsgebiete getroffen wurden, in anderen Verfahren des anderen Rechtsgebietes vorgenommen werden, zu berücksichtigen (vgl. Rixecker in: Beckmann/Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. 2009, § 46 Rn. 7).
2. Ein Verstoß gegen versicherungsvertragliche Obliegenheiten mit der Folge, dass der Versicherer von seiner Leistungspflicht aus der Berufsunfähigkeitsversicherung befreit wäre, liegt vor, wenn es dem Versicherten möglich wäre, unter einer zumutbaren Willensanstrengung die Folgen seiner Erkrankung derart zu kompensieren, dass sich ein Berufsunfähigkeitsgrad unterhalb der Anspruchsschwelle von 50 % ergeben hätte.
3. Auch eine ausführliche psychiatrische Exploration mit Untersuchung des Versicherungsnehmers stellt eine wissenschaftlich fundierte Validierungsmethode war.
4. Die Durchführung förmlicher Validierungstests werden nach aktuellem Diskussionsstand in der medizinischen Fachöffentlichkeit keineswegs einheitlich als zwingender Qualitätsstandard für psychologische Begutachtungen im Rahmen versicherungsrechtlicher Fragestellungen betrachtet. Vielmehr steht die Aussagekraft solcher Tests im Hinblick auf ihre Objektivität im Streit (vgl. insbesondere Dreßing auf dem 2. Kongress für Versicherungsmedizin und Begutachtung vom 02.12.2009 in Frankfurt, VersMed 2010, 45, der ausdrücklich feststellt, dass die Durchführung derartiger Tests kein Gütekriterium für ein Gutachten ist).

Unwirksamkeit einer befristeten Kulanzleistung des Versicherers
BGH
Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf eine Vereinbarung mit dem Versicherungsnehmer zur Berufsunfähigkeitsversicherung berufen, mit der dessen Rechtsposition - z. B. durch Aufgabe eines Anspruchs gegen eine befristete Kulanzleistung des Versicherers - erheblich verschlechtert wird. Eine solche Vereinbarung ist nur in engen Grenzen möglich und setzt vor ihrem Abschluss einen klaren, unmissverständlichen und konkreten Hinweis des Versicherers darauf voraus, wie sich die vertragliche Rechtsposition der Versicherungsnehmer darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Vereinbarung verändert oder eingeschränkt wird.

Keine Berufsunfähigkeit eines Beamten bei Tätigkeit in derselben Besoldungsgruppe
KG
1. Ist der Versicherungsnehmer weiterhin als Oberbrandmeister mit derselben Besoldungsgruppe tätig, liegt Berufsunfähigkeit nicht vor, auch wenn er für den Dienst auf dem großen Einsatzfahrzeug nicht mehr geeignet ist, jedoch noch die Tätigkeiten auf dem kleinen Einsatzfahrzeug oder dem Einsatzleitwagen ausübt.
2. Übt der Versicherungsnehmer die Verweisungstätigkeit selbst über 3 Jahre durchgehend und vollschichtig aus, obliegt es ihm, darzulegen und zu beweisen, dass ihm diese Tätigkeit dennoch gesundheitlich nicht zumutbar ist.

Nichtbefolgen einer ärztlichen Anordnung
LG Heidelberg
1. Wird in einem gerichtlichen Gutachten zur Frage der Berufsunfähigkeit die Behandlung des Versicherten in einer psychiatrischen Klinik als dringend indiziert aufgezeigt, so handelt es sich nicht um die Anordnung des untersuchenden oder behandelnden Arztes im Sinne des § 4 BUZ; denn darunter fallen nur solche Ärzte, bei denen sich der Versicherte in Behandlung begeben hat und die ihn auch untersucht haben, um festzustellen, welche Therapiemöglichkeiten bestehen. Der gerichtliche Sachverständige ist kein Arzt im Sinne des § 4 BUZ.
2. Wird die Erfolgsaussicht der empfohlenen Behandlung auf unter 30 % eingeschätzt, so ist dem Versicherten die Behandlung nicht zumutbar.
3. Zahlt der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung, so hat er nicht den Anspruch des Gläubigers erfüllt, wenn er nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung Schadensersatz nach § 945 ZPO geltend macht.

 

Eine Nachfrage obliegt dem Versicherer lediglich bei Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte bezüglich der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der gemachten Angaben
BGH
Ein Versicherer muss bei einem künftigen Versicherungsnehmer nachfragen, wenn dieser bei Antragstellung ersichtlich unvollständige oder unklare Angaben macht. Aufgrund solcher unvollständiger oder unklarer Angaben ist dem Versicherer eine ordnungsgemäße Risikoprüfung nicht möglich. Diese soll die Schaffung klarer Verhältnisse in Bezug auf den Versicherungsvertrag schon vor Vertragsschluss gewährleisten und darf deshalb nicht auf die Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalles verschoben werden. Unterlässt der Versicherer eine ihm obliegende Rückfrage und sieht er insoweit von einer ordnungsgemäßen Risikoprüfung ab, so ist es ihm im Weiteren nach Treu und Glauben verwehrt, gestützt auf die Unvollständigkeit der Angaben des Versicherungsnehmers wirksam vom Versicherungsvertrag zurückzutreten.

Die Modalitäten einer zulässigen Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung können je nach Bedingungswerk unterschiedlich weit gehen
OLG Karlsruhe
Die Modalitäten einer zulässigen Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung werden von den jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen festgelegt und können daher je nach Bedingungswerk unterschiedlich weit gehen. Der gewählte Wortlaut einer Verweisung auf "eine andere Tätigkeit, die ähnliche Ausbildung ... voraussetzt" zieht aus der maßgeblichen Sicht des Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Vorkenntnisse engere Grenzen für eine Verweisung als andere Klauseln, die darauf abstellen, dass die auszuübende "ähnliche Tätigkeit" der "Ausbildung entspricht" oder dass diese "andere Tätigkeit" von ihm "aufgrund seiner Ausbildung ... ausgeübt werden kann". In diesem Fall hat er die Klausel so zu verstehen, dass eine Verweisung auf andere Tätigkeiten nicht in Betracht kommt, wenn die für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit erforderliche Ausbildung keine Ähnlichkeit mit der für den Verweisungsberuf "vorausgesetzten" Ausbildung aufweist.

Wann liegt eine ärztliche Behandlung vor?
LG Dortmund
Auch ein Arztbesuch ist eine „Behandlung", die bei den Gesundheitsfragen bei Vertragsschluss auf Anfrage mitgeteilt werden muss.

Treuwidrigkeit einer für den unbelehrten Versicherungsnehmer nachteiligen individualvertraglichen Vereinbarung über Leistungspflicht des Versicherers
BGH
Zur Verweisbarkeit auf einen anderen Beruf nach einem zeitlich unbegrenzten Leistungsanerkenntnis des Versicherers bei Berufsunfähigkeit eines Auszubildenden.

Vergessen einer befristeten Leistung im Tenor
OLG Celle
Wurde ein befristeter Anspruch auf Berufsunfähigkeitsleistungen zuerkannt, im Tenor aber im Termin keiner aufgenommen, kann dies mit der negativen Feststellungsklage nachträglich korrigiert werden. Demgegenüber scheidet die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage aus.

Fehlende Gesundheitsfragen im Rahmen einer Nachversicherungsgarantie führen nicht zum Verzicht auf die Leistungsvoraussetzung „während der Versicherungsdauer"
LG Regensburg, VersR 2011, 610
Gesundheitsfragen vor Abschluss eines Versicherungsvertrags dienen nicht dem Zweck, vorliegend vorvertragliche Berufsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu klären. Deshalb führen fehlende Gesundheitsfragen des Versicherers nicht zum Verzicht auf die Voraussetzung, dass Leistungen nur für eine während der Versicherungsdauer eingetretene Berufsunfähigkeit erbracht werden.

Rücktritt in der Berufsunfähigkeitsversicherung; Nachweis falscher Angaben in der Berufsunfähigkeitsversicherung
LG Karlsruhe
1. Zum Nachweis falscher Angaben des Versicherungsnehmers in der Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn der Agent das Formular ausgefüllt hat.
2. Mit dem Ausfüllen des Fragebogens zu Vorerkrankungen bleibt der Versicherungsagent quasi "Herr des Verfahrens". Ob und inwieweit zu der Verfahrensleitung auch die Erläuterung der Fragen und die Einschränkung der Antworten gehört, kann nicht generell, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden.
3. Daraus, dass bei einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Versicherungsnehmerin erst in der Replik näher auf die Vorwürfe der Beklagten in deren Klageerwiderung zu den Rücktrittsgründen vorträgt, können keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden.

Das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens kann auch in einem Schriftsatz im laufenden Prozessverfahren mitgeteilt werden
OLG Koblenz
1. Nach § 7 Abs. 1 BBUZ 94 kann der Versicherer nach Anerkennung oder Feststellung seiner Leistungspflicht das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachprüfen, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Der Versicherer darf also seine Leistungen nur dann einstellen, wenn die Nachprüfung ergibt, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten gebessert oder er neue berufliche Fähigkeiten erworben hat, aufgrund derer er eine andere Tätigkeit ausübt, die den Anforderungen des § 2 Nr. 1 BBUZ 94 entspricht. Lediglich Verweisungsmöglichkeiten, die dem Versicherer schon bei Abgabe des Leistungsanerkenntnisses zu Gebote standen, hat dieser auch für die Zukunft verloren.
2. Der Wirksamkeit des von dem Versicherer eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens steht nicht entgegen, dass der Versicherer das Ergebnis dieses Verfahrens erst in einem Schriftsatz im laufenden Prozessverfahren mitgeteilt hat. Der Versicherer kann die Mitteilung über das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens auch in einem während des Rechtsstreits übermittelten Schriftsatz vornehmen (BGH, VersR 2000, 171 ff.; OLG Koblenz, VersR 2008, 1254 bis 1256) und sogar die Änderungsmitteilung im Rahmen des Rechtsstreits lediglich hilfsweise an den Versicherungsnehmer richten (BGH, VersR 1996, 958 ff.).
3. Eine wirksame Mitteilung der Leistungseinstellung nach § 7 Abs. 1 BBUZ setzt voraus, dass der Versicherer seine Entscheidung nachvollziehbar begründet.

Bei dem Vergleich der Einkommensverhältnisse ist bei einem selbständigen Versicherungsnehmer nicht auf die Gründungsphase des Betriebes abzustellen, sondern auf das langfristig erzielbare Einkommen
OLG Koblenz
Für die Verweisung kommt es nicht darauf an, was der Versicherungsnehmer, der sich selbstständig gemacht hat, tatsächlich in der Gründungsphase des Betriebes verdient, sondern auf das langfristig erzielbare durchschnittliche Einkommen (vgl. BGH, VersR 2000, 171 bis 174).

Oberbrandmeister ist nicht berufsunfähig, wenn seine Tätigkeit aufgrund eines Rückenleidens auf kleineres Einsatzfahrzeug beschränkt ist
KG
Der Umstand, dass ein Oberbrandmeister in seiner Feuerwehrdienstfähigkeit auf Dauer eingeschränkt ist, weil er aufgrund seiner Rückenbeschwerden aus arbeitsmedizinischer Sicht nur noch Lasten bis 25 kg heben darf, begründet allein noch nicht seine Berufsunfähigkeit. Auch die Tatsache, dass er für den Dienst auf einem großen Einsatzfahrzeug nicht mehr geeignet ist, reicht noch nicht aus, um eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit anzuerkennen. Kann der Betreffende aufgrund der Einschränkungen seinen Dienst nicht mehr auf dem großen Einsatzfahrzeug verrichten, sondern wird er entweder auf dem kleinen Einsatzfahrzeug oder im Einsatzleitwagen eingesetzt, so ist seine Tätigkeit auf einem anderen Einsatzwagen in seiner ursprünglichen Tätigkeit auf dem großen Einsatzfahrzeug vergleichbar.

Keine Verweisbarkeit eines Rettungsassistenten auf eine Tätigkeit als Sachbearbeiter im Rettungswesen
KG
Ein Rettungsassistent, der an Einsätzen im Notarztwagen teilgenommen hat, kann nicht auf die Stelle eines Sachbearbeiters im Rettungswesen verwiesen werden. Es handelt sich dabei um keinen Beruf, der einen annährend vergleichbaren Kenntnisstand erfordert wie die bisherige Tätigkeit, und er erfährt auch keine vergleichbare Wertschätzung.

Keine Präklusion mit in der Leistungsablehnung nicht genannten Einwendungen
OLG Hamm
1. Berufsunfähigkeit eines Inhabers eines Ladenlokales mit verminderter Öffnungszeit ist nicht gegeben, wenn er das Tragen schwerer Lasten und Über-Kopf-Arbeiten durch eine Umorganisation mittels Umpackens in kleinere Gebinde und angepasster Regalbestückung vermeiden kann.
2. Die Ablehnungsentscheidung des Versicherers bedarf in der Berufsunfähigkeitsversicherung keiner Begründung.
3. Der Versicherer ist deshalb nicht mit solchen Einwendungen (hier: Fehlen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit) präkludiert, die er in seiner Ablehnungsentscheidung nicht genannt hat, obwohl er sie kannte oder sie ihm hätten bekannt sein können.
4. Anderes gilt nur dann, wenn der Versicherer auf die Geltendmachung eines bestimmten Verweigerungsgrundes verzichtet hat. Dies ist dann nicht anzunehmen, wenn der Versicherer das Vorliegen der Berufsunfähigkeit dahingestellt sein lässt und eine abstrakte Verweisung ausspricht.

Arglist, Falschangaben, Täuschung
OLG Frankfurt
1. Arglist erfordert, dass der Erklärende die Unrichtigkeit seiner Erklärung kennt und es zumindest für möglich hält, dass er dadurch die Annahmeentscheidung des Versicherers beeinflusst. Den Beweis arglistigen Handelns muss der Versicherer führen. Da es sich aber um eine innere Tatsache handelt, obliegt es zunächst dem Erklärenden, plausible Gründe, aus denen es zur objektiv unzutreffenden Beantwortung von Antragsfragen gekommen sein soll, anzugeben.
2. Die bloße Behauptung, einen offenbarungspflichtigen Umstand vergessen zu haben, ist im allgemeinen keine plausible Erklärung, wie es zur unzutreffenden Beantwortung von Antragsfragen gekommen ist. Dies gilt umso mehr, wenn die verschwiegene Verletzung erst knapp zwei Jahre vorher geschehen war und es sich nicht um eine Bagatelle, sondern um einen Bandabriss mit der Notwendigkeit einer operativen Wiederherstellung des gerissenen Bandes handelte.
3. Wenn eine Verletzung - wenn auch nur kurz - die berufliche Tätigkeit beeinträchtigt hat, ist es, wenn Gesundheitsfragen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung gestellt werden, äußerst unwahrscheinlich, dass sich der Versicherungsnehmer dieses Vorgangs nicht erinnerte. Dazu hat der Versicherungsnehmer auch bei Ausfüllung des Ergänzungsfragebogens nochmals Gelegenheit; denn auch hier wird nach Gelenks- bzw. Knochenerkrankungen, die auf Verletzungen beruhen, gefragt.
4. Ausreichend ist, dass der Versicherungsnehmer es für möglich hielt, dass die Angabe des verschwiegenen Umstands die Annahmeentscheidung des Versicherers beeinflussen könnte. Auf eine solche Willensrichtung deutet es hin, wenn schwere Erkrankungen, erkennbar chronische Erkrankungen oder Krankenhausaufenthalte verschwiegen werden, während die Nichtangabe leichterer bzw. vom Versicherungsnehmer für leichter gehaltener, vor allem einmaliger und folgenloser Erkrankungen diesen Schluss nicht ohne weiteres rechtfertigen. Ein Indiz für Arglist kann sich auch daraus ergeben, dass ein Versicherungsnehmer vergleichsweise harmlose oder lange zurückliegende Vorerkrankungen oder Routineuntersuchungen ohne Befund angibt, gewichtigere Beschwerden und deshalb erfolgte zeitnahe Behandlungen dagegen nicht angibt.
5. Arglist steht nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer bei der Antragsaufnahme auch Umstände offenbart hat, bei denen es sich nicht um Bagatellen gehandelt hat und die dem Versicherer sogar Anlass gegeben haben, Ausschlussklauseln zu verlangen, wenn diese Ereignisse, wesentlich länger zurücklagen (7 Jahre), als das verschwiegene Ereignis (2 Jahre).
6. Auch wenn der Versicherer wegen Versäumung der Anfechtungsfrist in Bezug auf eine weitere verschwiegene Erkrankung sein Anfechtungsrecht hierauf nicht stützen kann, kann dies bei der Beurteilung der Willensrichtung des Versicherungsnehmers berücksichtigt werden.

Arglistige Täuschung durch Verschweigen einer Herzmuskelschwäche
OLG Frankfurt
1. Verneint der Versicherungsnehmer die Antragsfrage nach Untersuchungen, Behandlungen oder Beratungen wegen Krankheiten, Störungen und Beschwerden und fügt hinzu: „Jährlich allgemeine Untersuchung, alles i. O..", obwohl er wegen einer dilatativen Kardiomyopathie (Herzmuskelschwäche) bis zum Zeitpunkt der Antragsaufnahme ruhigen (blanden) Verlauf ständig vorbeugend ein Medikament einnahm und sich in Abständen von einem bis zu zwei Jahren einer regelmäßigen Kontrolle durch einen Kardiologen unterzog und ein anderer Versicherer wegen dieses kardialen Problems einen Antrag abgelehnt hatte, so hat er arglistig die Herzmuskelschwäche verschwiegen.
2. Hat der Versicherungsnehmer objektiv falsche Angaben gemacht, so trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast, nach der er plausibel darzulegen hat, wie und weshalb es zu den falschen Angaben gekommen ist.

 

Ablehnungsentscheidung des Versicherers bedarf keiner Begründung, so dass i.d.R. auch keine Präklusion eintreten kann
OLG Hamm
1. Berufsunfähigkeit eines Inhabers eines Ladenlokals mit verminderter Öffnungszeit ist nicht gegeben, wenn er das Tragen schwerer Lasten und Überkopfarbeiten durch eine Umorganisation mittels Umpackens in kleinere Gebinde und angepasster Regalbestückung vermeiden kann.
2.Eine Ablehnungsentscheidung des Versicherers bedarf in der Berufsunfähigkeitsversicherung keiner Begründung.
3. Der Versicherer ist deshalb nicht mit solchen Einwendungen (hier: Fehlen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit) präkludiert, die er in seiner Ablehnungsentscheidung nicht genannt hat, obwohl er sie kannte oder sie ihm hätten bekannt sein können.
4. Anderes gilt nur dann, wenn der Versicherer auf die Geltendmachung eines bestimmten Verweigerungsgrundes verzichtet hat. Dies ist dann nicht anzunehmen, wenn der Versicherer das Vorliegen der Berufsunfähigkeit dahingestellt sein lässt und eine abstrakte Verweisung ausspricht.

Zur Kausalität eines etwaigen Fehlverhaltens des Versicherungsmaklers bei der Antragsaufnahme für einen Schaden des Versicherungsnehmers einer Berufsunfähigkeitsversicherung
LG Dortmund
1. Bei einem etwaigen Fehlverhalten eines von dem Kunden beauftragten Maklers bei Abschluss eines Versicherungsvertrages kann einen Schadensersatzanspruch des Kunden in Höhe der bis zum Rücktritt gezahlten Prämien führen.
2. Denkbar ist es, einen Schadensersatzanspruch in Höhe der gezahlten Prämien damit zu begründen, dass bei der pflichtgemäßen Angabe der Vorerkrankungen ein Vertrag überhaupt nicht zustande gekommen wäre, so dass der Kläger die Zahlung der Versicherungsprämien erspart hätte.

Zur Vermutungswirkung einer Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 3 BBUZ
OLG Saarbrücken
Die unwiderlegliche Vermutung des § 2 Abs. 3 BBUZ aufgrund einer 6 Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit erspart dem Versicherungsnehmer nur den Nachweis der Prognose einer Fortdauer dieses Zustands und nicht auch den Nachweis, dass er während der Dauer der Krankschreibung tatsächlich im bedingungsgemäßen Umfang berufsunfähig war. Aus der Dauer einer Krankschreibung kann nicht auf das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit geschlossen werden.

Bei Vergleichsbetrachtung für Verweis auf andere Tätigkeit nach Berufsunfähigkeit kann Arbeitslosengeld berücksichtigungsfähig sein
OLG München
Muss nach den Versicherungsbedingungen für eine Berufsunfähigkeitsversicherung eine Vergleichsbetrachtung angestellt werden, um zu entscheiden, ob der Versicherte auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, so ist das Gepräge der bisherigen Tätigkeit des Versicherten maßgeblich. Für das maßgebliche Arbeitseinkommen kann in diesem Zusammenhang auch Arbeitslosengeld berücksichtigungsfähig sein. Dies kommt dann in Betracht, wenn die Tätigkeit des Versicherten einen beständigen Wechsel von Zeiten der Beschäftigung und der Arbeitslosigkeit aufweist, indem der Versicherte jeweils zum Winter arbeitslos wurde und nach Ende des Winters beim selben Arbeitgeber erneut angestellt worden ist.

Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts und der Anfechtung einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung neben Klage auf die vollen Leistungen erhöht nicht den Streitwert
OLG Frankfurt
Ein neben dem Antrag auf alle künftigen Leistungen und Rückstände aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gestellter Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Anfechtung oder eines Rücktritts führt regelmäßig nicht zu einer Streitwerterhöhung.

Summarisches bestreiten der Vergleichbarkeit einer anderen Erwerbstätigkeit im Streit um Berufsunfähigkeit reicht bei tatsächlicher Ausübung nicht aus
OLG Düsseldorf
Die den Versicherungsnehmer treffende Beweislast für den Eintritt von Berufsunfähigkeit und dafür, dass keine andere Erwerbstätigkeit in einem die Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfange ausgeübt werden kann, ist im Regelfall nur möglich, wenn der Versicherer den von ihm beanspruchten Vergleichsberuf bezüglich der ihn prägenden Merkmale näher konkretisiert. Übt der Versicherungsnehmer allerdings eine vom Versicherer als Vergleichsberuf in Anspruch genommene Tätigkeit schon tatsächlich aus, hat der Versicherte Kenntnis davon, welche Anforderungen sie im Einzelnen an ihn stellt. Dann genügt es nicht mehr, wenn der Versicherungsnehmer die Vergleichbarkeit der anderen Tätigkeit nur summarisch bestreitet; vielmehr muss er in einem solchen Fall von Anfang an vortragen und erforderlichenfalls beweisen, dass und warum diese Tätigkeit nicht den bedingungsgemäßen Anforderungen an eine Vergleichstätigkeit genügt.

 

Urteile aus dem Jahr 2010

 

Verschweigen einer Herzmuskelschwäche berechtigt zur Anfechtung
OLG Frankfurt
Ein Versicherungsnehmer, der bei Stellung des Antrags auf die Frage nach Erkrankungen, Störungen und Beschwerden eine dilatative Kardiomyopathie (Herzmuskelschwäche) nicht angibt, obwohl er bereits seit Jahren Medikamente zur Vorbeugung einnimmt und ein anderer Versicherer den Vertragsschluss schon einmal ablehnte, handelt arglistig.

Zulässigkeit eines selbständiges Beweisverfahrens trotz bestrittenen Berufsbildes
OLG Celle
1. Die Zulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahrens setzt gemäß § 485 ZPO voraus, dass entweder die Besorgnis eines Beweismittelverlustes besteht (Absatz 1) oder der Zustand u. a. einer Person festgestellt werden soll und der Antragsteller an der Durchführung des Verfahrens ein rechtliches Interesse besitzt (Absatz 2).
2. Der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Zwar kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich aber nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. BGH VersR 2010, 133; BGH NJW 2004, 3488; OLG Celle OLGR Celle 2004, 281; OLG Celle OLGR Celle 2003, 241; OLG Celle BauR 2000, 601).
3. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Das Landgericht hat insoweit die Auffassung vertreten, dass ohne eine vorherige Feststellung des konkreten Berufsbildes keine validen Feststellungen zum Vorliegen einer Berufsunfähigkeit getroffen werden könnten. Diese Auffassung ist zwar grundsätzlich zutreffend. Eine Berufsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Versicherte voraussichtlich dauernd infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls zur Ausübung seines Berufs außerstande ist. Bei der Beurteilung ist auf die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die konkret ausgeübte berufliche Tätigkeit des Versicherten abzustellen. Maßgeblich ist deshalb die Beschaffenheit des Arbeitsfeldes des Versicherungsnehmers. Hierzu hat der Versicherungsnehmer substanziiert vorzutragen und im Falle des Bestreitens Beweis anzubieten. Als Sachvortrag genügt dazu nicht die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit. Vielmehr muss eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außen-stehenden nachvollziehbar werden (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1679; BGH NJW-RR 1996, 345; BGH NJW 1993, 202).
4. Allerdings führt ein Bestreiten des vom Antragsteller vorgetragenen Berufsbildes durch den Antragsgegner nicht zum Verlust des rechtlichen Interesses an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens.
a) Zunächst verkennt das Landgericht, dass in Ausnahmefällen eine Berufsunfähigkeit auch ohne vorherige Feststellung des konkreten Berufsbildes positiv festgestellt werden kann. Das kommt insbesondere bei schwerwiegenden Erkrankungen in Betracht, bei denen der Versicherungsnehmer an einer beruflichen Tätigkeit jeglicher Art zu mindestens 50 % gehindert ist, und zwar unabhängig von ihrer Ausgestaltung im konkreten Einzelfall (vgl. Urteil des Senats vom 28. Januar 2010, Az. 8 U 184/07). Gerade bei schweren depressiven Erkrankungen ist eine solche Möglichkeit keineswegs fernliegend und kann auch im vorliegenden Fall nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Steht aber zumindest die Möglichkeit einer generellen Berufsunfähigkeit des Antragstellers unabhängig von der konkreten beruflichen Tätigkeit im Raum, kann ihm das rechtliche Interesse an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens bereits deshalb nicht abgesprochen werden.
b) Hinzu kommt, dass eine Vermeidung des Rechtsstreits nicht notwendigerweise nur bei einem für den Antragsteller positiven Beweisergebnis in Betracht kommt. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass ein Sachverständiger zu dem Ergebnis einer Arbeitsunfähigkeit von weniger als 50 % gelangt. In dem Fall müsste sich der Antragsteller aber fragen, inwieweit die Durchführung eines Rechtsstreits erfolgversprechend wäre. Der Vermeidung eines Rechtsstreits dient ein selbstständiges Beweisverfahren aber auch dann, wenn ein in Betracht kommendes Beweisergebnis den Antragsteller zu einer Abstandnahme von der ursprünglich vielleicht beabsichtigten Klage bewegen kann (vgl. OLG Saarbrücken NJW 2000, 3439; Herget in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 485, Rn. 7a; Huber in: Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 485, Rn. 13).
c) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass unabhängig von den weiteren Anforderungen des vermeintlichen Anspruchs jeder Antragsteller nach § 485 ZPO Gefahr läuft, dass das von ihm erwirkte Gutachten in einem späteren Prozess nicht ausreicht oder sich gar als unerheblich erweist. Das hat der Gesetzgeber in Kauf genommen. Die Gefahr eines letztlich vergeblich durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens kann deshalb nicht dazu führen, die vom Gesetzgeber ganz bewusst weit gefassten Antragsvoraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO mit Rücksicht auf angebliche Besonderheiten bestimmter Streitsachen wieder einzuschränken (vgl. BGH VersR 2003, 794; OLG Schleswig OLGR Schleswig 2001, 279). Deshalb kann die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Feststellung einer Berufsunfähigkeit auch nicht mit der Begründung versagt werden, dass die Grundlage des Gutachtens unsicher sei und hierüber später ohnehin weiterer Beweis erhoben werden müsse. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein von einer Partei in die Wege geleitetes selbstständiges Beweisverfahren aufgrund der Bindung des Gerichts an die vom Antragsteller vorgegebenen Beweisfragen die Voraussetzungen eines etwaigen Anspruchs mitunter nur ausschnittsweise behandelt und dass im anschließenden Hauptsacheverfahren ggf. weiter Beweis zu erheben ist. Dies kann auch dazu führen, dass das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens wieder entwertet wird. Gleichwohl ändert das nichts an der Zulässigkeit eines hierauf gerichteten Antrags.

Entlassung des Beamten aus disziplinarischenGründen
OLG Koblenz
Liegt nach der Beamtenklausel Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers bei Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen Dienstunfähigkeit vor, so ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, wenn der Beamte wegen disziplinarischem Fehlverhaltens entlassen wurde. Maßgebend ist allein der Inhalt der Entlassungsverfügung.

Sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers bezüglich der Unkenntnis des Eintritts des Versicherungsfalls vor Abschluss der Versicherung
KG Berlin
1. Der Versicherer einer Dread Disease Versicherung ist gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 VVG von der Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer ein geändertes Angebot des VR erst nach Kenntnis von dem Eintritt einer schweren Krankheit (Versicherungsfall) unterzeichnet und absendet oder von einem Vertreter absenden lässt.
2. Der VR muss zwar die Kenntnis des VN von dem Eintritt des Versicherungsfalls beweisen (BGH VersR 2000, 1133 Rz. 11 zit. nach Juris). Den VN trifft jedoch eine erhöhte Darlegungslast. Er muss vortragen, wann er welche Informationen erhalten hat, wenn er wegen typischer Symptome eines Herzinfarktes (Schmerzen, Brennen, Druck im Brustbereich mit Erbrechen) von dem behandelnden Arzt in ein Krankenhaus eingewiesen und von dort nach Durchführung von Untersuchungen (Echokardiographie, Feststellung erhöhter Troponinwerte) in ein größeres Krankenhaus auf die Intensivstation eingeliefert wurde und dort ein Aufnahmegespräch stattgefunden hat.
3. Der VR ist in einem solchen Fall auch wegen der Verletzung der Anzeigeobliegenheit gemäß §§ 16 ff. VVG a.F. zum Rücktritt berechtigt und nicht zur Leistung verpflichtet. Denn der VN darf ein geändertes Angebot des VR nicht annehmen, ohne zuvor den VR über die seit ursprünglicher Antragstellung eingetretenen gefahrerheblichen Umstände - hier: die aufgetretenen Beschwerden und Untersuchung/Behandlung im Krankenhaus - zu informieren (vgl. BGHZ 121, 6 ff. Rz. 19).

Maßgeblicher Zeitpunkt für den Eintritt der Berufsunfähigkeit
OLG Bremen
Berufsunfähigkeit tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem erstmals ein Zustand gegeben war, der bei rückschauender Betrachtung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der bedingungsgemäß maßgeblichen (hier 50 %-igen) Arbeitskraft erwarten ließ. Maßgeblich ist dabei weder der Zeitpunkt des Eintritts der Ausgangserkrankung oder der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten, sondern wann nach Sachverständigereinschätzung ein gut ausgebildeter, wohl informierter und sorgfältig behandelnder Arzt nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft erstmals einen Zustand des Versicherungsnehmers als gegeben angesehen hätte, der keine Besserung erwarten ließ.

Unklarheit über den Leistungsbeginn einer Loss-of-Licence-Versicherung geht zu Lasten des Versicherers
OLG Schleswig
Die Klausel „Lizenzverlust infolge Flieger ärztlich festgestellter voraussichtlich mindestens ein Jahr dauernder Fluguntauglichkeit gibt während ihrer Dauer vollen Anspruch auf die gemäß § 21 nach Ablauf von 6 Monaten aus der Zusatzversicherung für Berufsunfähigkeit fälligen Leistungen" ist aufgrund ihrer unklaren Formulierung zugunsten des Versicherungsnehmers so auszulegen, dass schon in den ersten 6 Monaten der Fluguntauglichkeit Leistungen durch den Versicherer zu erbringen sind.

Die Verjährung erfasst nicht nur bis dahin fällig gewordene Renten sondern sämtliche - auch zukünftige - Rentenansprüche
LG Dortmund
1. Im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 VVG a. F. kann die Leistung regelmäßig verlangt werden, zu dem Zeitpunkt, in dem die Erhebungen beendet sind oder bei korrektem Vorgehen beendet gewesen wären; an eine Ablehnungserklärung des Versicherers ist der Beginn der Verjährung nicht geknüpft, er ist auch nicht von einer Belehrung nach § 12 Abs. 3 S. 2 VVG a. F. abhängig (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12, Rdn. 11 f. m. w. N.).
2. Hinsichtlich der Verjährung ist der Versicherer nicht gehalten, eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen.
3. Erfasst von der Verjährung werden nicht nur bis dahin etwaig fällige Rentenansprüche, sondern der Anspruch auf sämtliche Renten, da vorliegend das "Stammrecht" verjährt ist (BGH VersR 1955, 97; OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 612).

Einkommenseinbuße im Verweisberuf von 21,53% ist jedenfalls bei mittleren Nettoeinkommen (hier: 2.500,00 €) unzumutbar
OLG München
1. Ab wann eine Einkommensminderung nicht mehr hinnehmbar ist, die Lebensstellung nicht mehr gewahrt wird, ist jeweils anhand des konkreten Falles zu entscheiden. Eine generelle Quote lässt sich angesichts der Bandbreite individueller Einkommen ohnehin nicht festlegen; vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Beurteilung unerlässlich und geboten, da sich die prozentuale Einkommens- oder Gehaltsminderung unterschiedlich belastend auswirken kann, je nachdem ob das Einkommen oder Gehalt vor Eintritt des Versicherungsfalles hoch oder niedrig war (vgl. BGH VersR 1998,42).
2. Der BGH hat es offen gelassen, ob eine Einkommensminderung von 23 % noch hinzunehmen ist. Das OLG Hamm hat dies bei einer Einkommensminderung von 26,5 % bei einem Ausgangsgehalt von DM 3500,/Monat brutto zuzüglich DM 600,- steuerfreie Spesen/Monat verneint (VersR 1992, 1338), ebenso bei einer Einkommenseinbuße von 28 % ausgehend von einem Ausgangsgehalt von brutto DM 2.500/Monat (VersR 2008,949) während das OLG Nürnberg eine Einkommenseinbuße von unter 30 % für zumutbar erachtete (VersR 1992, 1387).
3. Ein Nettoeinkommen von etwa 2.500,00 € fällt weder nach oben noch nach unten deutlich aus dem Rahmen. Bereits der Wegfall eines monatliches Nettoverdienstes von knapp € 550,00 € netto/Monat bzw. 21,53 %, erscheint dem Senat vor diesem Hintergrund nicht mehr hinnehmbar.
4. Erst Recht gilt dies bei Ansatz eines Durchschnittsnettoeinkommens von knapp 2.750 € und einem Wegfall von knapp € 750,00 €/Monat bzw. 27,11 %.

Anforderung an eine substantiierte Schilderung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit
OLG Köln
1. Maßgeblich für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d.h. solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war (vgl. BGH VersR 1993, 1470), und nicht die Bezeichnung im Versicherungsantrag oder das allgemeine Berufsbild (BGH, NJW-RR 1996, 795). Entscheidend ist, welches Gewicht die Einzelverrichtungen, die der Versicherte wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr vornehmen kann, für die Tätigkeit insgesamt haben (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2000, 1401), also auch die sogenannten "prägenden" Tätigkeiten.
2. Für diese Beurteilung muss bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des betreffenden Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt; insoweit ist es Sache desjenigen, der den Eintritt des Versicherungsfalles "Berufsunfähigkeit" geltend machen will, substantiiert vorzutragen und im Falle des Bestreitens Beweis für sein Vorbringen anzutreten (OLG Koblenz, VersR 2008, 669 f.). Als Sachvortrag genügt dabei nicht die Angabe eines bloßen Berufstyps und der Arbeitszeit; es muss vielmehr von dem Versicherten verlangt werden, dass er eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung gibt, mit der die für ihn anfallenden Leistungen ihrer Art, ihrem Umfang wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden und vom Sachverständigen herangezogen werden können (BGH VersR 2005,676 ff., OLG Köln VersR 2009, 667f.).
3. Der (mit-)arbeitende Betriebsinhaber hat darüber hinaus auch vorzutragen und erforderlichenfalls auch zu beweisen, dass die Tätigkeitsfelder, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung noch arbeiten kann, ihm keine Betätigungsmöglichkeiten belassen, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen; zu seiner Vortrags- und Beweislast gehört insofern auch, dass ihm eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch zu bewältigenden Betätigungsmöglichkeiten eröffnen könnte, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würden (vgl. BGH VersR 1996, 1090 ff.). Zur Erfüllung dieser Darlegungslast ist regelmäßig eine konkrete Beschreibung der vom Versicherungsnehmer jeweils ausgeübten Einzeltätigkeiten gezielt in Bezug auf die mit der behaupteten Behinderung in Verbindung stehenden körperlichen Beanspruchungen sowie unter Angabe der jeweiligen zeitlichen Anteile an seiner Gesamtarbeitszeit nach Art eines "Stundenplans" erforderlich (vgl. OLG Koblenz, VersR 2004, 989).
4. Einer derartig konkreten und detaillierten Darlegung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Versicherungsnehmers bedarf es lediglich ausnahmsweise nicht, wenn seine gesundheitlichen Defizite so gravierend sind, dass dies zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht erforderlich ist, z.B. wenn ein Manager aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen jedweder Managertätigkeit schon ganz allgemein nicht mehr gewachsen ist (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2004, 988).

Berufsunfähigkeitsversicherer ist bei Verwendung von „Beamtenklausel" an Beurteilung des Dienstherrn gebunden
OLG Nürnberg
Verwendet ein Berufsunfähigkeitsversicherer in seinen Versicherungsbedingungen eine so genannte „Beamtenklausel", die ein formalisiertes Prüfverfahren für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit vorsieht, so ist er an die Feststellungen der Dienstunfähigkeit durch den Dienstherrn gebunden. Er kann insbesondere nicht hiergegen einwenden, der betroffene Beamte könne auf einem anderen Dienstposten noch eingesetzt werden.

Vorvertragliche Anzeigepflicht besteht auch bei Wieder-Inkraftsetzung einer Berufsunfähigkeits-Versicherung nach Kündigung wegen Prämienverzuges
OLG Bamberg
1. Eine „vorvertragliche" Anzeigepflicht besteht nicht nur im Zusammenhang mit der erstmaligen Antragstellung, sondern auch im Rahmen der Verhandlungen und Gespräche der Parteien über ein Wieder-Inkraftsetzen des Versicherungsvertrages nach einer Kündigung des Versicherungsvertrags nach § 39 Abs. 3 VVG a.F.
2. Infolge der wirksamen Vertragskündigung bestanden für den Kläger somit auch im Zusammenhang mit dem schließlich erfolgten Wieder-Inkraftsetzen des Versicherungsvertrages erneut sämtliche vorvertraglichen Anzeigepflichten.

Insolvenzdatei im Internet - Abfragepflicht des Lebensversicherers bei Leistung an den Versicherungsnehmer?
BGH
1. Haben Unternehmen mit umfangreichem Zahlungsverkehr zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an einen Insolvenzschuldner geleistet, ohne dass sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannten, hindert sie die Möglichkeit, diese Information durch eine Einzelabfrage aus dem Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de zu gewinnen, nach Treu und Glauben nicht daran, sich auf ihre Unkenntnis zu berufen. Sie sind auch nicht gehalten, sich wegen der Möglichkeit der Internetabfrage beweismäßig für sämtliche Mitarbeiter zu entlasten.
2. Die Änderung des § 9 InsO im Rahmen der Vereinfachung des Insolvenzverfahrens in 2007 hat sich nicht - verschärfend - auf die Rechtsfolge des § 82 Satz 2 InsO ausgewirkt, nach der mit der öffentlichen Bekanntmachung der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Empfängers der Leistung nur die Beweislast für die Unkenntnis dieser Rechtstatsache auf den leistenden Drittschuldner übergeht.

Ein in gesunden Tagen überwiegend körperlich arbeitender selbständiger Fliesenleger kann trotz einer Einarbeitungszeit von bis zu sechs Monaten auf eine Angestelltentätigkeit als technischer Angestellter verwiesen werden
LG Koblenz
1. Ein selbständiger Fliesenleger kann auf den Beruf als technischer Angestellter für die Auftragssachbearbeitung, als Projektleiter sowie als Baukalkulator verwiesen werden.
2. Eine Einarbeitungszeit von drei bis sechs Monaten ist noch zumutbar.
3. Ein Selbständiger Fliesenleger kann auf eine Angestelltentätigkeit verwiesen werden, wenn sich die bisherige Tätigkeit des Versicherungsnehmers überwiegend auf körperliche Tätigkeiten beschränkte, wobei weder eine besondere „Selbstbestimmtheit" noch eine besondere „Feinheit der Berufsausübung" festgestellt werden konnten, welche eine Gleichstellung mit einer Angestelltentätigkeit verbieten würde.
4. Der Verlust der „formalen" Selbständigkeit wird ferner dadurch kompensiert, wenn einfache handwerkliche Gesellentätigkeiten, die einen Großteil der beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers in gesunden Tagen ausgemacht haben, im Rahmen der Verweisungstätigkeit nicht mehr ausgeführt werden müssen.

Bei einem Vergleich der Einkommen eines Angestellten und eines Selbständigen sind die vom Arbeitgeber gezahlten Sozialleistungen zu berücksichtigen
LG Koblenz
1. Eine Einkommensminderung von 15-21% ist - jedenfalls bei überdurchschnittlichen Einkommen - zumutbar.
2. Bei der Einkommensminderung ist auf den Vergleich der Bruttoeinkommen abzustellen.
3. Bei dem Vergleich der Einkommen aus selbständiger und aus angestellter Tätigkeit muss im Rahmen der Vergleichbarkeit berücksichtigt werden, dass der Versicherungsnehmer als Angestellter zusätzlich Ansprüche auf Sozialleistungen erwirbt. Aus diesem Grunde muss das Gehalt des Versicherungsnehmers bei der Vergleichbarkeit um die Beiträge des Arbeitgebers zur Sozialversicherung aufstocken, da der Arbeitnehmer diesbezüglich einen geldwerten Vorteil in Form der Sozialleistungen erlangt.

Zur Umwandlung einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nach §§ 173 VVG a.F. / 167 VVG n.F. in eine pfändungsfreie Rentenversicherung
OLG Hamm
1. Der Rechtsanspruch aus §§ 173 VVG a.F. / 167 VVG n.F. ist darauf gerichtet, die Umwandlung des bestehenden Versicherungsvertrages mit Wirkung zum Ende des Versicherungsjahres (31.05.2008) in eine Versicherung zu verlangen, die den Anforderungen des § 851c Abs. 1 ZPO entspricht. Mit einem schlicht dieses Begehren wiedergebenden Klageantrag und Urteilsausspruch wären alle rechtlichen Aspekte des gesetzlichen Umwandlungsanspruchs ausreichend erfasst. Sämtliche weiteren Spezifizierungen des Klagebegehrens sind hingegen nach den gesetzlichen Regelungen nicht geschuldet und können auch nicht im Rahmen einer Leistungsklage von dem Beklagten verlangt werden.
Insbesondere kann nicht verlangt werden:
-die Umwandlung der Unfallversicherung;
- die Umwandlung "auf Basis des bisherigen Versicherungsvertrages";
- die Umwandlung "so, dass dabei ordnungsgemäß die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berücksichtigt werden";
- "dem Kläger die Berechnungsgrundlagen der neu durchzuführenden Prämienkalkulation ordnungsgemäß per eingeschriebenen Brief mitzuteilen" (denn ein Anspruch auf Modellrechnung, § 154 VVG n.F., besteht nur bei einem Neuabschluss, nicht aber bei einer Umstellung nach § 173 VVG a.F.);
- die eidesstattliche Versicherung.
2.Der Senat geht davon aus, dass der Rechtsanspruch aus §§ 173 VVG a.F. / 167 VVG n.F. nicht auf die Umstellung als solche (im Sinne eines einseitig auszuübenden Gestaltungsrechts) gerichtet ist, sondern darauf, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer ein Vertragsangebot auf Umstellung macht, welches dieser sodann annehmen kann. Nur Letzteres (schuldrechtlicher Anspruch auf ein Angebot zur Vertragsumstellung) stellt ein in sich schlüssiges Modell für den Fall dar, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer verschiedene Tarifmodelle alternativ zur Auswahl stellt.
3. Zur Erfüllung des Anspruchs aus §§ 173 VVG a.F. / 167 VVG n.F. ist somit lediglich erforderlich, dass wenigstens ein unterbreitetes Angebot die Voraussetzungen einer Umwandlung in eine pfändungsfreie Rentenversicherung erfüllt.

Zur Pfändung einer Berufsunfähigkeitsrente eines Selbständigen
LG Dortmund
Die Berufsunfähigkeitsrente eines schon bei Abschluss des Versicherungsvertrages selbstständigen Steuerberaters unterliegt dem Insolvenzbeschlag, da die Berufsunfähigkeitsrenten Selbstständiger keinen Pfändungsschutz nach §§ 850 Abs. 3 lit. b, 850b Abs. 1 Nr. 1 oder 851c ZPO genießen.

 

Pfändbarkeit einer Berufsunfähigkeitsrente
BGH
1. In § 851c Abs. 1 Nr. 1 ZPO muss das Tatbestandsmerkmal der lebenslangen Leistung sowohl bei der Alternative des Leistungsbeginns nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres als auch der Alternative des Leistungsbeginns mit Eintritt der Berufsunfähigkeit vorliegen.
2. § 851c Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfasst auch Leistungen ab Eintritt der Berufsunfähigkeit, wenn diese selbst zwar nicht lebenslang erbracht, aber zusammen mit den sich unmittelbar anschließenden Leistungen zur Versorgung im Alter geschuldet werden, und beide zusammen lebenslang in regelmäßigen Zeitabständen eine im Wesentlichen gleich bleibende Leistung erbringen.
3. Wird hinsichtlich der Altersrente ein Kapitalwahlrecht gewährt, lässt dies nach § 851c Abs. 1 Nr. 4 ZPO den Pfändungsschutz auch hinsichtlich einer vor der Altersrente gewährten und mit dieser zusammen der Existenzsicherung dienenden Berufsunfähigkeitsrente entfallen.
4. § 850b ZPO ist nicht nur auf Renten, Einkünfte und Bezüge von Arbeitnehmern und Beamten, sondern auch von anderen Personen, insbesondere Selbständigen, anwendbar.
5. Eine nach § 850b ZPO bedingt pfändbare Berufsunfähigkeitsrente fällt insoweit in die Insolvenzmasse, als sie im Rahmen einer Billigkeitsprüfung für pfändbar erklärt wird (Festhalten an BGH, Urt. v. 3. Dezember 2009 - IX ZR 189/08).

Versicherungsnehmer muss Verletzung, die zu einer beruflichen Umorientierung geführt hat, bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung angeben
OLG Rostock
Ein Versicherungsnehmer muss im Rahmen des Abschlusses einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Frage nach erlittenen Unfallverletzungen wahrheitsgemäß beantworten. Der Versicherer ist dann zur Anfechtung des Vertrages berechtigt, wenn der Versicherungsnehmer eine beidseitige Fersenbeinfraktur, die er sich bei einem 5 Jahre vor Antragstellung erlittenen Unfall zugezogen hat, nicht angegeben hat. Insbesondere dann, wenn aufgrund dieser Verletzung eine berufliche Umorientierung erforderlich wurde, konnte und musste der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass die Angabe der Verletzung gegenüber dem Versicherer für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung von erheblicher Bedeutung ist.

Kein Berufen auf die Ausschlussfrist des § 1 Abs. 2 BUZ bei fehlendem Verschulden
BGH
Auf die Ausschlussfrist des § 1 Abs. 2 BUZ wegen nicht fristgerechter Anzeige der Berufsunfähigkeit (Anzeige der Berufsunfähigkeit später als 3 Monate nach deren Eintritt lässt Leistungsanspruch erst mit Beginn des Monats der Mitteilung entstehen) kann sich der Versicherer nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn dem Versicherungsnehmer, was dieser zu beweisen hat, daran kein Verschulden trifft.

Hausarzt ist nicht befugt, über die Gefahrerheblichkeit von Gesundheitsdaten zu entscheiden
OLG Saarbrücken
1. Von einer arglistigen Täuschung ist auszugehen, wenn der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer wissentlich falsche Angaben macht oder gefahrerhebliche Umstände verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass der Versicherer sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden kann.
2. Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken. Dem Versicherer obliegt daher der Nachweis, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe seiner unrichtigen Angaben zumindest mit bedingtem Vorsatz auf den Willen des Versicherers einwirken wollte. Auf ein solches Bewusstsein des Versicherungsnehmers als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Sie können sich aus Art, Umfang und Bedeutung der unrichtigen Angaben, aus der Persönlichkeit des Täuschenden, aus dessen Bildungsstand, aus den besonderen Umständen bei der Antragstellung und aus der Art der gestellten Fragen sowie aus der Art der in Frage stehenden Versicherung ergeben, vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 2006, 237.
So spricht für ein arglistiges Verhalten eines Versicherungsnehmers, wenn er schwere, chronische, schadengeneigte oder immer wieder auftretende zahlreiche oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erschienen sein mussten. Dasselbe gilt für die Angabe einer belanglosen Erkrankung bei Verschweigen einer belangvollen oder für die Angabe einer länger zurückliegenden und das Verschweigen einer aktuellen Krankheit.
3. Fragt der Versicherer nach „Krankheiten, Störungen oder Beschwerden" verdeutlicht dies, dass nicht nur Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht erfragt werden, sondern auch solche, die sich nicht bereits als Schaden oder Krankheit darstellen, sondern nur als Störungen oder Beschwerden zu bezeichnen sind. Danach ist der Versicherungsnehmer gehalten, sämtliche Beschwerden und Symptome anzugeben, ohne diese zu bagatellisieren. Dabei darf er sich weder auf die Angabe von Gesundheitsbeeinträchtigungen von erheblichem Gewicht beschränken, noch sonst eine wertende Auswahl treffen. Diese weit gefasste Offenbarungspflicht findet ihre Grenze erst bei offenkundig belanglosen oder bei alsbald vergehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen. Sie beruht auf dem Umstand, dass ohne eine ärztliche Diagnose oder von einer solchen die Symptome oder Beschwerden selbst den gefahrrelevanten Umstand darstellen; bereits ihr Vorhandensein kann die Entscheidung des Versicherers beeinflussen, vgl. BGH, VersR 1994, 711 ff..
Es entlastet den Versicherungsnehmer auch nicht, wenn er behauptet, die Gesundheitsfragen mit seinem Hausarzt besprochen zu haben und dass dieser gesagt habe, der Versicherungsnehmer könne die Fragen getrost verneinen, da es sich um keine (schwerwiegenden) Erkrankungen handele. Der Hausarzt ist nicht die richtige Anlaufstelle, um „Unrichtigkeiten" beim Ausfüllen des Antrags zu vermeiden. Er kann zwar über Behandlungen des Patienten in medizinischer Hinsicht Auskunft erteilen, dagegen ist er nicht zuständig für die Beurteilung von versicherungsrechtlichen Fragestellungen.
4. Wer - insbesondere als Versicherungsagent - verschweigt, dass er in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung durchschnittlich alle 1 bis 2 Monate bei seinem Hausarzt vorstellig wurde, und gleichzeitig angibt „Vorsorgeuntersuchungen ohne Befund, grippale Infekte sowie eine Hautabschürfung am linken Knie", ist sich bewusst, dass er damit Einfluss auf die Aufnahmeentscheidung des Versicherers nimmt und will dies auch. Unter diesen Umständen konnte es selbst einem dissimulierendem Patienten nicht gelingen, die ungewöhnliche Häufigkeit der Arztbesuche als belanglos zu verharmlosen oder gar vollständig zu verdrängen; vielmehr musste sich selbst ein solcher Patient bewusst sein, dass derartige Umstände für die Risikobeurteilung des Versicherers eine maßgebliche Rolle spielen. Es kann dahin stehen, ob dem Versicherungsnehmer bei den Konsultationen ausdrücklich eine Diagnose genannt worden ist und ob die Diagnosen als solche richtig gewesen sind, denn auf diese beiden Punkte kommt es nicht an.
5. Den Versicherer trifft zwar eine Nachfrageobliegenheit, wenn ein Versicherungsinteressent auf die Antragsfragen im Anbahnungsbereich des Versicherungsvertrages unrichtige, unklare, lückenhafte oder widersprüchliche Angaben macht, die erkennen lassen, dass er möglicherweise noch nicht alle für die Prüfung der Risikoübernahme bedeutsamen Umstände - verschuldet oder unverschuldet - offenbart hat, so dass ohne ergänzende Rückfragen eine sachgerechte Risikoprüfung nicht erfolgen kann. Dies gilt allerdings nicht im Fall der arglistigen Täuschung.

Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit im vorübergehenden Erziehungsurlaub/Elternzeit ist nicht die Haushaltstätigkeit, sondern die vor Antritt des Erziehungsurlaubs ausgeübte Tätigkeit, selbst wenn diese schon sechs Jahre zurückliegt - Anforderungen an das Ausscheiden aus dem Berufsleben
OLG Stuttgart
1. Ein Wechsel der ursprünglichen beruflichen Tätigkeit (hier: Erzieherin) liegt nicht vor, wenn sich die Versicherungsnehmerin wegen der Geburt ihrer Kinder der Erziehung und der Haushaltsführung widmete. In der Haushaltstätigkeit kann allenfalls dann ein neuer Beruf gesehen werden, wenn ihre Übernahme auf einer bewussten beruflichen Entscheidung beruht, unter Aufgabe des bisherigen Berufs zum Lebensunterhalt nunmehr durch Hausarbeit beizutragen. Dagegen ist ein Berufswechsel nicht anzunehmen, wenn die Aufnahme der Haushaltstätigkeit ihren Grund in einer bloßen Unterbrechung der bisher ausgeübten Berufstätigkeit hat, etwa aufgrund vorübergehender Arbeitslosigkeit oder aus familiären Gründen.
2. Eine bloße Unterbrechung der bisherigen Berufstätigkeit und kein Berufswechsel ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Versicherte im Rahmen des Erziehungsurlaubs zuhause bleibt Dass diese Unterbrechung mehrere Jahre dauerte, was bei Zusammenfallen mit Erziehungszeiten nicht außergewöhnlich ist, ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich.
3. Der Zeitablauf rechtfertigt auch nicht die Annahme, die Versicherungsnehmerin sei gemäß § 2 Abs. 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) aus dem Berufsleben ausgeschieden. Es kommt nicht darauf an, ob sie außerstande ist, irgendeine Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, sondern allein darauf, ob sie in der Lage ist, die unterbrochene Tätigkeit als Erzieherin wieder aufzunehmen. Ein Ausscheiden aus dem Berufsleben allein aufgrund Zeitablaufs kann nur in Betracht gezogen werden, wenn die tatsächliche Berufsausübung des Versicherten schon so lange zurückliegt, dass eine Anknüpfung an den früher ausgeübten Beruf auf der Grundlage seiner Ausbildung und aufgrund der im Zuge der früheren Berufstätigkeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen nicht mehr ohne weiteres möglich ist (BGH VersR 1987, 753 ff.). Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in gesundem Zustand aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen wäre, als Erzieherin zu arbeiten. Die Anforderungen, die der Beruf der Erzieherin mit sich bringt, haben sich während der Erziehungszeiten der Klägerin nicht in einem Maß verändert, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, an ihre frühere Berufstätigkeit anzuknüpfen. Auch Zeiten der Arbeitslosigkeit rechtfertigen nicht die Annahme, der Versicherte sei aus dem Berufsleben ausgeschieden (BGH VersR 1987, 753 ff.).

Unwirksamkeit der Kausel, nach der von einem Rückkauf oder einer Umwandlung der Hauptversicherung in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter Versicherungsleistung (lediglich) anerkannte oder festgestellte Ansprüche aus der Zusatzversicherung nicht berührt werden
BGH
Eine Klausel in den Bedingungen einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, nach der von einem Rückkauf oder einer Umwandlung der Hauptversicherung (Lebensversicherung) in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter Versicherungsleistung (lediglich) anerkannte oder festgestellte Ansprüche aus der Zusatzversicherung nicht berührt werden, ist unwirksam.

Versicherer kann sich auf seine Unkenntnis von der Insolvenz des Versicherungsnehmers auch bei Unterlassen einer möglichen Internetabfrage berufen
BGH
Haben Versicherer mit umfangreichem Zahlungsverkehr zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an einen Insolvenzschuldner geleistet, ohne dass sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannten, hindert sie die Möglichkeit, diese Information durch eine Einzelabfrage aus dem Internet unter www.Insolvenzbekanntmachungen.de zu gewinnen, nach Treue und Glauben nicht daran sich auf ihre Unkenntnis zu berufen. Sie sind auch nicht gehalten, sich wegen der Möglichkeit der Internetabfrage beweismäßig für sämtliche Mitarbeiter zu entlasten.

Berufsunfähigkeitsrente in der Insolvenz des Versicherungsnehmers
BGH
1. Eine nach den Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts bedingt pfändbare Berufsunfähigkeitsrente fällt im Insolvenzverfahren insoweit in die Insolvenzmasse, als sie im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung für pfändbar nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften erklärt wird.
2. Die Billigkeitsprüfung, bei der alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind, obliegt dem Insolvenzgericht, wenn der Insolvenzverwalter beantragt, bedingt pfändbare Bezüge des Schuldners für pfändbar zu erklären um sie wie Arbeitseinkommen zur Masse zu ziehen; streiten Insolvenzverwalter und Schuldner um die Massenzugehörigkeit von bedingt pfändbaren Einkünften des Schuldners oder ist die Frage der Pfändbarkeit im Rahmen eines Anfechtungsprozesses zu Beantworten, muss die Billigkeitsentscheidung vom Prozessgericht getroffen werden.

 

Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit bei psychischen Erkrankungen des Versicherten
OLG Bremen
1. Berufsunfähigkeit tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem erstmals ein Zustand gegeben war, der bei rückschauender Betrachtung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der bedingungsgemäß maßgeblichen (hier 50%igen) Arbeitskraft erwarten ließ. Maßgeblich ist dabei weder der Zeitpunkt des Eintritts der Ausgangserkrankung oder der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten, sondern, wann nach sachverständiger Einschätzung ein gut ausgebildeter, wohl informierter und sorgfältig behandelnder Arzt nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft erstmals einen Zustand des Versicherungsnehmers als gegeben angesehen hätte, der keine Besserung erwarten ließ.
2. Da es in der psychiatrisch psychotherapeutischen Diagnostik keine verlässliche Methode gibt, Störungen von Befinden und Erleben durch bestimmte Messergebnisse zu objektivieren, kommt es zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Versicherten wegen einer psychischen Erkrankung wesentlich auf seinen psychischen Befund, der sich aus den Angaben des Versicherten zu seinem Erleben und Befinden ergibt sowie auf die Beobachtung seines Verhaltens an.

Zum Nachweis der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht, wenn das Antragsformular vom Versicherungsvermittler ausgefüllt worden ist
OLG Karlsruhe
1. Der Nachweis einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht oder einer arglistigen Täuschung seitens des Antragstellers obliegt dem Versicherer. Der Nachweis falscher Angaben des Versicherungsnehmers lässt sich nach der Auge- und Ohr-Rechtsprechung, wenn - wie hier - der Agent das Formular ausgefüllt hat, allein mit dessen Inhalt nicht erbringen, sofern der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, die Fragen des Agenten mündlich richtig beantwortet zu haben. In diesem Fall muss der Versicherer beweisen, dass der Versicherungsnehmer diesen mündlich nicht zutreffend unterrichtet hat. Denn was dem Agenten in Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden (§§ 43 Nr. 1 VVG a.F., 166 Abs. 1 BGB), auch wenn der Versicherungsagent es nicht in das Formular aufgenommen hat (BGHZ 116, 387, 389). Dass gilt auch insoweit, als der Versicherungsnehmer ergänzende Angaben unterlässt, weil der Agent ihn über die in den schriftlichen Antrag aufzunehmenden Tatsachen falsch unterrichtet (vgl. BGH VersR 2001, 1541 unter II 1 a m. w. N.; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. § 22 Rdn. 6). Beweisen muss der Versicherer auch, dass der Agent die angeblich falsch beantworteten Fragen überhaupt gestellt hat (BGH RuS 2005, 10).
2. Regelmäßig wird der Versicherer den ihm obliegenden Beweis durch die Vernehmung des Agenten zu führen versuchen. Das Ausfüllen von Antragsformularen gehört zu den Kernaufgaben des Versicherungsagenten, die im Hinblick auf die rechtliche Tragweite derartiger Angaben besonders wichtig sind. Wenn ein Zeuge hierzu glaubhaft aussagt, dass er sich diesbezüglich immer daran halte, alles Mitgeteilte festzuhalten, und dies nachvollziehbar damit begründet, dass die Gesundheitsprüfung nicht seine Sache sei, so kann dies nicht von vorneherein als denkgesetzlich ausgeschlossen betrachtet werden (OLG Saarbrücken, VersR 2006, 681).
3. Allerdings verbietet sich auch eine unkritische Übernahme solcher Aussagen. Der Senat hat in seiner langjährigen Praxis kaum einen Versicherungsagenten vernommen, der einleitend nicht erklärt hätte, sämtliche Formularfragen im Wortlaut vorzulesen und im Antragsbogen alle Antworten ohne eigene Kommentierung einzutragen. Nicht selten ist bereits dem ausgefüllten Formular zu entnehmen, dass diese Praxis zumindest bei dem in Rede stehenden Antragsgespräch nicht befolgt wurde. Der Senat hat auch schon erleben müssen, dass ein Agent trotz mehrfachen Ansetzens sich unfähig erwiesen hat, die Gesundheitsfragen im Termin im Wortlaut bzw. zumindest nicht sinnentstellend vorzulesen. Vielfach hat sich bei näherem Befragen trotz der anfänglichen gegenteiligen Beteuerungen ergeben, dass doch Bewertungen und Belehrungen des Agenten das Ausfüllen des Formulars mitbestimmten. Der Senat hat allerdings auch seine Überzeugungsbildung auf die Aussage des Agenten stützen können, wenn sich aus den Umständen deutliche Hinweise darauf ergeben haben, dass beim Antragsgespräch die Gesundheitsfragen intensiv erörtert wurden. Letztlich verbieten sich hier Beweisregeln. Maßgebend kann nur die Beweiswürdigung im Einzelfall sein, die selten ohne eine Anhörung auch des Versicherungsnehmers vollständig sein dürfte.

Anforderungen an die Schlüssigkeit einer Klage auf BUZ-Leistungen
LG Koblenz
1. Eine Klage ist unschlüssig, wenn der Versicherungsnehmer nicht in erforderlichem Maße vorgetragen hat, aus welchen Gründen er in seinem bisherigen Beruf krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann. Hierfür ist nämlich erforderlich, dass der Versicherungsnehmer seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit konkret darstellt. Er muss darlegen, wie das Arbeitsfeld tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt, hierzu genügt nicht die Angabe des Berufstyps und die Arbeitszeit. Vielmehr muss verlangt werden, den Tagesablauf und die anfallenden Tätigkeiten und Belastungen im Einzelnen nach Eigenart und Umfang konkret darzulegen. Sollte die Tätigkeit von Tag zu Tag wechseln, ist die Darlegung über mehrere Tage erforderlich, um eine typische Belastung erkennen zu können. Die Darlegung muss für einen Dritten, der hierüber Kenntnis im Einzelnen haben will, ein nachvollziehbares vollständiges Bild der Tätigkeit ergeben (BGH, VersR 2005, 676; OLG Koblenz, OLGR 1999, 56; VersR 2004, 989 und ständig).
2. Auch der vom Versicherungsnehmer angeführte Umstand, dass der Versicherer auf seine Intervention hin ein Sachverständigengutachten eingeholt habe, enthebt den Versicherungsnehmer nicht davon, in der vorbezeichneten Art und Weise die konkrete Ausgestaltung seiner zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit darzustellen. Vielmehr ist entscheidend, dass der gerichtliche Sachverständige weiß, welchen Sachverhalt er zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit zugrunde zu legen hat. Erst dann erscheint es unbedenklich, ihn auch zur Frage und zum Ausmaß einer gesundheitsbedingten Einschränkung der Fähigkeit des Versicherten, den vorgegebenen Anforderungen gerecht zu werden, Stellung nehmen zu lassen (BGH, a. a. O.).

Nachmeldepflicht einer (psychischen) Erkrankung zwischen Antragstellung und Vertragsbeginn setzt sichere Kenntnis voraus
OLG Bremen
1. Zwar ist der Versicherte nach § 16 VVG a.F. grundsätzlich verpflichtet, gefahrerhöhende Umstände auch zwischen Antragstellung und Vertragsbeginn anzuzeigen. Für eine psychische Erkrankung kann das aber nur dann gelten, wenn diese für den Versicherten bis Vertragsbeginn als Krankheit erkennbar war.
2. Weiter verlangt die Nachmeldeobliegenheit, dass der Versicherer auf eine solche Nachmeldepflicht deutlich hinweist (vgl. OLG Köln, Urt. v. 28.06.2007, 5 U 44/07); z.B. in den Versicherungsbedingungen über den vorläufigen Versicherungsschutz.
3. Der Verdacht auf eine Erkrankung (hier: HIV-Infektion) ist nicht anzeigen, da nach der Rechtsprechung zu §§ 16,17 VVG a.F. zwischen Vertragsangebot und Antragsannahme ein bloßer Krankheitsverdacht nicht mitgeteilt zu werden braucht, sondern erst gesicherte Erkrankungen von einigem Gewicht (BGH, NJW-RR 1994, 859 f., OLG Köln, Urt. v. 28.06.2007 - 5 U 44/07, jeweils m.w.N.).

Die Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers gemäß § 4 BB-BUZ gilt auch für die Prüfung vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen
OLG Hamburg
1. Im Fall eines Leistungsantrags ist der Versicherer berechtigt zu prüfen, ob bei der Antragstellung alle Angaben korrekt erfolgt sind.
2. Werden vom Versicherer dazu erbetene Auskünfte durch den Versicherungsnehmer nicht erteilt, werden die Leistungsansprüche gegenüber dem Versicherer nicht fällig und es liegt eine Mitwirkungspflichtverletzung des Versicherungsnehmers vor.

Wegfall der Berufsunfähigkeit während des Deckungsprozesses
BGH
Wird im Prozess des Versicherungsnehmers auf Leistung aus der BUZ Berufsunfähigkeit festgestellt, so muss der Versicherer einen anschließenden Wegfall der Berufsunfähigkeit nicht im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BUZ geltend machen, vielmehr kann er die Leistungseinstellung in diesen Prozess einbringen, so dass das Gericht über Beginn und Ende der Leistungspflicht zu entscheiden hat.

Auch ohne besondere Vereinbarung findet eine Rentendynamisierung im Leistungszeitraum nicht statt
OLG Saarbrücken
1. Dass im Leistungsstadium einer Berufsunfähigkeitsversicherung ohne besondere Vereinbarung keine Rentendynamisierung stattfindet, ist rechtlich unbedenklich.
2. Die verspätete Meldung des Versicherungsfalls führt zu einer zeitlichen Hinausschiebung des Leistungsbeginns, zugleich also zu einer Fortdauer von Dynamisierungen.

Prozentuale Schätzungen sind für den Grad der Berufsunfähigkeit unmaßgeblich
OLG Saarbrücken
Maßgeblich für die Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit eines selbstständigen Versicherungsvertreters sind keine prozentualen Schätzungen, sondern Feststellungen zu den konkreten funktionellen gesundheitlichen Einschränkungen bei Wahrnehmung seiner verschiedenen Teiltätigkeiten.

Leistungseinstellung des Berufsunfähigkeitsversicherers erfordert konkrete Mitteilung des Ergebnisses der Leistungsprüfung
OLG München
Die Einstellung oder Herabsetzung der Leistungen des Berufsunfähigkeitsversicherers im Nachprüfungsverfahren setzt voraus, dass der Versicherer den Gesundheitszustand, den er seinem Anerkenntnis zu Grunde gelegt hat mit dem Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Nachprüfung vergleichend aufzeigt und darlegt, von welchen Gesundheitsverhältnissen und welchen sich daraus ergebenen Folgen für die Berufsunfähigkeit der bei Abgabe seines Anerkenntnisses ausgegangen ist. Dabei ist darzulegen, auf welche in der Zwischenzeit aufgetretenen Verbesserungen der Gesundheitsverhältnisse sich der Versicherer berufen will, wobei die im ärztlichen Gutachten, auf die der Versicherer sein Verlangen stützen will, den Versicherungsnehmer vollumfänglich zugängig zu machen sind.

Wirksamer Ausschluss für Karzinoma in situ in einer Versicherung bei schweren Krankheiten (Dread disease)
OLG Oldenburg
Wird bei einer für den Fall einer Krebserkrankung geschlossenen „Versicherung bei schweren Krankheiten" in den AVB eine Versicherungsleistung für Karzinoma in situ ausgeschlossen, so ist diese Regelung weder überraschend noch unklar.

Glaubwürdigkeit der Aussage eines Versicherungsagenten trotz fehlender konkreter Erinnerungen an das Antragsgespräch
LG Koblenz
1. Von einem erfahrenen Versicherungsvermittler, der nicht erkennbar am Abschluss provisionswirksamer Verträge interessiert ist, mag nicht erwartet werden können, dass er sich an den genauen Ablauf eines Jahre (hier: 7,5 Jahre) zurückliegenden Antragsgespräches erinnert, wohl aber darf ihm grundsätzlich geglaubt werden, wenn er eine bestimmte regelmäßige Befragung von Versicherungsinteressenten und eine redliche Dokumentation ihrer Antworten bekundet (OLG Saarbrücken, VersR 2006, 681; OLG Hamm, VersR 2005, 773; OLG Koblenz, Beschluss vom 09.02.2009 - 10 U 1069/08).
2. Es wäre im Gegenteil eher unglaubhaft gewesen, wenn der Zeuge die Einzelheiten des Gespräches nach mehr als 7 Jahren noch präsent gehabt hätte, da die Aufnahme von Versicherungsanträgen für ihn ein alltägliches Geschäft ist und er folglich eine Vielzahl gleich gearteter Gespräche seit der Aufnahme des Versicherungsantrags geführt hat.
3. Wenn der Zeuge nachvollziehbar schildert, wie er üblicherweise bei der Aufnahme eines Versicherungsantrages vorgeht, dass er die Fragen des Antragsformulars mit dem Kunden Punkt für Punkt und der Reihe nach durchgehe und eindeutig darlegt, dass er dann die zum Anlass des Rücktritts genommenen Erkrankungen in den Auftrag aufgenommen hätte, wenn ihm dies mitgeteilt worden wäre, ist bewiesen, dass der Zeuge bei Antragsaufnahme die Gesundheitsfragen im Einzelnen gestellt und von der Versicherungsnehmerin die verneinenden Angaben erhalten hat, die im Antragsformular auch dokumentiert sind.

Gelernter kann auch auf eine Tätigkeit verwiesen werden, die keine Ausbildung voraussetzt
BGH
1. Eine Verweisung ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil der Beruf, auf den der Versicherer den Versicherten verweisen will, kein Ausbildungsberuf ist. Weder muss sich ein in einem bestimmten Beruf ausgebildeter Versicherter uneingeschränkt auf eine Tätigkeit verweisen lassen, die keine Ausbildung erfordert, noch ist dem Versicherer eine solche Verweisung generell verwehrt. Auch in solchen Fällen bedarf es eines konkreten Vergleichs der Anforderungsprofile der einander gegenüberzustellenden Berufe und einer konkreten Betrachtung, welche Kenntnisse und Fähigkeiten die jeweiligen Tätigkeiten erfordern, welche Verdienstmöglichkeiten und welche beruflichen Perspektiven sie bieten und ob danach die neue Tätigkeit die bisherige Lebensstellung des Versicherten zu wahren geeignet ist.
2. Wird ein Gelernter auf eine Tätigkeit in einem Beruf verwiesen, der keine Ausbildung voraussetzt, so ist damit nicht von vornherein ein Abstieg in der sozialen Wertschätzung des Versicherungsnehmers verbunden (so aber OLG Braunschweig VersR 2000, 620, 621). Allerdings stellt das Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung einen bedeutenden Faktor dar, der bei der Vergleichsbetrachtung zu berücksichtigen ist. Berufliche Tätigkeiten erfahren regelmäßig durch eine Ausbildung eine erhebliche Steigerung des sozialen Ansehens (anders Kammergericht VersR 1995, 1473).

Voraussetzung für die prozessuale Nachholung einer ausreichenden Begründung der Leistungseinstellung ist die Erteilung eines Hinweises auf die gerichtliche Geltendmachung binnen 6 Monaten
OLG Karlsruhe
1. Die Mitteilung über die Leistungseinstellung ist nur dann wirksam, wenn darin nachvollziehbar begründet wird, warum die anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Diese Nachvollziehbarkeit ist dann nicht gegeben, wenn der Gesundheitszustand nach Anerkenntnis und vor Leistungseinstellung nicht vollständig berücksichtigt wird.
2. Auch im Prozess kann durch Schriftsätze die Mitteilung der Leistungseinstellung erfolgen. Sie muss dann aber den Hinweis auf die gerichtliche Geltendmachung innerhalb der Frist von 6 Monaten (§ 7 Abs. 4 BB-BUZ) enthalten.

Bei einer wechselnden Erwerbsbiographie ist für die Beurteilung der bisherigen Lebensstellung nicht zwingend auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in gesunden Tagen, sondern auf einen längeren Zeitraum abzustellen
OLG Oldenburg
Bei der Beurteilung, ob eine Leistung aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung entfällt, weil der Versicherte eine andere Tätigkeit ausübt, die seiner bisherigen Lebensstellung hinsichtlich Einkommen und Ansehen entspricht, ist allein auf die unmittelbar vor dem behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit abzustellen. Weist die Erwerbsbiographie wechselnde berufliche Tätigkeiten oder Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit auf, so ist seine bisherige Lebensstellung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht aufgrund einer wertenden Betrachtung eines längeren Zeitraums zu beurteilen.

Kein Nachschieben von Anfechtungsgründen nach Ablauf der Jahresfrist des § 124 BGB bei arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer bei einem sog. "Burn-out-Syndrom"
OLG Bamberg
1. Auch bei einer Wiederinkraftsetzung eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrags nach einer Kündigung wegen Prämienverzuges besteht die Obliegenheit zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Gesundheitsfragen.
2. Streiten die Parteien eines Versicherungsvertrages um die Wirksamkeit einer vom Versicherer erklärten Anfechtungserklärung wegen arglistiger Täuschung, so kann ein weiterer Anfechtungsgrund nach Ablauf der Jahresfrist des § 124 BGB nicht mehr durch gleichzeitige ("wiederholende") Bezugnahme auf einen innerhalb der Jahresfrist eingereichten Schriftsatz nachgeschoben werden, wenn der damalige Schriftsatz einen völlig anderen Anfechtungstatbestand zum Gegenstand hatte.

Ein erst kurze Zeit vor dem Eintritt der Berufsunfähigkeit angetretener Beruf ist nicht geeignet, schon eine „Lebensstellung" zu begründen
OLG Oldenburg
Scheidet ein Versicherter wegen einer angeblich gesundheitlichen Beeinträchtigung aus einem erst kurz begründeten Arbeitsverhältnis (hier: 2 Monate) aus, so lässt sich in der Regel nicht davon sprechen, dass allein dieses Arbeitsverhältnis seine „bisherige Lebensstellung" geprägt hat. Es gilt im besonderem Maß, wenn die Erwerbsbiographie eines Versicherten von wechselnden beruflichen Tätigkeiten oder Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit gekennzeichnet ist, ohne dass diese Veränderungen auf den behaupteten Leiden beruhen.

Zur Berufsunfähigkeit eines überwiegend im Außendienst tätigen Versicherungsfachmanns
OLG Saarbrücken
Ein freiberuflicher Versicherungsfachmann, dessen Tätigkeit in gesunden Tagen davon geprägt war, seine Kunden unter Einsatz seines PKWs zu Hause aufzusuchen, ist schon dann berufsunfähig, wenn er den Anforderungen des Außendienstes aus gesundheitlichen Gründen nur noch weniger als zur Hälfte des bisherigen Umfangs nachkommen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherte den Anforderungen des Innendienstes in vollem Umfang gewachsen ist und die Gesamtbetrachtung von Innen- und Außendienst die 50%-Grenze nicht erreicht.

Aufstiegschancen im alten Beruf sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sicher ist, dass der Versicherte sie auch hätte verwirklichen können
OLG Oldenburg
Theoretische Aussichten und Chancen, die sich einem Versicherten in seinem Beruf geboten haben, prägen seinen Status jedenfalls dann nicht, wenn offen ist, ob der Versicherungsnehmer sie hätte verwirklichen können (vgl. OLG Saarbrücken, VersR 2004, 54).

Versicherungsnehmer muss die konkreten Umstände darlegen, aus denen sich fehlende Vergleichbarkeit des erlernten und des ausgeübten Berufs ergibt
BGH
1. Die Verweisung eines Versicherungsnehmers auf eine andere Tätigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrungen erfordert als der bisherige Beruf. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt.
2. Will der Versicherungsnehmer als gelernter Schreinergeselle geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich entspreche nicht seiner bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll.

Keine Verweisung eines selbstständigen Elektromeisters im Kleinbetrieb auf eine Projektleiterstelle in einem großen oder mittelständischen Unternehmen
OLG Karlsruhe
Ein selbstständiger Elektromeister mit Realschulabschluss, der einen kleinen Handwerkbetrieb mit weniger als 10 Mitarbeitern geführt hat, muss sich nicht auf den Beruf eines Projektleiters „Elektrotechnik" in einem großen oder mittelständischen Unternehmen verweisen lassen, da er nach seinen Fähigkeiten und aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung für eine solche, eher dem Management zugeordneten Tätigkeit in einem größeren Unternehmen nicht über ausreichende Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. 

Berufungsunfähigkeitsversicherung für Auszubildenden
BGH
1. Wird ein Auszubildender gegen Berufsunfähigkeit versichert, ist der Berufsbegriff auf solche Tätigkeiten auszuweiten, die erst die Voraussetzungen für die Aufnahme einer bestimmten, auf Erwerb gerichteten Tätigkeit schaffen sollen.
2. Für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit ist nicht zwischen der Ausbildungs- und der Ausübungsphase zu unterscheiden. Ist der Versicherte nach abgeschlossener Ausbildung den Anforderungen seines Berufes nicht gewachsen, kann der Versicherer deshalb nicht geltend machen, er übe jetzt einen - verglichen mit der Tätigkeit als Auszubildender - anderen Beruf aus, dem er zu keiner Zeit "in gesunden Tagen" nachgegangen sei.

Zur Aktivlegitimation des Arbeitsgebers bei einer Direktversicherung und einer Rückdeckungsversicherung wegen Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung OLG Brandenburg
1. Soweit Gegenstand der Berufung eine Klageerweiterung insoweit ist, als das über den erstinstanzlich geltend gemachten Zeitraum hinaus für die Folgejahre der Anspruch ebenfalls beziffert und der Klageantrag entsprechend erweitert wurde, ist dies zulässig, da es sich dabei um eine quantitative Erweiterung des Klageantrages i.S.v. 264 Nr. 2 ZPO handelt, auf den § 533 ZPO keine Anwendung findet. Das Erweitern von Forderungen lediglich auf einen längeren Zeitraum als dem bisher geltend gemachten ist in der Regel - so auch hier - ein Fall von § 264 Nr. 2 ZPO.
2. Bei der Direktversicherung schließt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer eine Lebensversicherung ab, aus der der Arbeitnehmer bezugsberechtigt ist . Die Klägerin ist mithin als Vertragspartner aktivlegitimiert, muss aber aufgrund der Bezugsberechtigung Zahlung an den Arbeitnehmer verlangen. Mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung als Rückdeckungsversicherung der Versorgungszusage eines Unternehmens soll das Risiko des Eintritts des Versorgungsfalls abgedeckt werden, wobei das Unternehmen Versicherungsnehmer und die zu versorgende Person versicherte Person wird. Dieser wird aber aus steuerlichen Gründen kein Bezugsrecht eingeräumt. Dies dient der Sicherung des Versorgungsberechtigten vor dem Insolvenzrisiko des Versicherungsnehmers
3. Zwar trifft es bei einer Rückdeckungsversicherung nicht zu, dass der Arbeitgeber auch insoweit Bezugsberechtigter ist, denn eine entsprechende Regelung findet sich gerade in diesem Vertrag nicht, während eine solche Bezugsberechtigung bei der Direktversicherung ausdrücklich vorgesehen ist und dies entspricht auch den zuvor dargestellten Grundsätzen zu den jeweiligen Versicherungen; gleichwohl ist es schadlos, wenn der Arbeitgeber Zahlung an denjenigen verlangt, dem die Leistung aus der Versicherung letztendlich zugute kommen soll. Die Erfüllungswirkung bei Zahlung an die versicherte Person könnten gem. §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB auch in diesem Fall eintreten.

Abschlag von 80%vom Wert der Leistungsklage für die Bemessung des Gebührenstreitwerts der Feststellungsklage, wenn neben der Leistungsklage auch Klage auf Fortbestehen eines Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrages erhoben wird
OLG Oldenburg
1. Erhebt der Versicherungsnehmer in einem Verfahren in demselben Rechtszug neben der Leistungsklage auch Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages, so kommt dieser eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zu. Die Werte beider Streitgegenstände sind nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
2. Bei der Bemessung des Gebührenstreitwertes für die Festsstellungsklage ist in diesen Fällen ein Abschlag von 80 % vom Wert der Leistungsklage vorzunehmen.

Rechte aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über Ansprüche aus einer Lebensversicherung gegen im Handelsregister gelöschte GmbH
BGH
1. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der sich auf die Ansprüche des Schuldners aus einer Lebensversicherung erstreckt, beinhaltet sowohl das Recht zur Kündigung als auch den darauf bezogenen Übertragungsanspruch.
2. Ansprüche auf Ausübung oder auf Übertragung des Kündigungsrechts sind gegen eine GmbH auch nach deren Löschung im Handelsregister im Wege einer Nachtragsliquidation durchsetzbar.

Die Dynamisierung von Berufsunfähigkeitsleistungen entfällt ab Leistungsbeginn des Versicherers auch ohne besondere Vereinbarung
OLG Saarbrücken
1. Dass im Leistungsstadium einer Berufsunfähigkeitsversicherung ohne besondere Vereinbarung keine Rentendynamisierung stattfindet, ist rechtlich unbedenklich.
2. Die verspätete Meldung des Versicherungsfalls führt zu einer zeitlichen Hinausschiebung des Leistungsbeginns, zugleich also zu einer Fortdauer von Dynamisierungen.

Wirksame Einstellungsmitteilung setzt einen ausführlichen Vergleich des Gesundheitszustands bei Abgabe des Leistungsanerkenntnisses und bei Einstellung voraus; hieran sind strenge Anforderungen zu stellen
OLG München
1. Hat der Versicherer Leistungen nach § 5 BB-BUZ anerkannt und kann er sich hiervon nur durch ein Vorgehen im Nachprüfungsverfahren gemäß § 7 BB-BUZ wieder lösen.
2. Dazu bedarf es der in § 7 BB-BUZ vorgesehenen Mitteilung des Ergebnisses der Nachprüfung. Erst die zugegangene Mitteilung lässt nach einer Schutzfrist die Leistungspflicht wieder entfallen, nicht schon zuvor der Eintritt von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherten.
3. In der Regel ist im Nachprüfungsverfahren der Vergleich des Gesundheitszustandes des Versicherten, wie ihm der Versicherer in seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand des Versicherten zu einem späteren Zeitpunkt maßgebend. In diesen Fällen ist die Mitteilung des Versicherers nur nachvollziehbar, wenn er seine Vergleichsbetrachtung und die daraus gezogenen Folgerungen aufzeigt. Die Einstellung oder Herabsetzung der Leistungen des Berufsunfähigkeitsversicherers im Nachprüfungsverfahren setzt voraus, dass der Versicherer den Gesundheitszustand, den er seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Nachprüfung vergleichend aufzeigt und darlegt, von welchen Gesundheitsverhältnissen und welchen sich daraus ergebenden Folgen für die Berufsunfähigkeit er bei Abgabe seines Anerkenntnisses ausgegangen ist. Dabei ist darzulegen, auf welche in der Zwischenzeit aufgetretenen Verbesserungen der Gesundheitsverhältnisse sich der Versicherer berufen will, wobei die ärztlichen Gutachten, auf die der Versicherer sein Verlangen stützen will, dem Versicherungsnehmer voll umfänglich zugänglich zu machen sind. Nicht ausreichend ist die Mitteilung ärztlicher Diagnosen, wenn sich daraus nicht ergibt, welche Veränderungen des Gesundheitszustandes im Einzelnen beim Versicherungsnehmer eingetreten sind und zu einer bedingungsgemäß erheblichen Verbesserung geführt haben sollen. Auch genügt es nicht, wenn der Versicherer den von ihm im Zeitpunkt des Anerkenntnisses angenommenen Grad der Berufsunfähigkeit diejenige Gradzahl gegenüberstellt, die ein Gutachter zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt hat. Ebenso wenig genügt es, nur den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Nachprüfung mitzuteilen
3. Ist der Einstellungsmitteilung nicht zu entnehmen, von welchem Grad der Berufsunfähigkeit der Versicherer aufgrund welcher von ihm für feststehend erachteten Beeinträchtigungen des Klägers bei Anerkennung seiner Leistungspflicht ausgegangen ist und ist auch der gerichtlich bestellte Sachverständige an hand des dem der Einstellungsmitteilung beigefügtem Gutachten nicht in der Lage, eine vergleichende Betrachtung vorzunehmen, fehlt es an einer ausreichenden Einstellungsmitteilung.
4. Befasst sich das der Einstellungsmitteilung beigefügte Gutachten ausschließlich mit einer Besserung der Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet und enthält es keine Aussagen zu daneben bestehenden psychischen Beeinträchtigungen, auf die das seinerzeitige Leistungsanerkenntnis ebenfalls (mit) beruhte, fehlt es an einer vergleichsweisen Gesundheitsbetrachtung.
5. Es kommt nicht einmal darauf an, ob diese weiteren Beeinträchtigungen bei Abgabe des Anerkenntnisses bekannt waren (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR, 2009, 1695), was allerdings hier sogar der Fall war.
6. Den Schriftsätzen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit kommt nach Auffassung des Senats nicht die Qualität einer Einstellungsmitteilung zu: Die Beklagte hat im Rechtsstreit eine an den vorgenannten Kriterien orientierte Einstellungsmitteilung nicht nachgeholt.

Berufsunfähigkeit eines selbstständigen Textilreinigers kann bei schmerzhaften Bewegungseinschränkungen gegeben sein
OLG Frankfurt
Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd - zu mindestens 50 % - außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben. Abzustellen ist dabei auf den zuletzt ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung. Bei einem Selbstständigen bedarf es der Darlegung, wie sein Betrieb vor seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung organisiert war und in welcher Art respektive welchem Umfang er bis dahin mitgearbeitet hat. Diese Voraussetzungen sind beim Inhaber eines Reinigungsbetriebes gegeben, der vorwiegend für andere Firmen gereinigt hat und keine Laufkundschaft hatte, vollschichtig mitgearbeitet hat und Bürotätigkeiten nur in geringem Umfange nach Feierabend oder am Wochenende erledigt hat, wenn ihm ein ganztägiges Stehen nicht mehr möglich ist und zudem schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vorliegen.

Zur Verweisung einer LKW-Fahrerin auf den früheren Beruf der Verwaltungsangestellten
OLG Saarbrücken
1. Die Verweisung einer LKW-Fahrerin auf den von ihr früher vor ca. 10 Jahren ausgeübten Beruf einer Verwaltungsangestellten ist auch dann zulässig, wenn sie nicht über PC-Kenntnisse verfügt und daher eine mehrmonatige Einarbeitungszeit benötigt. Ob heute von jedermann im Rahmen einer Verweisungstätigkeit das Erlernen von PC-Kenntnissen aufgrund allgemeiner Verbreitung von Computern verlangt werden kann, bleibt unbeantwortet. Wenn allerdings eine noch relativ junge Versicherungsnehmerin den Einsatz einer Schreibmaschine im Rahmen ihrer Ausbildung erlernt hatte, ist dies für die Ausübung einer Verwaltungstätigkeit zumutbar, denn der PC stellt nur die Fortentwicklung einer bereits in der Schreibmaschine angelegten Kulturtechnik dar.
2. Ob eine Einkommenseinbuße im Rahmen der Verwaltung zumutbar ist, ist nicht einheitlich nach Prozentsätzen oder absoluten Zahlen festzulegen, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Einkommenshöhe zu beurteilen. Bei einem neuen jährlichen Nettoeinkommen von 20.000,00 bis 25.000,00 € ist eine Einkommenseinbuße von ca. 7,25 % zumutbar, zumal wenn das alte Einkommen als LKW-Fahrerin in dieser Größenordnung schankte und das neue Einkommen als Verwaltungsangestellte konstant ist.
3. Die Tätigkeit als Verwaltungsangestellte genießt keine geringere Wertschätzung als die einer LKW-Fahrerin; vielmehr ist das Gegenteil der Fall.
4. Unberücksichtigt bleiben muss die Lage auf dem Arbeitsmarkt.

Behandlung des Anrechts aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung beim Versorgungsausgleich geschiedener Ehegatten
BGH
1. Zur Behandlung von VBL-Anrechten im Versorgungsausgleich, wenn der vom Versorgungsträger mitgeteilte Wert des Ehezeitanteils eine zum 01.01.2002 gutgebrachte Startgutschrift enthält, die nach der in §§ 78, 79 Abs. 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 BetrAVG enthaltenen (unwirksamen) Übergangsregelung für rentenferne Jahrgänge ermittelt worden ist.
2. Zum Ausgleich einer privaten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung im Versorgungsausgleich durch Realteilung.
3. Sieht der Geschäftsplan eines privaten Versicherungsträgers die Realteilung einer laufenden Berufsunfähigkeitsrente vor, so ist der Ausgleichspflichtige regelmäßig unangemessen benachteiligt, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte durch die Realteilung eine sofort fällige Zeitrente erhält, die unabhängig von einer Bedürftigkeit wegen Alters oder Invalidität ist. Von einer Realteilung ist in diesem Fall abzusehen.

Anforderungen an die Verweisbarkeit
LG Coburg
Bei der Frage der Verweisbarkeit eines berufsunfähigen Versicherten auf eine andere Tätigkeit ist festzustellen, ob die anderen Tätigkeiten vom Versicherten nicht mehr an Kenntnissen und Fähigkeiten erfordern, als sie bei ihm nach seiner Ausbildung (= als abstraktes Berufsbild) und seinen Erfahrungen (konkret) zu erwarten sind (= Obergrenze für die Anforderungen an den Versicherten) und ob hierbei die bislang erreichte Lebensstellung hinreichend berücksichtigt worden ist (= Untergrenze mit Maßstäben Vergütung und Wertschätzung) .

In Versicherungsbedingungen geforderte Mitteilung des „Eintritts" der Berufsunfähigkeit stellt auf objektives Vorliegen der Berufsunfähigkeit ab
OLG Karlsruhe
1. Die bedingungsgemäße Leistungsbeschränkung bei verspäteter Mitteilung des Eintritts der Berufsunfähigkeit ist wirksam.
2. Ein Zuwarten mit der Mitteilung bis zur Bescheidung eines Rentenantrags in der Sozialversicherung ist nicht unverschuldet.

Anzeigeobliegenheit bei Antragstellung besteht nur, wenn der Versicherungsnehmer sich des Krankheitswerts seiner Beschwerden bewusst gewesen ist und nicht glaubte, nur unter vorübergehenden Befindlichkeitsstörungen zu leiden
Brandenburgisches OLG
Voraussetzung für eine Anzeigeobliegenheit bei Antragstellung ist, dass der Versicherungsnehmer subjektiv empfundene körperliche Beeinträchtigungen von sich aus ohne Vorliegen einer ärztlichen Diagnose als Störung seiner Gesundheit, und nicht als bloße Befindlichkeitsstörung qualifizieren musste, der Versicherungsnehmer sich also bei Ausfüllen des Antragsformulars des Krankheitswerts der Beschwerden bewusst gewesen ist. Wenn und solange der Versicherungsnehmer nicht weiß, dass er krank ist und woran er leidet, kann er hierüber auch keine falschen Angaben machen. Selbst wenn der Versicherungsnehmer in der Befürchtung, er könne krank sein, einen Arzt aufsucht, hat er noch keine Kenntnis, so lange der Arzt seine Befürchtungen nicht bestätigt.

Berufsunfähigkeitsrente in der Insolvenzmasse
BGH 
1. Eine nach den Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts bedingt pfändbare Berufsunfähigkeitsrente fällt im Insolvenzverfahren insoweit in die Insolvenzmasse, als sie im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung für pfändbar nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften erklärt wird.
2. Die Billigkeitsprüfung, bei der alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind, obliegt dem Insolvenzgericht, wenn der Insolvenzverwalter beantragt, bedingt pfändbare Bezüge des Schuldners für pfändbar zu erklären, um sie wie Arbeitseinkommen zur Masse zu ziehen; streiten Insolvenzverwalter und Schuldner um die Massezugehörigkeit von bedingt pfändbaren Einkünften des Schuldners oder ist die Frage der Pfändbarkeit im Rahmen eines Anfechtungsprozesses zu beantworten, muss die Billigkeitsentscheidung vom Prozessgericht getroffen werden.

Abtretung von Ansprüchen allein aus der Lebensversicherung bei einheitlicher Kapitallebensversicherung und Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
BGH
Wird zusammen mit einer Kapitallebensversicherung eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen, steht die Einheitlichkeit des Vertrages in der Regel weder der Abtretung von Ansprüchen allein aus der Lebensversicherung noch einer Übertragung des Kündigungsrechts für die Lebensversicherung entgegen.

Berufsunfähigkeitsrenten Selbstständiger mit einem Leistungsversprechen bis zu einer bestimmten Altersgrenze sind pfändbar
OLG Hamm
§ 851 c ZPO in der Fassung des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.03.2007 erfasst Berufsunfähigkeitsrenten einer (privaten) Berufsunfähigkeitsversicherung Selbstständiger nicht, wenn diese - wie üblich - Leistungen bis zu einer bestimmten Altersgrenze verspricht. Die Leistungen sind pfändbar.

„Minderung der Erwerbsunfähigkeit" und „Grad der Behinderung" sind nicht gleichzusetzen mit dem Begriff der „Berufsunfähigkeit"
OLG Koblenz
1. Aus der Tatsache, dass ein Versicherungsnehmer zu 100% erwerbsunfähig und über einen Grad der Behinderung von 70% verfügt, kann kein Rückschluss auf eine Berufsunfähigkeit im Bereich der privaten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gezogen werden.
2. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass eine Person zwar erwerbsunfähig, nicht jedoch berufsunfähig ist. Der privatversicherungsrechtliche Begriff der Berufsunfähigkeit ist nicht identisch mit dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit oder eines Behinderungsgrades im gesetzlichen Renten- bzw. Sozialversicherungsrecht.

Versicherer steht angemessene Prüfungsfrist zur Beurteilung der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit anhand der vorliegenden Unterlagen zu
OLG Koblenz
1. Ein Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherer gibt keinen Anlass zur Klageerhebung, wenn die Ansprüche zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht fällig waren.
2. An der Fälligkeit der Ansprüche fehlt es, wenn die eingereichten Atteste weder Aussagen zum Grad der Berufsunfähigkeit noch Feststellungen zur voraussichtlichen Dauerhaftigkeit enthalten.
3. Eine Begutachtung ist nicht innerhalb von 4 Wochen nach Erhalt der medizinischen Unterlagen vom Versicherer in Auftrag zu geben. Diesem steht eine ausreichende Prüfungsfrist zu, ob sich aus den Unterlagen hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit ergeben.
4. Solange das Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit anhand der vorliegenden Unterlagen noch nicht feststeht, ist der Versicherer auch nicht zur Leistung von Abschlagszahlungen verpflichtet.

Strenge Anforderungen an die formalen Voraussetzungen einer Einstellungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren
OLG Karlsruhe
1. Die Erklärung über die Leistungspflicht soll dem Versicherten als verlässliche Grundlage für seine weitere Lebensplanung dienen. Ist die Erstprüfung mit einem Anerkenntnis abgeschlossen, ist nicht mehr von Relevanz, auf welcher Grundlage die Selbstbindung der Versicherung erfolgte. Selbst etwaige Irrtümer über die Entscheidungsgrundlagen könnten nicht korrigiert werden, sondern bilden lediglich Elemente des Nachprüfungsverfahrens.
2. Bei einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kann ein Versicherer sein Ziel, eine von ihm anerkannte Leistungspflicht wieder enden zu lassen, regelmäßig nur über ein so genanntes Nachprüfungsverfahren erreichen. Es setzt voraus, dass dem Versicherten über die Leistungseinstellung eine Mitteilung gemacht wird. Kommt es nicht zu einer Mitteilung oder ist sie rechtsunwirksam, besteht die anerkannte Leistungspflicht auch dann fort, wenn sich die maßgeblichen Umstände derart geändert haben, dass sie den Versicherer zur Leistungseinstellung berechtigt hätten.
3. Wirksam ist eine solche Mitteilung nur, wenn darin nachvollziehbar begründet wird, warum die anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Versicherers setzt in der Regel voraus, dass eine Vergleichsbetrachtung angestellt wird. Der gesundheitliche Zustand des Versicherten zum Zeitpunkt der die Nachprüfung beschließenden Entscheidung muss jenem gegenübergestellt werden, den der Versicherer seinem gebotenen Anerkenntnis zugrunde gelegt hat. Außerdem müssen die aus dieser Vergleichsbetrachtung abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden. Dazu gehören auch die aus den medizinischen Erkenntnissen gezogenen berufsbezogenen Schlussfolgerungen, die dann ebenfalls vergleichend darzulegen sind. Die Einstellungsmitteilung verfolgt den Zweck, dem Versicherungsnehmer, der sich gegen die sich hieran anschließenden Rechtsfolgen der Leistungseinstellung gegebenenfalls prozessual zur Wehr setzen muss, die Möglichkeit zu geben, die Prozessaussichten zuverlässig beurteilen zu können. Der Versicherungsnehmer ist aufgrund der dem Vertragsverhältnis zugrunde gelegten Versicherungsbedingungen gehalten, für die Nachprüfung des Versicherers sachdienliche Auskünfte zu erteilen und sich auf Verlangen des Versicherers einmal jährlich einer Untersuchung durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt zu unterziehen. Diese ungewöhnlichen Mitwirkungsobliegenheit der Gläubigerin bei der Beweisführung der Schuldnerin, die darauf abzielt, von einer anerkannten Leistungspflicht wieder loszukommen, die auf den Besonderheiten des Versicherungsrechts mit der speziellen Ausgestaltung einer Berufsunfähigkeitsversicherung beruht, bringt es mit sich, dass der Versicherer seinerseits dafür Sorge tragen muss, dass der Versicherte seine Rechte aus dem Versicherungsverhältnis sachgerecht wahren kann.
4. Diesen formalen Anforderungen wird eine Mitteilung nicht gerecht, wenn zwar ein Vergleich zwischen dem Gesundheitszustand des zum Zeitpunkt der Abfassung der Einstellungsmitteilung und dem Gesundheitszustand zu Beginn der Erkrankung vorgenommen wird, eine vom Versicherungsnehmer behauptete andere - angeblich ebenfalls zur Berufsunfähigkeit führende - Beschwerdesymptomatik aber ohne weitere Sachverständigenprüfung einfach angetan wird.

Behauptung einer vollständige Berufsunfähigkeit ohne konkrete Bezeichnung der zugrundeliegenden Beschwerden ist zu unsubstantiiert und ermöglicht keine Beweisaufnahme über den Grad der Berufsunfähigkeit
OLG Koblenz
Die pauschale Behauptung, der Versicherungsnehmer sei zu 100% berufsunfähig, ist als solche ohne Nachweis der einzelnen zur Annahme eines derartigen Grades von Berufsunfähigkeit führenden Beschwerden zu unsubstantiiert, um eine Beweisaufnahme hierüber durchführen zu können. Es bedarf deshalb nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens

Nachholung der Formalien der Einstellungsmitteilungen im Nachprüfungsverfahren auch durch schriftsätzlichen Sachvortrag im Prozess noch möglich
OLG Karlsruhe
1. Es ist anerkannt, dass die Formalien der Einstellungsmitteilungen im Nachprüfungsverfahren auch durch schriftsätzlichen Sachvortrag im Prozess nachgeholt werden können. Die Möglichkeit des Versicherungsnehmers, sein Prozessverhalten auf die neue Mitteilung sodann einzustellen, bleibt dabei ungeschmälert. Eine solche prozessuale Einstellungsmitteilung, muß als Wirksamkeitsvoraussetzung sowohl eine Belehrung, als auch eine nachvollziehbare Begründung enthalten muss
2. Hierbei muß aus den Schriftsätzen hinreichend klar zum Ausdruck kommen, dass mit diesen Schriftsätzen gleichzeitig Einstellungsmitteilungen gegenüber der Klägerin abgeben werden sollen.

Nachweis der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit
OLG Köln
Der Versicherungsnehmer hat seine zuletzt ausgeübte Berufsausübung in gesunden Tagen durch Angabe von Art, Umfang und Häufigkeit der anfallenden Tätigkeiten substantiiert darzulegen, die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit genügt nicht. Widersprechen sich die Angaben des Versicherungsnehmers zu seiner bisherigen Tätigkeit (z. B. Wochenarbeitszeit 41,5 bzw. über 50 Stunden, was war konkret der zuletzt ausgeübte Beruf), so fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung der konkreten Ausgestaltung seines zuletzt ausgeübten Berufs.

 

Urteile aus dem Jahr 2009
 

Abweichung im Versicherungsantrag vom Versicherungsschein (Leistungsdauer BUZ)
OLG Karlsruhe
1. Wird im Versicherungsantrag die Leistungsdauer BUZ mit 10 Jahren angegeben, während im Versicherungsschein eine kürzere Leistungsdauer dokumentiert wird, so gilt die im Versicherungsantrag genannte Dauer, wenn der Versicherer nicht in der Form des § 5 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. auf diese Abweichung hingewiesen hat.
2. Weicht die nach § 5 Abs. 3 VVG a. F. als vereinbart geltende Leistungsdauer von der im Mustergeschäftsplan festgelegten Dauer ab, so führt das nicht zu deren Unwirksamkeit, denn der Mustergeschäftsplan schränkt die Vertragsfreiheit nicht ein, sondern zieht bei Verstoß allenfalls aufsichtsrechtliche Folgen für den Versicherer nach sich. § 5 Abs. 3 VVG a. F. gilt damit auch beim Abweichen des Versicherungsantrags von einem aufsichtsrechtlich genehmigten Mustergeschäftsplan.

„Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen und beruflicher Stress" sind keine anzeigepflichtigen Umstände
OLG Hamm
Bei den Begriffen „Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, beruflicher Stress und deutliche Schmerzen im linken Arm" handelt es sich nicht um Diagnosen, sondern nur um die Beschreibung von Symptomen einer diagnostizierten (oder eventuell nur angenommenen) Erkrankung. Eine Verletzung der Obliegenheitsverletzung durch Nichtnennung dieser Symptome liegt nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer deswegen behandelt worden ist und ihm die Erkrankung - nicht die Symptome - auch bekannt war.

Pfändungsschutz für Zeitrenten Selbständiger aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
OLG Hamm
Auch) § 851c ZPO i.d.F. des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26. März 2007 (BGBl. I 2007, 368) erfasst Berufsunfähigkeitsrenten einer (privaten) Berufsunfähigkeits-Versicherung Selbständiger nicht, wenn diese - wie üblich - Leistungen nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze verspricht. Die Leistungen sind pfändbar.

Keine Anfechtung des Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages bei Nichtanzeige einer Asthma-Erkrankung, die Folge einer angezeigten Erkrankung seinkann
OLG Frankfurt
1. Gibt der Versicherungsnehmer im Versicherungsantrag eine Neurodermitis, nicht hingegen ein Asthmaleiden an, fehlt es an einer arglistigen Täuschung, wenn das Asthmaleiden Folge der (angezeigten) Neurodermitiserkrankung ist.
2. Gibt der Versicherungsnehmer unter Nennung der eingenommenen Medikation im Antrag an, „seit Geburt" unter Neurodermitis zu leiden, unterlässt er es aber gleichzeitig, die Asthmabehandlungen anzugeben, musste sich dem Versicherer aufdrängen, dass die (verneinte) Frage nach Behandlungen unzutreffend beantwortet sein musste. Wenn er ungeachtet dessen einen klärenden Hinweis oder eine klärende Nachfrage unterlässt, kann er sich in dieser Hinsicht nicht auf sein gesetzli-ches Rücktritts- oder Anfechtungsrecht berufen.

Versicherer ist zur sorgfältigen außergerichtlichen Prüfung (hier: 12 Monate) seiner Leistungspflicht berechtigt, ohne sich in Verzug zu befinden
LG Koblenz
1. Erkennt der Versicherer im Klageverfahren nach Vorlage eines von ihm im Rahmen seiner außergerichtlichen Leistungsprüfung eingeholten Gutachtens seine Leistungspflicht an und war der Anspruch bis dahin noch nicht fällig, weil die nötigen Erhebungen des Versicherers noch nicht beendet waren, entspricht es billigem Ermessen im Sinne des § 91a ZPO unter entsprechender Anwendung des § 93 ZPO, dem (voreilig klagenden) Versicherungsnehmer die Kosten aufzuerlegen.
2. Ein Anerkenntnis des Versicherers auf der Grundlage eines Privatgutachtens des Versicherungsnehmers, worin eine „bis auf weiteres" bestehende Berufsunfähigkeit attestiert wird, ist nicht geboten. Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit verlangt vielmehr eine Prognose dahingehend, dass jemand voraussichtlich d a u e r n d außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben.
3. Der Versicherer hat ein anzuerkennendes Interesse, daran, seine Leistungspflicht sorgfältig zu prüfen, da der Entscheidung über ein Anerkenntnis eine erhebliche Tragweite zukommt. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass sich das Anerkenntnis auf nicht unerhebliche Leistungen bezieht. Zum anderen ist der Versicherer an das Anerkenntnis gebunden und kann seine Leistungspflicht nur noch im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens und nur für die Zukunft ggf. in Frage stellen. Insoweit geht die Bindungswirkung so weit, dass der Versicherer selbst an eine Fehleinschätzung gebunden ist.  

Vorvertragliche Anzeigepflicht: 3-wöchiger Kuraufenthalt wegen eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes
BGH
Ein 3-wöchiger Kuraufenthalt wegen eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes eines 54-jährigen Versicherten aufgrund hoher beruflicher Belastung ist sowohl für eine Kapitallebens- als auch für eine BUZ-Versicherung ein gefahrerheblicher Umstand. Dessen Gefahrerheblichkeit liegt auf der Hand, so dass der Versicherer nicht schon bei bloßem Bestreiten der Gefahrerheblichkeit durch den Versicherungsnehmer seine Risikogrundsätze darzulegen hat, vielmehr hat der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen, dass dieser Umstand nicht gefahrerheblich ist.

Die Notwendigkeit von Pausen kann bei einer auf Kontinuität angelegten Tätigkeit zu einem höheren als dem rechnerischen Grad der Berufsunfähigkeit führen
OLG Koblenz
Ist der Versicherungsnehmer in einer somatoformen Schmerzstörung nur noch imstande, etwa 3 von 8 Stunden täglich mit Pausen und Unterbrechungen tätig zu sein, kann bei der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung insbesondere wegen der Bedeutung der Möglichkeit zu kontinuierlicher Leistungserbringung als Grad der Berufsunfähigkeit im Ergebnis ein deutlich höherer Anteil als derjenige von rechnerisch 5/8 angenommen werden.

Ausführungen des Sachverständigen zur MdE statt zum Grad der Berufsunfähigkeit machen das Gutachten unbrauchbar
OLG Koblenz
Beurteilt der Sachverständige nicht die privatversicherungsrechtliche Berufsunfähigkeit, sondern spricht er von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit, macht dies seine Ausführungen unbrauchbar, weil beides nicht miteinander vergleichbar ist.

Ausnahmsweise Verbindung von Anerkenntnis und Nachprüfungsverfahren
LG Dortmund
1. In der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung darf der Versicherer ausnahmsweise Anerkenntnis und Nachprüfungsverfahren miteinander verbinden, wenn er erklärt, Berufsunfähigkeit habe für einen bestimmten, in der Vergangenheit liegende Zeitraum bestanden, sei dann aber wegen später eingetretener - für die Berufsunfähigkeit relevanter - Umstände wieder entfallen.
2. Als ein solcher Umstand kommt die tatsächliche Aufnahme einer anderen Tätigkeit nicht in Betracht, wenn die Bedingungen nur die abstrakte Verweisung vorsehen.

Der Eintrag „10 Jahre Leistungsdauer" im Versicherungsantrag kann eine Leistungspflicht auch über das Ende der vereinbarten Versicherungsdauer hinaus bedeuten
OLG Karlsruhe
1. Ein Muster-Geschäftsplan hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer.
2. Der Eintrag „10 Jahre Leistungsdauer" im Versicherungsantrag kann - je nach Ausgestaltung des Antragsformulars - eine Leistungspflicht von 10 Jahren bedeuten, selbst wenn dies über das Ende der vereinbarten Versicherungsdauer hinaus geht.

Maßstab für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit eines Auszubildenden im Rahmen der Nachprüfung ist die im Zeitpunkt der Änderungsmitteilung ausgeübte Tätigkeit im erlernten Beruf
OLG Köln
Bei der Prüfung der Frage, ob bei dem Versicherten keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit mehr vorliegt, ist nicht an die im Zeitpunkt des Leistungsanerkenntnisses ausgeübte Tätigkeit als Auszubildender, sondern an die im Zeitpunkt der Änderungsmitteilung ausgeübte Tätigkeit in dem erlernten Beruf anzuknüpfen.

Keine Berufsunfähigkeit wegen Dienstunfähigkeit wenn Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auch auf disziplinarisches Fehlverhalten gestützt wird
OLG Koblenz
1. Ist nach den AVB vorgesehen, dass Berufsunfähigkeit dann vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer wegen Dienstunfähigkeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen wird, greift die Klausel nicht ein, wenn die Entlassungsverfügung auch auf disziplinarisches Fehlverhalten gestützt ist, wobei es allein auf den Inhalt der Entlassungsverfügung ankommt.
2. Die Behauptung, das disziplinarische Fehlverhalten sei auf die die Dienstunfähigkeit begründende Erkrankung zurückzuführen, stellt im Berufungsverfahren neues, an § 531 ZPO zu messendes Vorbringen dar, ebenso die Behauptung allgemeiner Berufsunfähigkeit im Sinne von § 2 Nr. IV ABBV.

Die Mitteilung über die Leistungseinstellung wegen konkreter Verweisung muss keine Vergleichsdarstellung zwischen früherer und nunmehr tatsächlich ausgeübter Tätigkeit enthalten
OLG Saarbrücken
1. Die Mitteilung über die Einstellung von Leistungen muss keinen Vergleich zwischen der früher und der aufgrund neu erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten nunmehr tatsächlich ausgeübten Tätigkeit enthalten.
2. Die Befristung eines Arbeitsvertrages steht einer Verweisung im Nachprüfungsverfahren nicht entgegen.
3. Die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten müssen keinen Bezug zur früheren beruflichen Tätigkeit des Versicherten haben.

Ein selbstständiger Elektromeister mit Realschulabschluss kann nicht auf den Beruf eines Projektleiters Elektrotechnik verwiesen werden
OLG Karlsruhe
1. In gesunden Tagen ausgeübte Position als „Selbstständiger" hindert eine Verweisung auf einen Beruf im Angestelltenverhältnis als solche nicht. Es kommt vielmehr auf einen Vergleich der Lebensstellungen an. Dieser richtet sich zum Einen nach den Einkommensmöglichkeiten. Zum Anderen ist die der Tätigkeit allgemein entgegengebrachte Wertschätzung zu vergleichen. Ob dies bei Selbstständigen, die auf einen Beruf im Angestelltenverhältnis verwiesen werden, der Fall ist, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Es ist einem Selbstständigen weder generell zumutbar, noch generell unzumutbar, auf eine abhängige Tätigkeit verwiesen zu werden.

LKW-Fahrer ist trotz mehrmonatiger Einarbeitungszeit wegen fehlender PC-Kenntnisse auf den früher ausgeübten Beruf als Verwaltungsangestellter verweisbar
OLG Saarbrücken
1. Die Verweisung einer LKW-Fahrerin auf den von ihr früher, Jahre zurückliegend, ausgeübten Beruf einer Verwaltungsangestellten ist auch dann zulässig, wenn sie nicht über PC-Kenntnisse verfügt und daher erst eine mehrmonatige Einarbeitungszeit benötigt.
2. Unberücksichtigt bleiben muss im Rahmen der Verweisung die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Dabei ist aber vorauszusetzen, dass es die Tätigkeit, auf die der Versicherer verweist, auf dem Arbeitsmarkt überhaupt und nicht nur in unbedeutendem Umfang gibt, ein Arbeitsmarkt also überhaupt existiert.

Verzug des Versicherers bei Leistungsablehnung aufgrund falschen Sachverständigengutachtens
OLG Koblenz
1. Lehnt der Versicherer seine Leistungspflicht aus einer BUZ-Versicherung aufgrund eines von ihm eingeholten, schuldhaft falschen medizinischen Gutachtens ab, so gerät er in Verzug. Die falsche Beurteilung des von ihm eingeschalteten Gutachters muss der Versicherer sich nach § 278 BGB zurechnen lassen.
2. Liegen dem Versicherer einander widersprechende, von ihm und dem Versicherungsnehmer eingeholte ärztliche Stellungnahmen vor und lehnt er seine Leistung aufgrund der von ihm eingeholten Stellungnahme ab, ohne dass erkennbar war, dass diese Stellungnahme richtiger ist als die vom Versicherungsnehmer eingeholte Stellungnahme, so hat er das Risiko der zweifelhaften Rechtslage zu tragen. Ein den Verzug entschuldigender Rechtsirrtum liegt nicht vor; der Versicherer befindet sich daher ab seiner Leistungsablehnung in Verzug.

Gewohnheitsrechtlicher Anspruch auf Erfüllung bei Falschauskunft des Versicherungsvertreters bei Antragstellung
OLG Koblenz
Hat der Versicherungsvertreter sowohl auf einer Informationsveranstaltung als auch bei späterer Antragstellung auf Abschluss einer BUZ-Versicherung dem Versicherungsnehmer mündlich zugesagt, dass eine amtsärztliche Feststellung der Feuerwehrdienstuntauglichkeit (so genannte G 26-Untersuchung) den Leistungsanspruch begründe, und zwar unabhängig vom Nicht-Mehr-Bestehen eines aktiven Beamtenverhältnisses, obwohl nach den Versicherungsbedingungen dafür die Versetzung in den Ruhestand wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit Voraussetzung ist, so haftet der Versicherer aus Erfüllungshaftung bei Eintritt der Feuerwehrdienstuntauglichkeit. Ein erhebliches Eigenverschulden des Versicherungsnehmers, das diesen Anspruch entfallen lässt, liegt nicht vor, wenn dem Versicherungsnehmer zeitgleich mit der falschen mündlichen Auskunft die schriftlichen Vertragsbedingungen nicht vorgelegen haben.

Zur Wahrung der bisherigen Lebensstellung im Verweisberuf
Hanseatisches OLG in Bremen
1. Nimmt der Versicherungsnehmer eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nach dem Zeitpunkt, ab dem er Berufsunfähigkeit geltend gemacht hat, aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung eine neue Tätigkeit auf, trägt er dafür die Beweislast, dass es sich hierbei nicht um einen Vergleichsberuf handelt.
2. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob der Vergleichsberuf der bisherigen Lebensstellung entspricht, ist, dass die Qualifikation für den Vergleichsberuf nicht geringer ist als jene für den früheren Beruf, und dass bestimmte, prägende Merkmale des bisherigen Berufs zwar weggefallen, aber durch andere, auf gleicher Stufe stehende Merkmale ersetzt worden sind (hier: Verweisung eines Rohrschlossers in einer Schiffswerft auf eine Tätigkeit als Konstrukteur für die Erstellung von Konstruktionsplänen von Rohrleitungen auf Schiffsbauten).

Grad der Berufsunfähigkeit bei somatoformen Schmerzstörungen ist qualitativ und nicht quantitativ zu ermitteln
OLG Koblenz
1. Zu den Anforderung an den Nachweis der Berufsunfähigkeit bzw. einem selbständigen Anwender-Softwareprogrammierer.
2. Ist der Versicherungsnehmer wegen einer somatoformen Schmerzstörung nur noch imstande, etwa drei von acht Stunden täglich mit Pausen und Unterbrechungen tätig zu sein, kann bei der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung insbesondere wegen der Bedeutung der Möglichkeit zu kontinuierlicher Leistungserbringung als Grad der Berufsunfähigkeit im Ergebnis ein deutlich höherer Anteil als derjenigen von rechnerischen fünf Achteln angenommen werden.

Eine Diagnose und die Angabe eines Arbeitsunfähigkeitszeitraums in der Auskunft zu einer später abgeschlossenen Krankenversicherung beweisen nicht die tatsächliche Erkrankung
OLG Hamm
1. Teilt der Versicherungsnehmer dem Versicherer auf entsprechende Nachfrage mit, dass er an einem bestimmten Tag das letzte Mal gearbeitet hat und dass das Arbeitsverhältnis auch an diesem Tag arbeitgeberseitig gekündigt wurde, so erhält der Versicherer mit Zugang dieser Mitteilung Kenntnis von dem - bei Beantragung verschwiegenen und unter Umständen zum Rücktritt und zur Anfechtung berechtigenden - Umstand der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Damit werden auch die Fristen nach § 20 Abs. 1 VVG und § 124 Abs. 1 BGB in Gang gesetzt.
2. Enthält eine Auskunft der Krankenkasse, bei der der Versicherungsnehmer im betreffenden Auskunftszeitraum nicht versichert war, lediglich eine Diagnose und einen Arbeitsunfähigkeitszeitraum, sonst aber keine präzisierenden Merkmale, so beweist der Versicherer damit nicht, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich hieran erkrankt war.

Nachprüfungsverfahren - Inhalt der Änderungsmitteilung; Berufsunfähigkeit eines Rechtsanwalts wegen Burn-out-Syndroms
OLG Karlsruhe
1. Eine wirksame Mitteilung im Nachprüfungsverfahren über die Leistungseinstellung setzt jedenfalls bei fortdauernder Erkrankung voraus, dass nachvollziehbar dargelegt wird, welche Auswirkungen die Verbesserung des Gesundheitszustandes des Versicherten auf dessen Fähigkeiten zur Berufsausübung hat. Dies ist konkret anhand der einzelnen, ursprünglich nicht mehr und jetzt wieder vom VN auszuübenden Tätigkeiten darzulegen.
2. Erkannte der Versicherer bei dem an einer schweren Depression mit sogenanntem Burn-out-Syndrom erkrankten VN (Rechtsanwalt), der laut medizinischen Gutachten zu etwa 70% berufsunfähig war, seine Leistungspflicht an, und ergab eine fünf Jahre später erfolgte Begutachtung eine Beeinträchtigung auf psychiatrisch-psychotherapeutischen Gebiet von nur noch 10-15%, so ist eine Änderungsmitteilung nach § 7 BUZ nur wirksam, wenn sie im Vergleich der beiden für die Berufsunfähigkeit/Berufsfähigkeit maßgebenden Gesundheitszustände angibt, wie sich diese konkret auf die Berufsausübung auswirken. Bei einem Rechtsanwalt, der - gerichtsbekannt - unter enormen Zeitdruck an der Austragung und Lösung von Konflikten beteiligt ist, hat der Versicherer deshalb nachvollziehbar zu erläutern, weshalb er trotz seiner Defizite gerade auf diesem Gebiet in der Lage ist, seine Rechtsanwaltstätigkeit in eigener Kanzlei zu mehr als 50% wieder aufzunehmen.

Nachprüfungsverfahren - Inhalt der Änderungsmitteilung
OLG Koblenz
1. Im Nachprüfungsverfahren nach § 7 BUZ darf der Versicherer den bisherigen Sachverhalt nicht vollständig neu beurteilen, sondern nur prüfen, ob der Gesundheitszustand des Versicherten sich so gebessert hat, dass dieser seine berufliche Tätigkeit wieder ausüben kann oder der Versicherte inzwischen neue berufliche Fähigkeiten erworben hat, die ihm die Ausübung einer anderen, den Anforderungen des § 2 Nr. 1 BUZ entsprechende Verweisungstätigkeit ermöglichen.
2. In seiner Einstellungsmitteilung nach § 7 Nr. 4 BUZ muss der Versicherer für den VN nachvollziehbar die Informationen geben, die diesem eine Abschätzung des Prozessrisikos ermöglichen. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherer im Einzelnen darlegt, welche konkreten Tätigkeiten der Versicherte bei Anerkennung der Leistungspflicht nicht mehr und nunmehr doch wieder ausüben kann. Es genügt, wenn unter Berücksichtigung des vorgegebenen konkreten Berufsbildes des Versicherten dezidiert dargelegt wird, welche körperlichen Arbeiten von dem Versicherten aufgrund dessen veränderter Beschwerdesymptomatik ausgeführt werden können sowie mit welchem Prozentsatz dies bezogen auf das Berufsbild zu bewerten ist.
3. Die Zumutbarkeit einer Tätigkeit entfällt nicht dadurch, dass überhaupt gelegentlich oder selten Schmerzen auftreten. Deshalb erscheint eine Tätigkeit nicht unzumutbar, bei der nur gelegentlich ein sehr kurzer Schmerzzustand entstehen kann.

Auch wenn vertraglich nur eine konkrete Verweisungsmöglichkeit vereinbart ist und der Versicherungsnehmer unstreitig eine andere Tätigkeit nicht ausübt, ist er gleichwohl verpflichtet, auf Verlangen des Versicherers Einkommensnachweise betreffend die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit vorzulegen
OLG Koblenz
1. Legt der Versicherungsnehmer trotz Aufforderung des Versicherers Einkommensnachweise für die Zeit vor Eintritt der Berufsunfähigkeit und für die Zeit danach nicht vor, sind die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht fällig.
2. Dem steht nicht entgegen, dass nach den Versicherungsbedingungen dem Versicherer die abstrakte Verweisung der Versicherungsnehmerin auf einen anderen Beruf versagt ist. Denn möglich bleibt eine konkrete Verweisung. Um festzustellen, ob eine solche konkrete Verweisung möglich ist, waren Einkommensnachweise zur Zeit vor Eintritt der Berufsunfähigkeit (zur Feststellung der bisherigen Lebensstellung der Klägerin) und zur Zeit danach (zur Feststellung, ob eine konkrete Verweisung möglich ist) erforderlich. Mit der bloßen Mitteilung der Versicherungsnehmerin, sie nehme derzeit keine Beschäftigung wahr, muss sich der Versicherer nicht begnügen, sondern darf, wie in seinen Versicherungsbedingungen vorgesehen, detaillierte Nachweise zum Einkommen fordern.
3. Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, VersR 2006, 1669, schon deshalb nicht entgegen, weil sie nicht die Obliegenheit zur Vorlage von Einkommensnachweisen gemäß § 4 Abs. 1 d BBUZ, sondern Obliegenheit zur Entbindung behandelnder Ärzte von der Schweigepflicht betraf. Im Vergleich dazu ist die Obliegenheit nach § 4 Abs. 1 d BBUZ weit weniger weitreichend und weniger einschneidend für die Persönlichkeitsrechte des Versicherungsnehmers.
4. Im Hinblick auf die Notwendigkeit der geforderten Einkommensnachweise für die Anspruchsprüfung durch den Versicherer ist die Klausel in den Versicherungsbedingungen des Versicherers, wonach die Versicherungsnehmerin verpflichtet ist, Einkommensnachweise vorzulegen, auch nicht nach §§ 305 c, 307 BGB unwirksam. Es kann auch nicht schikanösen und überflüssigen Erhebungen der Versicherung die Rede sein.

Auch der Bezug von mehreren grundsätzlich unpfändbaren Berufsunfähigkeitsrenten in Höhe von knapp 1.400,00 € lässt eine Gesamtpfändung nicht billig erscheinen
Amtsgericht Koblenz
1. Berufsunfähigkeitsrenten sind gemäß § 850 b Abs. 1 Ziffer 1 ZPO grundsätzlich unpfändbar. Eine Ausnahme gilt gemäß § 850 b Abs. 2 ZPO nur dann, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen der Schuldnerin nicht zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubigerin geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.
2. Es gehört zum allgemeinen Risiko der Gläubigerin, dass die Einkünfte der Schuldnerin unter der Pfändungsgrenze liegen. Auch hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 850 b Abs. 1 ZPO eine gesetzliche Wertung getroffen, die zu respektieren ist - nämlich, dass diese Schuldner besonders schutzwürdig sind, um ihnen ein Existenzminimum zu sichern. Allein die Tatsache, dass der Schuldnerin nach Addition der beiden Renten monatlich 1.404,29 € zur Verfügung stehen, die dem Zugriff der Gläubigerin entzogen sind, führt nicht dazu, dass die Pfändung billig wäre.

Ein widersprüchlicher Vortrag des Versicherten zur zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit bietet keine Grundlage für ein Sachverständigengutachten
OLG Köln
Wird der Umfang der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit durch den Versicherten widersprüchlich dargestellt (hier: die Dauer der Arbeitszeit wird unterschiedlich angegeben), fehlt es an ausreichend nachvollziehbaren Anknüpfungstatsachen, die einem medizinischen Sachverständigen für die Erstellung eines Gutachtens vorgegeben werden können.

Berufsunfähigkeit wenn das Krankheitsbild maßgeblich durch den Wegfall des beruflichen Unfalls geprägt wird
OLG Hamm
Der Annahme einer Berufsunfähigkeit „infolge" Krankheit steht nicht entgegen, dass das Krankheitsbild (depressive Störung mit Somatisierung und anhaltender somatophorma Schmerzstörung) nach den Ausführungen des Sachverständigen maßgeblich durch den Wegfall des beruflichen Umfeldes geprägt wurde. Die BBUZ sehen nicht vor, dass nur krankheitauslösende Umstände, die nicht im beruflichen Umfeld ihre Ursache haben, bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit heranzuziehen sind. Gerade bei psychischen Erkrankungen wird sich im Regelfall ein - zunächst - nicht medizinisch relevanter Auslöser finden.

Anforderungen an die Anzeige der Berufsunfähigkeit
OLG Saarbrücken
1. Erhält der Versicherte eine Versorgungs- und Pensionszusage, zu deren Erfüllung der Arbeitgeber eine Rückdeckungsversicherung abschließt und verpfändet der Arbeitgeber dem Versicherten zur Sicherung aller Ansprüche aus dieser Zusage die Rechte und Ansprüche aus der Versicherung, so spricht die Verpfändung gegen die Einräumung eines Bezugsrechts zugunsten des Versicherten. Aus steuerlichen Gründen hat nämlich die Einräumung eines Bezugsrechts zugunsten des Versicherten zu unterbleiben.
2. Zur Anzeige der Berufsunfähigkeit genügt jede formgerechte Information des Versicherers, die erkennen lässt, dass ein Versicherungsfall tatsächlich oder nach den Vorstellungen des Mitteilers eingetreten ist. Nicht erforderlich ist, dass ein bestimmter Anspruch erhoben wird.
3. Enthält eine Schadenanzeige zur Unfallversicherung den Zusatz „und andere" und gibt der Versicherungsnehmer in der Rubrik auch die Daten seiner Lebensversicherung mit BUZ an, so bezieht sich die Anzeige eines Versicherungsfalls erkennbar auch auf die BUZ-Versicherung.
4. Wird die Anzeige einer so genannten Organisationsgesellschaft zugeleitet, die zum Handeln für die zum Konzern gehörenden Versicherungsgesellschaften berechtigt ist, so genügt die Zuleitung an diese Gesellschaft, auch wenn diese die Anzeige nicht an den zuständigen Versicherer im Konzern weiterleitet.

Aus einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung können Ansprüche ausschließlich für den Todesfall wirksam abgetreten werden
OLG Köln
1. Werden aus einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung „alle ausschließlich für den Todesfall entstehenden gegenwärtige oder künftig entstehende Ansprüche und Rechte" abgetreten, ist die Abtretung wirksam.
2. Von dieser Abtretung nicht erfasst sind zu Lebzeiten der versicherten Person entstehende Ansprüche und damit insbesondere das Recht auf vorzeitige Kündigung des Lebensversicherungsvertrags, so dass in einem solchen Fall die in der Rechtsprechung umstrittene Frage unerheblich ist, ob sich das Abtretungsverbot nach §§ 400 BGB, 850 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen der Kündigungsmöglichkeit des Abtretungsgläubigers auch auf die Hauptversicherung auswirkt.

Der Antrag auf Feststellung des Fortbestands einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wirkt sich neben einem Leistungsantrag streitwerterhöhend aus
OLG Bamberg
Der Gegenstandswert eines Antrags auf Feststellung des Fortbestands der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung neben einem Leistungsantrag bestimmt sich nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der begehrten monatlichen Rentenleistung und Prämie abzüglich eines Abschlags von 50 %, wenn der behauptete Eintritt des Versicherungsfalls streitig ist.

Kein einheitlicher Begriff der Berufsunfähigkeit in der Krankentagegeld- und der Berufsunfähigkeitsversicherung
LG Nürnberg-Fürth
1. Nach § 15 Abs. 1b MBKT 94 muss eine Berufsunfähigkeit „auf nicht absehbare Zeit" bestehen, wobei hierfür gemeinhin ein Zeitraum von mindestens drei Jahren gefordert wird. Nach § 2 Abs. 1 BB-BUZ reichen jedoch sechs ununterbrochene Monate der Berufsunfähigkeit. Beide Begriffe sind also schon deshalb nicht deckungsgleich. Sie bilden keine Teilmenge eines einheitlichen Ganzen. Es ist demnach nicht so, dass bei Verneinung von Berufsunfähigkeit in der Berufsunfähigkeitversicherung „automatisch" von einer Leistungspflicht aus der Krankentagegeldversicherung auszugehen wäre.
2. Sind aber die Begriffe der Berufsunfähigkeit in der Krankentagegeld- und der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht deckungsgleich, ist bei einer Klage des Versicherungsnehmers gegen den BU-Versicherer eine Streitverkündung gegenüber dem Krankentagegeldversicherer mangels Vorliegen der Voraussetzungen des 72 Abs. 1 ZPO unwirksam.

Grundlage eines gerichtlichen Abfindungsvergleichs ist eine Unsicherheit über die Berufsunfähigkeit
OLG Hamm
1. Grundlage eines Abfindungsvergleichs ist eine Unsicherheit über die (streitige) Berufsunfähigkeit, nicht die streitige Berufsunfähigkeit selbst.
2. Ein in einem Anwaltsprozess (und somit - von den Prozessbevollmächtigten) geschlossener Prozessvergleich ist nicht deshalb unwirksam, weil eine Partei bei Abschluss des Vergleichs vorübergehend geschäftsunfähig war. Dieser Umstand begründet auch kein Anfechtungsrecht nach § 119 BGB.

Arglistige Täuschung bei Nichtangabe von Gastroskopien, Coloskopien und „Muskelverspannungen"
LG Bad Kreuznach
1. Arglistig täuscht ein Versicherungsnehmer, wenn er zeitlich näher zur Antragstellung liegende Beschwerden und Behandlungen im Magen-/Darmbereich, insb. eine Gastroskopie sowie eine Coloskopie, im Antrag nicht erwähnt, hingegen aber eine lange zurückliegende Schnittverletzung und Leistenbruchoperation angibt. Wer derart unangenehme Untersuchungen durchführen lässt, geht regelmäßig davon aus, dass seine Beschwerden den Harmlosigkeitsgrad etwa einer Erkältungskrankheit bei weitem übersteigen.
2. Auf die Frage im Antragsformular nach zurückliegenden „Beschwerden" sind auch schmerzhafte „Muskelverspannungen" anzugeben. Es ist alleine Sache des Versicherers, ob er diese Beschwerden als versicherungsrelevantes Krankheitsbild werten will oder nicht.

Grad der Behinderung ist nicht gleichzusetzen mit dem Grad der Berufsunfähigkeit
LG Koblenz
Für die Beurteilung des Grades der Berufsunfähigkeit ist es unerheblich, dass der Versicherungsnehmer über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 70 verfügt, denn hieraus ergibt sich nicht auch die Berufsunfähigkeit. Die Feststellungen in einem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren der gesetzlichen Rentenversicherung und die Ergebnisse in diesem Verfahren haben keine Bindungswirkung für die Entscheidung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.

Keine Zurechnung von außerhalb des Auftrags des Versicherers erlangten Wissens (hier: Vorbehandlungen) des vom Versicherer zur Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses beauftragten Arztes
BGH
Dem Versicherer ist das Wissen des mit der Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses beauftragten Arztes nur insoweit zuzurechnen, als dieser es durch den Antragsteller im Rahmen der "Erklärung vor dem Arzt" erlangt hat (Fortführung des Senatsurteils vom 7. März 2001, IV ZR 254/00, VersR 2001, 620). Eine weitergehende Zurechnung von Wissen, das sich für den Arzt aus früheren Untersuchungen oder Behandlungen ergeben hat, kommt nicht in Betracht.

Verweisungsberuf darf nicht mehr an Kenntnissen und Fähigkeiten erfordern, als sie beim Versicherungsnehmer nach seiner Ausbildung und Erfahrung zu erwarten und bereits vorhanden sind
OLG Karlsruhe
1. Ein selbstständiger Elektromeister mit Realschulabschluss muss sich nicht auf den Beruf eines Projektleiters „Elektrotechnik" verweisen lassen.
2. Ein Verweisungsberuf darf nicht mehr an Kenntnissen und Fähigkeiten erfordern, als sie beim Versicherungsnehmer nach seiner Ausbildung und Erfahrung zu erwarten sind.
3. Zukünftige Kenntnisse, die sich der Versicherungsnehmer im Wege einer Umschulung oder weiteren Fortbildung noch verschaffen könnte, sind nicht zu berücksichtigen, da es für die Frage des Verweisungsberufs in erster Linie auf den Zustand bei Eintritt des Versicherungsfalls ankommt.
4. Einem vor Eintritt des Versicherungsfalls selbstständig tätigen Versicherungsnehmer ist angesichts seiner Ausbildung und Erfahrung in seinem bisherigen Tätigkeitsfeld nicht zuzumuten, in einem kleineren - auch mittelständigen - Betrieb im Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Denn die unternehmerischen und gestaltenden Tätigkeiten in einem kleineren Betrieb werden maßgeblich vom Betriebsinhaber wahrgenommen, so dass dieser Verweisungsberuf gegenüber der selbstständigen Tätigkeit des Versicherungsnehmers keinen gleichwertigen, als erfolgreich anzusehenden, beruflichen Lebensweg darstellen würde.

Wirksamkeit einer Erwerbsunfähigkeitsklasel - Beweislast für eine angeblich mündlich vereinbarte Berufsunfähigkeitsklausel liegt beim Versicherungsnehmer
OLG Celle
1. Wird im Antrag für eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung von der Versicherungsnehmerin (36jährige Hausfrau ohne Schulausbildung) die Rubrik "Mit Vereinbarung der Erwerbsunfähigkeitsklausel bin ich einverstanden" angekreuzt und in einer Anlage zum Antrag die Klausel inhaltlich erörtert, so steht ihr kein Leistungsanspruch zu, wenn sie zwar in dem erstmals nach Antragstellung ausgeübten Beruf als Tischlerin zu mindestens 50 % berufsunfähig ist, eine Erwerbsunfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber nicht gegeben ist.
2. Behauptet der Versicherungsnehmer, mündlich sei gegenüber dem den Antrag aufnehmenden Agenten ausdrücklich eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung für eine Hausfrau vereinbart worden, so trifft ihn für eine derartige mündliche Antragsergänzung die Darlegungs und Beweislast. Dem stehen auch die Grundsätze der Wissenszurechnung des Versicherers ("Auge-und-Ohr-Rechtsprechung") nicht entgegen.
3. Die Vereinbarung einer Erwerbsunfähigkeitsklausel ist grundsätzlich mit § 307 BGB vereinbar.

Berufsunfähigkeit eines Rechtsanwalts
OVG Münster
Das Berufsbild des Rechtsanwalts ist nicht auf Tätigkeiten vor Gericht beschränkt. Der Umstand, dass ein Rechtsanwalt aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage ist, vor Gericht aufzutreten und mit mehr als 2 Gesprächspartnern gleichzeitig zu kommunizieren, begründet daher nicht automatisch seine Berufsunfähigkeit.

Arglistige Täuschung über die Höhe des Bruttojahreseinkommens
OLG Karlsruhe
1. Eine arglistige Täuschung liegt nicht vor, wenn eine selbstständige Friseurmeisterin die Antragsfrage nach dem Bruttojahreseinkommen so versteht, dass aus ihrer Sicht das anzugeben war, was aus ihrer Arbeitsleistung brutto zugeflossen ist, d. h. sie den von ihr persönlich erwirtschafteten Umsatz anzugeben hat. Bei einem Gesamtumsatz ihres Betriebes mit 5 Mitarbeiterin von 242.000,00 bzw. 272.000,00 DM ist die Angabe eines mit 100.000,00 DM bezifferten „Einkommen" statt eines tatsächlich von ihr selbst erzielten betrieblichen Gewinns von ca. 25.000,00 DM plausibel.
2. Bei einem Friseurbetrieb mit weniger als 10 Vollzeit- und Teilzeitkräften ist die zu 60 % berufsunfähige Inhaberin mit einer halbschichtig zumutbaren Tätigkeit als Rezeptionistin weder ausgelastet noch angemessen beschäftigt.

Zeitpunkt der Kenntniserlangung eines zum Rücktritt und zur Anfechtung berechtigenden Umstands
OLG Hamm
Teilt der Versicherungsnehmer dem Versicherer auf entsprechende Nachfrage mit, dass er an einem bestimmten Tage das letzte Mal gearbeitet hat und dass das Arbeitsverhältnis auch an diesem Tage arbeitgeberseitig gekündigt wurde, so erhält der Versicherer mit Zugang dieser Mitteilung Kenntnis von dem - bei Beantragung verschwiegenen und u.U. zum Rücktritt und zur Anfechtung berechtigenden - Umstand der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Damit werden auch die Fristen nach § 20 Abs. 1 VVG a.F. und § 124 Abs. 1 BGB in Gang gesetzt.

Unwiderlegliche Vermutung vollständiger Berufsunfähigkeit bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Beamtenklausel
OLG Karlsruhe
Die Klausel „für Beamte im öffentlichen Dienst auf Lebenszeit, auf Widerruf oder auf Probe gilt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und begrenzter Dienstunfähigkeit ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen als vollständige Berufsunfähigkeit" enthält eine unwiderlegbare Vermutung der vollständigen Berufsunfähigkeit.

Berufsunfähigkeit bei gekündigtem Arbeitsverhältnis
OLG Hamm
1. Auch ein gekündigtes Arbeitsverhältnis stellt die maßgebliche „zuletzt ausgeübte Tätigkeit" in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung dar.
2. Auch wenn das Krankheitsbild maßgeblich durch den Wegfall des beruflichen Umfeldes geprägt wird, tritt die Berufsunfähigkeit „infolge" Krankheit ein.

Antrag im selbständigen Beweisverfahren wahrt die Ausschlussfrist des § 12 III VVG a.F. nicht
LG Koblenz
1. Ein Antrag im selbständigen Beweisverfahren ist nicht geeignet, die Ausschlussfrist des § 12 III VVG zu wahren.
2. Da die Frist des § 12 III VVG eine gesetzliche Ausschlussfrist ist, kommt eine Hemmung ihres Ablaufs nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB nicht in Betracht.
3. Der Versicherer verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn er sich im selbständigen Beweisverfahren in der Sache äußert und erst im anschließenden Klageverfahren auf das Verstreichen der Frist hinweist.

Unzulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahren bei streitigem Tätigkeitsbild
LG Marburg
Ein Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens ist zumindest dann unzulässig, wenn die zugrunde zu legende und anzuknüpfende Tätigkeit des Versicherten streitig ist.

Fristlose Kündigung eines BUZ-Versicherungsvertrages aus wichtigem Grund
OLG Saarbrücken
1. Die Rechtsprechung, die eine fristlose Kündigung eines Vertrages über eine private Krankenversicherung zulässt, ist auf die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht ohne weiteres übertragbar. Falsche Angaben zu dem vor dem behaupteten Versicherungsfall zuletzt ausgeübten Beruf stellen in der Regel keinen wichtigen Grund zur Kündigung dar.
2. Die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit muss der Versicherungsnehmer nicht von sich aus anzeigen.
3. Eine auch dauernd gedrückte Stimmungslage - Dysthymie - lässt nicht allein schon auf eine relevante Einschränkung der Berufsunfähigkeit schließen.
4. Hat ein von dem Versicherungsnehmer aufgesuchter Psychotherapeut während der längeren Dauer einer Behandlung keinerlei Befunde erhoben, sondern eine Diagnose gestellt, deren empirische Hintergründe er nicht zu erläutern vermag, so können seine Angaben der Feststellung einer Erkrankung nicht zugrunde gelegt werden.

Zur Verwertbarkeit eines von einem Detektiv aufgenommenen Videos zum Nachweis der Ausübung der beruflichen Tätigkeit
OLG Saarbrücken
Es bleibt offen, ob ein von einem Detektiv aufgenommenes Video von der wieder aufgenommenen Berufstätigkeit eines Berufsunfähigkeit betreibenden Versicherungsnehmers verwertet werden darf (hierzu aber: OLG Köln NJW 2005, 2997).

Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung des Arbeitgebers bei (Gruppen-) Berufsunfähigkeits-versicherung
OLG Hamm
1. Beantragt ein Arbeitgeber (als Versicherungsnehmer) eine (Gruppen-) Berufsunfähigkeitsversicherung für seinen Arbeitnehmer (als Versicherter) und erklärt der Arbeitgeber auf eine entsprechende Frage des Versicherers, dass der Arbeitnehmer nach Kenntnis des Arbeitgebers "gesund" sei, kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 ff. VVG a.F. zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt sein.
2. Zur Auslegung einer (vereinfachten) Gesundheitsfrage bei einer Gruppenversicherung.

Es ist fraglich, ob der Versicherungsnehmer zur Vorlage von Einkommenssteuerbescheiden verpflichtet ist
LG Dortmund
1. Zu den vom Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erteilenden sachdienlichen Auskünfte gehören nach § 8 BBUZ nicht nur mündliche Auskünfte. Eine derartige Einschränkung lässt sich § 8 Abs. 2 BBUZ nicht entnehmen. Unter die Auskunftspflicht nach § 8 Abs. 2 BBUZ gehört auch die Überlassung von Unterlagen. Denn bei einer Auskunft handelt es sich um die Erteilung von Informationen.
2. Mit dem Begriff Auskunft in § 8 Abs. 2 BBUZ ist aber nichts darüber gesagt, ob diese Auskunft von der versicherten Person selbst stammen muss oder ob es sich auch um eine Information Dritter (hier: Finanzamt) handeln kann. Der Regelung in § 10 BBUZ vermag der Versicherungsnehmer jedoch entnehmen, dass er die Auskunft übermitteln muss, weil es sich um eine ihn treffende Verpflichtung handelt. Aus § 10 BBUZ folgt indes nicht, dass die nach § 8 Abs. 2 BBUZ zu erteilende Auskunft auch vom Versicherungsnehmer oder der versicherten Person stammen muss. Danach kann unter die Pflicht zur sachdienlichen Auskunft auch die Überlassung von Unterlagen gehören, die von Dritten erstellt worden sind, im vorliegenden Fall also die Steuerbescheide des Finanzamtes.
3. Allerdings kann der vorstehenden Auslegung die Regelung in § 5 BBUZ entgegenstehen. Denn in dieser Vorschrift werden die Mitwirkungspflichten im Anspruchsfall wie folgt geregelt:
(1) Werden Berufsunfähigkeitsleistungen verlangt, so sind uns unverzüglich folgende Unterlagen einzureichen.
a)...
b)...
c)...
d) Unterlagen über den Beruf der versicherten Person, deren Stellung und Tätigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit sowie über die eingetretenen Veränderungen.
e)...
(2) Wir können außerdem, dann allerdings auf unsere Kosten, weitere ärztliche Untersuchungen durch von uns beauftragte unabhängige Ärzte sowie notwendige Nachweise - auch über die wirtschaftlichen Verhältnisse und ihrer Veränderung - verlangen, insbesondere zusätzliche Auskünfte und Aufklärungen...
Versicherungsrechtliche Vertragsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird demnach erkennen, dass der Versicherer in § 5 Abs. 2 zwischen notwendigen Nachweisen einerseits und zusätzlichen Auskünften und Aufklärungen andererseits unterscheidet, während bei der Mitwirkungsobliegenheit in § 8 Abs. 2 AVB nur die sachlichen Auskünfte erwähnt werden. Daraus könnte der verständige Versicherungsnehmer schließen, dass die Erteilung notwendiger Nachweise von der Mitwirkungsobliegenheit in § 8 Abs. 2 AVB nicht erfasst ist, diese sich vielmehr auf Auskünfte beschränkt, die von der versicherten Person selbst stammen.
Wären die Bedingungen in ihrer Auslegung unklar, weil beide der genannten Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, käme nach der Unklarheitenregelung die für den Versicherungsnehmer günstigere Auslegungsmöglichkeit zum Tragen.

Vorvertragliche Anzeigepflicht bei diversen Arztbesuchen
OLG Celle
1. Auf die Frage nach Beschwerden, Krankheiten oder Störungen hat der Versicherungsnehmer auch psychische Störungen, gegebenenfalls mit somatischen Nebenwirkungen, anzugeben.
2. Der Versicherungsnehmer kann von einer nicht anzeigepflichtigen Bagatellerkrankung nicht ausgehen, wenn er häufiger (hier: 11 Mal in ca. 4 Jahren) wegen körperlicher Beschwerden den Arzt aufgesucht hat, auch wenn ärztlicherseits für seine Schmerzen keine eindeutige körperliche Ursache festgestellt werden konnte.
3. In der Berufsunfähigkeitsversicherung sind multiple Beschwerden des Bewegungsapparates mit überlagernden psychischen Problemen, zu denen der Versicherungsnehmer mehrfach einen Arzt aufsuchte, für einen Kraftfahrer, der Auslieferungsfahrten mit dem Tragen schwerer Gegenstände vornimmt, ein offenkundiger gefahrerheblicher Umstand.
4. Der Versicherungsnehmer kann seiner Darlegungslast „ein Umstand sei nicht gefahrerheblich" schon durch eine entsprechende pauschale Behauptung nachkommen, so dass dann der Versicherer substantiiert vorzutragen hat, von welchen Grundsätzen er bei einer Risikoprüfung des Antrags des Versicherungsnehmers ausgegangen ist. Diese Vortragslast trifft den Versicherer aber nur dann, wenn die Gefahrerheblichkeit eines vom Versicherungsnehmer verschwiegenen Umstandes nicht auf der Hand liegt.

Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 VVG bei Vorliegen eines aufsichtsrechtlich genehmigten Muster-Geschäft
OLG Karlsruhe
1. Zur Auslegung einer Versicherungsantrags für eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, der die Rubriken „Versicherungsdauer" „Beitragszahlungsdauer" und „Leistungsdauer BUZ" enthält.
2. Wird in einem Versicherungsschein zur Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ein früheres Leistungsende festgelegt als im Versicherungsvertrag selbst, so wird die Vereinbarung im Versicherungsschein nur Inhalt des Versicherungsvertrages, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Übersendung durch eine besondere schriftliche Mitteilung oder durch einen auffälligen Vermerk im Versicherungsschein auf die Abweichung hinweist.
3. Zur Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 VVG bei Vorliegen eines aufsichtsrechtlich genehmigten Muster-Geschäftsplans.

Juristisch und versicherungstechnisch unbedarfter Versicherungsnehmer darf auf die Richtigkeit der Angaben des Agenten vertrauen, dass eine mündlich genannte Erkrankung nicht im Antragsformular angegeben werden muss
OLG Brandenburg
Als Verbraucher, der weder über eine juristische Ausbildung verfügte noch im Bereich der Versicherungswirtschaft tätig ist, darf sich ein Versicherungsnehmer grundsätzlich damit begnügen, alle für den Vertragsabschluss erforderlichen Angaben gegenüber dem Versicherungsagenten gemacht zu haben, der das Formular ausfüllte, und auf dessen Erklärungen dazu, ob Umstände in den Antrag aufgenommen werden müssen, vertrauen.

Keine Leistungsfreiheit bei vorsätzlichem Verneinen der Frage nach dem Bestehen einer anderen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
OLG München
1. Verneint der Versicherungsnehmer beim Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, dass er über eine weitere Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei einem anderen Versicherer verfügt, muss dies nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung selbst dann nicht stets zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen , wenn diese Obliegenheitsverletzung vorsätzlich erfolgte.
2. Eine derartige Obliegenheitsverletzung ist war zwar generell geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden; sie ist aber subjektiv nicht von einigem Gewicht. Es handelt sich - bei lang zurückliegenden Verträgen - um ein Fehlverhalten, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen hat.

Arglistige Täuschung bei Verschweigen einer chronischenBluthochdruckerkrankung
OLG Brandenburg
1.Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag gemäß § 123 Abs. 1 BGB i.V.m. § 22 VVG a.F. -anfechten, wenn er, insbesondere bei der Antragstellung vom Versicherungsnehmer durch Verschweigen unter Verletzung der Anzeigepflicht nach § 16 Abs. 1 VVG a.F., arglistig über erhebliche Gefahrumstände getäuscht worden ist.
2. In der Personenversicherung gilt bei Verschweigen einer chronischen, über Jahre hinweg medikamentös behandelten Bluthochdruckerkrankung in der Regel indiziell die Arglist des Versicherungsnehmers als erwiesen. Dies gilt ums mehr, wenn in dem Antragsformular explizit nach dem Bestehen von Bluthochdruck gefragt wurde.

Versicherer trägt Beweislast, dass Versicherungsnehmer den Agenten bei Antragstellung nicht vollständig informiert hat
OLG Saarbrücken
Sind die im Antragsformular gestellten Fragen objektiv falsch beantwortet, trägt der Versicherer die Beweislast dafür, dass der Versicherungsnehmer den Agenten bei Antragstellung nur unzureichend informiert und mit Täuschungsvorsatz gehandelt hat.

Keine arglistige Täuschung, wenn der Versicherungsnehmer den Agenten beim ersten Antrag mündlich auf eine Erkrankung hingewiesen hat und diesen Hinweis in einem kurze Zeit darauf wegen Mängel des ersten Antrags erforderlichen zweiten Antrag nicht wiederholt hat
OLG Brandenburg
1.Allein ein schriftlich unzutreffend ausgefüllte Antrag erbringt noch nicht den dem Versicherer obliegenden Beweis für die falsche Beantwortung der im Formular stehenden Fragen, wenn es der Versicherungsagent übernommen hat, das Formular eines Versicherungsantrags für den Antragsteller auszufüllen und der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, der Versicherungsnehmer habe den Agenten mündlich zutreffend informiert; in einem solchen Falle muss vielmehr der Versicherer beweisen, dass alle im schriftlichen Formular beantworteten Fragen vom Antragsteller tatsächlich so wie niedergelegt beantwortet worden sind. Dies beruht auf der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung, wonach alles, was dem Versicherungsagenten - außer im rein privaten Bereich - mitgeteilt wurde, auch zur Kenntnis des Versicherers gelangt ist
2. Einer solchen Kenntnisnahme steht nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer das von dem Agenten - objektiv unzutreffend - ausgefüllte Formular eigenhändig unterzeichnet hat. Ebenso wenig geht die vom Versicherer bereits erlangte Kenntnis verloren, wenn der Versicherungsnehmer auf Bitten des Agenten kurz darauf ein weiteres Antragsformular selbst ausfüllt und unterschreibt, ohne darin die Vorerkrankung zu erwähnen.

Kein Vorrang der Zeugenaussage des Außendienstmitarbeiters gegenüber der Anhörung des Versicherungsnehmers als Partei bei strittigem Inhalt des Antragsgesprächs
OLG Brandenburg
1. Der Versicherer hat den Beweis einer objektiven Falschbeantwortung dann nicht erbracht, wenn nach den sich widersprechende Aussagen des Außendienstmitarbeiters und der klagenden Partei keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen, der Zeugenaussage des Außendienstmitarbeiters mehr Glauben zu schenken als dem Ergebnis der Parteianhörung.
2. Kann ein Versicherungsvertreter sich zwar noch an das Vermittlungsgeschäft als solches erinnern, hat er aber keine positive Erinnerung mehr daran, welche Angaben seinerzeit tatsächlich zu den Gesundheitsfragen gemacht worden sind kann der Schluß auch dadurch geführt werden, dass der Versicherungsvertreter erklärt, dass seine übliche Verfahrensweise darin bestanden habe, die Formulare stets nach den Kundenangaben vollständig und richtig auszufüllen und keine Mitteilungen über Vorerkrankungen als unwichtig zurückzuweisen.
3. Allerdings handelt es sich bei solchen Schlussfolgerungen von Zeugen im Kern lediglich um ein Indiz, das in die Gesamtwürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO einfließt. Selbst wenn die Aussage des Außendienstmitarbeiters glaubhaft ist, bleibt zu berücksichtigen, dass der Außendienstmitarbeiter ebenso wenig wie die Partei gänzlich frei von Eigeninteressen ist. Dabei mag sein Provisionsinteresse keineswegs in der Weise berührt worden sein, dass er befürchtete, der Vertragsabschluss könne scheitern und er selbst werde leer ausgehen. Allerdings war ein Antrag ohne Angabe von Vorerkrankungen gewiss einfacher abzuwickeln.
4. Aus diesen Umständen folgt zwar keineswegs, dass der Zeuge bei seiner Vernehmung die Unwahrheit bekundet hat. Seiner Aussage kann aber nicht schon deshalb ein höherer Wert zugemessen werden als den Bekundungen der Partei, weil es sich um einen Dritten handelt.
5.Einer förmlichen Parteivernehmung der - nicht beweisbelasteten - Partei bedarf es nicht. Auch sie hätte mit einer Strafverfolgung zu rechnen, wenn sie durch unwahren Vortrag ein ihr günstiges Urteil erstreitet, und zwar wegen Prozessbetruges.

Pflicht des selbständig tätigen Versicherungsnehmers zur Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen
LG Koblenz
Ein selbständig tätiger Versicherungsnehmer ist verpflichtet, auf Verlangen des Versicherers aussagekräftige betriebswirtschaftliche Unterlagen (Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Einkommenssteuererklärungen) beizubringen, die den Versicherer in die Lage versetzen, zum einen die Größe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes, zum anderen aber auch die Höhe des erzielten Einkommens beurteilen zu können. Denn nur so kann geklärt werden, ob und gegebenenfalls wie dem Versicherungsnehmer eine Umorganisation des Unternehmens möglich sowie wirtschaftlich zumutbar ist und ob ihm trotz der behaupteten Erkrankungen noch ein ausreichendes Betätigungsfeld verbleibt.

Rücktrittsrecht des Versicherers wegen Verschweigens der Erkrankung des versicherten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber
OLG Hamm
1. Beantragt ein Arbeitgeber (als Versicherungsnehmer) eine (Gruppen-) Berufsunfähigkeitsversicherung für seinen Arbeitnehmer (als Versicherter) und erklärt der Arbeitgeber auf eine entsprechende Frage des Versicherers, dass der Arbeitnehmer nach Kenntnis des Arbeitgebers „gesund" sei, kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 ff. VVG a. F. zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt sein.
2. Zur Auslegung einer „vereinfachten" Gesundheitsfrage bei einer Gruppenversicherung.

Auskunftsobliegenheit zur Hereingabe betriebswirtschaftlicher Unterlagen
OLG Köln
Zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit (einschließlich der Frage einer zumutbaren Umorganisation) kann der Versicherer von einem selbstständig tätigen Versicherungsnehmer die Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen verlangen. So lange der Versicherungsnehmer dem Versicherer diese nicht zugänglich macht, ist dieser zur Prüfung seiner Leistungspflicht nicht in der Lage.

 

Urteile aus dem Jahr 2008

 

Ein vereinbarter Leistungsausschluss bezüglich der Sehminderung (irgend) eines Auges führt im Rahmen der Leistungsprüfung zur Unterstellung der Vollsichtigkeit dieses Auges
LG Düsseldorf
Haben die Parteien eine Ausschlussklausel vereinbart, wonach Sehminderungen eines Auges „gleich welchen Grades und medizinisch nachweisbare Folgen eine Leistung aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht bedingen und bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen Gründen unberücksichtigt bleiben", ist bei Prüfung eines Leistungsfalls die Vollsichtigkeit desjenigen Auges zu unterstellen, welches von der Ausschlussklausel erfasst ist.

Leistungseinstellung nach Ablauf des befristeten Leistungsanerkenntnisses
OLG Karlsruhe
Gibt der Versicherer lediglich ein befristetes Leistungsanerkenntnis gemäß § 5 Abs. 2 BUZ ab, kann er den Einschränkungen des § 7 BUZ unterliegen, wenn er sich eine unzulässig lange Frist eingeräumt hat oder nach Fristablauf weitere Leistungen ohne Vorbehalt erbringt. Erwirkt der Versicherungsnehmer nach Eintritt der Berufsunfähigkeit neue Kenntnisse, die ihn zur Ausübung einer Verweisungstätigkeit befähigen, findet aber keinen Arbeitsplatz, kann der Versicherer seine Leistung einstellen, wenn der Versicherungsnehmer die Ausbildung in seinem früheren Beruf noch nicht abgeschlossen hat.

Streitwert einer Feststellungsklage zum Fortbestand einer Berufsunfähigkeits-                  versicherung
OLG Celle
Der Streitwert eines Antrags auf Feststellung des Fortbestands einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bemisst sich, wenn er unabhängig vom Eintritt eines Versicherungsfalls oder kumulativ neben einer Leistung bzw. Feststellung der Leistungspflicht gerichteten Klage gestellt wird, nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie abzüglich eines Feststellungsabschlages von 80 %.

Bei zwei sich widersprechenden Gutachten zum Grad der Berufsunfähigkeit darf das Gericht nicht ohne logische Begründung den von ihm in Auftrag gegebenen Gutachten folgen
BGH
Bei der Vorlage eines medizinischen Gutachtens einer Partei, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, darf der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung „seinem" Sachverständigen den Vorzug gibt. Dies gilt insbesondere dann, wenn er dabei der Gegenseite keine Gelegenheit zur Erwiderung einräumt und keine eigene Sachkunde erkennen lässt, die den Gutachterstreit beilegen könnte.

Keine Verpflichtung zur Betriebsumorganisation einer Inhaberin einer kleinen Speisegaststätte
OLG Saarbrücken 5. Zivilsenat 
1. Zur Nachfrageobliegenheit bei Angabe einer nach einer Arthroskopie ausgeheilten Kniegelenkerkrankung.
2. Der mitarbeitende Betriebsinhaber hat vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass ihm auch eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch zu bewältigenden Betätigungsmöglichkeiten eröffnen könnte, die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließen würden . Denn der "Beruf" des Betriebsinhabers wird wesentlich durch das ihm zukommende Direktionsrecht gegenüber seinen Mitarbeitern geprägt, das auch die Möglichkeit der Umverteilung der Arbeit einschließt. Er übt daher seinen Beruf grundsätzlich auch dann noch aus, wenn er eine bisher ihm vorbehaltene Tätigkeit gesundheitsbedingt nicht mehr ausführen kann, er statt dessen aber eine andere betriebliche Tätigkeit ohne gesundheitliche Einschränkung auszuüben und - sei es im Wege der Umorganisation der Arbeit - zu übernehmen in der Lage ist. (BGH, Urt. v. 12.06.1996 - IV ZR 118/95 - VersR 1996, 1090 [1092]; Senat, Urt. v. 19.11.2003 - 5 U 168/00-11 - VersR 2004, 1401 [1403]).
3. Die Möglichkeit zur Umorganisation des Betriebs steht der Annahme bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit aber nur dann entgegen, wenn sie dem Betriebsinhaber im Einzelfall auch zugemutet werden kann. Hiervon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn er, etwa aufgrund der Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte, auf Dauer ins Gewicht fallende Einkommenseinbußen zu befürchten hätte (BGH, Urt. v. 12.06.1996 - IV ZR 118/95 - VersR 1996, 1090 [1092]). Darüber hinaus muss dem mitarbeitenden Betriebsinhaber nach Durchführung der Umorganisation noch ein adäquater Arbeitsplatz im Sinne einer "vernünftigen Arbeit" im Unternehmen verbleiben (OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.11.2003 - 5 U 168/00-11 - VersR 2004, 1401 [1403]; Voit/Knappmann, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 2 BUZ Rn. 20 m.w.N.).
4. Diese Kriterien beanspruchen im Grundsatz auch für Kleinbetriebe Geltung. Allerdings werden sich bei einer Verteilung der anfallenden Arbeit auf wenige Personen die Möglichkeiten zur Umverteilung der Aufgabenbereiche regelmäßig in engen Grenzen halten und wird dem Betriebsinhaber, der die von ihm bisher übernommenen Tätigkeiten gesundheitsbedingt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben kann, bei einer Übertragung auf Dritte oftmals kein ausreichendes eigenes Einsatzgebiet mehr verbleiben. Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird in diesen Fällen eine Umorganisation, insbesondere wenn sie die Einstellung zusätzlichen Personals erfordert, schnell die Schwelle dessen, was noch sinnvoll und zumutbar ist, erreichen (vgl. dazu etwa KG, VersR 2003, 491 [492]; OLG Koblenz, VersR 2002, 469 [471]).
5. Es ist nicht anzunehmen, dass bei einer Gastwirtin, die nach den Feststellungen des Sachverständigen aufgrund einer bestehenden Gonarthrose nur noch zur Ausübung leichter, überwiegend im Sitzen zu verrichtender Tätigkeiten in der Lage ist, nach einer Umorganisation überhaupt noch ein sinnvolles Einsatzgebiet in ihrer Gaststätte bestehen würde. Als mögliche Tätigkeitsfelder würden im Wesentlichen solche im Verwaltungsbereich der Gaststätte, zum Beispiel die Buchhaltung oder die Erledigung von Bankgeschäften, verbleiben. Es liegt auf der Hand, dass diese Arbeiten in einem kleineren Gaststättenbetrieb nur einen geringen Umfang ausmachen, der im Normalfall 50 % der Gesamttätigkeit des Betriebsinhabers nicht erreicht. Anhaltspunkte, die vorliegend ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind von dem Versicherer nicht dargetan und auch ansonsten nicht ersichtlich. Damit könnte die Klägerin in der Gaststätte letztlich nur noch einer "Verlegenheitsbeschäftigung" nachgehen. Auf eine solche muss sie sich nicht verweisen lassen.
6. Abgesehen davon kann der Versicherungsnehmerin eine Umorganisation ihres Betriebes auch wirtschaftlich nicht zugemutet werden, da sich in jedem Fall zusätzliche Personalkosten, die den Betriebsgewinn und damit das Einkommen der Klägerin schmälern, ergeben. Ohne Bedeutung bleibt in diesem Zusammenhang, dass die Versicherungsnehmerin ihren Angaben zufolge nach ihrem Ausscheiden aus dem Servicebereich die Gaststätte unter Einsatz einer weiteren Bedienkraft zunächst tatsächlich weitergeführt hat. Zu einem solchen wirtschaftlich nachteiligen Verhalten war sie nach dem Versicherungsvertrag nicht verpflichtet.
7. Ein weiterer - erheblicher - wirtschaftlicher Nachteil einer Umorganisation ist darüber hinaus in der Inhaberbezogenheit des Gaststättenbetriebes der Klägerin begründet, wenn erwiesen ist, dass die Gäste vor allem deshalb in die Gaststätte kommen, weil sie das Gespräch mit dem Inhaber - der Versicherungsnehmerin - suchten. Sofern dieser nicht anwesend sei - gleichsam nicht "hinter der Theke stehe" -, blieben über kurz oder lang auch die Gäste aus. Diese Ausführungen erscheinen dem Senat plausibel, solange es sich nicht um eine Gaststätten mit überwiegender Laufkundschaft handelt, zum Beispiel an Bahnhöfen oder Durchgangsstraßen. Im konkreten Fall ist der Senat davon überzeugt, dass bei einer Übertragung der bislang von der Versicherungsnehmerin persönlich ausgeübten Tätigkeiten auf angestelltes Personal weitere, über die zusätzlichen Personalkosten hinausgehende wirtschaftliche Einbußen zu besorgen sind, die die Versicherungsnehmerin nicht hinzunehmen braucht.

Erfüllungshaftung bei Agentenzusicherung vor Versicherungsabschluss
OLG Koblenz 10. Zivilsenat 
Erklärt der Versicherungsagent vor Vertragsabschluss, dass Berufsunfähigkeitsleistungen bereits bei Feuerwehrdienstuntauglichkeit und nicht erst, wie in den AVB vorgesehen, bei Versetzung in den Ruhestand wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit erbracht werden, begründet dies einen Erfüllungsanspruch des Versicherungsnehmers nach den Grundsätzen der gewohnheitsrechtlich anerkannten Erfüllungshaftung.

Zur Bedeutung eines Durchstreichens eines Antwortfelds im Versicherungsantrag
OLG Koblenz 10. Zivilsenat 
Das Durchstreichen eines Antwortfelds im Versicherungsantrag (hier: Frage nach Beantragung oder Abschluss anderer Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen in den letzten fünf Jahren) kann nach den Umständen des Falls als Verneinung der betreffenden Frage - und nicht als offene Nichtbeantwortung - zu verstehen und damit arglistige Täuschung sein.

Die nicht auszuschließende Möglichkeit von Erkrankungen bzw. Verdachtsdiagnosen genügt nicht für die Annahme einer Berufsunfähigkeit
OLG Frankfurt 
1. Dem Versicherungsnehmer obliegt der Nachweis dass er infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich zu mindestens 50% außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
2. Dieser Nachweis ist nicht geführt, wenn ein eingeholtes orthopädisches Gutachten weder die geklagten Beschwerden (Hier: Schmerzen im Bereich der Beine, Schmerzen im Bereich der linken Hand, Bewegungsstörung beider Hände, Instabilitätsgefühle mit dem linken oberen Sprunggelenk sowie diffuses Körperkribbeln) noch relevanten Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane feststellen konnte und auch ein zusätzlich eingeholtes neurologisches Gutachten keine Krankheitssymptome feststellt und nur die Möglichkeit einer psychosomatischen oder neurotischen Gesundheitsstörung nicht mit Sicherheit ausschließen kann.
3. Dieses Beweisergebnis ist angesichts der Beweislastverteilung zulasten des Klägers zu berücksichtigen. Die nicht auszuschließende Möglichkeit von Erkrankungen - Verdachtsdiagnose -, die eine Berufsunfähigkeit zu begründen geeignet sind, genügt als ausreichende Wahrscheinlichkeit nicht (OLG Koblenz r + s 2003, 337). Wenigstens 80-90 %ige Sicherheit im naturwissenschaftlichen Sinn ist erforderlich.
4. Ein Symptomvalidierungstest zum Nachweis von Simulation/Aggravation ist nicht angebracht, wenn die Feststellungen der Gutachter eindeutig sind.

Tipp: Die Entscheidung befasst sich recht ausführlich mit der immer wieder vorkommenden Problematik der Aggravation und Simulation bei nicht positiv nachweisbarem Krankheitsbild.

Verzug des Versicherers bei einer Leistungsverweigerung aufgrund eines schuldhaft falschen Sachverständigengutachtens
OLG Koblenz
1. Der Versicherer gerät mit geschuldeten Rentenleistungen in Verzug, wenn seine Leistungsablehnung auf einem von ihm eingeholten, wissenschaftlich unvertretbaren und schuldhaft falschen Sachverständigengutachten beruht. Er muss sich die Leistungen des Gutachters nach § 278 BGB zurechnen lassen.
2. Darüber hinaus liegt ein entschuldigender Rechtsirrtum nicht vor, wenn die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen erhebliche, nicht ohne Weiteres auszuräumende Widersprüche aufweist.

Bei einem streitigen Tätigkeitsbild ist das selbstständige Beweisverfahren unzulässig
OLG Köln
1. Die Beantragung des selbstständigen Beweisverfahrens wahrt die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht.
2. Kann der Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG angenommen werden, fehlt ein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens.
3. Bei einem streitigen Tätigkeitsbild besteht im selbstständigen Beweisverfahren keine Möglichkeit zur vorherigen Klärung der Anknüpfungstatsachen durch Zeugenvernehmung. Deshalb ist dieses Verfahren dann im Hinblick auf eine außerprozessuale Streitbeilegung ungeeignet.

Der Agent ist bei einem vom Versicherungsnehmer angegebenen leichten Druck im Kopfbereich bei gleichzeitig verneinter Arztkonsultation nicht zu Rückfragen verpflichtet
OLG Oldenburg
Erklärt ein Versicherungsnehmer dem Agenten beim Durchgehen der Gesundheitsfragen, er leide unter einem leichten Druck im Kopfbereich, und verneint er zugleich eine ärztliche Untersuchung und Behandlung in den letzten 5 Jahren, so besteht für den Agenten kein Anlass für Rückfragen.

Eine Einkommenseinbuße von 20 % eines Selbstständigen ist nach einer Umorganisation des Betriebs zumutbar
LG Frankenthal
Eine Einkommenseinbuße von 20 % ist noch keine auf Dauer ins Gewicht fallende Einkommenseinbuße im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zum Umorganisation des Betriebs eines Selbstständigen.

Zur Nachvollziehbarkeit der Einstellungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren muss nur eine Gegenüberstellung der Veränderungen dargestellt werden
OLG Koblenz 
1. Im Nachprüfungsverfahren bedarf es einer Veränderung der Umstände, wie sie dem Anerkenntnis zugrunde zu legen waren, gegenüber dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt.
2. Die Nachvollziehbarkeit der Einstellungsmitteilung im Rahmen des § 7 BB-BUZ erfordert keine Darstellung, welche konkreten Tätigkeiten der Versicherte ursprünglich nicht und nunmehr doch wieder ausführen kann.

BUZ-Leistungen im Wege der einstweiligen Verfügung nur bei Existenzgefährdung
OLG Karlsruhe
Stellt der Versicherer im Nachprüfungsverfahren die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ein, kann der Versicherungsnehmer eine vorläufige Zahlung im Wege der einstweiligen Verfügung erwirken. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs und einer Existenzgefährdung als Verfügungsgrund.

Für die Frage der Berufsunfähigkeit eines Auszubildenden ist allein auf das bestehende Ausbildungsverhältnis abzustellen
OLG Dresden 
Für die Frage, ob ein Auszubildender voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seinen „Beruf" auszuüben, ist alleine auf das zuletzt bestehende Ausbildungsverhältnis abzustellen. Auf die Dauer der Ausbildung vor Eintritt des Versicherungsfalles kommt es nicht an.

Die Einstellungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren muss eine Darstellung der Auswirkungen des zu verbesserten Gesundheitszustandes auf die Berufsausübung enthalten
OLG Karlsruhe
Eine wirksame Mitteilung im Nachprüfungsverfahren über die Leistungseinstellung setzt jedenfalls bei fortdauernder Erkrankung voraus, dass nachvollziehbar dargelegt wird, welche Auswirkungen die Verbesserung des Gesundheitszustandes des Versicherten auf dessen Fähigkeiten zur Berufsausübung hat.

Keine Obliegenheit des Versicherungsnehmers zur Durchführung einer psychiatrischen Therapie
OLG Saarbrücken
1. Ein Versicherer, der bereits Leistungen aus einem BUZ-Versicherungsvertrag erbringt, kann vom Versicherungsnehmer keine psychiatrische Therapie verlangen.
2. Enthält der Versicherungsvertrag keine - dem § 4 BBUZ entsprechende - Obliegenheit zur Befolgung die Heilung fördernde oder die Berufsunfähigkeit mindernde ärztliche Anordnung, so trifft den Versicherungsnehmer keine solche - ungeschriebene - Obliegenheit.
3. Die Aufnahme eines einmaligen Kontakts eines vom Versicherer beauftragten Rehabilitationsdienstes mit dem Versicherungsnehmer ist weder vertragswidrig noch stellt sie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar.

Berufsunfähigkeit bei schwerer Persönlichkeitsstörung
LG München
Ist eun im Kapitalhandel mit Banken, Versicherungen und Pensionsfonds als Vermittler tätige Versicherungsnehmer aufgrund einer schweren Persönlichkeitsstörung mit anankastischen und zwanghaften Zügen in seinem Abstraktionsvermögen und seiner Konzentration so beeinträchtigt, dass er den hohen Anforderungen seiner Tätigkeit zu 50 % nicht mehr gewachsen ist, so ist von einer Berufsunfähigkeit auszugehen.

Verpflichtung zur Nachfrage des Versicherers nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Unvollständigkeit der Gesundheitsangaben
OLG Oldenburg
1. Nicht jede vermeintliche Unklarheit löst die Verpflichtung des Versicherers zur Überprüfung der Angaben des Versicherungsnehmers aus. Vielmehr muss die Unvollständigkeit der Angaben so evident sein, dass sich dem Versicherer Zweifel und die Notwendigkeit aufdrängen, zur Abrundung seiner noch unzulänglichen Kenntnisse rückfragen zu müssen
2. Daran fehlt es, wenn der Agent aus der Erklärung des Versicherungsnehmers keine hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen konnte, die auf für die Risikoprüfung bedeutsame Beschwerden der Klägerin hindeuten konnten.
3. Gibt der Versicherungsnehmer dem Agenten beim Durchgehen der Gesundheitsfragen an, er leide unter einem leichten Druck im Kopfbereich und verneint er zugleich eine ärztliche Untersuchung und Behandlung in den letzten 5 Jahren, so besteht für den Agenten kein Anlass zu Rückfragen, da er davon ausgehen konnte, dass dem von der Klägerin geäußerten Druckgefühl kein Krankheitswert zukommt und dieses mithin einen gefahrerheblichen Umstand nicht darstellt.

Einkommensminderung von 24% nach Betriebsumorganisation ist jedenfalls bei niedrigem Einkommen (weniger als 1.000 €) unzumutbar
LG Dortmund
1. Grundsätzlich kann der Berufsunfähigkeitsversicherer im bedingungsgemäßen Nachprüfungsverfahren einem selbständig Berufstätigen eine nach dem Leistungsanerkenntnis eröffnete und wahrgenommene Umorganisation des Geschäftsbetriebes entgegenhalten.
2. Eine Einkommensminderung um ca. 24 % wahrt bei einem durchschnittlichen Einkommen von weniger als 1000 € monatlich nicht die Lebensstellung des Versicherten.

Verweisung eines angestellten Kfz-Mechaniker-Meisters auf den konkret ausgeübten Beruf als selbständiger Gebrauchtwagenhändler ist zulässig
OLG Koblenz
Ein früher angestellter Kfz-Mechaniker-Meister kann nach abgeschlossener Umschulung zum Bürokaufmann auf seinen konkret ausgeübten Beruf als selbständiger Gebrauchtwagenhändler verwiesen werden, so dass eine Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren gerechtfertigt ist.

Arglistanfechtung bei komplettem Durchstreichen des Antwortfeldes für eine Antragsfrage nach anderen BUZ-Verträgen
OLG Koblenz
Aus der Sicht des objektiven Erklärungsempfängers enthält das Durchstreichen aller Antwortmöglichkeiten auf eine konkrete Fragestellung im Versicherungsantragsformular die Erklärung "Es gibt zu dieser Frage nichts zu beantworten" in dem Sinne "Diese Fragestellung betrifft mich nicht". Dementsprechend kann das Durchstreichen der Antwortmöglichkeiten auf die Frage nach bestehenden Lebens- oder Berufsunfähigkeits-Versicherungen oder entsprechenden Anträgen aus der Sicht des objektiven Erklärungsempfängers nur in dem Sinne gewertet werden, dass der Antragsteller keine derartigen Anträge bei irgendeinem Versicherer gestellt und auch keine derartigen Versicherungen anderweitig abgeschlossen hat. Es liegt damit keine unklare Antwort des Antragstellers vor, die gegebenenfalls zu einer Nachfrage des Versicherers Veranlassung gegeben hätte.

Maßstab der Arbeitszeit bei der Frage der Berufsunfähigkeit
OLG Köln
1. Eine Tätigkeit als selbstständige Friseurmeisterin in einem Umfang von täglich 1 Stunde an 5 Tagen in der Woche stellt einen Beruf im Sinne der Versicherungsbedingungen dar.
2. Die Frage der Berufsunfähigkeit ist daran zu messen, ob die Klägerin außer Stande ist, ihre im Zeitpunkt des behaupteten Eintritts des Versicherungsfalls konkret ausgeübte durchschnittlich tägliche 1-stündige Tätigkeit als selbstständige Friseurmeisterin zu mindestens 50 % auszuüben, d. h. ob sie nicht mehr zu einer Arbeitsleistung von durchschnittlich einer halben Stunde pro Tag in der Lage ist.
3. Unerheblich ist, ob die Klägerin damit begonnen hatte, eine vollschichtige Tätigkeit als selbstständige Friseurmeisterin aufzubauen. Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung ist keine „Karriere"-Versicherung, die das Risiko mitabdeckt, eine finanzielle oder sozial bessere Stellung zu erreichen. Versichert ist allein der Status des Versicherungsnehmers.

Nachweis einer Anzeigepflichtverletzung durch Anamnese
LG Augsburg
1. Anamneseangaben des Versicherungsnehmers in Entlassungsberichten können als Nachweis einer Anzeigepflichtverletzung dienen.
2. Ein Fehler ist dann ausgeschlossen, wenn es sich um konkrete Angaben zur medizinischen Vorgeschichte handelt, die in zwei unabhängig voneinander in großem zeitlichen Abstand erstellten Entlassungsberichten enthalten sind.

Unzulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
OLG Köln
1. Es fehlt das rechtliche Interesse gemäß § 485 Abs. 2 ZPO zur Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, wenn einem Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung der Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG a. F. entgegengehalten werden kann. Diese Frist wahrt das selbständige Beweisverfahren nicht.
2. Anknüpfungstatsachen für ein gerichtliches Sachverständigengutachten sind im Prozess zwingend durch Beweisaufnahme zu schaffen, insbesondere durch eingehende Zeugenvernehmung zur zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Diese Klärung der Anknüpfungstatsachen durch Zeugenvernehmung ist im selbständigen Beweisverfahren unzulässig. Eine Akzeptanz eines Gutachtens allein auf Vorgaben des Antragstellers ist aber bei bestrittenen Tätigkeitsbehauptungen nicht zu erwarten.

Berufsunfähigkeit eines Auszubildenden
LG Mainz
1. Welche Tätigkeit bei der Bestimmung des „Berufs" eines Auszubildenden entscheidend ist (konkrete Ausbildungsphase oder Ausbildungsberuf) hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
2. Für die Beurteilung der bisherigen Lebensstellung ist auf die prägenden Umstände der vollen Ausübung des angestrebten Ausbildungsberufes abzustellen, wenn der Versicherungsnehmer bereits mehr als zwei Drittel der vorgesehenen Ausbildungszeit absolviert hat.

Einkommensminderung von 28 % unzumutbar
OLG Hamm
Eine Vergleichstätigkeit mit einer Einkommensminderung von 28 % entspricht nicht der bisherigen Lebensstellung und ist damit nicht mehr zumutbar.

Einkommensverlust von 25% im Verweisberuf ist zumutbar
LG Mainz
1. Ein Vergleichsberuf ist gefunden, wenn die aufgezeigte Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und auch in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt.
2 Bloße Karriereaussichten und Aufstiegschancen bei der Bestimmung der Vergleichbarkeit sind nicht maßgeblich.
3. Zu vergleichen ist das Einkommen, das der Versicherte in gesunden Tagen hätte erzielen können mit dem Einkommen, das er mit der Vergleichstätigkeit erzielt.
4. Gleichwertigkeit der Einkommen bedeutet aber nicht Gleichheit in allen Punkten. Maßgebend ist, ob die Einkommensdifferenz die erworbene Lebensstellung entscheidend beeinträchtigt. Dies ist bei einem Einkommensverlust von 25% noch nicht der Fall.

Verzugszinsen wegen verspäteter Zahlung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
OLG Koblenz 10. Zivilsenat 
1. Wegen Eintritts des Versicherungsfalls zurück zu zahlende Prämien, die zunächst bedingungsgemäß bis zur Feststellung des Versicherungsfalls zu zahlen waren, sind nicht zu verzinsen.
2. Der Versicherer gerät mit geschuldeten Rentenleistungen schuldhaft in Verzug, wenn seine Leistungsablehnung auf einem von ihm eingeholten, wissenschaftlich unvertretbaren und schuldhaft falschen Sachverständigengutachten beruht. Er muss sich die Leistung des Gutachters nach § 278 BGB zurechnen lassen. Darüber hinaus liegt ein entschuldigender Rechtsirrtum nicht vor, wenn die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen erhebliche, nicht ohne weiteres auszuräumende Widersprüche aufweisen.

Zur Schlüssigkeit des Klägervorbringens gehört die Darlegung, wie sich die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit konkret auswirken
LG Koblenz
Zur Schlüssigkeit einer Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gehört eine substantiierte Darlegung des Versicherungsnehmers, inwieweit die von ihm geklagten Beschwerden sich im Einzelnen auf die von ihm zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit auswirkt.

Rückfragepflicht des Versicherungsvertreters bei Hinweis auf krankengymnastische Behandlung wegen Rückenschmerzen im Antragsgespräch
LG Koblenz
Hat der Versicherungsnehmer im Rahmen der Gesundheitsfragen den Versicherungsvertreter auf eine krankengymnastische Behandlung wegen Rückenbeschwerden hingewiesen und hat der Versicherungsvertreter in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er Rückenschmerzen nur dann schriftlich in den Antrag aufnehme, wenn diese eine ärztliche Behandlung erforderlich gemacht haben wäre der Versicherungsvertreter gehalten gewesen, im Hinblick auf Intensität etwaiger Behandlungen nachzufragen.

Keine Fälligkeit von Ansprüchen, wenn sich der (angestellte) Versicherungsnehmer trotz mehrfacher Anfrage des Versicherers weigert, Auskunft zum Bruttoeinkommen zu erteilen
LG Koblenz
1. Nicht nur für Selbständige, bei denen die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen zur Höhe des erzielten Einkommens anerkannt ist, sondern auch für abhängig beschäftigte Versicherungsnehmer besteht eine Obliegenheit zum Nachweis des letzten Bruttojahreseinkommens, denn anderenfalls kann der Versicherer die berufliche Tätigkeit nicht vollständig erfassen.
2. Die Klausel in § 4 Abs. 1 c BBUZ verstößt auch nicht gegen die §§ 305c, 307 BGB.

Streitwert für isolierte Klage auf Feststellung des Fortbestandes des BUZ-Vertrages
LG Koblenz
Wird allein die Feststellung begehrt, dass ein Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsvertrag nicht durch Rücktritt beendet wurde, sondern fortbesteht, richtet sich der Streitwert nach dem 3,5 fachen Betrag der Rente und der Beitragsbefreiung. Bei ungeklärter Berufsunfähigkeit ist sodann ein Abschlag von 50% vorzunehmen; bei geklärter Berufsunfähigkeit ist ein Abschlag von 20% vorzunehmen.

Kein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Versicherungsagent üblicherweise keine mündlichen Angaben im Antragsformular unter den Tisch fallen lässt
OLG Brandenburg
Da der Versicherer dafür beweisbelastet, dass es die vom Versicherungsnehmer behaupteten mündlichen zusätzlichen Angaben nicht gegeben hat, kann dies nicht dadurch umgekehrt werden, dass Versicherungsagenten üblicherweise „relativ selten" etwas „völlig unter dem Tisch fallen" lassen mit der Folge, dass sich daraus ein Beweis des ersten Anscheins gegen den Versicherungsnehmer ergebe.

Arglist des Versicherungsnehmers wird bei unvollständiger Angabe der Behandlungshäufigkeit wegen desselben Leidens indiziert
OLG Hamburg
1. Gibt der Versicherungsnehmer bei Antragsteller auf die Zusatzfrage, wann er zuletzt in Behandlung gewesen ist, das Jahr 2001 an, während tatsächlich Behandlungen noch 2002 erfolgten, und reduziert er dadurch die Häufigkeit der Behandlungen (hier: 1 Mal statt 3 Mal), so ist dies nur mit der billigenden Erkenntnis des Versicherungsnehmers zu erklären, der Versicherer könne den Vertrag nur zu anderen Konditionen annehmen, wenn er ihm die Wahrheit sage.
2. Unstreitige Tatsachen bedürfen keiner Beweiserhebung, so dass bereits aus diesem Grund eine Unverwertbarkeit von aufgrund einer generellen Schweigepflichtsentbindungsklausel erlangten unstreitigen Informationen nicht in Betracht kommt. Auch bei streitigen Tatsachen scheidet eine Unverwertbarkeit aus, soweit der Versicherungsnehmer ohne generelle Entbindung von der Schweigepflicht auf Anforderung des Versicherers nach Eintritt des Versicherungsfalls zur Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht verpflichtet gewesen wäre, damit der Versicherer die für die Leistungsprüfung relevanten Informationen erhält.

Keine Anknüpfungspunkte für ein medizinisches Sachverständigengutachten bei unklarem Umfang der letzten Tätigkeit
OLG Koblenz
Ist der Umfang der vom Versicherungsnehmer behaupteten letzten Tätigkeit unklar, fehlt es an einem unverrückbaren Sachverhalt, der dem medizinischen Sachverständigen vorgegeben werden kann. Berufsunfähigkeit kann nicht beurteilt werden, wenn schon nicht festzustellen ist, in welchem Umfang der Versicherte in gesunden Zeiten überhaupt beruflich tätig war.

Verweisung auf Pförtnertätigkeit - Unzumutbarkeit bei einem um 28 % niedrigeren Einkommen nach abstrakter Verweisung
OLG Hamm
1. Verweist der Berufsunfähigkeitsversicherer den Versicherungsnehmer auf eine Tätigkeit als „Pförtner", so kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Tätigkeit im Wesentlichen lediglich daraus besteht, präsent zu sein und eine Schranke zu öffnen. Jedenfalls wird für eine solche ganz einfache Tätigkeit eine Stelle auf dem freien Arbeitsmarkt nicht vorhanden sein.
2. Ob Stellen als „Pförtner" mit weiteren Aufgabenbereichen auf dem freien Arbeitsmarkt vorhanden sind oder es sich auch dabei um eine „Nischentätigkeit" handelt, auf welche der Versicherer nicht wirksam verweisen kann, bleibt offen.
3. Bei einem bisherigen monatlichen Bruttoeinkommen von 2.500,00 € ist eine Verweisung auf eine Tätigkeit mit einem um 28 % niedrigeren Einkommen nicht zumutbar; diese entspricht nicht der bisherigen Lebensstellung.

Höheres Einkommen im Verweisungsberuf kann zur Leistungsfreiheit im Nachprüfungsverfahren führen
OLG Hamm
Im Nachprüfungsverfahren kann der Versicherer auch ohne Änderung des Gesundheitszustandes des Versicherungsnehmers geltend machen, dass sich dessen Einkommen in dem zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses ausgeübten Berufs so erhöht hat, dass es mit dem vor dem Unfall erzielten Verdienst vergleichbar ist und deshalb eine Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt.

14 %-iger Einkommensverlust im Verweisungsberuf kann im Einzelfall nicht mehr zuzumutbar sein
OLG Karlsruhe
1. In welcher Höhe ein Einkommensverlust im neuen Beruf zumutbar ist, ist nicht anhand einer generellen Quote zu beurteilen. Die Frage der Zumutbarkeit ist nur einzelfallbezogen zu entscheiden, dabei kann auch die private Lebenssituation des Versicherten von Bedeutung sein, insbesondere ob das Einkommen nur für den eigenen Lebensunterhalt des Versicherten oder auch für den Unterhalt seiner Familie ausreichend ist. Bei einem verheirateten Versicherungsnehmer mit zwei minderjährigen Kindern mit einem Jahresbruttoeinkommen von etwas über 40.000,00 € ist ein Einkommensverlust von 14 % brutto nicht zumutbar.
2. Erhält der Versicherte im ursprünglichen Beruf dauerhaft eine Erschwerniszulage, die damit nicht nur zeitweise, sondern dem Anforderungsprofil dieser Tätigkeit entspricht, so ist diese Zulage bei dem bisherigen Einkommen zu berücksichtigen.

Konkrete Verweisung auf Nischen- oder Schonarbeitsplatz zulässig
OLG Frankfurt
Zulässig ist die konkrete Verweisung auf einen Nischen- oder Schonarbeitsplatz. Eine abstrakte Verweisung auf einen Nischen- oder Schonarbeitsplatz hingegen verstößt gegen Treu und Glauben, weil für solche Stellen kein regulärer Arbeitsmarkt besteht und der Versicherte keine Aussicht hat, einen solchen Arbeitsplatz zu erhalten; dies gilt nicht, wenn der Versicherte tatsächlich eine entsprechende Tätigkeit ausübt.

Auch ein Viraler Magen-Darm-Infekt ist anzeigepflichtig
OLG Zweibrücken
1. Die Gesundheitsfrage „Sind Sie in den letzten 5 Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden (z. B. wegen ....)" betrifft jede Gesundheitsstörung, die eine Untersuchung, Beratung oder Behandlung auslöst und die nicht offenkundig belanglos ist.
2. Ein viraler Magen-Darm-Infekt, der zur Empfehlung einer Darmspiegelung und Verschrei-bung von Antibiotika geführt hat, ist anzeigepflichtig. Die Gefahrerheblichkeit liegt „auf der Hand".
3. Ein viraler Magen-Darm-Infekt ist weder Bagatelle noch trotz der umgangssprachlichen Bezeichnung als „Magen-Darm-Grippe" als Erkältung anzusehen.

Arglistiges Verschweigen durch Angabe von Routineuntersuchungen statt mehrfacher Blutun-tersuchungen
KG Berlin
Gibt der Antragssteller einer BUZ Versicherung auf die Frage nach „ambulanten Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch Heilbehandler" an „Routineuntersuchung (...) Dr. A", obwohl bei zwei Blutuntersuchungen erhöhte Leberwerte - mit allerdings unterschied-lichen Diagnosen - festgestellt wurden, so ist von einer arglistigen Täuschung auszugehen, dies gilt auch dann, wenn der Antragssteller die ärztlichen Diagnosen für unzutreffend hielt.

Arglistiges Verschweigen eines Bandscheibenschadens
KG Berlin
1. Gibt der Antragssteller einer BUZ Versicherung auf die Frage nach „Beratungen, Untersuchungen oder Behandlungen" an „normale Untersuchung o.B.", obwohl er innerhalb von 2 ½ Jahren dreimal wegen Bandscheibenbeschwerden arbeitsunfähig krankgeschrieben war und auf die weitere Frage nach dem Beruf angibt „Krankenpfleger bei der Firma A", obwohl er nach Kündigung durch den Arbeitgeber in diesem Zeitpunkt arbeitslos war, so ist von einer arglistigen Täuschung auszugehen.
2. Die Antwort „normale Untersuchung o. B." auf die Frage nach „Beratungen, Untersuchungen oder Behandlungen" mag zwar ungenau und unvollständig sein, sie löst jedoch keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers aus, weil durch den Zusatz „o. B." zum Ausdruck ge-bracht wird, dass keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen.

Verpflichtung des selbstständigen Versicherungsnehmers zur Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen
OLG Köln
Ein selbständig tätiger Versicherungsnehmer, der Leistungen wegen Berufsunfähigkeit begehrt, muss betriebswirtschaftliche Unterlagen vorlegen, die Aufschluss geben über Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebs, sowie über das erzielte Einkommen. Unterlässt der Versi-cherungsnehmer diese gebotene Mitwirkung kann der Versicherer von der Pflicht zur Leistung bis zur Vornahme der Handlung befreit sein.

Bemessung der Berufsunfähigkeit bei Unfähigkeit zur Ausübung nur einzelner Tätigkeiten
BGH
Bei Beurteilung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit sind die im Beruf konkret abverlangten Einzelverrichtungen auch im Zusammenhang mit denjenigen zu bewerten, mit denen sie einen einheitlichen Lebensvorgang bilden. Nur so kann eingeschätzt werden, ob nicht die Unfähigkeit zur Ausführung einzelner Arbeitsschritte der Gestalt Auswirkungen auf die gesamte Arbeitsleistung hat, dass ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht mehr zu erzielen ist.

Keine arglistige Täuschung durch Versicherungsnehmer, wenn Versicherungsagent mitgeteilte Vorerkrankungen unterschlägt
BGH
Macht ein Versicherungsnehmer gegenüber einem Versicherungsagenten vor Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Angaben über bestehende Vorerkrankungen, so besteht grundsätzlich die Pflicht des Versicherers bzw. des Agenten, vor Vertragsschluss auf-zuklären, was für Beschwerden der Versicherungsnehmer hat und wie schwer sie sind (Nachfrageobliegenheit). Nimmt der Agent die Angaben lediglich zur Kenntnis, ohne sie in den Formularen entsprechend zu vermerken, muss der Versicherer sich die Kenntnis des Agenten zurechnen lassen und kann sich nicht auf eine Täuschung bei Vertragsschluss berufen.

Bereits bestehende Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kann gegen arglistiges Verschwei-gen einer Vorerkrankung sprechen
BGH
Gegen eine Arglist des Antragstellers spricht es, wenn er bereits Berufsunfähigkeitsschutz besitzt und die Initiative zum neuen Vertragsschluss vom Versicherungsvertreter ausging.

Kollusives Zusammenwirken zwischen Versicherungsagent und Versicherungsnehmer beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung
BGH
1. Ein kollusives Zusammenwirken zwischen Versicherungsagent und Versicherungsnehmer liegt vor, wenn Letzterer auf die Auskunft des Agenten, eine erhebliche Vorerkrankung sei nicht anzeigepflichtig, nicht vertraut, sondern im Bewusstsein der Anzeigeobliegenheit erkennt und billigt, dass der Versicherer durch das Vorgehen des Agenten über seinen Ge-sundheitszustand getäuscht und in der Entscheidung über den Vertragsabschluss beeinflusst wird.
2. Hat der Versicherungsvertreter Angaben zu Vorerkrankungen des Antragstellers nicht in den Antrag aufgenommen, so muss das Gericht im Urteil näher erläutern, warum der An-tragsteller in dem Bewusstsein gehandelt haben soll, auf das Vorstellungsbild des Versicherers unlauter einzuwirken. Die bloße Angabe im Urteil, es sei für den Antragsteller evident gewe-sen, dass eine angegebene Vorerkrankung trotz gegenteiliger Bekundung des ihn beratenden Versicherungsvertreters für den Abschluss des Vertrages bedeutungslos sei, genügt dafür grundsätzlich nicht.

Berufsunfähigkeit eines Auszubildenden
OLG Dresden
Für die Frage, ob ein Auszubildender voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seinen „Beruf" auszuüben, ist allein auf das zuletzt bestehende Ausbildungsverhältnis abzustellen. Auf die Dauer der Ausbildung vor Eintritt des Versicherungsfalls kommt es nicht an.

Folgen der Leistungsgewährung trotz Kenntnis von einer Umschulung
BGH
Zahlt der Versicherer trotz Kenntnis einer erfolgten Umschulung und anschließender Aufnahme einer Tätigkeit Leistungen und weist er den Versicherungsnehmer gleichzeitig darauf hin, dass er sich das Recht auf Nachprüfung vorbehalte, liegt hierin kein dauerhafter Verzicht des Versicherers auf die konkrete Verweisung des Versicherungsnehmers auf die nach der Um-schulung ausgeübte Tätigkeit.

Arglistige Täuschung durch Verschweigen früherer Alkoholabhängigkeit
OLG Hamm
1. Das Verschweigen von schweren Erkrankungen oder erkennbar chronischen Erkrankungen sowie längeren Krankenhausaufenthalten spricht indiziell für die Absicht des Versicherungsnehmers, durch Abgabe einer falschen Erklärung auf den Willen des Versicherers einzuwirken (vgl. OLG Koblenz, r+s 2001, 437).
2. Verschweigt der Versicherungsnehmer bei Antragstellung eine frühere Alkoholabhängig-keit, die auch zu stationären Behandlungen führte, ist dies deshalb arglistig.

Erhebliches einfaches Bestreiten der Kausalität der Anzeigepflichtverletzung für Berufsunfähig-keit durch den Versicherungsnehmer
BGH
Behauptet die Klägerin in einem Rechtsstreit um Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, in dem der Versicherer wegen Verschweigens einer Vorerkrankung vom Vertrag zurückgetreten ist, zwischen der Vorerkrankung und der zur Berufsunfähigkeit führenden schweren Depression bestehe kein ursächlicher Zusammenhang, dann ist dieser Vortrag erheblich. Mangels eigener Sachkunde braucht die Klägerin nicht mehr vorzutragen, zumal sie auf längere Beschwerdefreiheit und auf ein für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erstattetes Gutachten hingewiesen hat.

Anforderungen an die Schlüssigkeit einer Klage wegen Berufsunfähigkeit
OLG Naumburg
Zur Schlüssigkeit einer Klage wegen Berufsunfähigkeit hat der Antragsteller nicht nur darzulegen, dass er seinen ausgeübten Beruf nicht mehr dauerhaft ausüben kann. Er muss darüber hinaus auch vortragen, dass er keine andere Tätigkeit mehr verrichten kann, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung von ihm ausgeübt werden könnte und seiner bisherigen Lebensstellung entspräche. Für letzteres genügt summarischer Vortrag, woraufhin der Versicherer sodann gegebenenfalls bestehende Möglichkeiten eines solchen Vergleichsberufs aufzuzeigen hat.

Eine psychische Erkrankung, die bereits eine 3-wöchige Arbeitsunfähigkeit nach sich gezogen hat, ist selbst dann anzeigepflichtig, wenn ihre weitere Entwicklung ungewiß war
OLG Köln
Dass die weitere Entwicklung einer psychischen Erkrankung bei Abschluß einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ungewiss war ändert nichts daran, dass es sich gleichwohl um eine "gesicherte Erkrankung" von einigem Gewicht handelt. Mit dieser Formulierung hat der Bundesgerichtshof die tatsächliche Erkrankung des Versicherten gegenüber dem bloßem Krankheitsverdacht abgrenzen wollen, der in der Tat nicht mitteilungspflichtig ist. Hier aber kann von einem bloßem Verdacht keine Rede sein. Die Klägerin war vielmehr ganz real (psychisch) krank, und zwar so sehr, dass eine Krankschreibung von (zunächst) drei Wochen erfolgte - und dies mit ungewissem Ausgang. Auf die Frage, ob und inwieweit die folgende schwere Entwicklung zu jenem Zeitpunkt auch nur ungefähr absehbar gewesen sein mag oder nicht, kommt es nicht an.

Beamtenklausel „Nachweis krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit"
OLG Frankfurt
1. Setzt eine Beamtenklausel voraus, dass der Versicherte krankheitsbedingt dienstunfähig ist und wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen wird, muss der durchschnittliche und verständige Versicherungsnehmer dies dahingehend verstehen, dass nicht allein der formale Akt der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ausreicht, vielmehr die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit tatsächlich gegeben sein müssen.
2. Fehlt einen in den Allgemeinen Bedingungen enthaltene Regelung, dass die Dienstunfähigkeit „ärztlich nachzuweisen ist", sondern hat der Versicherungsnehmer „zusätzlich" die Urkunde über die Versetzung in den Ruhestand vorzulegen, so ist daraus zu schließen, dass der Versicherer zwar ein Nachprüfungsrecht der Entscheidung des Dienstherrn hat, von dem Versicherungsnehmer aber nicht die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit nachzuweisen sind. Diese wird vielmehr durch die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand widerlegbar vermutet.

Verharmlosung einer rezidivierenden Gastroenterititis und ungeklärten Gewichtsabnahmen von 8 bis 14 kg begründet Rücktrittsrecht des Versicherers
KG
Gibt der Versicherungsnehmer bei Antragstellung gegenüber dem Agenten an, er habe „eigentlich keine besonderen Beeinträchtigungen bis auf gelegentliche Erkältungen oder Magenbeschwerden", während er tatsächlich seit fast 2 Jahren an einer rezidivierenden Gastroenterititis leidet und bei ihm ungeklärte Gewichtsabnahmen von 8 bis 14 kg mit ärztlichen Untersuchungen eingetreten waren, liegt eine unzutreffende Wiedergabe des Gesund-heitszustandes vor, die den Versicherer zum Rücktritt berechtigt.

Hat der Versicherungsnehmer die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach deren Eintritt dem Versicherer mitgeteilt, besteht ein Leistungsanspruch nicht, wenn die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zum Zeitpunkt der Anzeige der Berufsunfähigkeit nicht mehr bestanden hat; unerheblich ist, ob die Versicherung im Zeitpunkt des Eintritts der behaupteten Berufsunfähigkeit noch bestanden hatte
LG Koblenz
1. Da der Anspruch bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung der Berufsunfähigkeit nach § 1 Abs. 3 S. 2 BBUZ 94 erst mit Beginn des Monats der Mitteilung entsteht, wenn die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt wird, kann für die Frage des Leistungsumfangs nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit abgestellt werden. Maßgebend ist vielmehr der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung (i.A. an OLG Koblenz, Beschl. v. 27.05.2004, Az. 10 U 440/03).
2. Die drei Monats Frist wird nicht durch eine Anzeige an den Unfallversicherer gewahrt, wenn es sich hierbei um ein getrenntes Unternehmen handelt.

Sachverständiger muß bei Prüfung der Verweisbarkeit genau wissen, wie die Verweisungstä-tigkeit konkret ausgestaltet ist
BGH
Der vom Tatrichter beauftragte medizinische Sachverständige, der sich dazu äußern soll, ob der Versicherungsnehmer gesundheitlich in der Lage ist, einen Verweisungsberuf auszuüben, muss wissen, welchen für ihn unverrückbaren außermedizinischen Sachverhalt er zugrunde zulegen hat, also insbesondere welche Merkmale - Arbeitsbedingungen wie Arbeitsplatzverhältnisse und Arbeitszeiten, erforderliche Tätigkeiten und körperliche Kräfte, Einsatz von Hilfsmitteln - die Verweisungstätigkeit prägen.

Nachmeldepflicht des Versicherungsnehmers besteht auch dann, wenn er im Krankenhaus liegt und nicht auf seine schriftlichen Unterlagen zurückgreifen kann
Brandenburgisches OLG
1. Die Frist für die Annahme eines Antrags auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beträgt regelmäßig sechs Wochen. Sie kann sich bei Vorliegen besonderer Umstände verlängern. Diese liegen etwa vor, wenn der Antrag bei einer Sparkasse gestellt und von dort zum Versicherer weitergeschickt werden muss, wenn sich der Versicherungsantrag auch auf die Ehefrau des Antragssteller bezieht und der Antragsteller obendrein eine Vorerkrankung (Rückenbeschwerden mit Bewegungseinschränkung) angibt.
2. Die Nachmeldepflicht hinsichtlich einer „aus medizinischer Sicht geklärten Erkrankung von einigem Gewicht" besteht im Übrigen auch dann, wenn der Versicherungsnehmer sich aufgrund einer Operation im Krankenhaus befindet und seiner Anzeigeobliegenheit nur telefo-nisch und ohne Zugriffsmöglichkeit auf seine schriftlichen Unterlagen nachkommen kann.

Abweichung des Versicherungsvertrages vom Versicherungsantrag (Berufsunfähigkeit einer Stewardess)
LG Landshut
1. Hat der Versicherungsagent auf den Hinweis des Antragstellers, er wolle nur eine BUZ-Vers. ohne Verweisungsklausel abschließen, erklärt, dass bei dem vom Antragsteller gewählten Versicherungstarif eine Verweisungsklausel nicht Vertragsinhalt sei, enthält der Versicherungsvertrag jedoch eine Verweisungsklausel, ohne dass der Versicherer im Versicherungsschein auf diese Abweichung vom Antrag hingewiesen hast, so ist der BUZ-Vertrag ohne Verweisungsklausel abgeschlossen.
2. Ist eine Stewardess wegen Verschleißerscheinungen an Halswirbel- und Wirbelsäule zu 20 % berufsunfähig, muss diese jedoch in Krisensituationen zu 100% belastbar sein, so ist sie für den Beruf einer Stewardess nicht mehr berufsfähig.

Arglistige Täuschung bei Angabe eines „ausgeheilten grippalen Infekts" und gleichzeitigem Verschweigen von erheblichen Rückenbeschwerden
LG Koblenz
Der Schluß auf ein arglistiges Verhalten ist bereits dann gerechtfertigt, wenn der Versicherungsnehmer bei den Gesundheitsfragen lediglich einen ausgeheilten grippalen Infekt angibt, nicht aber seit Jahren bestehende Rückenbeschwerden.

Anforderung an den Nachweis einer arglistigen Täuschung bei nicht hinreichend verständlich formulierter Frage nach Drogenkonsum
OLG Stuttgart
Die nur mit einem Antwortfeld für „Ja" oder „Nein" verbundene Frage „Nahmen oder nehmen Sie Drogen, Betäubungs- oder Rauschmittel? Wurden oder werden Sie wegen der Folgen von Alkoholgenuss beraten oder behandelt?" in einem Fragebogen zu einem Antrag auf Abschluss einer Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist nicht hinrei-chend verständlich, wenn sie vom Versicherungsvertreter dem Interessenten lediglich vorge-lesen wurde und diese Frage direkt nach mehreren ineinander verschachtelten Fragen nach Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen in den letzten 5 Jahren und nach der Frage, warum untersucht, beraten oder behandelt worden sei, gestellt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vertreter den Fragebogen anhand der Antworten des Interessenten ausfüllt und diesem sodann zur Unterschrift ohne ausdrückliche Aufforderung, den Fragenkatalog noch-mals durchzulesen und die Antworten zu überprüfen, vorlegt.

Kein Schadensersatzanspruch des behinderten Versicherungsnehmers gegen den Versicherer wegen Versagung des Vertragsschlusses wegen der Behinderung
OLG Karlsruhe
Ein Versicherer, der den Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wegen einer Behinderung des Antragstellers ablehnt, haftet nicht nach § 826 BGB, wenn später beim Antragsteller Berufsunfähigkeit eintritt, die nicht durch die Behinderung verursacht ist. Den Versicherer trifft kein Kontrahierungszwang. Auch liegt keine Benachteiligung Behinderter vor.

Erlöschen des Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages wegen längerer Antrags-bearbeitung
OLG Brandenburg
1. Ein Antrag auf Abschluss eines Risikolebensversicherungsvertrages mit Berufsunfähigkeitszu-satzversicherung erlischt nach § 146 BGB grundsätzlich, wenn er nicht innerhalb von sechs Wochen angenommen wird. Verzögernde Umstände, die für den Antragsteller erkennbar sind oder die er kennen muss, können zu einer angemessenen Fristverlängerung führen. Solche Umstände können die Aufnahme des Antrags durch ein Kreditinstitut, der Antrag auf Ab-schluss mehrerer Versicherungen und für mehrere Personen und die Angaben von durch den Versicherer zu überprüfenden Vorerkrankungen sein.
2. Fragt der Versicherer während der Antragsprüfung durch Übersendung eines Zusatzfragebogens noch einmal beim Antragsteller nach, verlängert sich entweder die Frist oder beginnt neu zu laufen, wenn sie nicht vorher bereits abgelaufen war.
3. Der Antragsteller hat bis zum Ablauf der Frist die Pflicht, neu auftretenden erhebliche Ge-sundheitsbeeinträchtigungen nachzumelden.

Berufsangabe „Hausmann" im Versicherungsantrag bei tatsächlicher Inhaftierung des zu Ver-sichernden kann eine arglistige Täuschung sein
OLG Hamm
Wird bei dem Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeits-(Zusatz) Versicherung als Beruf „Hausmann" angegeben, obwohl in Wahrheit der zu Versichernde eine Freiheitsstrafe verbüßt, kann dies eine arglistige Täuschung gegenüber dem Versicherer sein.

Verpflichtung eines Selbstständigen zur Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen für die letzten Jahre verstößt nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
OLG Köln
1. Ein selbstständig tätiger Versicherungsnehmer, der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, ist gemäß § 4 Nr. 1 d BBUZ verpflichtet, aussagekräftige betriebswirtschaftliche Unterlagen beizubringen, die den Versicherer in die Lage versetzen, zum Einen die Größe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes, zum Anderen aber auch die Höhe des erzielten Einkommens beurteilen zu können. Denn nur so kann geklärt werden, ob und gegebenenfalls wie dem Versicherungsnehmer eine Umorganisation des Unternehmens möglich sowie wirtschaftlich zumutbar ist und ob ihm trotz der behaupteten Erkrankung noch ein ausreichendes Betätigungsfeld verbleibt.
2. Das Interesse des Versicherers, Angaben über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens in den letzten Jahren zu erhalten, verstößt auch nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Versicherungsnehmers.

Eine Aufhebung der Sperrwirkung des § 12 Abs. 3 VVG im Nachprüfungsverfahren ist nicht ohne eine Veränderung von rechtlich erheblichen Umständen möglich
KG
1. Wegen der Sperrwirkung des § 12 Abs. 3 VVG im Nachprüfungsverfahren kommt eine Wie-deraufnahme der Leistungen des Versicherers ohne Veränderung von rechtlich erheblichen Umständen des zugrunde liegenden Sachverhaltes nicht in Betracht.
2. Solche rechtlich erheblichen Umstände liegen nicht schon im Wegfall des (Schon-) Arbeitsplatzes bei unverändertem Gesundheitszustand.

Eintritt der fingierten Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 3 BUZ wenn der Versicherungsnehmer mindestens 6 Monate ununterbrochen außerstande war, seinen Beruf oder seine Verwei-sungstätigkeit auszuüben
BGH
Kann der Versicherungsnehmer beweisen, dass er mindestens 6 Monate ununterbrochen außerstande war, seinen Beruf oder seine Verweisungstätigkeit auszuüben und dass aus damaliger Sicht dieser Zustand unverändert andauern würde, so gilt nach § 2 Abs. 3 BUZ dieser über 6 Monate hinaus andauernde gesundheitliche Zustand als Eintritt der Berufsunfähigkeit. Einen Wegfall seiner Leistungspflicht hat dann der Versicherer nach den Regeln des Nachprüfungs-verfahrens (§ 7 BUZ) darzulegen und zu beweisen.

Anzeigepflicht bei Antrag auf Berufsunfähigkeitsversicherung
OLG Jena
1. Nach § 16 I 1 VVG hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer bei der Schließung des Vertrags - hier BU - alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr, also die Risikoeinschätzung des Versicherers erheblich sind, anzuzeigen. Das gilt auch für schon vor dem Vertragsschluss persistierende, also nicht nur vorübergehende Kniebeschwerden, die die Geh- und Bewegungsfähigkeit des Versicherungsnehmers erheblich einschränken.
2. Eine Anzeigepflicht besteht immer im Hinblick auf solche Umstände, nach denen der Versi-cherer in seinem Antragsformular ausdrücklich fragt (Vermutungsregel des § 16 I 3 VVG!). Die Vermutung des § 16 I 3 VVG setzt voraus, dass die Formularfragen (des Versicherers) dem Versicherungsnehmer ausreichend zur Kenntnis gelangt sind. Hat ein Versicherungsagent für den Versicherungsnehmer den Versicherungsantrag ausgefüllt, kann in der Falschbeantwor-tung einzelner Formularfragen eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit (des Versicherungsnehmers) nur dann gesehen werden, wenn der Versicherungsagent die Fragen vorgelesen und dem Versicherungsnehmer das ausgefüllte Formular nicht nur zur Unterzeichnung, sondern auch zur Prüfung und Durchsicht vorgelegt hatte.
3. Die Beweislast für den Umstand, dass der Versicherungsnehmer die schriftlichen Antragsfragen ausreichend zur Kenntnis genommen hat, trifft - immer - den Versicherer.
4. Nach § 16 II 1 VVG kann der Versicherer von dem Vertrag zurücktreten, wenn entgegen der zuvor genannten Pflicht (des Versicherungsnehmers) die Anzeige eines erheblichen Umstands unterblieben ist und der Versicherer dies bewiesen hat.

Versäumnis gerichtlicher Geltendmachung im BUZ - Nachprüfungsverfahren
KG
Lässt ein Versicherungsnehmer einer Berufshaftpflichtversicherung nach einer Leistungsableh-nung im Nachprüfungsverfahren nach Belehrung über die Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche die Frist des § 12 III VVG verstreichen, ist der Versicherer von seiner Leistungspflicht frei. Das gilt auch für den Fall, dass der Versicherungsnehmer kei-neswegs berufsfähig für den Ausbildungsberuf geworden ist, den er bei Eintritt der zunächst anerkannten Berufsunfähigkeit ausgeübt hatte, und der Ablehnung weiterer Leistungen nur deshalb nicht widersprach, weil ihn sein früherer Arbeitgeber mit einer einfachen Tätigkeit für Ungelernte aber unter Zahlung des früheren Einkommens eingestellt hatte.

BUZ-Verweisung für Krankenschwester im Nachtdienst
OLG Koblenz
Hat eine Krankenschwester im Nachtdienst wegen der Erkrankung, auf Grund der sie ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, keine reelle Chance, für eine vergleichbare Tätigkeit als Krankenschwester auf einer Augen-, HNO- oder Hautstation eines Krankenhauses ei-nen Arbeitsplatz zu finden, da sie die Anforderungen an diese Tätigkeit krankheitsbedingt teilweise nicht erfüllen kann, ist eine Verweisung auf diese vergleichbare Tätigkeit nach Treu und Glauben ausgeschlossen.

Nachmeldepflicht einer zwischen Antragstellung und Policierung aufgetretenen Erkrankung besteht erst bei medizinisch gesicherter Erkenntnis, ist dann aber unverzüglich vorzunehmen
OLG Brandenburg
1. Anzeigepflichtig sind nur aus medizinischer Sicht geklärte Erkrankungen von einigem Gewicht; dagegen sind diagnostische Maßnahmen zur Abklärung eines vermuteten Krankheitsbildes nicht anzuzeigen, ebenso wenig ein bloßer Krankheitsverdacht.
2. Selbst eine grob fahrlässige, nämlich auf einem Unterlassen sich aufdrängender Erkundigungen beruhende Unkenntnis davon, dass es vor Vertragsschluss noch zu einer Erkrankung von einigem Gewicht gekommen ist, führt noch nicht zu einem Rücktrittsrecht des Versiche-rers.
3. Der nicht erfolgten unverzüglichen Nachmeldepflicht kann nicht entgegengesetzt werden, dass sich der Versicherungsnehmer nach einer Operation im Krankenhaus befunden hat, denn er hat durchaus die Möglichkeit und die Pflicht, seiner Anzeigepflicht durch eine fernmündliche Mitteilung an den Versicherer nachzukommen.

Einkommensverlust von 14 % nach Verweisung eines im Schichtbetrieb tätigen Gießers auf eine Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer ohne Schichtbetrieb ist nicht zumutbar
OLG Karlsruhe
Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit von Tätigkeiten kommt es auf die konkrete Lebensstellung des Versicherungsnehmers an, die auch die Wertschätzung im betrieblichen Umfeld umfasst. Eine Einkommensminderung von 14 % kann unzumutbar sein.

Klausel in Invaliditäts-Zusatzversicherung, die Leistung bei angeborenen Krankheiten pauschal ausschließt, ist unwirksam
BGH
Die Klausel in einer Invaliditäts-Zusatzversicherung „Versicherungsschutz besteht nicht für Invalidität, die ganz oder überwiegend eingetreten ist aufgrund angeborener oder solcher Krank-heiten, die im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten sind", ist unwirksam.

Eine „mitgebrachte" Berufsunfähigkeit vor Vertragsbeginn ist nicht vom Versicherungsschutz umfasst
OLG München
1. Im Fall einer langjährigen Alkoholabhängigkeit bei einem Gastwirt kommt eine Berufsunfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit ernsthaft in Betracht.
2. War der Versicherungsnehmer aber bereits bei Vertragsbeginn seit längerer Zeit alkoholab-hängig, liegt eine so genannte mitgebrachte Berufsunfähigkeit vor, die nicht vom Versicherungsschutz umfasst wird, weil sie nicht im versicherten Zeitraum eingetreten ist. Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer den Beruf des Gastwirtes dennoch über einen langen Zeit-raum ausgeübt hat, ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang.

 

Urteile aus dem Jahr 2007

Maßgeblicher Zeitpunkt für Rentenanspruch bei vermuteter Berufsunfähigkeit gemäß § 2 Abs. 3 BUZ
BGH
Dem Beweisantritt des auf Rentenleistungen klagenden Versicherungsnehmers einer Berufsunfähigkeitsversicherung, er sei von dem Zeitpunkt eines Verkehrsunfalls an bis zu einem mehr als 6 Monate späteren Zeitpunkt berufsunfähig gewesen, ist bei Versicherungsbedingungen, die nach 6 Monaten Berufsunfähigkeit die Fortdauer dieses Zustandes fingieren, zu entsprechen. Die ohne diese Beweisaufnahme auf ein Gutachten gegründete Feststellung, dass zumindest bei einer Untersuchung 36 Monate nach dem Unfall keine Berufsunfähigkeit bestanden habe, kann die Klageabweisung nicht begründen.

Vortragvertraglichkeit und Berufsunfähigkeit
OLG Celle
Der Anspruch des Versicherungsnehmers ist nicht wegen Vorvertraglichkeit ausgeschlossen, wenn wegen der kurz vor Antragstellung aufgetretenen Krankheit keine Diagnose eine Berufsunfähigkeit nach § 3 Abs. 1 BUZ gestellt werden kann, der Erkrankungszustand dann aber über den Vertragsbeginn hinaus dauernd fortbesteht und eine Berufsunfähigkeit nach § 3 Abs. 2 BUZ begründet.

Vorvertragliche Anzeigepflicht: Nachmeldepflicht nach Antragstellung
KG
Der Versicherungsnehmer ist zur Nachmeldung von Gesundheitsverschlechterungen, die zwischen Stellung und Annahme seines Antrags auf Abschluss einer BUZ-Vers. eintreten, auch ohne Belehrung verpflichtet, wenn sich ihm diese Pflicht im Einzelfall auf Grund der tatsächlichen Umstände förmlich aufdrängt. Hatte der VN bei Antragstellung angegeben, dass er an keinen gravierenden Erkrankungen leide und fast sechs Jahre keinen Arzt aufgesucht habe, und wird nach Antragstellung eine schwere Erkrankung (periphere arterielle Verschlusskrankheit in beiden Beinen) festgestellt, so hat er diese Erkrankung nachzumelden, wenn ihm ein Teil des Antragsformulars wegen erheblicher Korrekturen zur nochmaligen Unterschrift zugeleitet wird.


Zulässige Anknüpfung der Berufsunfähigkeit eines einem Versorgungswerk angehörigen Beamten an die Vorlage eines Rentenbescheides
BGH
1. Bei der Berufsunfähigkeit im privatversicherungsrechtlichen Sinn handelt es sich um einen eigenständigen Rechtsbegriff, der weder mit Dienstunfähigkeit, noch mit Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts gleichgesetzt werden kann.
2. Wenn in einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer Beamtin, die zugleich Mitglied eines Versorgungswerkes ist, vereinbart ist, dass zum Nachweis der Berufsunfähigkeit die Vorlage des Rentenbescheides über einen nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannte Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente genügt, ist es unzulässig, diese Vereinbarung nach den Grundsätzen einer „Falsa demonstratio" durch eine so genannte Beamtenklausel zu ersetzen.

Urteil über Berufsunfähigkeitsrente hat keine Rechtskraft hinsichtlich der Überschussanteile
BGH
Die Rechtskraft eines auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente beschränkten Urteils erstreckt sich nicht auf die vertraglich neben der Rente zugesagten Überschussanteile.

Die Angabe „Routineuntersuchung" bei Antragstellung ohne Hinweis auf die ärztlich festgestellten erhöhten Leberwerte ist arglistig.
KG
1. Wird bei Antragstellung nach Behandlungen, Beratungen und Untersuchungen der letzten drei Jahre gefragt, kommt es für eine Anzeigepflichtverletzung nicht auf die Einschätzung des Versicherungsnehmers oder Diagnosen an.
2. Gibt der Versicherungsnehmer trotz ärztlicher Feststellung erhöhter Leberwerte nur „Routineuntersuchung" an, ist dies arglistig.

Keine Berücksichtigung gesundheitlicher Veränderungen bei einer Klage gegen die Nachprüfungsentscheidung
OLG Karlsruhe
Hat der Versicherer seine Leistungspflicht (unbefristet) anerkannt, dann im Wege einer Nachprüfungsentscheidung weitere Leistungen eingestellt und ist die Klage des Versicherten darauf gestützt, die Nachprüfungsentscheidung sei nicht zutreffend und der Versicherer aufgrund seines Anerkenntnisses weiterhin leistungspflichtig, handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, über den gemäß § 533 ZPO mit der Berufung nicht mehr zu entscheiden ist, wenn der Versicherte eine nachträgliche Veränderung seines Gesundheitszustandes geltend macht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine wesentliche Verschlechterung des ursprünglichen Krankheitsbildes oder eine neue Erkrankung eingetreten ist.

Leistungsverfügung gegen den Versicherer erfordert Glaubhaftmachung einer existentiellen Notlage des Versicherungsnehmers.
OLG Saarbrücken
Nach einer Einstellung von Leistungen aufgrund einer Nachprüfung kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich Vorzahlungen der Zahlungen im Wege der einstweiligen Verfügung beanspruchen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Existenzgefährdung des Versicherungsnehmers durch die Zahlungseinstellung glaubhaft gemacht wird.

Verschweigen von Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit bei Antragstellung ist arglistig
KG
1. Der Versicherungsnehmer muss bei Antragstellung auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine zum Antragszeitpunkt bestehende Arbeitsunfähigkeit auch ungefragt mitteilen.
2. Die Berufsangabe „Krankenpfleger" trotz bestehender Arbeitslosigkeit ist arglistig.

Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung (Verdacht auf Polyneuropathie, Bluthochdruck und erhöhte Fettwerte)
LG Meiningen
1. Hat der VN Gefühlsstörungen in den Füssen, die er auf eine ca. 7 Jahre zurückliegende Bauchoperation zurückführt, bei Antragstellung nicht angegeben, so verletzt er seine vorvertragliche Anzeigepflicht. Berichtet er wenige Monate nach Vertragsschluss dem Versicherer über Gefühlstörungen in den Beinen sowie einen Verdacht seiner Hausärztin auf Polyneurophatie, die sich bisher jedoch nicht bestätigt habe, und fragt der Versicherer daraufhin nicht zurück, ob eine Polyneuropathie besteht und ob die Beschwerden bei Antragstellung verschwiegen worden sind, so ist ein Rücktritt wegen Verschweigens der Polyneuropathie nach Ablauf der Monatsfrist verspätet.
2. Hat der VN weitere Krankheiten (hier u.a. Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte) nicht bei Vertragsschluss angegeben, so kann der Versicherer insoweit weiterhin vom Vertrag wegen vorvertraglicher Anzeigepflicht zurücktreten.
3. Ist der VN allein wegen der Polyneuropathie und einer Arthrose in den Füssen als Folge der Polyneuropathie berufsunfähig geworden und sind die weiteren, bei Antragsstellung nicht angegebenen Krankheiten nicht (auch nicht mit-)ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls geworden, so ist der Versicherer nach § 21 VVG trotz seines Rücktritts zur Leistung verpflichtet.
4. Litt der VN nicht an einem chronischen Bluthochdruck, sondern nahm er zu dessen Behandlung nur vorübergehend Medikamente ein, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass er gezielt seine schwankenden Blutdruckwerte bei Antragstellung verschwieg, um den Versicherer zum Vertragsabschluss zu bewegen (Arglist verneint). Sind dem VN die gesundheitlichen Folgen erhöhter Blutfettwerte nicht bekannt und ist eine Verbesserung nach ärztlicher Auskunft schon durch eine bloße Ernährungsumstellung zu erreichen, so kann ebenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der VN diese Erkrankung für so schwerwiegend hielt, dass er diese vorsätzlich bei Antragstellung verschwieg, um den Vertragsabschluss nicht zu gefährden.

Keine schuldhafte Obliegenheitsverletzung wenn eine im Antrag nicht angegebene Untersuchung keinen pathologischen Befund ergeben hat
BGH
1. Gibt bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung der Antragsteller auf eine Frage nach Untersuchung hinsichtlich der Gesundheit einer von seinem Dienstherrn veranlassten Untersuchung, ob eine Depression vorliege, nicht an, so liegt eine objektive Obliegenheitsverletzung vor. Ein Rücktrittsrecht des Versicherers kann daran scheitern, dass die Anzeige ohne Verschulden des Antragstellers unterblieb, weil die Untersuchung ergeben hatte, dass keine Anzeichen einer Depression vorlagen.
2. Eine in die Vertragsbedingungen aufgenommene Klausel, wonach zum Nachweis der Berufsunfähigkeit die Vorlage des Rentenbescheides genügt, kann ausschließlich wegen des Gesundheitszustandes nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt wurde, kann nicht dahingehend ausgelegt werden, es handele sich, weil der Versicherungsnehmer Beamter war, um eine Beamtenklausel. Möglicherweise kann jedoch der Bezug einer Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk unter diese Klausel fallen.

Maßgeblicher Zeitpunkt der Berufsunfähigkeit im Vergleichsberuf
BGH
Bei einem Versicherungsnehmer, der im Zeitpunkt der behaupteten Berufsunfähigkeit zur Ausübung der bisherigen Tätigkeit nicht in der Lage, aber auf einen Vergleichsberuf verweisbar ist, tritt bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht allein dadurch ein, dass ihm bei unverändertem Gesundheitszustand die zur Ausübung des Vergleichsberufes erforderlichen Fähigkeiten abhanden gekommen oder diese hinter der Entwicklung zurückbleiben; ob er den Vergleichsberuf ausgeübt hat, ist unerheblich.

Arglistiges Verschweigen von Rückenschmerzen
KG
Teilt der Versicherungsnehmer dem Vermittler auf die Antragsfrage zu einem BUZ Versicherung „nach ambulanten Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch Heilbehandler" mit, dass er zurzeit wegen eines Hexenschusses behandelt werde, was der Vermittler jedoch wegen Geringfügigkeit als nicht anzeigepflichtig bewertet, während der Versicherungsnehmer im Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich wegen umfangreicher Rückenschmerzen bereits 7 Wochen krank geschrieben war, so ist von einem arglistigen Verschweigen dieser Rückenschmerzen auszugehen.

Vorvertragliche Anzeigepflicht bei mehreren Arztbehandlungen
OLG Koblenz
Bejaht der Versicherungsnehmer im Antrag auf Abschluss einer BUZ Versicherung die Frage nach Krankheiten unter anderem der Wirbelsäule sowie die ärztliche Behandlung und gibt der in einer ihm daraufhin vom Versicherer zugesandten zusätzlichen Erklärung im Jahre 2001 an, dass er 1999 wegen Beschwerden an der Wirbelsäule 3 Wochen arbeitsunfähig gewesen und sich stationär 3 Wochen in einem Krankenhaus aufgehalten habe, und er seit Juli 2000 völlig geheilt sei, während er tatsächlich darüber hinaus an 3 Monaten in 1996 sowie an jeweils einem Monat in 1997 und 1999 wegen eines BWS-LWS-Syndroms von seinem Hausarzt behandelt wurde, sowie sich im Februar 2001 wegen Muskelverspannungen in paraverteberalen Lendenwirbelsäulenbereich beim gleichen Arzt einer Quaddelbehandlung unterzog, so reicht dies als Rücktrittsgrund wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht aus.

Nachmeldeobliegenheitserfüllung gegenüber Agenten ausreichend
OLG Saarbrücken
Der Versicherer muss beweisen, dass der Versicherungsnehmer seiner Nachmeldeobliegenheit nicht genügt hat. Auch insoweit gilt die „Auge-und-Ohr"-Rechtssprechung.

Auslegung des Bezugsrechts „der Ehegatte" im Falle der Scheidung
BGH
Die Erklärung des Versicherungsnehmers in einem Versicherungsantrag, im Falle seines Todes solle „der Ehegatte der versicherten Person" Bezugsberechtigte der Versicherungsleistung sein, ist auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe regelmäßig dahin auszulegen, dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Festlegung der Bezugsberechtigung verheiratete Ehegatte begünstigt sein soll.

Bezugsrecht im Insolvenzfall
BAG
Gilt bei einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht aus einer Direktversicherung zur betrieblichen Altersvorsorgung ein in den Versicherungsvertrag aufgenommener Vorbehalt des Widerrufs für die Zeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Unverfallbarkeit auch für den Fall einer insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer?

Keine arglistige Täuschung, wenn dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Diagnose überhaupt nicht mehr bewusst war
OLG Saarbrücken
Hat der Versicherungsnehmer eine 4 Jahre vor Antragstellung der BUZ-Versicherung diagnostizierte Stoffwechselstörung sowie leichte Fettleber- und Mikrohämaturien (= geringe Erhöhung der roten Blutkörper) nicht angegeben, die keine spürbaren Symptome und Beschwerden beim Versicherungsnehmer ausgelöst hatten und wegen der sich der Versicherungsnehmer auch nicht ärztlich behandeln lassen musste, so ist nicht nachgewiesen, dass der Versicherungsnehmer sich dieser zurückliegenden Diagnose bei Antragstellung überhaupt noch bewusst war und - als Voraussetzung für eine arglistige Täuschung - wissentlich falsche Angaben gemacht hat.

Darlegungslast des eine Berufsunfähigkeit behauptenden Versicherungsnehmers
Entscheidung des Versicherungsombudsmanns
Der eine Berufsunfähigkeit behauptende Versicherungsnehmer hat darzulegen, welchen körperlichen oder psychischen Belastungen er durch welche Tätigkeit im Einzelnen für welche Dauer seiner Arbeitszeit ausgesetzt ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Versicherer diese Kenntnisse schon dadurch erlangt hat, dass der von ihm beauftragte Gutachter den Versicherungsnehmer entsprechend befragt hat.

Verletzung der Nachfrageobliegenheit durch den Versicherer schließt Arglistanfechtung nicht aus
BGH
Der Versicherer verliert das Recht zur Arglistanfechtung nicht schon deshalb, weil er seine Nachfrageobliegenheit verletzt hat (Bestätigung der Aufgabe der früheren Rechtssprechung durch BGH VersR 2007, 96).

Wertschätzung des Versicherungsnehmers im bisherigen betrieblichen Umfeld ist Kriterium bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit von Tätigkeiten
OLG Karlsruhe
1. Zur Beurteilung der Vergleichbarkeit von Tätigkeiten kommt es auf die Lebensstellung des Versicherungsnehmers an, die sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls bestimmt. Dabei umfasst die Lebensstellung auch die Wertschätzung im betrieblichen Umfeld.
2. Eine Einkommensminderung von 14 % kann in der Gesamtschau unzumutbar sein.

Maßgeblicher Zeitpunkt der Fortdauer der Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 3 BB-BUZ
BGH
Wird ein Zustand nach § 2 Abs. 3 BB-BUZ (Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit) und die aus damaliger Sicht unveränderte Weiterdauer dieses Zustands bewiesen, so gilt dieses über 6 Monate hinausgehende Andauern des gesundheitlichen Zustands als Eintritt des Versicherungsfalls.

Überschussanteile müssen neben Berufsunfähigkeitsrente gesondert eingeklagt werden
BGH
Die Rechtskraft eines auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente beschränkten Urteils erstreckt sich nicht auf die vertraglich neben der Rente zugesagten Überschussanteile.

Berufsunfähigkeitsrente trotz Vereinbarung der Beitragsfreistellung
OLG Karlsruhe
Die Umwandlung des Vertrages in eine beitragsfreie Versicherung lässt die Leistungspflicht für einen zuvor eingetretenen - auch unbekannten - Versicherungsfall nicht entfallen.

Arglistige Täuschung über Nettoeinkommen und Alkoholkonsum
KG Berlin
1. Gibt der Antragsteller einer BUZ-Versicherung auf die Frage nach dem jährlich zu versteuernden Einkommen an „Netto für Brutto 80.000,00 DM", obwohl sein durchschnittliches Bruttoeinkommen ausweislich seiner Steuerbescheide etwa 24.000,00 DM betragen hat, und verneint er ferner die Frage, ob die beantragte Berufsunfähigkeitsrente (3.000,00 DM) sein Nettoeinkommen übersteige, so hat er die Fragen objektiv falsch beantwortet. Die Erklärung des Antragstellers, durch den Zusatz „Netto für Brutto" sei klar zum Ausdruck gebracht, dass er damit einen Umsatz angegeben habe, ist unzutreffend, vielmehr konnte der Versicherer nach Fragestellung und Antwort nur von der Angabe des Bruttoeinkommens ausgehen.
2. Beantwortet der Antragsteller einer BUZ-Versicherung die Frage nach regelmäßiger Einnahme von Alkohol in den letzten 5 Jahren mit nein, obwohl er mehrfach mit erheblicher Blutkonzentration auffällig und strafffällig geworden war (u. a. eine Autofahrt mit 2,24 Promille), und waren ihm seine Alkoholprobleme ausweislich eines eigenen Schreibens bewusst, so hat er bewusst diese Frage falsch beantwortet.

Rechtskraft des Urteils auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente präkludiert nicht den Anfechtungseinwand bei Klage auf neben der Rente zugesagte Überschussanteile
BGH
Die Rechtskraft eines auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente beschränkten Urteils erstreckt sich nicht auf die vertraglich neben der Rente zugesagten Überschussanteile.

Gegen Bagatellerkrankungen sprechen häufige Arztbesuche wegen der Krankheit
OLG Celle
1. Zum Beweis der Anzeigepflichtverletzung muss der Kern der Aussage des Agenten eindeutig sein.
2. Gegen eine so genannte Bagatellerkrankung spricht die Häufigkeit der Arztbesuche, auch wenn keine konkreten Behandlungsmaßnahmen vorliegen. Insoweit kommt es auf eine Gesamtschau der verschwiegenen Umstände an.

Vermutungswirkung des § 2 Abs. 3 BB-BUZ
BGH
Kann der Versicherungsnehmer mit einer entsprechenden ärztlichen Stellungnahme beweisen, dass er mindestens 6 Monate lang ununterbrochen gesundheitsbedingt ganz oder teilweise außer Stande gewesen ist, die in § 1 Abs. 1 und 3 BB-BUZ gleichlautend umschriebenen Tätigkeiten auszuüben, und kann er zusätzlich die unveränderte Weiterdauer dieses Zustands beweisen, so gilt dieses über 6 Monate hinausgehende Andauern des gesundheitlichen Zustandes nach § 2 Abs. 3 BB-BUZ als Eintritt des Versicherungsfalls.

Konkrete Verweisung auf einen Nischen- bzw. Schonarbeitsplatz ist zulässig
OLG Frankfurt
Die konkrete Verweisung auf einen Nischen- bzw. Schonarbeitsplatz ist zulässig. Der Grund für den Verstoß einer (abstrakten) Verweisung auf einen Nischen- bzw. Schonarbeitsplatz gegen Treu und Glauben besteht darin, dass ein regulärer Arbeitsmarkt für solche Stellen nicht existiert und dem Versicherten jegliche Aussicht fehlt, einen solchen Arbeitsplatz zu erhalten. Dieser Grund besteht nicht, wenn der Versicherte tatsächlich eine entsprechende Nischen- bzw. Schontätigkeit ausübt.

Berufsunfähigkeit eines Auszubildenden
OLG Dresden
Für die Frage, ob ein Auszubildender voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seinen „Beruf" auszuüben, ist allein auf das zuletzt bestehende Ausbildungsverhältnis abzustellen.

Verweisung des Versicherungsnehmers auf eine Vergleichstätigkeit
LG Berlin
Ein Versicherungsnehmer, der wegen Ruhestandsversetzung Berufsunfähigkeit behauptet, kann sich nicht auf einfaches Bestreiten beschränken, wenn der Versicherer Vergleichstätigkeiten anhand eines berufskundlichen Gutachtens konkret darlegt.

Nichterscheinen bei Gerichtsgutachter nach BUZ-Versicherungsablehnung
OLG Koblenz
Die Verweigerung der Mitwirkung beim Sachverständigenbeweis im Rechtsstreit über abgelehnte BU-Leistungen ist keine Obliegenheitsverletzung mit der Folge von Leistungsfreiheit, sondern außerhalb eines Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BUZ allenfalls Verletzung einer prozessualen Mitwirkungspflicht mit entsprechenden beweisrechtlichen Folgen.

Bei arglistiger Verletzung seiner Anzeigeobliegenheit kann sich der Versicherungsnehmer auf die Verletzung einer Nachfrageobliegenheit durch den Versicherer nicht berufen.
OLG Saarbrücken:
Ein Versicherungsnehmer, der ein langjähriges Rückenleiden mit wiederholten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit verschweigt, handelt arglistig. In einen solchen Fall darf sich der Versicherungsnehmer bei späterer Anfechtung des Vertrags nicht auf die Verletzung einer Nachfrageobliegenheit berufen.

Bei arglistiger Täuschung kann sich der Versicherungsnehmer nicht auf die Verletzung einer Nachfrageobliegenheit durch den Versicherer berufen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung)
BGH:
An der Rechtssprechung, nach der sich ein Versicherungsnehmer auch bei arglistiger Verletzung seiner Anzeigeobliegenheit auf die Verletzung einer Nachfrageobliegenheit durch den Versicherer berufen kann, wird nicht mehr festgehalten.

Zusammentreffen von gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gründen für die Berufsaufgabe eines mitarbeitenden Betriebsinhabers
OLG Saarbrücken:
Ein Versicherungsnehmer, der Berufsunfähigkeit wegen psychischer Befindlichkeitsstörungen behauptet, kann gehalten sein, näher darzulegen, welche gesundheitlichen Hindernisse ihn in welcher konkreten Weise beeinträchtigen, die Anforderungen seines Berufs zu erfüllen. Führen zeitgleich mit behaupteten gesundheitlichen auch tatsächlich wirtschaftliche Gründe dazu, dass ein mitarbeitender Betriebsinhaber seine berufliche Tätigkeit einstellt, so ist der Versicherungsfall nur eingetreten, wenn er auch ohne die ökonomische Entwicklung gesundheitlich nicht mehr hätte weiterarbeite können.

Berufsunfähigkeit liegt erst dann vor, wenn eine Wiederherstellung der halben Arbeitskraft nicht mehr zu erwarten ist
BGH:
Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit liegt nicht schon dann vor, wenn der Versicherungsnehmer erkrankt und deshalb unfähig zur Berufsausübung ist, sondern erst dann, wenn ein Zustand erreicht ist, dessen Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der halben Arbeitskraft nicht mehr zu erwarten ist (Prognose)

Kriterien für die Zumutbarkeit eines Verweisungsberufs
OLG Saarbrücken:
Bei Fortführung des bisherigen Berufs erwartete Einkommenssteigerungen prägen die bisherige Lebensstellung nur dann, wenn ihr Eintritt sicher ist.

Keine Verletzung der Anzeigenobliegenheit bei Verschweigen eines nicht erfragten Alkoholmissbrauchs
OLG Saarbrücken
Fragt ein Versicherer nicht ausdrücklich nach Alkoholmissbrauch, so muss der Versicherungsnehmer ihn nicht ohne Weiteres als „Krankheit, Beschwerde oder Störung" angeben, wenn er nicht die Erkenntnis besitzt, dass er alkoholkrank ist.

Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für den Bezug von Berufsunfähigkeitsleistungen durch einen Beamten
OLG Frankfurt:
Setzt eine Beamtenklausel voraus, dass der Versicherte krankheitsbedingt dienstunfähig ist und wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen wird, muss der durchschnittliche und verständige Versicherungsnehmer dies dahin verstehen, dass nicht alleine der formale Akt der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ausreicht, vielmehr die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit tatsächlich gegeben sein müssen.

Falschangaben zum Einkommen und zum Alkoholkonsum bei Antragstellung indizieren Arglist
KG
Arglist ist indiziert, wenn bei Antragstellung zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung statt des erfragten Bruttojahreseinkommens ein angeblicher Umsatz mitgeteilt wird und trotz Verurteilung wegen alkoholbedingter Straftaten die Frage nach regelmäßigem Alkoholkonsum verneint wird.

Wirksame Vereinbarung einer Erwerbsunfähigkeitsklausel
OLG Saarbrücken:
Gegen die Wirksamkeit einer Erwerbsunfähigkeitsklausel bestehen keine Bedenken.

Leistungsablehnung bei wieder entfallener Berufsunfähigkeit erfordert nicht die Förmlichkeit des Nachprüfungsverfahrens
OLG Karlsruhe
Macht der Versicherte bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit gegenüber dem Versicherer erst zu einem Zeitpunkt geltend, in dem die Berufsunfähigkeit bereits wieder entfallen war, setzt die Leistungsablehnung des Versicherers, der kein Anerkenntnis nach § 5 bb BUZ abgegeben hat, für den Zeitraum nach Wegfall der Berufsunfähigkeit nicht die Einhaltung der Förmlichkeiten des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 7 bb-BUZ voraus.

Streitwert bei Feststellungsklage auf Fortbestand des Versicherungsverhältnisses
OLG Celle:
Der Streitwert eines Antrags auf Feststellung des Fortbestandes einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bemisst sich, wenn er unabhängig vom Eintritt eines Versicherungsfall oder kumulativ neben einer auf Leistung bzw. Feststellung der Leistungspflicht gerichteten Klage gestellt wird, nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie zzgl. eines Feststellungsabschlages von 80 %.

Voraussetzungen der rückschauenden Feststellung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit
BGH:
1. Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass der körperlich-geistige Gesamtzustand des Versicherers derart beschaffen ist, dass eine günstige Prognose für die Wiederherstellung von verloren gegangenen Fähigkeiten in einem überschaubaren Zeitraum nicht gestellt werden kann; es muss demnach ein Zustand erreicht sein, dessen Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der halben Arbeitskraft nicht mehr zu erwarten ist.
2. Wann erstmals ein solcher Zustand, der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Erwartungen mehr auf eine Besserung rechtfertigt, gegeben war, ist rückschauend festzustellen bzw. zu ermitteln.

Nischenberufe müssen bei der Verweisung unberücksichtigt bleiben
OLG Hamm:
Ein Vergleichsberuf ist nur dann aufgezeigt, wenn dargetan ist, dass der Versicherungsnehmer aufgrund seines Berufslebens und seiner sonstigen Fähigkeiten diesen auch erfolgreich ausfüllen kann. Nischenberufe scheiden dabei aus.

Auch eine aufgrund einer ärztlichen Überweisung noch anstehende Behandlung ist anzeigepflichtig
OLG Karlsruhe:
Der Versicherungsnehmer hat beim Antrag einer Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Frage nach Untersuchungen und Behandlungen nicht nur bereits überwundene Krankheiten und Beschwerden anzugeben, sondern auch solche, deren Wirkungen noch andauern. Dies gilt auch für Behandlungen, die aufgrund einer aktuellen ärztlichen Überweisung noch anstehen.

Verlorene Kenntnisse in dem Vergleichsberuf begründen für sich noch keine Berufsunfähigkeit
BGH:
Bei einem Versicherten, der im Zeitpunkt der behaupteten Berufsunfähigkeit zur Ausübung der bisherigen Tätigkeit nicht in der Lage, aber auf einen Vergleichsberuf verweisbar ist, tritt bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht allein dadurch ein, dass ihm bei unverändertem Gesundheitszustand die zur Ausübung des Vergleichsberufs erforderlichen Fähigkeiten abhanden kommen oder diese hinter der Entwicklung zurückbleiben; ob er den Vergleichsberuf ausgeübt hat, ist unerheblich.

Zu einheitlicher Antwort mit „Ja" oder „Nein" verbundene Fragen bei Antrag auf Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sind bei bloß heruntergelesener komplexer „Fragenbatterie" unverständlich
OLG Stuttgart:
Die nur mit einem Antwortfeld für "Ja" oder "Nein" verbundene Frage "Nahmen oder nehmen Sie Drogen, Betäubungs- oder Rauschmittel ? Wurden oder werden Sie wegen der Folgen von Alkoholgenuss beraten oder behandelt ?" in einem Fragebogen zu einem Antrag auf Beschluss einer Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist nicht hinreichend verständlich, wenn sie vom Versicherungsvertreter dem Interessenten lediglich vorgelesen wurde und diese Frage direkt nach mehreren ineinander verschachtelten Fragen nach Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen in den letzten fünf Jahren und nach der Frage, warum untersucht, beraten oder behandelt worden sei, gestellt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vertreter den Fragebogen anhand der Antworten des Interessenten ausfüllt und diesem sodann zur Unterschrift ohne ausdrückliche Aufforderung, den Fragenkatalog nochmals durchzulesen und die Antworten zu überprüfen, vorlegt.

Falsche Hinweise des Versicherungsagenten bezüglich der Angaben zu Gesundheitsfragen einer Versicherung lassen den Vorwurf der arglistigen Täuschung entfallen (Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung)
Brandenburgisches OLG:
Hat der Versicherungsnehmer im Fragenkatalog zu seiner Gesundheit, der bei Abschluss eines Versicherungsvertrags auszufüllen ist, objektiv falsche Angaben zu Behandlungen gemacht, ist es seine Sache, die Falschangaben substantiiert plausibel zu machen. Erklärt er zur Überzeugung des Gerichts, der Versicherungsvertreter habe ihm erklärt, es müssten nur chronische und nicht ausgeheilte Krankheiten eingetragen werden, fehlt es für eine arglistige Täuschung im Sinne des § 22 VVG an der wissentlich falschen Angabe.

Keine Berufsunfähigkeit allein durch das Abhandekommen der zur Ausübung des Vergleichsberufs erforderlichen Fähigkeiten bei unverändertem Gesundheitszustand
BGH:
Bei einem Versicherten, der im Zeitpunkt der behaupteten Berufsunfähigkeit zur Ausübung der bisherigen Tätigkeit nicht in der Lage, aber auf einem Vergleichsberuf verweisbar ist, tritt bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht allein dadurch ein, dass ihm bei unverändertem Gesundheitszustand die zur Ausübung des Vergleichsberufs erforderlichen Fähigkeiten abhanden kommen oder diese hinter der Entwicklung zurückbleiben; ob er den Vergleichsberuf ausgeübt hat, ist unerheblich.

Wegen Aufklärungsverschuldens treuwidrige Berufung des Versicherers auf Vereinbarung über die Leistungspflicht
BGH:
Auf eine Vereinbarung über die Leistungspflicht nach (behauptetem) Eintritt des Versicherungsfalls, die die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers einschränkt, kann sich der Versicherer nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn er den Versicherungsnehmer nicht deutlich darauf hingewiesen hat, wie sich seine Rechtsposition darstellt und in welcher Weise ein Abschluss der Vereinbarung sie einschränkt.

Einmaliger Kontakt eines vom Versicherer beauftragten Rehabilitationsdienstes mit dem Versicherungsnehmer verletzt nicht dessen Persönlichkeitsrecht
OLG Saarbrücken:
1. Ein Versicherer, der bereits Leistungen aus einem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag erbringt, kann vom Versicherungsnehmer keine psychiatrische Therapie verlangen.
2. Die Aufnahme eines einmaligen Kontakts eines vom Versicherer beauftragten Rehabilitationsdienstes mit dem Versicherungsnehmer ist weder vertragswidrig noch stellt sie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar.

Versicherer handelt treuwidrig, wenn er bei nahe liegender Berufsunfähigkeit die Prüfung seiner Leistungspflicht durch ein Kulanzangebot hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft
BGH:
Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf eine mit dem Versicherungsnehmer geschlossene Vereinbarung berufen, durch die gegen befristete Leistungen der für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen maßgebliche Zeitpunkt hinausgeschoben wird, wenn es an einer Aufklärung des Versicherungsnehmers über die damit für ihn verbundenen Nachteile fehlt.

Der Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung muss innerhalb von 4 Wochen bearbeitet werden
AG Pfaffenhofen:
Der Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung muss innerhalb von 4 Wochen bearbeitet werden. Die Antragsannahme nach 6 Wochen ist jedenfalls zu spät. Die Frist zur Annahme des Versicherungsvertrages beginnt mit dem Eingang des Antrags beim Agenten im Sinne von § 43 Nr. 1 VVG.

Bezugsberechtigung des geschiedenen Ehegatten aus der Rentenversicherung
BGH:
Die Erklärung des Versicherungsnehmers in einem Versicherungsantrag, im Falle seines Todes solle "der Ehegatte der versicherten Person" Bezugsberechtigter der Versicherungsleistung sein, ist auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe regelmäßig dahin auszulegen, dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Festlegung der Bezugsberechtigung verheiratete Ehegatte begünstigt sein soll.

Anforderungen an einer bedingungsgemäße Anzeige der Berufsunfähigkeit
OLG Saarbrücken:
1. Für die Prognoseentscheidung gem. § 2 Abs.
1 BB-Butz ist die Prognose nach dem medizinischen Wissensstand zum Zeitpunkt des behaupteten Berufsunfähigkeitseintritts maßgeblich.
2. Für die Mitteilung der Berufsunfähigkeit gem. § 1 Abs. 3 BB-Butz genügt das Verlangen nach Versicherungsschutz dem Grunde nach, sofern es an den richtigen Adressaten gelangt.
3. Die Kündigung der Lebensversicherung nach Eintritt der Berufsunfähigkeit beendet die Leistungspflicht des Versicherers nicht.

Der Ausschluss „bei Begehung einer Straftat" kann auch bei Beendigung der Tat noch eingreifen
OLG Hamm:
1. Der Ausschluss für Straftaten (§ 2 I Abs. 2 AUB) setzt neben einer vorsätzlichen Straftat und Kausalität zum Unfall darüber hinaus voraus, dass der der Straftat eigentümliche Gefahrenbereich zumindest mitursächlich geworden ist.
2. Dies kann bei unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang auch bei einem Unfall nach Beendigung der Tat noch in Betracht kommen.

Berufsunfähigkeitszeitpunkt bei Fehlbehandlung nach Unfall
BGH:
Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit setzt Beeinträchtigungen des körperlich-geistigen Gesamtzustandes des Versicherten voraus, die eine Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der halben Arbeitskraft nicht mehr erwarten lassen. Der Zeitpunkt, ab dem ein solcher Zustand gegeben war, ist rückschauend zu ermitteln. Für die Feststellung dieses Zeitpunkt trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast.
2. Eine inzwischen als Unfallfolge eingetretene Berufsunfähigkeit lag in der Zeit unmittelbar nach dem Unfall nicht vor, wenn bei richtiger Diagnose der vorliegenden Maisonneuve-Fraktur mit Hilfe einer konservativen Gipsbehandlung bei Komplikationen im Verlauf einer Heilung binnen 4 bis 5 Monaten zu erwarten gewesen wäre.

Keine ungeschriebene Obliegenheit zur Durchführung einer Therapie in der BUZ-Versicherung
OLG Saarbrücken:
1. Ein Versicherer, der bereits Leistungen aus einem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag erbringt, kann vom Versicherungsnehmer keine psychiatrische Therapie verlangen.
2. Die Aufnahme eines einmaligen Kontakts eines vom Versicherer beauftragten Rehabilitationsdienstes mit dem Versicherungsnehmer ist weder vertragswidrig noch stellt sie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar.
Keine schuldhafte Verletzung der Anzeigeobliegenheit bei irreführender „Hilfestellung" des Agenten
OLG Saarbrücken:
1. Hatte der Versicherungsnehmer in seinem Antrag auf Abschluss einer BUZ-Versicherung die Frage nach Krankheiten verneint und erhält er nach Kontaktaufnahme mit dem Versicherer einen von ihm angeforderten neuen Antrag, so hat er seiner Anzeigenpflicht erneut nachzukommen. Mit früheren Angaben gegenüber dem Versicherungsagenten oder gegenüber einem Mitarbeiter des Versicherers vor Erhalt des neuen Antrages hat er diese Anzeigepflicht nicht erfüllt. Dies gilt auch für vorherige telefonische Anfragen beim Versicherer, ob ein bestimmtes Leiden anzeigepflichtig ist.
2. Eine psychologisch behandelte Angststörung stellt keinen „geistigen Schaden" dar und ist deshalb auf eine entsprechende Frage nicht anzugeben. Sie ist jedoch auf die Frage nach „heilkundiger Behandlung" anzugeben, da zu den heilkundigen auch zur Durchführung einer Psychotherapie befugte Psychologen gehören.
3. Der Versicherungsnehmer verletzt nicht schuldhaft seine vorvertragliche Anzeigepflicht, wenn ihn der beratende Versicherungsagent vor Ausfüllung des maßgeblichen Antrages über den Umfang der Anzeigepflicht irregeführt hat, in dem er eine vom Versicherungsnehmer genannte gesundheitliche Beeinträchtigung (hier: Angststörung und deren Behandlung durch einen Psychologen) als nicht von Bedeutung bezeichnet hat, die deshalb auch nicht anzugeben sei.

Angstzustände einer Lehramtsanwärterin vor Unterrichtsbeginn sind nicht anzeigepflichtig in der BUZ
OLG Saarbrücken:
1. Magen- und Darmbeschwerden sowie Angstzustände einer Lehramtsanwärterin vor Unterrichtsbeginn sind nicht generell anzeigepflichtig bei Abschluss eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages.
2. Die Voraussetzungen einer konkreten Verweisung müssen zum Zeitpunkt des behaupteten Eintritts des Versicherungsfalls vorliegen.

 

Urteile aus dem Jahr 2006

Zulässige Befristung eines Leistungsanerkenntnisses auf den Zeitraum einer neuen Berufsausbildung
OLG Karlsruhe
Gibt der Versicherer bei geltend gemachter Berufsunfähigkeit lediglich ein befristetes Leistungsanerkenntnis gemäß § 5 Abs. 2 BB-BUZ ab, kann er gleichwohl den Einschränkungen des § 7 BB-BUZ unterliegen, wenn er sich eine unzulässig lange Frist eingeräumt hat oder nach Fristablauf weitere Leistungen ohne Vorbehalt erbringt. Erwirbt der Versicherte nach Eintritt der Berufsunfähigkeit neue Kenntnisse, die ihn zur Ausübung einer Verweisungstätigkeit befähigen, findet aber keinen Arbeitsplatz, so kann der Versicherer seine Leistung gleichwohl einstellen, wenn der Versicherte die Ausbildung in seinem früheren Beruf noch nicht abgeschlossen hatte.

Nachweis einer arglistigen Täuschung bei objektiv unvollständiger Beantwortung von Gesundheitsfragen
OLG Karlsruhe
Der Nachweis einer Arglist bei objektiv unvollständigen Angaben im Antragsformular kann sich auch aus der Auswahl der angegebenen und verschwiegenen Tatsachen ergeben.

Vereinbarung einer Rückwärtsversicherung ist auch in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung möglich
OLG Karlsruhe
Auch in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kann für den Versicherungsschutz gegen Berufsunfähigkeit ein materieller Versicherungsbeginn vereinbart werden, der zeitlich vor der Antragstellung liegt.

Klausel über Möglichkeit der generellen Befristung eines Leistungsanerkenntnisses ist unwirksam
OLG Köln
Die zu einer Berufungsunfähigkeitszusatzversicherung bestehende Bedingung: "Der Versicherer teilt dem Versicherungsnehmer schriftlich mit, ob, in welchem Umfang und für welche Dauer er den geltend gemachten Anspruch anerkennt", ist wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam, da sie dem Versicherer die Möglichkeit einräumt, ein Leistungsanerkenntnis generell zeitlich zu befristen.

Reichweite des Leistungsausschlusses wegen Straftat
OLG Celle
1. Der Leistungsausschluss nach § 3 Abs. 2 Ziff. b) BB-BUZ (Verursachung der Berufsunfähigkeit durch vorsätzliche Ausführung einer Straftat durch die versicherte Person) setzt voraus, dass der dem Delikt eigentümliche Gefahrenbereich für den Schaden verantwortlich geworden ist. Daran fehlt es bei einem Betrug des Versicherungsnehmers in seiner Eigenschaft als Versicherungsmakler/agent gegenüber anderen zum Konzern des Versicherers gehörenden Unternehmen, wenn bei diesem infolge der Begehung der Straftaten und ihrer Ahndung (u. a. Untersuchungshaft) sowie den damit verbundenen familiären und sozialen Folgen eine zur Berufsunfähigkeit führende Depression eintritt.
2. In diesem Fall kommt auch kein Ausschluss des Anspruchs des Versicherungsnehmers nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht.

Fehlen der Erinnerung des Versicherungsagenten stellt Bekundung eines redlich abgelaufenen Antragsgespräches nicht in Frage
OLG Saarbrücken
1. Von einem erfahrenen Versicherungsvermittler, der nicht erkennbar am Abschluss provisionswirksamer Verträge "um jeden Preis" interessiert ist, und der bei dem Abschluss anderer Versicherungsverträge zu einem Ausschluss führende Vorerkrankungen in aller Ausführlichkeit aufgenommen hat, mag nicht erwartet werden können, dass er sich an den genauen Ablauf eines Jahre zurückliegenden Antragsgesprächs erinnert, wohl aber darf ihm grundsätzlich geglaubt werden, wenn er eine bestimmte regelmäßige Befragung von Versicherungsinteressenten und eine redliche Dokumentation ihrer Antworten bekundet.
2. Ein erfahrener Agent ist regelmäßig nicht an Vertragsabschlüssen "um jeden Preis", sondern am Abschluss (provisions)wirksamer Verträge interessiert.
3. Für ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers spricht, wenn er schwere, chronische oder schadensgeneigte oder immer wieder auftretende zahlreiche oder dauerhafte Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verschweigt oder solche, die zu erheblichen Einschränkungen seines Alltags geführt haben oder die ihm offensichtlich erheblich für das versicherte Risiko erscheinen mussten.

Berufungsgericht ist nicht an erstinstanzlich fehlerhaft festgestellte Erkrankung gebunden
OLG Saarbrücken
1. Ist erstinstanzlich festgestellt, dass ein Versicherter einen Herzinfarkt erlitten hat, stellt sich aber im Rahmen der zweitinstanzlichen Prüfung der Auswirkungen auf den Grad der Berufsunfähigkeit heraus, dass das nicht der Fall ist, darf die erneute Feststellung nicht künstlich auf das medizinische Gewicht der Koronar-Erkrankung und das Maß der dadurch bewirkten Behinderung der Berufsunfähigkeit beschränkt werden.
2. Zu dem "Beruf" eines Selbständigen gehört, seinen Tagesablauf so organisieren zu können, dass eine "autonome somatoforme Funktionsstörung" bewirkende "Stressoren" vermieden werden.

Auslegung einer Klausel über fingierte Berufsunfähigkeit
OLG Celle 
1. Enthält ein Vertrag über eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung die Klausel (§ 3 TOP-BUZ)
"(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % außer Stande sein wird, ihren Beruf auszuüben.
(2) Kann nicht festgestellt werden, dass der Zustand i.S.v. § 3 Abs. 1 TOP-BUZ voraussichtlich sechs Monate andauern wird, hat er jedoch länger als sechs Monate ununterbrochen angedauert, so gilt dessen Fortdauer von Beginn an als Berufsunfähigkeit",
so ist diese dahin auszulegen, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers nicht wegen Vorvertraglichkeit ausgeschlossen ist, wenn bei diesem wegen einer kurz vor Antragstellung aufgetretenen Krankheit keine Diagnose einer Berufsunfähigkeit nach § 3 Abs. 1 gestellt werden kann, der Erkrankungszustand dann aber über den Vertragsbeginn hinaus dauernd fortbesteht und eine Berufsunfähigkeit nach § 3 Abs. 2 TOP-BUZ begründet.
2. § 3 Abs. 2 TOP-BUZ enthält ebenso wie § 2 Nr. 3 der Musterbedingungen (BB-BUZ) eine ausschließlich dem Interesse des Versicherungsnehmers dienende Regelung zum Nachweis des Eintritts der Berufsunfähigkeit.

Auslegung der Ärzteklausel - Herzchirurg kann auf jede zulässige Tätigkeit als Arzt verwiesen werden - Tätigkeit als Arzt erfordert nicht die Approbation
LG München 
1. Die Ärzteklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung knüpft daran an, dass der Versicherte eine zulässige Tätigkeit als Arzt nicht mehr ausüben kann; sie stellt nicht auf den zuletzt konkret ausgeübten ärztlichen Beruf, sondern auf ein sehr allgemeines Berufsbild ab. Für die Feststellung der Berufsunfähigkeit eines Versicherten kommt es deshalb nur darauf an, ob er eine Tätigkeit als Arzt ausüben kann; nicht dagegen, ob die in einem bestimmten Fachgebiet angewandte Tätigkeit ausgeübt werden kann.
2. Die Tätigkeit als Arzt erfordert nicht die praktische Ausübung der Heilkunde am Patienten und die Approbation. Zum Berufsbild eines Arztes gehören vielmehr auch Tätigkeiten im administrativen Bereich, in der Forschung und in der Lehre.

Keine Arglist bei Verschweigen psychiatrischer Behandlungen ohne mitgeteilte Diagnose
KG
Dem Antragsteller einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, der in den Gesundheitsfragen bezüglich "psychischer Leiden/Nerven- oder Geisteskrankheiten" eine ambulante Behandlung bei einem Neurologen wegen eines aus Sicht des Arztes bestehenden reaktiven depressiven Syndroms nicht angegeben hat, ist eine vorsätzliche Täuschung des Versicherers nicht anzulasten, wenn er den Arzt wegen Schlafstörungen aufgesucht, und der Arzt ihm die Diagnose nicht mitgeteilt sondern dem Antragsteller lediglich Schlafmittel verordnet sowie eine "Gesprächstherapie" durchgeführt und nach der Art der Behandlung dem Antragsteller gezielt nicht den Eindruck vermittelt hat, psychisch krank zu sein.

Auch ohne Belehrung kann schuldhafte Verletzung der Nachmeldepflicht gegeben sein; insbesondere bei schwerwiegender Erkrankung.
KG 
Eine Pflicht zur Nachmeldung von zwischen dem Zeitpunkt der Antragstellung einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und der Annahme des Versicherungsantrags eingetretenen oder festgestellten Gesundheitsverschlechterungen kommt auch ohne Belehrung im Einzelfall dann in Betracht, wenn sie sich dem Versicherungsnehmer aufgrund der tatsächlichen Umstände förmlich aufdrängt; diese Voraussetzungen liegen vor, wenn bei Antragstellung angegeben wurde, über fünf Jahre keinen Arzt aufgesucht zu haben und an keinen gravierenden Erkrankungen zu leiden, demgegenüber nach der Antragstellung eine schwerwiegende Erkrankung festgestellt wird (hier: periphere arterielle Verschlusskrankheit in beiden Beinen), und wenn dem Versicherungsnehmer nach dieser Diagnose ein Teil des Antragsformulars wegen erforderlicher Korrekturen zur nochmaligen Unterzeichnung vorgelegt wird.

Ausschlussklausel für Grundleiden erfasst nicht hierdurch veranlasste Berufsunfähigkeit
OLG Karlsruhe 
1. Eine Berufsunfähigkeit steht nicht in unmittelbarem ursächlichem Zusammenhang mit einem vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen körperlichen Grundleiden, wenn dieses lediglich Anlass oder Ursache einer depressiven Erkrankung war, die ihrerseits die Berufsunfähigkeit herbeigeführt hat.
2. In der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erlischt die Leistungspflicht des Versicherers für eine während der Gefahrtragung eingetretene Berufsunfähigkeit nicht durch das das Erlöschen der Zusatzversicherung nach sich ziehende Ende der Hauptversicherung.

Inhalt der Belehrung nach § 12 III VVG wenn Verfahren vor dem Ärzteausschuss möglich ist
BGH
Sehen die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung die Anrufung eines Ärzteausschusses im Einverständnis beider Seiten vor, kann der Versicherer, der eine Leistung ablehnt, nicht zugleich die Frist des § 12 Abs. 3 VVG für eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen wirksam setzen, wenn er dabei nicht ausdrücklich klar stellt, dass er sich gegen ein Verfahren vor dem Ärzteausschuss entschieden hat.

Berufsunfähigkeit bei einem Bildschirmarbeitsplatz
OLG Hamm 
1. Wer die Tastatur nicht mehr bedienen kann, ist für einen Bildschirmarbeitsplatz auch dann berufsunfähig, wenn das Tippen weniger als 50 % der gesamten Arbeitszeit ausmacht.
2. Die nach erfolgter Anfechtung erteilte Belehrung: "Wenn Sie meinen, dass Ihnen Versicherungsleistungen zustehen und die Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen und die Lebensversicherungen weitergeführt werden müssen, können Sie diesen Anspruch nur innerhalb von sechs Monaten nach Empfang dieses Briefs gerichtlich gelten machen. Wird dieses Recht nicht genutzt, erlischt der Anspruch allein schon wegen des Fristablaufs (§ 12 Abs. 3 VVG)", setzt die Frist nicht in Lauf.

Antragsfragen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff BGB; Arglist des Versicherungsnehmers; Arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers; Benennung des Hausarztes steht Annahme der Arglist nicht entgegen; Versicherer muss sich das Wissen eines von ihm mit der Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses beauftragten Arztes nicht zurechnen lassen
OLG Saarbrücken
1. Antragsfragen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle. (Rn.19)
2. Indiz für Arglist kann sein, dass der Krankenversicherer des Versicherungsnehmers wegen psychischer Belastungen einen Risikozuschlag in der Tagegeldversicherung erhoben hat.
3. Hat der Versicherungsnehmer die Frage nach Behandlungen bejaht und den Hausarzt angegeben und hat der Versicherer auf seine darauf erfolgende Nachfrage bei dem Hausarzt nichts von der von diesem behandelten psychischen Erkrankung erfahren, so hat der Versicherer seiner Nachfrageobliegenheit genügt.

Arglistiges Verschweigen eines Leberschadens; Voraussetzungen der Zurechnung des Vermittlerwissens nach der Auge-und-Ohr Rechtsprechung; Beweislast für Vermittler- und nicht Agententätigkeit obliegt dem Versicherer
OLG Saarbrücken 
Die Beweislast dafür, dass ein Vermittler eines Versicherungsvertrages bei Antragsaufnahme nicht als Agent des Versicherers im Sinne der Auge- und Ohr-Rechtsprechung zu betrachten war, trägt der Versicherer.

Arglistige Täuschung bei Verschweigen von langjährig bestehenden, mehrfach auch fachärztlich behandelten Rückenleiden und Verschweigen einer im Zeitpunkt der Antragsstellung bestehenden Arbeitsunfähigkeit; Keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers bei Arglist des Versicherungsnehmers
OLG Saarbrücken 
1. Ein Versicherungsinteressent, der ein langjähriges Rückenleiden mit wiederholten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit verschweigt und dem Agenten gegenüber lediglich eine einmalige „Blockade" schildert, handelt arglistig.
2. In einem solchen Fall darf sich der Versicherungsnehmer bei späterer Anfechtung des Vertrages nicht auf die Verletzung einer Nachfrageobliegenheit durch den Versicherer berufen.

Versicherungsvertragliche Obliegenheit zur Schweigepflichtsentbindung muss Möglichkeit zu informationellem Selbstschutz bieten
BVerfG

Keine Anwendung der „Auge-und-Ohr-Rechtsprechung" bei einem zugleich als Wissenserklärungsvertreter des Antragsstellers handelnden Agenten
OLG Dresden 
1. Ein Berufsunfähigkeitversicherungsvertrag ist von Anfang an nichtig, wenn der Versicherer ihn wegen arglistiger Täuschung bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen wirksam angefochten hat.
2. Die 17jährige Antragstellerin kann sich vorliegend nicht darauf berufen, die Beantwortung der Gesundheitsfragen ihrem Vater übertragen zu haben, der gleichzeitig Versicherungsagent des Versicherers ist. Der Vater ist dann als Wissenserklärungsvertreter anzusehen, so dass sich die Tochter die Anzeigeobliegenheitsverletzung zurechnen lassen muss, denn die Übertragung der Abgabe der Gesundheitserklärungen konnte die Tochter aufgrund zu unterstellender Verstandesreife vornehmen.
3. Wenn der Vater bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen in Kenntnis vorhandener Gesundheitsprobleme wesentliche Erkrankungen (hier: bereits seit Kindheitstagen behandlungsbedürftige Hautekzeme) verschweigt, ist hierfür kein anderes Motiv als Arglist erkennbar.
4. Für dieses arglistige Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters haftet die Tochter trotz bestehender Minderjährigkeit, auch wenn eine Genehmigung des Vertrages durch das Familiengerichts nicht vorliegt. Soweit der Vertrag deshalb zunächst schwebend unwirksam war, war spätestens mit der Geltendmachung der Ansprüche aus dem Vertrag der Schwebezustand durch eigene Genehmigung der Tochter beendet. Spätestens ab dann hat die Tochter für das Verhalten ihres Repräsentanten einzustehen.
5. Die Tochter kann auch nicht einwenden, spätestens mit Erteilung des Versicherungsscheins seien dem Versicherer auf Grundlage der sog. "Auge und Ohr"-Rechtsprechung ihre Gesundheitsprobleme bekannt gewesen, weshalb eine arglistige Täuschung ausscheide. Zwar ist der Versicherungsagent "Auge und Ohr" des Versicherers mit der Folge, dass alles dem Agenten dienstlich zur Kenntnis Gelangte als dem Versicherer bekannt fingiert wird (vergleiche BGH, 11. November 1987, IVa ZR 240/86, BGHZ 102, 194). Eine Zurechnung dieser Kenntnis kommt aber nicht in Betracht, wenn der Versicherungsagent wie hier gleichzeitig als Wissenserklärungsvertreter des Antragstellers tätig wird.

Zeigt sich der Misserfolg einer Therapie erst durch einen gescheiterten Arbeitsversuch, dann ist die Berufsunfähigkeit erst mit diesem gescheiterten Arbeitsversuch nachgewiesen
BGH 

Bagatellisieren von Rückenbeschwerden, die tatsächlich zu mehreren Wochen Arbeitsunfähigkeit geführt haben, ist arglistig
KG 
Ein arglistiges Verschweigen von Rückenschmerzen bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung liegt auch bei nach Behauptung des Versicherungsnehmers üblichen und leichten und vom Vermittler für nicht erheblich gehaltenen Beschwerden vor, wenn der Versicherungsnehmer bei der Ausfüllung des Versicherungsantrages wegen der Beschwerden bereits mehrere Wochen krankgeschrieben war und im Antragsformular auch nach bloßen Störungen und Beschwerden oder allgemein nach Behandlungen, Beratungen und Untersuchungen gefragt wurde, §§ 123 BGB, 22 VVG.

Pflicht zur Anzeige aller offenkundig nicht belanglosen Gesundheitsbeeinträchtigungen
OLG Frankfurt
Auf die Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag sind nicht nur Krankheiten oder Beschwerden von erheblichem Gewicht anzugeben, sondern auch solche Beeinträchtigungen, die sich nicht bereits als Gesundheitsschaden oder Krankheit darstellen, sondern nur als Störungen oder Beschwerden zu bezeichnen sind.

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